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Atopische Dermatitis (AD)

Definition

Die canine atopische Dermatitis (AD) ist eine genetisch prädisponierte, entzündliche, juckende, allergische Hautkrankheit mit charakteristischen Merkmalen und mit gegen Umweltallergene gerichteten IgE-Antikörpern verbunden (Saridomichelakis 2016a).
 

Häufigkeit / Vorkommen

Mit einer 3 - 15%-igen Prävalenz ist AD ist eine der am häufigsten vorkommenden Hauterkrankungen des Hundes, von welchen zwischen 3% und 58% aufgrund von Hautläsionen beim Tierarzt vorgestellt werden. Die Tiere erkranken meistens in einem Alter von 6 Monaten bis 3 Jahren. Die Diagnose wird mittels Ausschluss anderer Hauterkrankungen mit ähnlichen oder gleichen Krankheitssymptomen gestellt. AD ist eine lebenslange Krankheit, die zwar kontrolliert, jedoch nur selten geheilt werden kann (Saridomichelakis 2016a).
 

Symptome

Typische Symptome der AD sind wiederkehrender oder chronischer Juckreiz und Hautentzündungen, wobei die Hautläsionen ein charakteristisches Verteilungsmuster zeigen. Die Hunde kratzen, lecken oder nagen sich häufig an den Pfoten, am After und am Bauch. Sie reiben sich die Augen (speziell in Zusammenhang mit einer Konjunktivitis) und die Schnauze. Weitere Hautläsionen werden an der Ellbogen-Beugeseite, an den Karpal- und Tarsalgelenken, an und zwischen den Zehen, am ventralen Abdomen, am Perineum sowie an der Unterseite der Rute gesehen. Zudem haben die Tiere regelmässig gerötete Ohrmuscheln oder eine Otitis. Die Symptome treten entweder saisonal, das ganze Jahr über oder asaisonal mit saisonaler Verschlechterung auf. Typischerweise verschwinden der Juckreiz und die Hautentzündung bei einer Behandlung mit Cortison; werden die Medikamente abgesetzt, treten der Pruritus und die Hautveränderungen erneut auf (Saridomichelakis 2016a).
 

Pathogenese

Die Pathogenese der AD ist komplex und aufgrund der genetischen Prädisposition sowie der Mitbeteiligung von umweltbedingten Faktoren nicht besonders gut verstanden. Eine Sensibilisierung auf Umwelt- und/oder Futtermittelallergene sowie mikrobielle und parasitäre Ursachen können zu einer Infiltration der Haut mit Entzündungszellen, einer Aktivierung von ansässigen Zellen und einer lokalen Produktion von Entzündungsmediatoren führen. Begleitende Faktoren wie Störungen der epidermalen Barriere, die Besiedlung der Haut mit Bakterien (i.d.R. Staphylokokkus pseudointermedius) und Hefen (u.a. Malassezia pachydermatitis), psychogene Faktoren sowie konkurrierende Hautinfektionen können miteinander in Zusammenhang stehen, jedoch ist unklar, ob es sich dabei um primäre Ursachen oder sekundäre Erscheinungen handelt (Saridomichelakis 2016a).
 

Übersicht Therapiemassnahmen und deren Wirksamkeit

-systemische Antimykotika: gute Wirkung bei Hunden mit einer Malassezia-Dermatitis
-topische Antimykotika: gute Wirkung bei Hunden mit einer Malassezia-Dermatitis
-Antihistaminika: keine bis geringe Wirkung
-systemische Antibiotika: gute Wirkung bei Hunden mit einer Pyodermie
-topische Antibiotika: gute Wirkung bei Hunden mit einer Pyodermie
-Allergenspezifische Immuntherapie: moderate bis gute Wirkung
-Vermeidung von Umweltallergenen: geringe Wirkung
-Vermeidung von Futterallergenen: gute Wirkung bei Futtermittel-induzierter AD
-Ciclosporin: gute Wirkung
-orale Fettsäuren-Supplementierung: geringe Wirkung
-topische Fettsäuren: geringe Wirkung
-felines Interferon-Omega: Wirkung unbekannt
-systemische Glucocorticoide: gute Wirkung
-topische Glucocorticoide: gute Wirkung
-Misoprostol: moderate Wirkung
-NMDA-Rezeptor-Antagonisten: möglicherweise geringe bis moderate Wirkung
-Oclacitinib: gute Wirkung
-Pentoxifyllin: moderate Wirkung
-Serotonin-Aufnahme-Hemmer: möglicherweise geringe Wirkung
-Tacrolimus: gute Wirkung
-Trizyklische Antidepressiva: keine bis geringe Wirkung (Saridomichelakis 2016a)

 

Therapie der akuten AD

Elimination / Reduktion der Allergene

Häufig führt ein kürzlich stattgefundener Kontakt mit Umweltallergenen, wie z.B. Hausstaubmilben oder Pollen, die Aufnahme von Futtermittelallergenen, sowie Flohbisse oder Insektenstiche, zu einem akuten AD-Schub. Um ein Redzidiv zu verhindern, ist es wichtig den Kontakt zur Allergenquelle zu vermeiden oder diese zu eliminieren. Auch bakterielle Entzündungen sowie eine Besiedlung der Haut und der Ohren mit Hefen können durch eine allergische Reaktion auf bakterielle Superantigene, bzw. Hefe-Antigene zu einer akut auftretenden AD führen. Sie werden mit systemischen und/oder topischen antimikrobiellen Wirkstoffen behandelt (Olivry 2015a).
 

Unterstützende Massnahmen / Regenerierung der Hautbarriere

Medizinalshampoos

Beruhigende, dermatologische Shampoos welche Ceramide, essentielle Fettsäuren, komplexe Zucker und ein Antiseptikum (z.B. Allermyl® Shampoo) oder Phytosphingosin, Himbeeröl und Lipiden (z.B. Douxo Calm® Shampoo) als Inhaltsstoffe enthalten, können als unterstützende Massnahmen bei Allergien und Juckreiz eingesetzt werden; sie haben jedoch nur eine mässige antipruristische Wirkung bei einem akuten AD-Schub. Dabei ist die Frequenz und Intensität der Anwendung für den Therapieerfolg massgebend (Olivry 2015a).
 

Orale essentielle Fettsäuren

Oral verabreichte essentiellen Fettsäuren sind aufgrund des verzögerten Wirkungseintritt bei einer akuten Phase nicht geeignet (Olivry 2015a).
 

Dermatologische Spot ons

Kurzzeitig angewendete dermatologische Spot ons mit Ceramiden, Fettsäuren und Cholesterol (z.B. Allerderm® Spot on) bewirken kaum eine Linderung des Juckreizes oder der Hautveränderungen (Olivry 2015a).
 

Medikamentelle Kurzzeittherapie

Topische Glucocorticoide

Topisch angewendete Glucocorticoide werden in der Regel gut toleriert und haben eine gute Wirksamkeit; bei generalisiertem Pruritus sind sie jedoch ungeeignet (Cosgrove 2013b). Die Präparate sind zudem teurer und aufwändiger in der Applikation. Die tägliche Anwendung an derselben Hautstelle über einen langen Zeitraum kann zu einer Steroid-induzierten Atrophie der Haut führen. Systemische Nebenwirkungen treten selten auf, da topisch appliziertes Hydrocortisonaceponat in situ zum inaktiven Metaboliten umgewandelt wird. Cortavance® Spray zeigt während einer akuten Phase eine gute Wirksamkeit und ist insbesondere bei lokal begrenzten Hautläsionen zur kurzzeitigen Therapie geeignet. In den meisten Fällen tritt innerhalb von 1 - 2 Wochen eine signifikante Linderung des Pruritus und eine Heilung der Hautläsionen ein. Die prophylaktische Applikation auf die betroffenen Hautstellen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen pro Woche kann ein Wiederauftreten von Juckreiz und Läsionen verhindern oder verzögern, ohne dass es zur Atrophie der Haut kommt (Olivry 2015a; Saridomichelakis 2016a).
 

Orale Glucocorticoide

Oral verabreichtes Prednisolon, Prednison oder Methylprednisolon in einer Dosierung von 0,5 - 1 mg/kg/Tag 1 - 2 × täglich verabreicht, lindert die Symptome bei einer ausgeprägten AD mit grossflächigen Hautveränderungen. Nebenwirkungen treten proportional zur Wirkungsstärke, Dosierung und Therapiedauer auf. Eine Behandlung mit langwirksamen, injizierbaren Glucocorticoiden wird bei akuten Schüben nicht empfohlen. Tritt unter der Therapie keine Verbesserung ein, sollten andere Ursachen (z.B. Hautinfektionen, Ektoparasiten, nichtatopische Reaktion auf Futtermittel) oder sekundäre Komplikationen ausgeschlossen werden (Olivry 2015a).
 

Oclacitinib

Oclacitinib (Apoquel®) ist ein Januskinase-Hemmer mit einem raschen Wirkungseintritt, der jedoch teurer ist als Glucocorticoide. Er ist sowohl bei akuten Symptomen wie auch zur Langzeittherapie einer AD geeignet. Die initiale Dosis beträgt 0,4 - 0,6 mg/kg p.o. 2 × täglich und kann nach zwei Wochen auf eine 1 × tägliche Gabe reduziert werden (Saridomichelakis 2016a). Eine kombinierte Anwendung von Glucocorticoiden und Oclacitinib kann zu einer Wirkstoff-induzierten Immunsuppression führen und wird deshalb nicht empfohlen (Olivry 2015a).
 

Antihistaminika

Generell werden Antihistaminika (H1-Histaminrezeptor-Antagonisten) zur spezifischen Therapie von allergischen Entzündungen eingesetzt. Sie wirken rasch, sind nicht teuer und haben ein relativ gutes Sicherheitsprofil. Bei einer caninen AD sind sie jedoch nur wenig wirksam, können aber als Zusatztherapeutikum in der Langzeitbehandlung, mit dem Ziel die Dosierung von Glucocorticoiden zu minimieren, eingesetzt werden (Cosgrove 2013b; Olivry 2015a). Die beiden Wirkstoffe Hydroxyzin und sein aktiver Metabolit Cetrizin werden beim Hund in einer Dosierung von 2 mg/kg 2 × täglich p.o. bzw. 1 mg/kg 1 × täglich p.o. verabreicht. In einer experimentellen Studie bewirkte Hydroxyzin bei gegen Hausstaubmilben sensibilisierten Hunden keine Verbesserung der Hautläsionen. Das Kombinationspräparat (Histacalmin®) mit den Wirkstoffen Hydroxyzin und Chlorpheniramin und der Wirkstoff Demetinden (Fenistil®) linderten den Juckreiz sowie die Hautveränderungen bei Hunden mit AD geringgradig. Diphenhydramin und Chlorpheniramin können durch ihre sedative Wirkung einen positiven Effekt bei einer AD haben (Olivry 2015a).
 

Tacrolimus

Der verzögerte Wirkungseintritt des topischen Calcineurin-Inhibitors Tacrolimus limitiert dessen Einsatz bei einer akuten Phase der AD (Olivry 2015a).
 

Ciclosporin

Verglichen mit Glucocorticoiden hat Ciclosporin weniger Nebenwirkungen und ist ähnlich gut wirksam. Aufgrund des verzögerten Wirkungseintritts (erst nach 2 - 3 Wochen) ist es zur Therapie von akut auftretenden klinischen Symptomen der caninen AD nicht geeignet, wird jedoch zur Langzeittherapie eingesetzt (Olivry 2015a).
 

Therapie der chronischen AD

Elimination / Reduktion der Allergene

Eliminationsdiät

Bei allen Hunden mit asaisonal auftretenden Symptomen sollte als erstes eine Untersuchung auf eine mögliche Futtermittelallergie durchgeführt werden. Am häufigsten äussert sich eine Futtermittelallergie in einer von Juckreiz begleiteten Dermatitis und tritt bei bis zu 40% der Hunde mit AD auf. Um eine Allergie auf Futtermittelbestandteile zu diagnostizieren, muss eine Eliminationsdiät über eine Dauer von mind. 6 - 8 Wochen durchgeführt werden. Die Diagnose gilt aber erst dann als bestätigt, wenn Juckreiz nach Verfüttern des alten Futters innerhalb von max. 14 Tagen hervorzurufen ist (Provokationstest). Die Langzeitbehandlung einer Futtermittel-induzierten AD beruht auf der Vermeidung des Allergie-auslösenden Futtermittels oder durch die Fütterung eines kommerziell erhältlichen hypoallergenischen Diätfuttermittels (Saridomichelakis 2016a).
 

Flohkontrolle

Hunde mit einer AD sollten das ganze Jahr über gegen Flöhe behandelt werden, da diese häufiger überempfindlich auf Flöhe reagieren (Olivry 2015a).
 

Hausstaubmilben / Futtermilben

Hausstaubmilben sind die weltweit häufigste Allergenquelle der caninen AD und sollten deshalb eliminiert werden. Ein akarizider Spray mit Benzylbenzoat (Wirkstoff zur Behandlung von Scabies) reduzierte die klinischen Symptome einer AD bei Hunden mit einer Milben-Allergie. Futtermilben im Trockenfutter können durch eine Kreuzreaktion mit Hausstaubmilben eine Allergie auslösen und zu einem Rückfall führen. Trockenfutter sollte deshalb vor Feuchtigkeit geschützt, in geschlossenen und sauberen Behältnissen aufbewahrt werden (Olivry 2015a).
 

Umweltallergene

Umweltallergene, sowie Reinigungs- und Waschmittel sollten ebenfalls als mögliche Ursachen einer AD in Betracht gezogen und vermieden, bzw. eliminiert werden (Olivry 2015a).
 

Allergen-Nachweis

Erst wenn andere Krankheiten und Ursachen ausgeschlosssen sind, soll eruiert werden, auf welche Allergene der Hund überempfindlich reagiert. Mittels Allergen-spezifischen Intrakutantests und/oder IgE-Serologie-Tests wird eine Sensibilisierung auf Umweltallergene sowie die Spezifität der allergischen Reaktion nachgewiesen. Die Tests können aber auch bei anderen juckenden Dermatosen positiv ausfallen und das Testergebnis ist nicht bei allen Hunden mit AD positiv. Ein möglicher Grund dafür ist, dass das Tier hypersensibel auf ein Allergen reagiert, das nicht im Test enthalten ist; ein negatives Testergebnis bedeutet somit nicht, dass der Hund keine AD hat (Olivry 2015a).
 

Unterstützende Massnahmen / Regenerierung der Hautbarriere

Eine Störung der Hautbarriere entsteht meistens sekundär aufgrund einer Entzündung oder durch Selbstmutilation (Lecken, Kratzen, Nagen) und geht mit Störungen im Lipidstoffwechsel (mangelhafte Ceramid-Synthese) und in der Proteinsynthese (Filaggrin, Keratin, interzelluläre Adhäsionsmoleküle) einher, was zu trockener Haut führt und Juckreiz sowie eine Sensibilisierung auf Umwelteinflüsse, Bakterien- oder Pilzallergene wie auch Reizstoffe verstärkt. Bei atopischen Hunden liegt meist eine Störung der Hautbarriere vor, die mittels oralen oder topischen Fettsäuren therapiert werden kann (Olivry 2015a).
 

Orale essentielle Fettsäuren

Nahrungsergänzungspräparate mit n-3 und n-6 Fettsäuren werden bei atopischen Hunden gezielt zur Reduktion der proinflammatorischen Eicosanoid-Produktion, zur Hemmung der Aktivierung von Entzündungszellen und der Zytokin-Sekretion sowie zur Normalisierung des Lipidstoffwechsels und damit zur Heilung des Stratum corneum eingesetzt. Insbesondere Omega-6 Fettsäuren beeinflussen den Glanz und die Qualität des Haarkleides positiv und helfen die Symptome einer AD zu lindern. Ein Beispiel einer solchen Omega-6 Fettsäure ist die Linolsäure, die in Ceramiden eingebaut in der Epidermis zu finden ist. Die Supplementierung von essentiellen Fettsäuren ist sicher. Die Wirkung setzt jedoch nur sehr langsam, nach einigen Wochen bzw. nach 2 Monaten ein und ist deshalb zur Langzeittherapie geeignet (Saridomichelakis 2016a). Generell ist der Anteil an essentiellen Fettsäuren in angereicherten Diätfuttermitteln höher als in Präparaten zur Supplementation. Die 2-monatige Anwendung von Megaderm®, einem flüssigen Diät-Ergänzungsfuttermittel hatte einen positiven Einfluss auf die Lipidstruktur des Stratum corneum. Durch die zusätzliche Verabreichung von essentiellen Fettsäuren in Nahrungsergänzungsmitteln kann die Dosierung von oralen Glucocorticoiden, Ciclosporin und Oclacitinib allenfalls vermindert werden (Olivry 2015a).
 

Dermatologische Spot ons

Topisch angewendete dermatologische Lipid spot ons helfen Defekte im Stratum corneum zu reparieren. Mit einer 6-maligen Anwendung von Allerderm® Spot on jeden 3. Tag normalisierte sich das Stratum corneum bei atopischen Hunden. Auch Dermoscent® spot on reduzierte die klinischen Symptome einer AD. Die Wirkung von Spot on Präparaten ist jedoch gering bei Hunden, welche bereits orale Ergänzungsfuttermittel mit essentiellen Fettsäuren erhalten (Olivry 2015a; Saridomichelakis 2016a).
 

Medizinalshampoos

Beruhigende, dermatologische Shampoos sollten mindestens 1 × wöchentlich angewendet werden. Ist die Haut fettig, infiziert und/oder verkrustet so sind antiseborrhoeische und antiseptische Produkte zu bevorzugen. Durch die zusätzliche Anwendung von Bädern mit Medizinalshampoos kann die Dosierung von oralen Glucocorticoiden, Ciclosporin und Oclacitinib allenfalls gesenkt werden (Olivry 2015a).
 

Andere

Die Wirksamkeit verschiedener anderer Therapiemassnahmen, wie z.B. Baden in hochreinem, weichem Wasser oder eine Whirlpool-Hydrotherapie und die Anwendung anderer topischer Wirkstoffe wie Capsaicin, kolloidalem Haferbrei, Pramoxin oder Rhamnose ist nicht erwiesen. Sie scheinen jedoch einen positiven Effekt auf die defekte Epidermis zu haben indem sie Allergene und Reizstoffe an der Hautoberfläche reduzieren, Entzündungen sowie Juckreiz lindern. Sie können ergänzend eingesetzt werden (Saridomichelakis 2016a).
 

Medikamentelle Langzeittherapie

Bei einer AD sind neben Mastzellen auch andere Zelltypen wie Keratinozyten, epidermale Langerhans-Zellen, dendritische Zellen der Dermis, T-Lymphozyten, Makrophagen, Eosinophile sowie Neutrophile an den Entzündungsreaktionen mitbeteiligt. Nach ihrer Aktivierung sezernieren sie verschiedene Zytokine, Chemokine und Arachidonsäure-Derivate. Die pharmakologische Modulation dieser Mediatoren erfolgt mittels hocheffizienten, antiinflammatorischen und immunmodulierenden Wirkstoffen wie Glucocorticoiden, Calcineurin-Inhibitoren (Ciclosporin) oder Januskinase-Hemmern (Oclacitinib) und evtl. mit weniger wirksamen Wirkstoffen wie Misoprostol, Pentoxifyllin oder rekombinantem Interferon (Saridomichelakis 2016a).
 

Antimikrobielle Wirkstoffe

Das Lecken, Kratzen und Nagen infolge einer AD beeinflusst die normale Besiedlung der Haut mit Bakterien und Hefepilzen. Das Gleichgewicht der Hautflora wird zerstört und die Erreger vermehren sich. Diese verursachen wiederum Dermatitiden und verschlimmern die Entzündungsreaktion sowie den Juckreiz. Bis zu 66% der Hunde mit AD zeigen Anzeichen einer bakteriellen Dermatitis und oftmals sind die Tiere auf bakterielle Superantigene sensibilisiert. In den meisten Fällen leiden sie an einer oberflächlichen Infektion der Haut, welche sich in Form einer Follikulitis mit bakterieller Überwucherung oder einer exfoliativen Pyodermie manifestiert. Sie kann mit topischen und/oder systemischen antimikrobiellen Wirkstoffen behandelt werden. Um einer rezidivierenden Pyodermie vorzubeugen, sind topisch anwendbare Antiseptika gut geeignet (Saridomichelakis 2016a).
 

Antimykotika

Bis zu 38% der Hunde mit einer AD leiden unter einer Malassezia-Dermatitis, welche häufig rezidivierend auftritt und die Hautentzündung verschlimmert. Oftmals besteht eine Allergie auf Hefe-Antigene. Die klinischen Symptome sind typischerweise unspezifisch; eine Entnahme von Zellproben (Zytologie) ist der diagnostische Test der Wahl. Therapiert wird mit systemischen und/oder topisch applizierten antimykotischen Wirkstoffen, wie Itraconazol oder Terbinafin. Besondere Vorsicht ist bei Hunden mit einer allergischen Otitis externa geboten, da es zu einer Otitis media kommen kann (Saridomichelakis 2016a; Olivry 2015a).
 

Topische Glucocorticoide

Topische Glucocorticoide sind teurer und aufwändiger in der Anwendung als systemische Glucocorticoide. Sie sind jedoch sicherer in der Anwendung und werden beim Vorliegen von begrenzten Hautläsionen eingesetzt. Topisch anzuwendendes Hydrocortisonaceponat wird in situ zum inaktiven Metaboliten umgewandelt und hat deswegen weniger systemische Nebenwirkungen. Auf eine mögliche Atrophie der Haut an der Applikationsstelle sollte jedoch geachtet werden, wobei das Risiko dieser Nebenwirkung durch die intermittierende Anwendung vermindert wird. Deshalb sollte der Wirkstoff nach einer initialen Phase nicht mehr täglich, sondern mit zeitlichen Unterbrechungen appliziert werden (Saridomichelakis 2016a).
 

Systemische Glucocorticoide

Glucocorticoide reduzieren die Anzahl Entzündungszellen sowie die Produktion von Entzündungsmediatoren und lindern somit akute und chronische Dermatitiden und den Juckreiz. Sie eignen sich insbesondere zur Therapie von saisonal auftretender AD sowie zur initialen, kurzzeitigen palliativen Behandlung um den Wirkungseintritt zu beschleunigen, währenddem andere Therapeutika eingeschlichen werden (z.B. während des ersten Monats einer ASIT oder der ersten 3 Wochen einer Ciclosporin-Behandlung) (Saridomichelakis 2016a). Zur Therapie einer chronischen AD sind die Wirkstoffe Prednison, Prednisolon und Methylprednisolon geeignet. Orale Glucocorticoide werden initial in einer Dosierung von 0,5 mg/kg 1 - 2 × täglich verabreicht, bis eine Verbesserung der Symptome eintritt. Danach wird die Dosis schrittweise auf das notwendige Minimum reduziert. Orale Glucocorticoide und Ciclosporin sind ähnlich gut wirksam, doch tritt die Wirkung bei Glucocorticoiden rascher ein. Langwirksame injizierbare Glucocorticoide werden nicht empfohlen und von einer Langzeittherapie zusammen mit Ciclosporin oder Oclacitinib wird abgeraten, da sich das Risiko einer Immunsuppression erhöht. Insbesondere beim Einsatz von hohen Dosen über einen langen Zeitraum kann es zu systemischen Nebenwirkungen wie Polyurie, Polydipsie, Polyphagie, Obesitas, Muskelatrophie und iatrogenem Hyperadrenokortizismus kommen. Da auch Infektionen des Harntrakts auftreten können, sollte in periodischen Abständen der Urin analysiert werden. (Olivry 2015a).
 

Tacrolimus

Tacrolimus ist ein topischer Calcineurin-Hemmer, welcher bei lokalen Entzündungen und Pruritus anstelle einer systemischen immunsuppressiven Therapie eingesetzt wird. Die Anwendung ist relativ sicher und die Wirksamkeit gut, derjenigen detr Glucocorticoide aber nicht überlegen. Der Wirkstoff ist jedoch teuer und das Aufbringen der Salbe auf kleine Hautareale eher schwierig (Saridomichelakis 2016a). Ausserdem limitiert der verzögerte Wirkungseintritt dessen Einsatz als alleiniges Therapeutikum, wenn eine rasche Kontrolle des Juckreizes erzielt werden soll (Cosgrove 2013b).
 

Ciclosporin

Verglichen mit Glucocorticoiden hat Ciclosporin bei ähnlich guter Wirksamkeit weniger Nebenwirkungen. Aufgrund des verzögerten Wirkungseintritts (nach 2 - 3 Wochen) ist es nicht zur Therapie von akut auftretenden klinischen Symptomen geeignet, wird jedoch zur Langzeittherapie caniner AD eingesetzt. Nach der initialen Applikation von 5 mg/kg 1 × täglich p.o. während 4 - 6 Wochen, kann die Dosis bei den meisten Patienten entweder durch eine alternierende Gabe (z.T. jeden 2. - 3. Tag bis hin zu 2 × wöchentlich) oder durch eine schrittweise Reduktion um jeweils 25% alle 4 Wochen auf die notwendige Minimaldosis gesenkt werden. Mit einer zusätzlichen Verabreichung von Ketoconazol (2,5 mg/kg, 1 × täglich p.o.) können die Dosis und dadurch die Kosten um ca. 50% gesenkt werden, da das Antimykotikum die Verstoffwechselung von Ciclosporin hemmt und dessen Halbwertszeit senkt. Es kann jedoch hepatotoxisch wirken. Obwohl Ciclosporin ein relativ sicherer Wirkstoff ist, können insbesondere in der Anfangsphase der Therapie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe auftreten. Weitere unerwünschte Wirkungen wie Anorexie, Gewichtsverlust, Aggression, Hypertrichose, kutane Papillomatose, gingivale Hyperlasie sowie opportunistische Infektionen sind typischerweise abhängig von der Dosis sowie der Behandlungsdauer und können einen Therapieabbruch erforderlich machen (Saridomichelakis 2016a; Olivry 2015a).
 

Oclacitinib

Oclacitinib (Apoquel®) ist ein Januskinase-Hemmer mit einem raschen Wirkungseintritt, der jedoch teurer ist als Glucocorticoide. Er ist sowohl bei akuten Symptomen wie auch zur Langzeittherapie einer AD geeignet. Die initiale Dosis beträgt 0,4 - 0,6 mg/kg p.o. 2 × täglich und kann nach zwei Wochen auf eine 1 × tägliche Gabe reduziert werden (Saridomichelakis 2016a). Sollte es zu einer kompletten Remission kommen, kann eine weitere schrittweise Dosisreduktion in Betracht gezogen werden (Olivry 2015a).
 

Rekombinantes Interferon

Subkutan appliziertes rekombinantes canines Interferon-Gamma, welches 4 Wochen lang, 3 ×/Woche, danach 1 × wöchentlichin einer Dosierung von 5'000 - 10'000 Units/kg appliziert wurde wirkte bei caniner AD gut. Subkutan oder oral verabreichtes rekombinantes felines Interferon-Omega hingegen zeigte bei atopischen Hunden eine inkonstante Wirkung auf Hautläsionen und Juckreiz (Olivry 2015a). Die Wirkungsweise von rekombinantem felinen Interferon-Omega ist nicht vollständig verstanden, seine Sicherheit in der Langzeitanwendung nicht untersucht und die Dosierung sowie Applikationsart nicht standardisiert (Saridomichelakis 2016a).
 

Antihistaminika

Die Typ-1-Allergie ist gekennzeichnet durch die Degranulation sensibilisierter Mastzellen mit der Freisetzung diverser Entzündungsmediatoren. Bei der caninen AD sind neben Mastzellen auch andere Zelltypen wie Keratinozyten, epidermale Langerhans Zellen, dendritische Zellen der Dermis, T-Lymphozyten, Makrophagen, Eosinophile sowie Neutrophile an der Entzündungsreaktion mitbeteiligt. Nach ihrer Aktivierung sezernieren sie diverse Entzündungsmediatoren, darunter verschiedene Zytokine, Chemokine und Arachidonsäure-Derivate (Saridomichelakis 2016a). Antihistaminika (H1-Rezeptor-Antagonisten) sind zur spezifischen Therapie von allergischen Entzündungen geeignet. Sie wirken rasch, sind nicht teuer und haben ein relativ gutes Sicherheitsprofil. Ihre Wirkung bei caniner AD ist jedoch nur gering und individuell verschieden. Sie werden vorzugsweise als Zusatztherapeutikum in der Langzeitbehandlung einer AD eingesetzt, mit dem Ziel, die Dosierung von Glucocorticoiden zu minimieren. Die Antihistaminika Dimetinden (Fenistil®) und das Kombinationspräparat mit den Wirkstoffen Chlorpheniramin und Hydroxyzin (Histacalmin®) können bei caniner AD wirksam sein. Fexofenadin kann insbesondere in Kombination mit Vitamin E einen positiven Effekt auf Hautläsionen haben (Olivry 2015a). Die beiden Wirkstoffe Hydroxyzin und sein aktiver Metabolit Cetrizin können beim Hund in einer Dosierung von 2 mg/kg 2× täglich p.o., bzw. 1 mg/kg 1× täglich p.o. verabreicht werden (Saridomichelakis 2016a).
 

Masitinib

Die Therapie mit Masitinib (Masivet®) scheint bei Hunden mit AD wirksam zu sein; das Risiko unter der Therapie eine Protein-losing-Nephropathie zu entwickeln limitiert jedoch dessen Einsatz (Olivry 2015a).
 

Misoprostol

Misoprostol ist ein synthetisches Analogon von Prostaglandin E1 welches die Produktion von IL-1, Tumornekrosefaktor (TNF)-α und Leukotrien B4 senkt. Seine Wirkung ist mässig, jedoch ist der Wirkstoff relativ sicher und kann 3 × täglich in einer Dosierung von 3 - 6 μg/kg verabreicht werden, um die Dosierung von Glucocorticoiden zu senken (Saridomichelakis 2016a).
 

Pentoxifyllin

Pentoxifyllin ist ein Phosphodiesterasehemmer, der die Aktivierung von Entzündungszellen und die Produktion von TNF-α hemmt. Die Wirkung ist moderat, jedoch zeigt der Wirkstoff einen synergistischen Effekt mit Corticosteroiden und kann in einer Dosierung von 10 - 20 mg/kg 2 - 3 × täglich verabreicht werden um die Glucocorticoid-Dosierung zu senken (Saridomichelakis 2016a). Auch die alleinige Gabe von Pentoxifyllin in einer hohen Dosierung (20 mg/kg, 3 × täglich) oder in Kombination mit essentiellen Fettsäuren p.o. kann eine Linderung der Hautläsionen und des Juckreizes bewirken (Olivry 2015a).
 

Tepoxalin

Über die Anwendung von Tepoxalin und alternative Applikationsarten von antiinflammatorischen Wirkstoffen wie z.B. topischen Ciclosporin-Nanoemulsionen existieren keine Studien (Saridomichelakis 2016a).
 

Methotrexat

Niedrig dosiertes Methotrexat 1 × wöchentlich p.o. ist bei caniner AD wirksam und relativ sicher (Olivry 2015a).
 

Antipsychotika

Auch psychogene Faktoren wie z.B. Stress können an einer AD mitbeteiligt sein. Bei solchen Patienten können anxiolytische Wirkstoffe wie trizyklische Antidepressiva, spezifische Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und N-Methyl-D-Aspartat vorteilhaft wirken. Ihre Wirkung beruht primär auf einer Erhöhung der Serotonin- und Noradrenalin-Konzentration im zentralen Nervensystem, sie besitzen aber auch antihistamine (H1-Rezeptor Antagonist) sowie analgetische (NMDA-Rezeptor-Antagonist) Eigenschaften. Die Wirkung bei atopischer Dermatits ist allerdings zweifelhaft und es können Nebenwirkungen auftreten. Dextromethorphan ist ein NMDA-Rezeptor-Antagonist mit einigen nichtspezifischen Eigenschaften eines Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmers. Die Gabe von 2 mg/kg 2 × täglich p.o. bewirkte eine leichte bis moderate Verbesserung der klinischen Symptome einer AD und ist deshalb bei Hunden mit AD indiziert, bei welchen eine starke Verhaltensstörung vermutet wird. Es fehlen Studien zur Sicherheit in der Langzeitanwendung (Saridomichelakis 2016a). Auch die Wirkstoffe Doxepin (1 - 2 mg/kg 2 × täglich p.o.) und Amitriptylin (1 - 2 mg/kg 2 × täglich p.o.) wurden bei Hunden mit AD angewendet. Der selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (selective serotonin reuptake inhibitor, SSRI) Fluoxetin (1 mg/kg 1 × täglich p.o.) zeigte keine Wirkung bei caniner AD (Olivry 2015a).
 

Orale Probiotika

Obwohl die prä- und postnatale Exposition mit dem Probiotikum-Stamm Lactobacillus rhamnosus eine mögliche Wirksamkeit bei auf Hausstaubmilben sensibilisierten Hunden zeigte, ist die Wirkung von oralen Probiotika zur nichtspezifischen Immuntherapie bei der caninen AD nicht erwiesen (Olivry 2015a).
 

Allergenspezifische Immuntherapie (ASIT) / Hyposensibilisierung

Hunde, die das ganze Jahr über Hautprobleme haben und bei denen eine positiver Allergennachweis von der Blutuntersuchung oder vom Intrakutantest vorliegt, können von der Hyposensibilisierung profitieren. Gegen Umweltallergene gerichtete IgE-Antikörper werden bei ca. 80% der Hunde mit einer AD nachgewiesen. Es besteht ein zeitweiliger Zusammenhang zwischen den klinischen Symptomen und dem Grad der Allergen-Einwirkung, bei einigen Hunderassen auch eine genetische Prädisposition. Umweltallergene werden durch Langerhans-Zellen (unreife dendritische Zellen) aufgenommen, migrieren in die Lymphknoten, werden dort von MHC (Major Histocompatibility Komplex)-Klasse-II-Epitopen präsentiert und von CD4+T-Lymphozyten erkannt. Eine Differenzierung von naiven CD4+T-Zellen zu T-Helferzellen fördert die Reifung von allergenspezifischen B-Zellen und die Produktion von allergenspezifischem IgE. IgE bindet spezifisch an exprimierte, hochaffine IgE-Rezeptoren an der Oberfläche von Mastzellen. Folgt nun eine erneute Allergenexposition, durchdringen diese die Hautbarriere und vernetzen sich mit den IgE an der Oberfläche von kutanen Mastzellen, was zu deren Degranulation und einer sofortigen Freisetzung von Entzündungsmediatioren (Histaminen) führt; es folgt eine allergische Spätphasereaktion, bei welcher es zu einer Neusynthese von Entzündungsmediatoren wie Leukotrienen (LT) und Prostaglandinen (PG) sowie weiteren Zytokinen kommt, welche wiederum Entzündungszellen in die Haut rekrutieren.
 
Mittels intradermalen Hauttests und/oder der Beurteilung von zirkulierenden IgE im Serum werden eine Sensibilisierung auf Umweltallergene und die Spezifität der Hypersensitivitäts-Reaktion nachgewiesen. Da die Allergentests (Intradermaltests, IgE-Serologie-Tests) nicht standardisiert sind, kann es allerdings zu Abweichungen bei den Testresultaten kommen. Bei der allergenspezifische Immuntherapie (ASIT, Hyposensibilisierung) werden die positiv getesteten und zur jeweiligen Anamnese und Klinik passenden Allergene als Extrakt in steigenden Dosierungen, Konzentrationen und Intervallen injiziert. ASIT stellt für allergische Patienten bei bestmöglicher Durchführung eine erfolgsversprechende Alternative zur medikamentellen Behandlung dar. In Studien konnte gezeigt werden, dass es nach der Anwendung während > 1 Jahr zu einer signifikanten Verbesserung der caninen AD kam. Ausserdem sind die Nebenwirkungen extrem gering. Da Allergien nicht heilbar sind, sollte eine ASIT bei gutem Erfolg lebenslang durchgeführt werden (Saridomichelakis 2016a; Olivry 2015a).

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