mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Toxikologie mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Fax / Telefon

Minoxidil

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Minoxidil ist ein Piperidinopyrimidin-Derivat (DeClementi et al., 2004).
 

2. Quellen

Anwendung als Antihypertonikum und Haarwuchsmittel in der Humanmedizin. Der Wirkstoff ist in Form von Tabletten, Lösungen und Schaum auf dem Markt.
 

3. Kinetik

Minoxidil weist eine gute orale Bioverfügbarkeit auf. Der Plasmapeak der Muttersubstanz wird beim Hund innerhalb von 2 Stunden erreicht, beim Menschen innert 1 Stunde. Obwohl die Plasmakonzentration rasch wieder sinkt, setzt die hypotensive Wirkung später ein und bleibt während mehr als 24 Stunden bestehen. Dies dürfte mit der verzögerten Bildung des aktiven Metabolits Minoxidilsulfat und mit dessen irreversiblen Bindung an die Proteine von Kalium-Kanälen zusammenhängen. Die Plasmahalbwertszeit beträgt beim Menschen 3-4 Stunden. Inaktive Metaboliten werden in der Leber durch Konjugation mit Glucuronsäure gebildet. Die Muttersubstanz sowie die Metaboliten werden durch glomeruläre Filtration über den Urin ausgeschieden.
In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass topisch aufgebrachtes Minoxidil zu 5-36% systemisch absorbiert wird. Die dermale Absorption erfolgt im Vergleich zur oralen Aufnahme langsamer und die Minoxidil-Wirkung hält länger an.
(DeClementi et al., 2004; Herman et al., 1979)
 

4. Toxisches Prinzip

Minoxidil dilatiert die Arteriolen, was vasodilatatorische Ödeme bewirkt, und stimuliert das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, was infolge einer Retention von Natrium und Wasser zu weiteren Ödemen führt. Minoxidil erzeugt auch verschiedene kardiale Läsionen, u.a. eine Schädigung der Koronararterien, atriale Blutungen und ventrikuläre subendokardiale Nekrosen, was eine verminderte Herzleistung und weitere Ödembildung bewirkt. Die Pathogenese der kardialen Läsionen ist nicht bekannt. Die Schädigung der Koronaraterien und der Vorhöfe dürfte durch die myokardiale Hyperperfusion verursacht sein, die Ischämie bedingten subendokardialen Nekrosen durch die Hypotension und Tachykardie.
(DeClementi et al., 2004; Herman et al., 1979; Herman et al., 1988; Mesfin et al., 1989; Mesfin et al., 1995; Van Vleet et al., 1984)
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

TD Katzen p.o.: 1 Tropfen (DeClementi et al., 2004).
TD Hund p.o.: 0.5 mg/kg Körpergewicht (Herman et al., 1997), d.h. 0.01 ml/kg Körpergewicht des 5%igen (50 mg/ml) Produktes.
 

2. Latenz

2-36 Stunden (DeClementi et al., 2004; Herman et al., 1997).
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Anorexie, Lethargie, Seitenlage, Hypothermie
  
3.2Nervensystem
Keine Symptome
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Vomitus
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.5Respirationstrakt
Dyspnoe, Zyanose infolge Lundenödem, Perikard- und Pleuraerguss
  
3.6Herz, Kreislauf
Tachykardie
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Pleuraerguss, fleckige Veränderung der Lungen, Lungenödem, Myokard mit diffusen, fokalen Aufhellungen, eventuell Hämorrhagien und Fibrinthromben in den Koronarvenen. Histologie: ischämische Myofibrose, Myokard mit interstitiellem Ödem, eventuell myokardiale Degeneration (DeClementi et al., 2004).
 

5. Weiterführende Untersuchungen

5.1Röntgen
-Röntgen Thorax: undeutlich Herzsilouette, vergrösserter Herzschatten, diffuse Verschattungen der Lungen.
 
5.2Veränderte Laborwerte
-Blutchemie: eventuell erhöhte Alanin-Aminotransferase/ALT, Aspartat-Aminotransferase/AST und Harnstoffwerte im Serum (DeClementi et al., 2004).
 

6. Differentialdiagnosen

-Herzerkrankungen anderer Genese
 

7. Therapie

7.1Notfallmassnahmen
-Es ist ein aggressives Monitoring des kardiovaskulären und respiratorischen Systems erforderlich.
-Kreislauf stabilisieren, bei Hypotension: Flüssigkeitsgabe sowie blutdrucksteigernde Arzneimittel wie Dopamin und Phenylephrin; schwere Hypotensionen sind schwierig zu behandeln
-Atmung stabilisieren, Sauerstoff verabreichen, Furosemid bei Lungenödem
 
7.2Dekontamination
-Reinigung von Fell und Haut mit mildem Detergens und lauwarmem Wasser; Achtung: Hypothermie nach dem Waschen möglich
-Emesis auslösen, falls die Aufnahme vor weniger als 60 Minuten
-Aktivkohle, möglichst innerhalb 60 Minuten nach Aufnahme
 
7.3Forcierte Ausscheidung
-20%ige Lipidinfusion: Bolus von 1.5 ml/kg Körpergewicht i.v., dann 0.25 ml/kg Körpergewicht/Minute während 30 Minuten
 
7.4Weitere symptomatische Massnahmen
-Thorakozenthese bei Pleuraerguss
-Kontrolle der Körpertemperatur
 

8. Fallbeispiele

Eine 3-jährige, männlich kastrierte Katze, 6.8 kg schwer, wurde 3 Tage nach der topischen Applikation eines Tropfens Minoxidil auf eine haarlose Stelle mit Seitenlage, Dyspnoe und Zyanose präsentiert. Trotz intensiver Therapie starb die Katze 15 Stunden nach der Präsentation (DeClementi et al., 2004).
 

9. Literaturverzeichnis

DeClementi C, Bailey KL, Goldstein SC & Orser M S (2004) Suspected toxicosis after topical administration of minoxidil in 2 cats. Journal of Veterinary Emergency and Critical Care 14(4), 287-292
 
Herman EH, Balazs T, Young R, Earl FL, Krop S & Ferrans VJ (1979) Acute cardiomyopathy induced by the vasodilating antihypertensive agent minoxidil. Toxicol Appl Pharmacol. 47(3), 493-503
 
Herman EH, Ferrans VJ, Young RS & Balazs T (1988) Examination of minoxidil-induced acute cardiotoxicity in miniature swine. Toxicology 48(1), 41-51
 
Jordan TJM, Yaxley PE, Culler CA & Balakrishnan A (2018) Successful management of minoxidil toxicosis in a dog. J Am Vet Med Assoc 252(2), 222-226
 
Mesfin GM1, Piper RC, DuCharme DW, Carlson RG, Humphrey SJ & Zins GR (1989) Pathogenesis of cardiovascular alterations in dogs treated with minoxidil. Toxicol Pathol. 17(1), 164-181
 
Mesfin GM, Robinson FG, Higgins MJ, Zhong WZ & DuCharme DW (1995) The pharmacologic basis of the cardiovascular toxicity of minoxidil in the dog. Toxicol Pathol. 23(4), 498-506
 
Robben JH & Dijkman MA (2017) Lipid therapy for intoxications. Vet Clin North Am Small Anim Pract. 47(2), 435-450
 
Van Vleet JF, Herman EH & Ferrans VJ (1984) Cardiac morphologic alterations in acute minoxidil cardiotoxicity in miniature swine. Exp Mol Pathol. 41(1), 10-25
© 2024 - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.