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Eigenschaften

Medetomidin ist ein α2-Agonist welcher sedativ, analgetisch und muskelrelaxierendend wirkt (Alef 2003a; Thurmon 1996e).
 

Wirkungsort und -mechanismus

Medetomidin bindet an α2-Adrenorezeptoren im ZNS und im peripheren Gewebe (Cullen 1999b). Im ZNS kommt es zu einer reduzierten Freisetzung und einem verminderten Turnover von Noradrenalin (Virtanen 1989b). Die Folge davon ist eine Sedation, eine Analgesie, eine Muskelrelaxation und eine Anxiolyse (Greene 1999a; Tranquilli 1992b). Medetomidin führt aber auch zu unerwünschten Wirkungen auf das kardiovaskuläre System: es kommt zu einer Bradykardie, Arrhythmien, einer Hyper- und Hypotension und einer erniedrigten Herzleistung (Sinclair 2003a).
 
Medetomidin hat keine Wirkungen auf β-, Histamin-, Serotonin-, Muskarin-, Dopamin-, Tryptamin-, GABA-, Opioid- und Benzodiazepinrezeptoren (Virtanen 1988a). Einige Autoren erwähnen aber, dass Medetomidin nicht nur zu einer verminderten Freisetzung und zu einem reduzierten Turnover von Noradrenalin, sondern auch von Dopamin und Serotonin führt (Virtanen 1989b).
 

Vergleich von Medetomidin und anderen α2-Agonisten

Die Wirkungen von Medetomidin sind ausgeprägter als die von anderen α2-Agonisten (Virtanen 1988a; Hall 1996a; Sinclair 2003a). Die pharmakologischen Eigenschaften sind denen von Xylazin sehr ähnlich (Greene 1999a). Medetomidin hat aber eine 100-fach höhere Affinität für α2-Rezeptoren (Schwartz 1998a) und eine 10-fach höhere Selektivität für α2-Rezeptoren als für α1-Rezeptoren im Vergleich zu Xylazin (Virtanen 1988a) (Die α21-Rezeptor-Bindungsselektivität beträgt 1620 für Medetomidin und 169 für Xylazin (Virtanen 1988a)). Für eine Sedation mit Medetomidin braucht es viel geringere Dosierungen (Schwartz 1998a).
 

α2-Rezeptoren

Es gibt 4 verschiedene Subtypern von α2-Rezeptoren: α2A, α2B, α2C und α2D (Schwartz 1998b), wovon die α2A-Rezeptoren für die sedativen und analgetischen Eigenschaften von Medetomidin verantwortlich sind und die α2B-Rezeptoren, die in der Peripherie lokalisiert sind, zu der initialen Hypertension führen (Sinclair 2003a). Die α2D-Rezeptoren sind Homologe der α2A-Rezeptoren und sind beim Wiederkäuer im Hirnstamm zu finden (Schwartz 1998b).
 

α1-Rezeptoren

Medetomidin führt in hohen Dosierungen zu einer Aktivierung von α1-Rezeptoren (Ambrisko 2002a). Dies führt zu einer Aufhebung der sedativen Wirkung (Ansah 2000a). Zusätzlich sind die Tiere unruhig, haben eine erhöhte Wachsamkeit und eine erhöhte motorische Aktivität (Puumala 1997a).
 

ZNS

Medetomidin führt zu einer Sedation (Alef 2003a), einer Analgesie (Vainio 1989b) und einer Muskelrelaxation (Alef 2003a; Thurmon 1996e). Ausserdem bewirkt Medetomidin eine Hypothermie und besitzt eine anxiolytische Wirkung (Plumb 2002a).
 

Sedation

Die sedative Wirkung von α2-Agonisten wird über zentrale α2-Rezeptoren vermittelt (Cullen 1999b; Ansah 2000a), die vor allem im Nucleus coeruleus lokalisiert sind (Schwartz 1998b; Stenberg 1989a). Dieser liegt in der Formatio reticularis im Hirnstamm (Paddleford 1999a) und besteht aus noradrenergen Neuronen (Nickel 1992a). Als Folge der Aktivierung von präsynaptischen Rezeptoren kommt es zu einer verminderten Freisetzung des exzitatorischen Transmitters Noradrenalin und die Tiere zeigen eine Sedation (Tranquilli 1984a; Sinclair 2003a).
 
Aufgrund von Stress, Angst, Aufregung oder Schmerzen kommt es zu einer Ausschüttung von endogenen Katecholaminen. Diese interferieren mit den α2-Agonisten und es kommt zu einer ungenügend ausgeprägten Sedation (Sinclair 2003a). Darum sollten die α2-Agonisten den Tieren immer in einer ruhigen Umgebung appliziert werden (Sinclair 2003a).
 

Analgesie

Medetomidin hat eine analgetische Wirkung, die hauptsächlich über eine Aktivierung von α2-Rezeptoren im Dorsalhorn des Rückenmarks (Ansah 2000a), aber auch im Hirnstamm vermittelt wird (Stenberg 1989a; Cullen 1999b). α2-Agonisten und Opioide haben verschiedene Gemeinsamkeiten im Wirkmechanismus. Ihre Rezeptoren sind in denselben Regionen im Gehirn zu finden und zum Teil sogar auf denselben Neuronen lokalisiert. Die Aktivierung von μ-Rezeptoren und α2-Rezeptoren führt bei beiden zu einer Aktivierung derselben Transduktionssysteme (Hall 2001b) und es kommt es zu einer Aktivierung des Membran-assoziierten G-Proteins, daraufhin zu einer Oeffnung von Kaliumkanälen und einem Kaliumausstrom aus der Zelle. Dies führt zu einer Hyperpolarisation und die Zelle wird unempfänglich für exzitatorische Inputs. Klinisch zeigt sich eine Analgesie (Sinclair 2003a).
 
Die analgetische Wirkung hält viel weniger lange an als die sedative Wirkung (Cullen 1996a). Daher muss für chirurgische Eingriffe Medetomidin mit einem Lokalanästhetikum oder einem anderen Anästhetikum kombiniert werden (Sinclair 2003a).
 

Muskelrelaxation

α2-Agonisten führen zu einer Muskelrelaxation, indem sie die interneuronalen Uebertragungen im Rückenmark hemmen (Cullen 1996a; Erhardt 2004a).
 

Anxiolyse

Medetomidin führt zu einer reduzierten Freisetzung von Stresshormonen (Sinclair 2003a).
 

Hypothermie

Aufgrund einer Hemmung von noradrenergen Rezeptoren im Hypothalamus (MacDonald 1988a) und einer peripheren Vasokonstriktion kommt es zu einem Abfall der Körpertemperatur (Sinclair 2003a).
 

Mydriasis

Durch eine zentrale Hemmung von parasympathischen Fasern der Iris kommt es zu einer Dilatation der Pupille (Sinclair 2003a; Virtanen 1988a).
 

Kardiovaskuläres System

Medetomidin führt zu ähnlichen kardiovaskulären Wirkungen wie Xylazin (Bryant 1996a).
 
α2-Agonisten führen durch eine Aktivierung von zentralen und peripheren Rezeptoren zu schweren kardiovaskulären Nebenwirkungen. Es kommt initial zu einer deutlichen Bradykardie (Stenberg 1989a; Bryant 1996a) und einem erniedrigten Herzminutenvolumen (Murrell 2005a). Zwei verschiedene Wirkmechanismen führen dazu. Einerseits aktiviert der α2-Agonist zentrale α2-Rezeptoren im Bereich des Kreislaufzentrums (Nucleus tractus solitarii), führt zu einer verminderten Noradrenalinfreisetzung und dämpft so den Sympathikus. Die Folge ist eine erniedrigte Herzfrequenz (Löscher 2003a). Anderseits führen die α2-Agonisten über eine Aktivierung von peripheren postsynaptischen Rezeptoren in den Gefässen zu einer Vasokonstriktion und einem Blutdruckanstieg (Hall 2001j). Diese Hypertension führt dann reflektorisch über die Barorezeptoren zu einer Erniedrigung der Herzfrequenz (Paddleford 1999a). Zusammen mit der Bradykardie kommt es auch zu Bradyarrhythmien (Paddleford 1999b) (AV-Blöcken 1. / 2. Grades (Vainio 1989a)) und einem deutlich erniedrigten Herzminutenvolumen, das ebenfalls sekundär zu der Hypertension zustande kommt (Sinclair 2003a). Die α2-Agonisten haben aber keine direkt hemmende Wirkung auf das Myokard (Hall 2001b). Nach einer gewissen Zeit nehmen die peripheren Wirkungen der α2-Agonisten ab und es kommt durch die alleinige hemmende zentrale Wirkung auf den Sympathikus zu einem Abfall des Blutdruckes auf normale Werte (Sinclair 2003a).
 
Der Anstieg des Blutdruckes ist dosisabhängig. Geringe Dosierungen Medetomidin führen zu deutlicheren zentralen Effekten und der Blutdruck sinkt ab oder bleibt stabil, wohingegen höhere Dosierungen zu einer ausgeprägten Aktivierung von peripheren Rezeptoren und damit zu einer Vasokonstriktion und Hypertension führen (Pypendop 1998a; Murrell 2005a).
 
Medetomidin kann beim Hund zu zyanotischen Schleimhäuten führen (Plumb 2002a), wobei die Zyanose hauptsächlich durch eine Verlangsamung des peripheren Blutstromes bedingt ist. Häufig sind die Schleimhäute jedoch aufgrund der peripheren α2-vermittelten Vasokonstriktion blass (Sinclair 2003a).
 

Respirationstrakt

Durch die Wirkung der α2-Agonisten auf das ZNS kommt es zu einer respiratorischen Depression (Sinclair 2003a) mit einer Bradypnoe (Bergstrom 1988a; Lerche 2004a), allerdings ohne signifikante Veränderungen der Blutgaswerte. Sobald aber der α2-Agonist mit anderen Sedativa kombiniert wird oder hohe Dosen eingesetzt werden (Paddleford 1999b), kann es zu einer deutlichen respiratorischen Depression kommen mit einer stark erniedrigten Atemfrequenz, einer erhöhten arteriellen CO2 -Konzentration, einer Hypoxämie und zyanotischen Schleimhäuten (Sinclair 2003a).
 

Gastrointestinaltrakt

α2-Agonisten führen zu einer reduzierten Freisetzung von Gastrin (Nakamura 1997a), hemmen die Darmmotorik (Maugeri 1994a) und beeinträchtigen beim Wiederkäuer die Pansen- und die Dickdarmmotilität (Sinclair 2003a).
 
α2-Agonisten führen beim Kleintier zu einer Emesis (Colby 1981b), indem sie die α2-Rezeptoren in der Chemorezeptortriggerzone aktivieren (Schmidt-Oechtering 1992a). Diese Wirkung kommt vor allem bei der Katze vor (Schmidt-Oechtering 1992a), aber auch bei 20% der Hunde (Hall 2001j). De Emesis ist aber viel häufiger nach einer Xylazin- als nach einer Medetomidininjektion (Alef 2003a).
 

Pankreas

Medetomidin führt zu einer Hemmung der Insulinsynthese in den β-Zellen des Pankreas (Erhardt 2004b), was zu Butglucosespiegelerhöhungen, zu einer Glukosurie und einer Polyurie führt (Erhardt 2004a).
 

Urogenitaltrakt

Medetomidin aktiviert α2-Rezeptoren im Nucleus paraventricularis des Hypothalamus, was zu einer erniedrigten Freisetzung von Vasopressin (ADH) führt. Die Folge davon ist eine erhöhtes Harnvolumen. Gleichzeitig kommt es zu einer Hyperglykämie (Ranheim 2000b) und einer verminderten renalen Absorbtion von Glucose. Dies verstärkt die Polyurie noch (Erhardt 2004b; Erhardt 2004e).
 
α2-Agonisten erhöhen die Kontraktilität des trächtigen (Jedruch 1989a) und nichtträchtigen (Rexroad 1978a) Uterus und können so zu einem Abort führen (Schmidt-Oechtering 1992a). Allerdings bewirkt der Gebrauch von Medetomidin keine Aborte bei Hündinnen (Jedruch 1989a). Trotzdem sollte Medetomidin bei trächtigen Tieren nicht angewandt werden (Sinclair 2003a).
© {{ new Date().getFullYear() }} - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

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