Klinische Symptome
Akuter Verlauf:
- | Thiaminmangel: primär beim Pferd und Schwein, experimentell beim Schaf. |
- | Progressive Retinaatrophie ("bright blindness") infolge Stenose der Blutgefässe beim Schaf. Sie geht mit dem Verlust von Stäbchen und Zäpfchen in der äusseren Körnerschicht einher. |
- | Fieber, blasse Schleimhäute, externe oder interne Blutungen infolge schwerer Schädigung des blutbildenden Knochenmarks, erhöhte Fragilität der Kapillaren sowie Blutgerinnungsstörungen: beim Wiederkäuer und Kaninchen. |
Chronischer Verlauf:
- | Chronische Zystitis und Bovine enzootische Hämaturie (BEH) infolge epithelialer und mesenchymaler Tumoren der Harnblase beim Rind. |
- | Karzinome im Nasopharynx und Vormägen beim Rind und Schaf: Fibrosarkome in der Mandibula und Maxilla, Papillome in den Vormägen. |
(Bonadies et al., 2011; Obidoska et al., 2016; Rosenberger, 1994; Sebastian, 2007; Teuscher + Lindequist, 2010; Vetter, 2009; Yücel Tenekeci et al., 2017).
Pferd: Anorexie, Gewichtsverlust, Faszikulationen nach Anstrengung, später Ataxie, breitbeiniger Stand, Parese der Hinterhand, Festliegen, Tod, terminal sind auch Opisthotonus, Konvulsionen möglich. Im frühen Stadium ist die Prognose gut. Blutplasmawerte: Pyruvat erhöht (Zeichen für Vitamin B
1-Mangel), Vitamin B
1-Werte erniedrigt. EKG: Arrhythmie. Pathologie: Enteritis, perikardiale und epikardiale Hämmorrhagien.
(Pickrell & Oehme, 2004; Sebastian, 2007; Vetter, 2009)
Rind:
Akute Intoxikation: mangelnde Fresslust, gestörtes Wiederkauen, zeitweilige Verstopfung, allmähliche Abmagerung, dann plötzlich hämorrhagische Diathese, Hyperthermie (40.5-41°C). Blutbild: Abfall der Thrombozyten, zumnehmende Leukopenie mit Agranulozytose und relativer Lymphozytose, Verlängerung der Blutgerinnungszeit, erhöhte Kapillardurchlässigkeit, Prothrombingehalt des Blutes vermindert, Fibrinreaktion des Blutkuchengerinnsels verzögert.
Subakuter Verlauf: starke Diarrhoe (oft blutig), Nasenbluten, Hämaturie, Petechien und Ekchymosen auf Haut, Schleimhäuten und in der vorderen Augenkammer, Blutschwitzen, evt. nasolabiale Ulzerationen, Tachykardie, Tachypnoe, häufig Septikämie. Bei Kälbern und Jungrindern laryngeale Form (evtl. auch enterale Form) mit ausgedehnten Ödemen im Bereich von Kehlgang und Rachen sowie Dyspnoe, ältere Tiere enterale Form mit schwärzlichem, Blutkoagula-haltigem Kot, z.T. Diarrhoe, Tachypnoe und Tachykardie, Tod nach 1-10 Tagen.
Chronische Intoxikation (nach etwa 2 Jahren): intermittierende vesikale Hämaturie, Nephritis oder Pyelonephritis nach Sekundärinfektion der Blase, hämorrhagische Anämie; Sarkome, Karzinome (nach >2 Jahren) in der Harnblasenwand oder im Gastrointestinaltrakt.
(Rosenberger et al., 1994; Vetter, 2009)
Schaf: Hahnentritt, Mydriasis, Blindheit, Todesfälle (Sebastian, 2007; Vetter, 2009).
Schwein: Appetitverlust, Vomitus, später Ataxie, Seitenlage, Dyspnoe, Tod; trächtige Sauen: erhöhte Mortalitätsrate bei den geworfenen Ferkeln (Evans & Harding, 1972; Vetter, 2009).
Kaninchen: Differentialblutbild: progressive Anämie, Leukopenie, Lymphopenie, relative Heterophilie; Blutchemie: Alkalische Phosphatase/AP, Alanin-Aminotransferase/ALAT/GPT, Harnstoff und Kreatinin im Serum erhöht (Vetter, 2009).
Ratten: Apathie (Youkhana, 2013).
Damhirsch: Blasentumore (Hämangiom, Hämangiosarkom, Übergangszellkarzinom) und chronische Zystitis, z.T. mit Hämangiosarkom-Metastasen, Hydronephrose und Nierenkarzinom, in fortgeschrittenem Stadium Hämaturie und Abmagerung (Sacala et al., 2014).
Diagnose
- | Hämatologie: Leukopenie mit Agranulozytose und Thrombozytopenie; Neutrophilie (Fernandes et al., 1990); Leukopenie mit Fehlen aller Leukozyten ausser der Lymphozyten, verlängerte Blutungszeit (Vetter, 2009). |
- | Blutchemie: erhöhtes Totalprotein, Kalium, Kupfer und Mangan, erniedrigtes Kalzium, Phosphor und Thiaminspiegel, erhöhter Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin; chronisch: tiefes Kalzium, normales Phosphor und Mangan (Vetter, 2009). |
- | Urin: nach 45 Tagen: Epithelialzellen, Phosphat und Kalzuimoxalatkristalle; nach 60 Tagen: Protein und Kalzium (Vetter, 2009). |
- | Elektrokardiogramm: Veränderungen des S-T-Segments (Fernandes et al., 1990). |
Therapie
Thiamin (Vitamin B
1) bei Nichtwiederkäuern (Futterhefe): Pferd: 100-200 mg Thiamin 2mal täglich am 1. Tag, dann einmal täglich für 7-14 Tage (Pickrell & Oehme, 2004); Rind: wiederholte Bluttransfusion (mindestens 4-5 Liter),
Eisen-Dextran-Präparate, die Verabreichung von Vitamin B
1 oder K
1 ist nutzlos (Rosenberger, 1994).
Dekontamination / Symptomatische Therapie (
siehe Notfalltherapie)