mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Toxikologie mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Fax / Telefon

Cadmium und Cadmiumverbindungen

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Metallisches Cadmium ist silberweiss, ziemlich weich und löslich in Säuren. Cadmiumoxid erscheint als braunes Pulver oder als dunkelrote, kubische Kristalle. Cadmiumsulfid ist ein gelb-oranges Pigment. Andere Cadmiumsalze besitzen eine schillernde Farbe. Die besonders gefährlichen Cadmiumdämpfe können wegen des Fehlens jeglicher Geruchs- oder Reizwirkung nicht wahrgenommen werden.
 

2. Quellen

Akute Cadmiumvergiftungen werden bei Tieren kaum beobachtet. Als mögliche Quelle für chronische Cadmiumvergiftungen sind kontaminierte Futter- und Düngemittel in Betracht zu ziehen.
 

3. Kinetik

Cadmiumverbindungen werden nach oraler Aufnahme nur langsam und in begrenztem Umfang resorbiert. Ein Calcium-, Eisen-, Kupfer-, Zink oder Manganmangel kann die Resorptionsrate von Cadmiumsalzen erhöhen. Zum Teil ist dieser Effekt dadurch zu erklären, dass diese Elemente die gleichen Aufnahmemechanismen verwenden. Über die Lungen ist eine höhere Resorptionsrate als über den Darm zu beobachten. Im Gewebe wird Cadmium als Komplex mit einem cysteinreichen Speicherprotein (Metallothionein) eingelagert. Zur stärksten Anreicherung von Cadmium kommt es in den Tubuluszellen der Nieren. Dort beträgt die Halbwertszeit von Cadmium mehrere Jahre, beim Menschen etwa 30 Jahre. Erst nach Überschreiten der Speicherkapazitäten erfolgt eine Ausscheidung über den Harn.
 

4. Toxisches Prinzip

Trotz einer Vielzahl von Studien konnte der toxische Wirkungsmechanismus von Cadmium bis heute nicht gänzlich geklärt werden. Diskutiert wird die Blockade von Sulfhydrylgruppen von Proteinen, eine Verdrängung anderer Metalle aus Strukturproteinen, Enzymen oder Ionenkanälen sowie eine Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung. In den fünfziger Jahren wurde in Japan eine Massenvergiftung durch cadmiumkontaminierte Nahrungsmittel ausgelöst, die "Itai-Itai"-Erkrankung. Dabei wurden cadmiumhaltige Abwässer auf Reisfelder geleitet, was die Aufnahme von Cadmium über die Nahrung zur Folge hatte. Dies führte mehrheitlich bei Frauen zu unerträglichen Schmerzen im Rücken und in den Beinen. Die Patientinnen litten unter einer massiven Osteoporose mit nachfolgenden Skelettdeformationen, Knochenbrüchen und Schrumpfung der Körpergrösse.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Cadmium890225  
Cadmiumchlorid60-93.78870-150 
Cadmiumiodid166166  
Cadmiumoxid7272  
Cadmiumstearat5901'125  
Cadmiumsuccinat312660  
Cadmiumsulfat46-47   
 

6. Umwelttoxikologie

Die Einsatzgebiete für Cadmium haben sich seit Bewusstwerden der Toxizität dieses Stoffes drastisch reduziert. Früher benutzte man Cadmium aufgrund seiner Korrosionsfestigkeit als Legierungszusatz und als Überzug in der Metallurgie. Cadmiumsalze wurden auch in Malerfarben, Kunststoffen und Halbleitern eingemischt. Heute fliesst die grösste Cadmiummenge in die Herstellung von Batterien und Akkumulatoren. Infolge dieser vielseitigen Anwendung resultieren Cadmiumemissionen aus Industrie- und Müllverbrennungsanlagen. Auch der Klärschlamm enthält erhebliche Mengen von Cadmium, ebenso Phosphatdünger und fossile Brennstoffe. Diese Einträge gehen mit einer bedeutenden Speicherung von Cadmium in den oberen Bodenschichten einher, wobei Cadmium in einem grösseren Ausmass als andere Schwermetalle durch Pflanzen aufgenommen wird. Daraus lässt sich eine Umweltbelastung ableiten, deren langfristige Folgen noch ungenügend untersucht sind.
 

II. Spezielle Toxikologie - Schwein

1. Toxizität

1.1Chronische Toxizität
Die toxische Dosis beim Ferkel ist 50 mg Cadmium pro kg Körpergewicht. Ab 50 ppm Cadmiumsalze ist mit klinischer Symptomatik zu rechnen, ab 150 ppm Cadmiumsalze wird das Futter verweigert oder einmal gefressen und führt zu Erbrechen und Gastroenteritis.
 
1.2Empfindlichkeit
Die Empfindlichkeit nimmt mit zunehmendem Alter ab.
 
2.Latenz
Weil nur die chronische Form auftritt, dauert es meist Wochen bis Monate bis die schlechtere Gewichtszunahme oder die Ursache der Anämie erkannt werden.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Mangelhafte Gewichtszunahme, verminderte Futteraufnahme, (leichtgradige) Ataxie
  
3.2Nervensystem
Keine Symptome
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Erbrechen
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Durchfall, Gastroenteritis
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Gelenksvergrösserungen/Arthritis
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Haut, Schleimhäute
Ikterische Schleimhäute, gelbe Hautverfärbung
  
3.11Blut, Blutbildung
Anämie
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Verminderte Fruchtbarkeit bis Unfruchtbarkeit, verzögerte testikuläre Entwicklung oder Hodendegeneration
 

4. Sektionsbefunde

Anämie, Ikterus, übermässig gefüllte Gelenke. Als Folge des Eisenmangels können auch Magengeschwüre, maulbeerförmiges Herz und Milzvergrösserung auftreten.
 

5. Weiterführende Untersuchungen

5.1Toxinnachweis
Bestimmung von Cadmiumkonzentrationen im Futter, in der Niere und/oder im Muskel. Gewöhnlich entspricht die Nierenkonzentration etwa 10-20 Prozent der Futterkonzentration.
 
5.2Blutuntersuchung
Mikrozytische, hypochrome Anämie und reduzierte Hämoglobinwerte.
 

6. Differentialdiagnosen

6.1Erbrechen
Viral, bakteriell, diätetisch; Magengeschwüre, Bezoare, Fremdkörper; Vitaminmangel (Thiamin, Riboflavin); andere Intoxikationen (Aflatoxine, Amitraz, anorganische Arsenverbindungen, Avermectine, Blei, Cholecalciferol, Cyanamid, Dipyridinium-Herbizide, Eisenverbindungen, Ethylenglykol, Fusarientoxine, Fluor, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Kupfer, Metaldehyd, Nitrat/Nitrit, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Schwefelwasserstoff, Selen, Stachybotryotoxin, Stickstoffdioxid).
 
6.2Durchfall
Alimentär, viral, bakteriell, parasitär; andere Intoxikationen (Aflatoxine, anorganische Arsenverbindungen, Blei, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Cholecalciferol, Cyanamid, Eisenverbindungen, Fusarientoxine, Fluor, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Metaldehyd, Mutterkornalkaloide, Ochratoxine, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Schwefelwasserstoff, Zearalenon, Zink).
 
6.3Arthritiden und/oder Gelenksvergrösserungen
Bakterielle Arthritiden (zum Beispiel Polyarthritis der Saugferkel, Glässer'sche Krankheit), Osteochondrose, andere Intoxikationen (Blei, Coumarinderivate, Zink).
 
6.4Ikterische Schleimhäute/Ikterus
Infektionen (Eperythrozoonose, Leptospirose, systemische Salmonellose, Babesiose); Vitamin E-/Selenmangel; andere Intoxikationen (Cyanamid, Fumonisin, Kupfer, Selen).
 

7. Therapie

7.1Futterwechsel
Auf ein unbedenkliches Futter.
 
7.2Anämie- und Ikterusbehandlung
Injektion von Eisenpräparaten bei Ferkeln zum Beispiel Eisendextran: Mindestens 200 mg entweder subkutan in die Kniefalte oder intramuskulär am Hals.
 
7.3Magenulcera
Schweine in Boxen mit Stroh einstallen und Speichelbildung durch Anpassen der Partikelgrössen im Futter anregen (mindestens 25 Prozent der Partikel müssen grösser als 1 mm sein).
 
7.4Prophylaxe
Als vorbeugende Massnahme gegen eine Cadmiumintoxikation sollte auf einen ausreichenden Gehalt an Zink, Kupfer, Selen und Ascorbinsäure im Futter geachtet werden.
 

8. Fallbeispiel

Auf einem Mastbetrieb mit 136 Tieren waren fünf tote Mastjager zu beklagen, ausserdem zeigten zwanzig Tiere leichtgradigen Ikterus und milde Ataxie. Die Sektion eines verendeten Tieres ergab hochgradige Anämie, hochgradig vergrösserte Milz, zahlreiche Ulcera in der Magenschleimhaut, vergrössertes, maulbeerförmiges Herz, Ikterus und gut sichtbare fettige Degeneration von Leber und Nieren. Leichtgradige Inkoordination, ikterisches Aussehen, Anämie und physiologische Rektaltemperatur waren die Befunde des klinischen Untersuches eines erkrankten Tieres. Als Ursache wurde aufgrund von Anamnese, klinischen Symptomen und Sektionsbefunden ein Entwurmungsmittel, das seit drei Tagen eingesetzt wurde und 0.044 % Cadmium-Anthranilat als Wirkstoff enthielt, vermutet. Das Entwurmungsfutter wurde daraufhin abgesetzt, zwei weiter Todesfälle traten auf, aber nach 12 Tagen hatten sich die restlichen Tiere erholt und zeigten wieder eine physiologische Hautfarbe (Alber, 1963).
 

9. Literaturverzeichnis

Alber CL (1963) Cadmium toxicity in swine. Vet Med 58, 893
 
Carson TL (1986) Toxic chemicals, plants, metals, and mycotoxins. In: Diseases of Swine 6th Edition (AD Leman, B Straw, RD Glock, WL Mengeling, RHC Penny & E Scholl ed.), Iowa State University Press, Ames, pp 689-690
 
D'Allaire S (1999) Veterinary Practice. In: Diseases of Swine-8th Edition (BE Straw, S D'Allaire, WL Mengeling & DJ Taylor ed.), Iowa State University Press, Ames, p 1160
 
Osuna O, Edds GT & Popp JA (1981) Comparative toxicity of feeding dried urban sludge and an equivalent amount of cadmium to swine. Am J Vet Res 42, 1542-1546
 
Pond WG, Walker EF & Kirtland D Jr. (1973) Cadmium-induced anemia in growing pigs: protective effect of oral or parenteral iron. Anim Sci 36, 1122-1124
 
Straw BE, Dewey CE & Wilson MR (1999) Differential diagnosis in swine diseases. In: Diseases of swine - 8th Edition (BE Straw, S D'Allaire, WL Mengeling & DJ Taylor ed.), Iowa State University Press, Ames, pp 41-88
 
Waldmann KH & Plonait H (1997) Erkrankungen des Verdauungsapparates und des Abdomens. In: Lehrbuch der Schweinekrankheiten (H Plonait & K Bickhardt Hrsg.), Parey Berlin, pp 273-274
© 2024 - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.