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Verwendete Pflanzen (Botanik)

Artemisia absinthium L.
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Nach Ph. Eur. 10: Die ganzen oder geschnittenen, getrockneten, basalen Laubblätter oder wenig beblätterten, blühenden, oberen Sporossabschnitte oder eine Mischung der angeführten Pflanzenteile von Artemisia absinthium L.
 
Gehalt: mindestens 2 ml/kg ätherisches Öl (getrocknete Droge) (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Reinheit:
-Fremde Bestandteile: höchstens 5% Stängelanteile über 4 mm Durchmesser und höchstens 2% andere fremde Bestandteile (Ph. Eur. 10, 2020).
-Bitterwert: mindestens 10'000 (Ph. Eur. 10, 2020).
-Trocknungsverlust: höchstens 10.0%, mit 1.000 g pulverisierter Droge durch 2 Stunden langes Trocknen im Trockenschrank bei 105°C bestimmt (Ph. Eur. 10, 2020).
-Asche: höchstens 12.0% (Ph. Eur. 10, 2020).
-Salzsäureunlösliche Asche: höchstens 1.0% (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Extraktionsverfahren:
-Wasser (Infus, Dekokt, Presssaft; Brendieck-Worm et al., 2015; EMA 2017; Wichtl, 2009)
-Ethanol 70% V/V (Tinktur; EMA, 2017)
 
Verfälschungen: selten, meist Beimengungen von Artemisia vulgaris-Kraut (Wichtl, 2009).
 

Übliche Zubereitungen

Infus, Pulver, Bissen, Trockenextrakt, Balsam, Tropfen, Tonikum, Elixier, Presssaft, Tinktur, Dragées, Tabletten und Salbe (EMA, 2017; Hänsel & Sticher, 2010; Hiller & Melzig, 2010; Pharmavista, 2018; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009).
 
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

Nach Ph. Eur. 10:
-Die Laubblätter sind grau oder grünlich und beidseitig dicht filzig behaart. Die Grundblätter sind lang gestielt, die Blattspreiten dreieckig oder eiförmig, 2-3fach fiederschnittig mit rundlichen bis lanzettlichen Abschnitten. Die Stängelblätter sind weniger geteilt, die Blätter an der Sprossspitze lanzettlich. Im Blüten tragenden Bereich ist der Stängel grünlich grau und filzig behaart, zeigt gewöhnlich 5 flache Längsrillen und hat einen Durchmesser von bis zu 2.5 mm. Die Blütenköpfchen sind im Bereich der lanzettlichen oder schwach fiederschnittigen Laubblätter in blattachselständigen, lockeren Rispen angeordnet; sie sind kugelig oder flach halbkugelig mit einem Durchmesser von 2-4 mm und bestehen aus einem grauen, filzig behaarten Hüllkelch, dessen äussere Blätter linealisch und dessen innere Blätter eiförmig und an der Spitze abgerundet sind und einen trockenhäutigen Rand besitzen, sowie einem Köpfchenboden, der dicht mit 1 mm langen oder längeren Spreublättern, zahlreichen gelben, zwittrigen, bis 2 mm langen Röhrenblüten und einigen wenigen gelben, randständigen Zungenblüten besetzt ist.
-Das Pulver ist grünlich grau (Ph. Eur. 10, 2020).
 

Geruch

Aromatisch (Hänsel & Sticher, 2010; Reichling et al., 2016); aromatisch, charakteristisch (Wichtl, 2009).
 

Geschmack

Aromatisch, stark bitter (Hänsel & Sticher, 2010; Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Sesquiterpenlactone (0.15-0.4%; bitterer Geschmack), ätherisches Öl (0.2-1.5%), Flavonoidglykoside, Phenolsäuren, Tannine, Homoditerpenperoxide und 24ζ-Ethylcholesta-7,22-Dien-3β-ol.
-Sesquiterpenlactone: v.a. die Guajanolide Absinthin und Artabsin.
-Ätherisches Öl: Mono- und Sesquiterpene: cis-Epoxyocimen, β-Thujon, trans-Sabinylacetat und/oder Chrysanthenylacetat (> 40%), α-Thujon (< 3%).
(EMA, 2017; ESCOP, 2003; Hänsel & Sticher, 2010; Hiller & Melzig, 2010; Reichling et al., 2016; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009)
 
 
Pharmakologie

Wirkung

-Verdauungsfördernde Wirkung bei Gastritis, Hypoazidität und Dyspepsie; choleretische und hepatoprotektive Wirkung (EMA, 2017).
-Verdauungsfördernde, appetitanregende, ruminatorische und antimikrobielle Wirkung (Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: 10.0/1380
-ESCOP: Monographie vorhanden (2003)
-WHO: keine Monographie vorhanden (9.8.2018)
-HMPC (EMA): Monographie vorhanden (Doc.Ref.: EMA/HMPC/751490/2016 vom 30.5.2017)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: A09A (BAnz. Nr. 228 vom 5.12.1984)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Ethnoveterinärmedizinische Studien

-Gemäss einer Übersichtsarbeit zu ethnoveterinärmedizinischen Studien Europas wird Artemisia absinthium bei Rindern zur Therapie von funktionellen gastrointestinalen Erkrankungen, bei Rindern und Legehennen als Antidiarrhoikum und zur Entzündungshemmung sowie bei Rindern und Kaninchen als Antiparasitikum gegen Endo- und Ekto-Parasiten eingesetzt (Mayer et al., 2014).
-Bäuerinnen und Bauern der Deutschschweiz und des Tessins verwenden Artemisia absinthium-Kräuter-, Blätter- und Wurzel-Infus und -Extrakt bei Rindern, Pferden, Ziegen und Schweinen als Hausmittel für den Verdauungstrakt und Stoffwechsel (Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich bei Appetitlosigkeit, zur Verbesserung der Verdauung, als Ruminatorium, bei chronischer katarrhalischer Enterokolitis (Kühe), bei chronischem Magenkatarrh (Pferde) (Reichling et al., 2016).
-Innerlich zur Appetit- und Verdauungsanregung (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Innerlich zur Immunmodulation (Ayrle et al., 2016).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
 Wermutkraut/Tag*
(in g Droge/Tag)
Schweizerische ethnoveterinärmedizinische Dosierung:
Wermutkraut/Tag**
(in g Droge/Tag: Median (Quartile))
Rind20-25-505 (3-15)
Pferd15-25-505 (3-15)
Ziege, Schaf5-101 (0.5-2)
Schwein2-51 (0.5-2)
Hund0.5-1 
Katze0.3-0.5 
Kaninchen (1-2-5 kg KGW)0.1-0.2-0.4 
Meerschweinchen (1 kg KGW)0.1 
Huhn (1-5 kg KGW)0.1-0.3-0.5 
Median CH-Ethnovet** (g/kg0.75) 0.04 (0.02-0.1)
KGW = Körpergewicht
kg0.75 = Metabolisches Körpergewicht (MBW): 1 kg KGW ≡ 1 MBW (z.B. Meerschweinchen, Huhn, Kaninchen); 10 kg KGW ≡ 5.6 MBW (z.B. Ferkel, Hund); 70 kg KGW ≡ 24.2 MBW (z.B. Kalb, Ziege, Schaf, Schwein); 700 kg KGW ≡ 136.1 MBW (z.B. Kuh, Pferd)
* (Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016)
** (Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019)
 

Zubereitung

Innerliche Anwendung
-Wermutinfus: 1 Telöffel zerkleinertes Wermutkraut mit ¼ Liter kochendem Wasser übergiessen, zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen, das Kondenswasser in das Infus zurückführen und abseihen (Brendieck-Worm et al., 2015).
-Wermuttinktur: 1 Teil geschnittenes Wermutkraut mit 5 Teilen hochprozentigem Kornschnaps übergiessen, 10 Tage stehen lassen und abseihen (Brendieck-Worm et al., 2015).
-In Form von Pulver, Bissen, Tinkturen (Absinthii tinctura), Infusa (1:10), Extrakten und Spissumextrakten (Absinthii extractum spissum) (Reichling et al., 2016).
 
Kombinationen
-Wermut und Enzianwurzel als Tinktur, geeignet zur Anregung der Fresslust und Behandlung von Verdauungsstörungen (Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
-Rezeptur: 250 g künstliches Karlsbader Salz und 150 g pulverisiertes Wermutkraut mischen; innerlich morgens und abends vor der Fütterung 2 Esslöffel voll für Pferde bei chronischem Magenkatarrh (Reichling et al., 2016).
-Rezeptur: Pulvermischung für 1 Pulver: 100 g Magnesiumsulfat, 10 g pulverisiertes Wermutkraut und 10 g Natriumchlorid; innerlich morgens und abends 1 Pulver für Kühe bei chronischer katarrhalischer Enterokolitis (Reichling et al., 2016).
 

Hinweise

-Der bittere Geschmack des Wermuts geht in die Milch über (Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016).
-Mögliche Wechselwirkungen mit alkaloidhaltigen Medikamenten und Barbituraten (Wynn & Fougère, 2007).
 

Toxizität

-Die LD50 eines Artemisia absinthium-Kräuterextrakts betrug bei Ratten 1 mg/kg i.p. (EMA, 2017).
-Die orale LD50 eines ätherischen Öls von Artemisia absinthium betrug bei Ratten 0.96 g/kg; die TDmin von verdünntem ätherischen Öl (1:20 mit Ethanol), die bei Katzen zentrale Krämpfe auslöste, betrug 0.03-0.04 ml (EMA, 2017).
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; die getrocknete und geschnittene Droge sowie Extrakte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2018).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Artemisia absinthium (Wermutkraut) ist auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt, darf bei Nutztieren oral als Wirkstoff eingesetzt werden und erfordert erfordert bei der oralen Anwendung keinen Rückstandshöchstgehalt.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Artemisia absinthium (Kraut, getrocknet, geschnitten oder gemahlen, suspendiert in Wasser/Glycerol/Fettöl/Molasse, Flüssigextrakt) ist registriert unter 01337-FR (2011-02-07), 04566-EN (2014-03-26), 07517-IT (2018-04-28), 04565-PL (2014-03-26), 04568-BG (2014-03-26), 04569-RO (2014-03-26), 04567-DE (2014-03-26), 05152-DE (2014-09-17) und 01336-EN (2011-02-07).
 

Doping

Wermutkraut ist keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Literatur
-Bischoff T., Vogl C.R., Ivemeyer S., Klarer F., Meier B., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2016) Plant and natural product based homemade remedies manufactured and used by farmers of six central Swiss cantons to treat livestock. Livestock Science 189, 110-125
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2018) Phytotherapie in der Tiermedizin. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 89-90, 149, 198, 300, 309, 393 & 436
-Brendieck-Worm C., Klarer F. & Stöger E. (2015) Heilende Kräuter für Tiere: Pflanzliche Hausmittel für Heim- und Nutztiere. Haupt Verlag, Bern, pp. 48-59, 99 & 101
-Disler M., Ivemeyer S., Hamburger M., Vogl C.R., Tesic A., Klarer F., Meier B. & Walkenhorst M. (2014) Ethnoveterinary herbal remedies used by farmers in four north-eastern Swiss cantons (St. Gallen, Thurgau, Appenzell Innerrhoden and Appenzell Ausserrhoden). J Ethnobiol Ethnomed. 10, 32-54
-European Medicines Agency (EMA) (2017) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Artemisia absinthium L., herba, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/751484/2016, 30 May 2017, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2018)
-European Medicines Agency (EMA) (2014) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): European Union herbal monograph on Artemisia absinthium L., herba, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/751490/2016, 30 May 2017, http://www.ema.europa.eu/ema/ (1995-2018)
-ESCOP monographs. The scientific foundation for herbal medicinal products, 2nd edition, completely revised and expanded (2003) Ed. F.H. Kemper, Thieme Verlag, Stuttgart, pp. 3-7
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 795-797
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, pp. 59-60
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Mayer M., Vogl C.R., Amorena M., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2014) Treatment of organic livestock with medicinal plants: A systematic review of European ethnoveterinary research. Forsch Komplementmed. 21(6), 375-386
-Ph. Eur. 10: Pharmacopoea Europaea (2020), Grundwerk, 10. Ausgabe, pp. 2509-2510
-Mayer M., Zbinden M., Vogl C.R., Ivemeyer S., Meier B., Amorena M., Maeschli A., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2017) Swiss ethnoveterinary knowledge on medicinal plants - a within-country comparison of Italian speaking regions with north-western German speaking regions. J Ethnobiol Ethnomed. 13, 1-23
-Pharmavista (2018) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2018) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Reichling J., Frater-Schröder M., Saller R., Fitzi-Rathgen J. & Gachnian-Mirtscheva R. (2016) Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 120-123
-Schmid K., Ivemeyer S., Vogl C., Klarer F., Meier B., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2012) Traditional use of herbal remedies in livestock by farmers in 3 Swiss cantons (Aargau, Zurich, Schaffhausen). Forsch Komplementmed. 19(3), 125-136
-Stucki K., Dal Cero M., Vogl C.R., Ivemeyer S., Meier B., Maeschli A., Hamburger M. & Walkenhorst M. (2019) Ethnoveterinary contemporary knowledge of farmers in pre-alpine and alpine regions of the Swiss cantons of Bern and Lucerne compared to ancient and recent literature - Is there a tradition? J Ethnopharmacol. 234, 225-244
-Teuscher E., Melzig M.F. & Lindequist U. (2012) Biogene Arzneimittel: Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie. 7. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 359-361
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 43-49
-Wynn S.G. & Fougère B.J. (2007) Veterinary Herbal Medicine. Mosby Elsevier, St. Louis, p. 205
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