Wirkungsmechanismus
Tetracyclin wirkt bakteriostatisch, in dem es die Proteinsynthese hemmt. Es gelangt durch energieabhängige Transportsysteme in die Bakterienzelle. Dort bindet es an die ribosomale 30-S-Untereinheit und behindert die Bindung von Aminoacyl-tRNA an der Akzeptorstelle am mRNA-Ribosomen-Komplex. Die Proteinsynthese ist somit unterbrochen und es bleiben Polypeptidstücke zurück.
In hohen Konzentrationen kann es auch die Proteinsynthese bei Säugetierzellen verhindern (
Plumb 1999a;
McEvoy 1992a). Die Affinität zu den ribosomalen 80-S-Untereinheiten von Eukaryonten ist zwar geringer, trotzdem ist bei Langzeitanwendung und Überdosierung Vorsicht geboten (
Riviere 1995c;
Plumb 1999a;
Rosin 1998a;
Kapusnik-Uner 1995a).
Knorpel und Knochen
Tetracyclin hemmt, im Gegensatz zu
Doxycyclin und
Minocyclin, auch in hohen Konzentrationen die Proteoglykanvermehrung nicht. Es hat keinen zytotoxischen Effekt auf Chondrozyten. In Epiphysenfugen kann es sich in Form von Tetracyclin-Calciumphosphat-Chelaten ablagern und das Wachstum beeinträchtigen. Diese Komplexe haben keine antimikrobielle Aktivität mehr. Im Zahnschmelz führt Tetracyclin durch Einlagerungen zu Gelbfärbungen (
Steinmeyer 1998a;
McEvoy 1992a;
Rosin 1998a).
Immunsystem
Tetracyclin hemmt die Chemotaxis und Phagozytose von neutrophilen Granulozyten (
Riond 1988a).
Gewebe
Tetracyclin dringt in entarteten (Tumor), nekrotischen und ischämischen Gewebedurch und ist dort einige Monate nachweisbar (
McEvoy 1992a).
Resistenzen
Streptokokken, Mycobacterien, Enterobacter, Klebsiellen, Bacteroides, Proteus vulgaris, Pseudomonaden, Serratien, Salmonellen, E. coli, Pasteurellen und einige Mycoplasmen sind resistent gegenüber Tetracyclin.
Die plasmidübertragene Resistenz beruht auf einer Hemmung des Transportes in die Bakterienzelle. Die Plasmide kodieren ein Transportsystem, welches das bereits aufgenommene Tetracyclin wieder aus der Zelle schleust und die Penetrationsgeschwindigkeit von neueintretendem Tetracyclin herabsetzt. Ausserdem können Proteine eine Bindung von Tetracyclin am Ribosom verhindern oder es kann zu einer enzymatisch bedingten Inaktivierung des Wirkstoffes kommen (
Rosin 1998a;
Mandell 1995a;
Plumb 1999a;
Soedarmanto 1995a).
Alle Streptokokken von
Rindern, Schweinen und
Geflügel sind bereits resistent gegen Tetracyclin und
Minocyclin (
Soedarmanto 1995a).
Streptococcus suis, der Erreger von Meningitis, Arthritis und Pneumonie bei
Schweinen ist unempfindlich gegenüber Tetracyclinen. Die Gene dafür sind auf der chromosomalen DNA lokalisiert (
Sachde 1997a).