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Fusariotoxin T-2

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Fusariotoxin T-2 gehört zu den Trichothecenen. Es ist eine chemisch stabile Verbindung, die von verschiedenen Fusarienarten produziert wird, einschliesslich F. moniliforme, F. tricinctum, F. sporotrichoides, F. solani und anderen.
 

2. Quellen

Das Fusariotoxin T-2 ist besonders in Getreiden zu finden. Bedingungen für das Schimmelpilzwachstum: Mindestens 12% Wassergehalt des Futters, ein pH-Wert zwichen 4-8 und genügend Sauerstoff. Die Toxinproduktion kann durch Schädlingsbefall oder Pestizideinsatz gesteigert werden. Fusarien entwickeln sich auch in kälteren Regionen.
 

3. Kinetik

Fusariotoxin T-2 wird sehr gut resorbiert. In der Leber kommt es zu Entgiftung durch Hydrolyse der für die Toxizität verantwortlichen Epoxidgruppe. Fusariotoxin T-2 wird unter anderem über die Milch ausgeschieden.
 

4. Toxisches Prinzip

Fusariotoxin T-2 verursacht Nekrosen an den mit ihm in Berührung kommenden Haut- und Schleimhautflächen, und schädigt nach der Resorption die Zellproliferation im Knochenmark. Das Toxin zeigt eine ausgeprägte immunsuppressive Wirkung. Wirkmechanismus: Hemmung der Proteinsynthese, Induktion von Apoptose.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Fusariotoxin T-2 4  
 

II. Spezielle Toxikologie - Schwein

1. Toxizität

1.1Orale LD50
1.2 mg Fusarientoxin T-2 /kg Körpergewicht.
 
1.2Akute und chronische Toxizität
Fusarientoxin T-2 führt ab einem Gehalt von 3 ppm im Futter zu vermindertem Futterverzehr. Ab 10 ppm im Futter kann es neben vermindertem Futterverzehr bei mehrtägiger Verabreichung auch zu Haut- und Schleimhautläsionen und Immunsuppression kommen. Ab 20 ppm im Futter wird das Futter entweder einmal gefressen und wieder erbrochen oder gar nicht gefressen. "Die Tiere sind gesund, wollen aber überhaupt nichts fressen" ist eine Anamnese, die darauf hindeuten würde.
 

2. Latenz

Der verminderte Futterverzehr dürfte je nach Ausmass nach wenigen Tagen bis mehreren Wochen auffallen. Die anderen Symptome sind stark dosisabhängig.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Somnolenz; Anorexie, verminderte Gewichtszunahme
  
3.2Nervensystem
Keine Symptome
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Salivation, Maulschleimhautläsionen, Hautirritationen an Rüsselscheibe und Schnauzenbereich; Erbrechen
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Meläna, Durchfall
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome, allerdings muss als Folge der immunsuppressiven Wirkung mit vermehrtem Auftreten von Erkrankungen der Atemwege gerechnet werden
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Haut, Schleimhäute
Ulcera und Nekrosen an Haut und Schleimhäuten vor allem im Kopfbereich, aber auch an anderen Körperpartien
  
3.11Blut, Blutbildung
Anämie, Leukopenie
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Aborte, Umrauschen, Würfe mit wenigen, kleinen Ferkeln
 

4. Sektionsbefunde

Bei chronischen Verlaufsformen: Hyperkeratose des Magens, reduziertes Thymusgewicht und Haut- und Schleimhautveränderungen am Kopf und eventuell an anderen Körperstellen.
Histologisch werden Knochenmarkshypoplasie und Infarkte in parenchymatösen Organen gefunden.
 

5. Weiterführende Untersuchungen

5.1Toxinnachweis
Nachweis im Futter. Wegen der schnellen Metabolisierung von Fusarientoxin T-2 gelingt ein Nachweis in Blut, Galle, Leber, Milch oder Urin (Grenzwerte nicht bekannt) nur selten.
 

6. Differentialdiagnosen

6.1Maulschleimhautläsionen
Verbrennungen, Vesikulärkrankheit, Maul- und Klauenseuche.
 
6.2Erbrechen
Viral, bakteriell, diätetisch; Magengeschwüre, Haarballen, Fremdkörper; Vitaminmangel (Thiamin, Riboflavin); andere Intoxikationen (Aflatoxine, Amitraz, Arsenverbindungen, Avermectine, Blei, Cadmium, Cholecalciferol, Cyanamid, Deoxynivanelol, Dipyridinium-Herbizide, Eisenverbindungen, Ethylenglykol, Fluor, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Kupfer, Metaldehyd, Nitrat/Nitrit, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Schwefelwasserstoff, Selen, Stickstoffdioxid).
 
6.3Durchfall
Diätetisch, viral, bakteriell, parasitär; andere Intoxikationen (Aflatoxine, Arsenverbindungen, Blei, Cadmium, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Cholecalciferol, Cyanamid, Deoxynivanelol, Eisenverbindungen, Fluor, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Metaldehyd, Mutterkornalkaloide, Ochratoxin, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Schwefelwasserstoff, Zearalenon, Zink).
 
6.4Anämie
Eisenmangel; Infektionskrankheiten, die zu Blutverlust führen wie Lawsonia, Brachyspira, hochgradiger Befall mit Peitschenwürmern oder Sarcoptes suis; Magengeschwüre, Bezoare; andere Intoxikationen (Aflatoxine, Blei, Cadmium, Coumarinderivate, Deoxynivanelol, Eisenverbindungen, Kupfer, Mutterkornalkaloide, Selen, Zink).
 
6.5Immunsuppression
Stress, immunsuppressive Infektionskrankheiten, Mangelernährung, andere Mykotoxine.
 
6.6Abort
Virale, bakterielle oder parasitäre Aborterreger; Uterusinfektionen; mehrtägige Hyperthermie; andere Intoxikationen (Aflatoxine, Blei, Botulismus, Chinoxalinderivate, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Coumarinderivate, Fumonisin, Kohlenmonoxid, Mutterkornalkaloide, Organophosphate und Carbamate, Selen, Stachybotryotoxikose, Zearalenon).
 
6.7Verminderte Fruchtbarkeit anderer Genese
Insbesonders bedingt durch andere Mykotoxine.
 

7. Therapie

7.1Absetzen des Futters
Wechsel auf ein unbedenkliches, mykotoxinfreies Futter.
 
7.2Behandlung von Sekundärinfektionen
Können als Folge der Immunsuppression auftreten.
Breitspektrum-Antibiotika und gegebenenfalls steroidalen oder nicht-steroidalen Entzündungshemmer.
 
7.3Kontrovers diskutiert wird der Einsatz von sogenannten "Mykotoxinbindern oder -absorbern"
Es handelt sich hierbei um Antioxidantien, Pflanzenextrakte, Kräuter, Hefenpräparate, mineralische oder biologische Stoffe (vor allem Aluminiumsilikat, Bentonite, Zeolite, Bakterien etc.), die dem mykotoxinbelasteten Futter zugesetzt werden und die vorhandenen Mykotoxine binden sollen, um eine Absorption zu verhindern. Die Bindungskapazität ist von dem zu bindenden Mykotoxin und der verwendeten Substanz abhängig und differiert zum Teil beträchtlich.
 

8. Fallbeispiele

8.1Acht Gruppen von 7 Wochen alten Ferkeln (9 kg) wurden während 3 Wochen mit Futter, das 0.5, 1.0, 2.0, 3.0, 4.0, 5.0, 10.0 und 15.0 mg hoch gereinigtes T-2 Toxin/kg Futter enthielt, gefüttert. In keiner der Gruppen wurde Vomitus beobachtet. Die Gruppen mit 10 und 15 mg T-2/kg Futter zeigten bereits nach wenigen Tagen Schläfrigkeit und Anzeichen von Unterkühlung, trotz normaler Rectal- und Umgebungstemperatur. Nach 9-14 Tagen zeigten die Tiere der Gruppen 4.0, 5.0, 10.0 und 15.0 mg T-2/kg Futter Zeichen einer Dermatitis und Hautkrusten an Schnauze, Nasenrücken, Lippen (buccal), hinter den Ohren und um das Präputium. Die Hautentzündung wurde von Tag zu Tag schlimmer. Es wurden auch Schleimhautveränderungen in der Maulhöhle und auf der Zunge beobachtet. Bei der Gewichtszunahme zeigten sich tiefere Werte, die jedoch nur in der Gruppe 3 mg T-2/kg Futter signifikant war. Die Futteraufnahme hingegen war in allen Gruppen, im Vergleich zu den toxinfrei gefütterten Kontrollgruppen, signifikant verringert, wobei die Futteraufnahme in den Gruppen mit den höheren Toxinwerten deutlich stärker reduziert war als in den Gruppen mit den niedrigeren Toxinwerten. Die Blutuntersuchung ergab signifikant verringerte Glukosewerte in allen Gruppen, ausser bei der Gruppe 0.5 mg T-2/kg Futter. Die tieferen Werte an freier Fettsäure war nur in der 2.0 mg T-2/kg signifikant. Bei den 0.5 und 1.0 mg T-2/kg Futter Gruppen wurden signifikant erhöhte Aspartat-Aminotransferase/AST-Werte gefunden, des weiteren waren in den Gruppen 1.0, 2.0 und 3.0 mg T-2/kg Futter die Phosphor- und Magnesium-Werte signifikant erhöht. Die Schlussfolgerung aus diesem Experiment ist ein no-effect Level bei einer Fütterung von weniger als 1 mg T-2 Toxin/kg Futter (Rafai et al., 1995).
  
8.2Vier Gruppen von 7 Wochen alten Ferkeln (9 kg) wurden während 3 Wochen mit Futter, das 0.5, 1.0, 2.0, 3.0 mg hoch gereinigtes T-2 Toxin/kg Futter enthielt, gefüttert. Zusätzlich wurde die Tiere mit 5 ml eines gereinigten Pferdeglobulins immunisiert. Die Diäten mit 2.0 und 3.0 mg T-2/kg Futter bewirkten eine signifikante Reduktion der Erythrozyten und des Hämatokrits. Die Leukozytenzahl und die Hämoglobinkonzentration sanken parallel zur eingenommenen Erhöhung der T-2 Toxin-Konzentration. Die humorale Immunantwort war bei den Tieren, die T-2 Toxin erhielten, signifikant verringert im Vergleich zu den Tieren, die T-2 Toxin-freies Futter erhielten. Das Resultat der Studie zeigt, dass bereits eine Kontamination mit 0.5 mg T-2/kg Futter einen schädlichen Effekt auf die Blutwerte und immunologischen Variablen ausüben kann und somit ein Risikofaktor in der Schweineproduktion darstellt.
 

9. Literaturverzeichnis

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