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Eigenschaften

Thiostrepton (TS) besitzt eine bakteriostatische Wirkung (Kutscher 1961a) und wirkt als Proteinsynthesehemmer (Weisblum 1970b).
 

Wirkungsort / Wirkungsmechanismus

TS bindet spezifisch an die bakterielle 50S-Ribosomenuntereinheit und hemmt die Proteinsynthese (Lockwood 1974a; Thompson 1979a). Die benötigte Energie für die Proteintranslation wird mit Hilfe der Elongationsfaktoren EF-Tu sowie EF-G zur Verfügung gestellt. Die nötigen Hydrolysereaktionen finden an einem GTPase-Zentrum innerhalb der Domäne II der 23S-rRNA der grossen Ribosomenuntereinheit statt (Conn 1999a). Das Antibiotikum blockiert den Zugang zur Base Adenosin an der Stelle 1067 sowie 1095 der 23S-rRNA (von E. coli) und hemmt die Initiationsfaktor-2-abhängige GTPase-Aktivität (Grunberg-Manago 1972a; Lockwood 1974a; Brandi 2004a). Ein zusätzlicher Hinweis auf die Bindungsstelle ist, dass die Methylierung der Base Adenosin an der Stelle 1067 von Streptomyces azureus zu einer TS-Resistenz führt (Thompson 1982b). Diese Resistenz wird durch die Unfähigkeit der durch TS blockierten Ribosomen, am Prozess der Translokation teilzunehmen, bewirkt (Pestka 1970a) und führt zur Akkumulierung von Peptidyl-tRNA an der P-Stelle. Gemäss Cannon und Burns wirkt TS v.a. über eine Hemmung der Aminoacyl-tRNA-Bindung an der A-Stelle (Cundliffe 1971a) der Ribosomen (Cannon 1971a). Weiterhin hemmt TS die GTP-Hydrolyse, welche von den Elongationsfaktoren (EF-G und EF-Tu) abhängig ist. Die Bindungsstelle für EF-G wird irreversibel inaktiviert und dadurch die Bildung des Ribosom-EF-G-GTP- oder Ribosom-EF-G-GDP-Komplexes verhindert (Modolell 1971a; Bodley 1970a; Weisblum 1970b; Grunberg-Manago 1972a). Zusätzlich wird durch das Vorhandensein von TS auf der 50S-Untereinheit die Bindung des EF-Tu(GTP)aa-tRNA-Komplexes an das Ribosom vollständig verhindert. Daraus resultiert ein irreversibler Stillstand der Proteinsynthese (Naaktgeboren 1976a; Weisblum 1970a). Diese Effekte lassen vermuten, dass das GTPase-Zentrum wichtige Konformationsänderungen durchläuft und dass diese durch TS verhindert werden (Porse 1998a).
 
TS erkennt die gleiche rRNA-Domäne wie das ribosomale Protein L11 und kann mit diesem kooperativ ans Ribosom binden (Xing 1996a; Porse 1998a; Lentzen 2003a). TS alleine kann L11 nicht vor der Verdauung durch Trypsin schützen, aber die Kombination von TS und RNA machen das gesamte Protein trypsin-resistent. Dies lässt schliessen, dass TS v.a. mit dem N-Terminus des L11-Proteins interagiert während der L11-C-Terminus für die Bindung an die rRNA verantwortlich ist (Xing 1996a). In Übereinstimmung mit diesen Resultaten wurde gezeigt, dass sowohl TS als auch ein C-terminales-Fragment von L11 an die gleiche Mg2+-stabilisierte-rRNA-Struktur binden (Blyn 2000a). Diese wird durch die Nukleotiden 1051 - 1108 gebildet und seine Tertiärstruktur ist stark von dem Vorhandensein von Mg2+-Ionen abhängig (Laing 1994a; Bukhman 1997a). Mit Hilfe eines mutanten L11-Proteins wurde gezeigt, dass TS neben seiner Bindung an die 23S-rRNA, die Peptidverlängerung durch Verhinderung einer oder mehrerer Konformationsänderungen innerhalb des Proteins L11 hemmt (Porse 1998a).
 
Tetracycline und TS, obwohl chemisch und funktionell verschieden, binden an 2 unterschiedlichen, jedoch gekoppelten aktiven Stellen auf den Ribosomen und besitzen die gleiche hemmende Wirkung auf die Proteinsynthese (Gonzalez 2007a).
 

Wirkspektrum

Thiostrepton (TS) ist hauptsächlich gegen grampositive Bakterien (Kutscher 1961a; Hang 2005a) in-vivo und in-vitro wirksam (Donovick 1955a), sowie gegen gewisse gramnegative Keime (Papich 2001a), welche bei Hautinfektionen vorkommen. Klinisch relevant sind besonders E. coli, Proteus, Pseudomonas, Strepto- und Staphylokokken (Demuth 2008a). Anderen Autoren zufolge dringt TS nicht in E. coli-Bakterien ein. Aus diesem Grund liegt hierbei eine Resistenz dieser Bakterien gegen TS vor (Cundliffe 1978a). Streptococcus pyogenes sowie Staph. aureus sind in-vivo besonders empfindlich (Jambor 1955a). TS ist auch gegen gewisse Penicillin- sowie Erythromycin-resistente Organismen wirksam (Donovick 1955a). In vielen Fällen wirkt es ebenfalls gegen Meticillin-resistente Staphylococcus aureus, einen Bakterienstamm, der gegenüber vielen Antibiotika resistent ist (Bagley 2005a). Das in-vitro Spektrum von TS ist dem des Penicillins ähnlich und auf gewisse grampositive Kokken sowie einige Neiserien beschränkt (Kelly 1960a).
 

In-vitro MIC

Staph. aureus 209P:0,024 µg/ml
Staph. aureus (Penicillin-resistent):0,033 µg/ml
Streptococcus pyogenes C203:0,003 µg/ml
Bacillus subtilis:0,03 µg/ml
Streptococcus faecalis:0,06 µg/ml
Lactobacillus acidophilus:0,06 µg/ml
Clostridium septicum:0,03 µg/ml
M. tuberculosis var. bovis BCG:3,0 µg/ml
Aerobacter aerogenes:> 50 µg/ml
Escherichia coli:> 50 µg/ml
Pseudomonas aeruginosa:> 50 µg/ml
Salmonella schottmülleri:> 50 µg/ml
Shigella sonnei:> 50 µg/ml
Shigella dysenteriae:> 30 µg/ml
Proteus vulgaris:> 50 µg/ml
Neisseria gonorrheae: 0,3 µg/ml
Diplococcus pneumoniae Typ 2:4 - 8 µg/ml
Klebsiella pneumoniae:> 50 µg/ml (Donovick 1955a)
Bacillus megaterium:0,05 µg/ml (Spedding 1984a)
 

Resistenzen

Thiostrepton-Resistenzen existieren und können ein klinisches Problem darstellen (Kelly 1960a). Viele gramnegative Organismen sind vollständig resistent, da TS nicht in der Lage ist, in die Bakterienzelle einzudringen. Bei grampositiven Bakterien wurden hingegen 2 Arten von Resistenzmechanismen beobachtet (Bagley 2005a).
 

Ribosomale Proteine

Ein Resistenzmechanismus in grampositiven Bakterien besteht im Fehlen (Stark 1979a) eines dem L11 in E. coli entsprechenden ribosomalen Proteins (Bagley 2005a) oder in einer veränderten Form dieses Proteins (Spedding 1984a). Diese werden deshalb in Bacillus subtilis als BS-L11 (Pestka 1976a) und in Bacillus megaterium als BM-L11 bezeichnet (Wienen 1979a; Cundliffe 1979b). Das Fehlen dieses Proteins führt bei den betroffenen Ribosomen in-vitro zu einer reduzierten TS-Affinität, ohne Beeinträchtigung der Proteinsynthese-Aktivität (Bagley 2005a). B. subtilis-Mutanten sind sowohl TS- wie auch Sporangiomycin-resistent. Dies unterstützt die Hypothese, dass diese Antibiotika die Proteinsynthese über einen identischen Mechanismus hemmen und dass die Mutation die Stelle auf der 50S-Ribosomenuntereinheit verändert, welche für die Antibiotikabindung verantwortlich ist (Bazzicalupo 1975a). Auch ein mutierter B. megaterium Stamm besass ein verändertes Protein BM-L11, was zu einer Micrococcin-Resistenz führte (Spedding 1984a).
 
In einer in-vitro Studie traten keine Kreuzresistenzen mit Penicillin, Erythromycin, Streptomycin, Chlortetracyclin, Tetracyclin, Oxytetracyclin, Chloramphenicol sowie Novobiocin auf (Kelly 1960a). Hingegen wird über eine Kreuzresistenz zwischen TS und Sulfomycin berichtet (Egawa 1969a). Eine Transversion (Ersatz einer Purin- durch eine Pyrimidinbase und umgekehrt) der Base Adenosin an der Stelle 1067 der 23S-rRNA von E. coli führte in einer Studie zu einer mehr als 1'000-fachen Abnahme der TS-Bindung. Die Substitution durch die Base Guanin an der Stelle 1067 führte zu einer mässigeren Abnahme der Bindung des Wirkstoffes (Rosendahl 1994a).
 

Methylase

Der Resistenz-Mechanismus von Streptomyces azureus beruht nicht auf einem spontanen Auftreten von Bakterienmutanten (Cundliffe 1978a). Im Allgemeinen sind Streptomyces-Arten TS-empfindlich. Dennoch bleibt S. azureus vom Wirkstoff vollständig unbeeinflusst (Cundliffe 1984a). Eine vollständig von seinem eigenen Promotor gebildete RNA-Pentose-Methylase (Cundliffe 1979a) ist für die Resistenz im Thiostreptonbildner Streptomyces azureus verantwortlich (Cundliffe 1978a). Dies wurde in-vitro auch mit rRNA von anderen Bakterien nachgewiesen (Bagley 2005a). Das Gen, welches diese TS-Resistenz-Methylase kodiert, ist das tsr-Gen (Chiu 1996a). Verschiedene Autoren haben nachgewiesen, dass z.B. bei E. coli das Enzym eine einzelne Methylgruppe an die Base Adenosin an der Stelle 1067 der 23S-rRNA hinzufügt (Thompson 1982b; Cundliffe 1979a). Das Ergebnis ist ein modifiziertes 2'-O-Methyladenosin-enthaltendes Ribosom, welches gegenüber dem TS vollständig resistent ist (Thompson 1982b). Dieses Phänomen wurde in der Domäne II von 23S rRNA-Mutanten des Halobacterium halobium beobachtet: der Austausch von Adenosin gegen Guanin an den Stellen 1159 und 1187 verleiht eine mittlere bzw. hohe TS-Resistenz (Mankin 1994a). Das Gleiche konnte man auch bei E. coli beobachten, jedoch an den korrespondierenden Stellen 1067 und 1095 der 23S-rRNA (Porse 1998a). Hybridisierungs-Experimente haben gezeigt, dass zwischen den Resistenzgenen von TS und Sulfomycin eine Homologie besteht. Trotzdem sind Unterschiede in den Restriktionskarten vorhanden (Nakanishi 1986a; Smith 1995c; Nakanishi 1986a).
 

Wirksamkeit

Maus

Mäuse wurden mit Streptococcus pyogenes C-203 sowie den Staph. aureus-Stämmen Nummer 5 und 376 infiziert. Der Stamm 5 war Penicillin-empfindlich und der Stamm 376 resistent gegenüber mindestens 100 IU/ml Penicillin sowie gegenüber Oxytetracyclin, Chlortetracyclin und Chloramphenicol. Die Mäuse, welche mit Strept. pyogenes infiziert wurden, erhielten 1-mal täglich für 2 Tage i.v. 6, 10 respektive 14 µg/Tier TS. Am 5. Tag nach der Verabreichung waren alle Tiere, welche die höheren Dosen (10 + 14 µg/Tier) erhalten hatten, noch am Leben, sowie 70% bei der tiefsten Dosis (6 µg/Tier). Von den untersuchten Antibiotika (TS, Penicillin, Oxytetracyclin, Chlortetracyclin und Chloramphenicol) war TS am wirksamsten. Der Wirkstoff war gegen Penicillin-resistente Stämme von Staph. aureus wirksam, und gegen Penicillin-empfindliche Stämme von Staph. aureus mindestens gleich wirksam wie Penicillin G (Jambor 1955a).
 

Mensch

In einer Studie mit 7 Patienten schien die Kombination von TS (500'000 IU/6 h für 72 h) mit Neomycin (1 g/h für 4 h, gefolgt von 0,167g/h für 72 h) bei der präoperativen Vorbereitung des Colons ausreichend zur Kontrolle der bakteriellen Flora in den Fäzes zu sein (Kotake 1989a).
 

Plasmodium falciparum

Eine bedeutende Eigenschaft des TS ist seine Wirkung gegen Plasmodium falciparum, dem Erreger der Malaria beim Menschen (McConkey 1997a). Viele Antibiotika hemmen das Wachstum des Malariaerregers durch Beeinträchtigung der von Bakterien stammenden Organellen (Mitochondrien und Plastiden (Apikoplasten); höchstwahrscheinlich durch die endosymbiontische Aufnahme von Bakterien entstanden) (Goodman 2007a). Die Proteinsynthese der Parasitenorganellen wird an der grossen Untereinheit, die von einem zirkulären 35-kb Genom kodiert wird, gehemmt (McConkey 1997a). TS hemmt die Translation des Apikoplast-kodierten TufA-Gens (Chaubey 2005a) und interagiert spezifisch mit den Ribosomen des Apikoplasten (Clough 1997a; Rogers 1997a); dies führt zum sofortigen Absterben des Parasiten (Goodman 2007a).
 

Immunsystem

Dem TS wird eine immunsuppressive Wirkung zugeschrieben (Ueno 2004a).
 

Tumorzellen

TS besitzt eine Wirkung gegen Tumorzellen (Nicolaou 2005a). Über die Herabregulierung der FOXM1-Expression in Brustkrebszellen wird ein gezielter Zellzyklusarrest und Zelltod induziert. Der Wirkstoff reduziert die Expression dieses Proteins sowohl zeit- als auch dosisabhängig (Kwok 2008a).
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