Hypovitaminose
Eine Hypovitaminose kann durch gastrointestinale Erkrankungen verursacht werden. Die daraus resultierende schlechtere Folatabsorption aus dem Futter und der Galle (enterohepatischer Kreislauf) führt zu verminderten Folat-Plasmakonzentrationen. Auch andere Stoffe wie zum Beispiel Alkohol können einen Einfluss haben, indem sie einen toxischen Effekt auf die Hepatozyten aufweisen (
Kaushansky 2011a). Tiefe Folacinwerte verhindern eine einwandfreie Funktion der Hydroxylierungsreaktionen, was verringerte S-Adenosylmethionin-Werte (SAM) zur Folge hat. Dies hat Auswirkungen auf die DNA-Synthese und den Methylierungszyklus (
Green 1999c;
Reynolds 1984b;
Scott 1981b).
Wegen eines Mangels an Nukleinsäuren entstehen eine makrozytäre Anämie und Leukopenie. Die Zytoplasmareifung und Hämoglobinisierung der Erythrozytenvorläufer findet ohne die normale Zellteilung statt. Die Produkte sind Makrozyten oder megaloblastische Erythrozyten. Ebenfalls von Zellteilungs- und Zellreiffungsstörungen betroffen sind die Epithelien des Gastrointestinaltraktes und der Epidermis. Ein Folsäuremangel kann ebenfalls zu einer Hyperhomocysteinämie führen, da für die Remethylierung des Homocysteins die Methyltetrahydrofolat-Homocystein-Methyltransferase (Methionin-Synthase) benötigt wird. Siehe auch
Homocystein (
Fettman 2001b).
Eine Folsäure-Hypovitaminose ist bei adulten Wiederkäuern und Pferden eher selten, da diese durch die endogene Produktion der Pansen- bzw. Intestinalflora ausreichend versorgt werden (
Fettman 2001b;
Green 1999c).
Schaf
Ein experimentell herbeigeführter Mangel führte bei Lämmern zu Leukopenie, Durchfall und Pneumonie (
Fettman 2001b).
Rind
Nach wöchentlicher Verabreichung von 40 mg Folsäure i.m. bei Milchkuhkälbern zwischen dem 10. Tag und der 16 Lebenswoche, wurde eine verbesserte Gewichtszunahme, eine bessere Futterverwertung, ein erhöhter Hämatokrit und eine erhöhte Bluthämoglobinkonzentrationen gemessen (
Dumoulin 1991a).
Schwein
Während der Laktation konnte bei einer Supplementierung der Sauen mit Folsäure eine erhöhte Milchproduktion, eine verbesserte Milchqualität und eine gesteigerte Wachstumsleistung der Saugferkel beobachtet werden. Es wird vermutet, dass die Folsäure bei einer Dosierung von 12,5 bis 100 mg/kg die Entwicklung der Milchdrüsen unterstützt (
Wang 2011b). Bei heranwachsenden Schweinen, welche antibiotisch behandelt wurden, stellte sich wegen der Inhibition der enteralen Synthese eine Folacindefizienz mit den charakteristischen Symptomen wie Anämie, Leukopenie, Durchfall und reduziertem Wachstum ein (
Blair 1985a).
Hund und Katze
Bei Folsäure-defizienten Hunden und Katzen wurde Inapetenz, Gewichtsverlust, Anämie, Leukopenie und Glossitis beobachtet (
National Academy Press 1985a;
Da Silva 1955a). Zudem bestand eine verringerte Immunantwort gegenüber den Erregern der Staupe und der Hepatitis contagiosa canis (
National Academy Press 1985a).
Geflügel
Ein Folsäuremangel äussert sich durch eine megaloblastische Anämie, zervicale Paralysen, vermindertes Wachstum, schlechte Entwicklung und Depigmentierung des Gefieders, Perosis, reduzierte Eiproduktion und eine verringerte Schlupfrate (
Sherwood 1993b;
Maxwell 1988a;
Crowe 1997a;
Wong 1977a;
Kroker 2010d). Bei 4 Wochen alten Kücken, welche folsäurearm ernährt wurden, konnte eine geringere RNA-Expression in den Purkinjezellen festgestellt werden (
Haltia 1970a).
Mensch
Tiefe Folat-Spiegel führen beim Menschen zu erhöhten Homocystein-Werten und zu einer verringerten Aktivität der Methylentetrahydrofolat-Reduktase. Neuroalrohrdefekte bei Neonaten sind mit Autoantikörpern gegen die Folatrezeptoren und mit einem Polymorphismus der Methyltetrahydrofolat-Reduktase somit einer Hyperhomocysteinämie assoziiert. Es ist noch unklar, ob die Defekte wegen der toxischen Wirkung des Homocysteins oder wegen einer mangelnden Methylierung entstehen (
Obladen 2011a).
Folsäure-Bedarf
Adulte Wiederkäuer und Pferde können unter normalen Bedingungen den Folsäure-Bedarf durch die enterale Synthese decken. Jedoch steigt, wie auch bei anderen Spezies, der Bedarf bei Stress, Wachstum, Gestation und Laktation und erfordert möglicherweise einer Supplementierung. Auch polyurische Nierenerkrankungen können den Folsäure-Bedarf, wegen einer gesteigerten Ausscheidung über den Harn, erhöhen. Oral verabreichte Antibiotika, insbesondere Sulfonamide, können die enterale Vitaminsynthese hemmen und somit den alimentären Folsäure-Bedarf erhöhen. Ausserdem spielen gastrointestinale Erkrankungen, sowohl für die enterale Synthese der Vitamine wie auch für die Absorption der Folsäure, eine Rolle (
Fettman 2001b). Ein diätetischer Mangel an Cholin, Vitamin B
12, Eisen und Ascorbinsäure erhöht ebenfalls den Folsäure-Bedarf (
Fettman 2001b). Eine Vitamin B
12-Defizienz kann die Konversion von Pteroylpolyglutamat und den Transfer von Methylgruppen der Methyltetrahydrofolate durch die Methioninsynthetase hemmen und somit zu einem sekundären Folsäuremangel führen (
Fettman 2001b).
Schwein
Bei einem mit Muttersauen durchgeführten Versuch konnte bei einer Supplementierung der trächtigen Tiere eine erhöhte Anzahl Ferkel durch eine erhöhte embryonale und fötale Überlebensrate festgestellt werden (
Lindemann 1993a).
Rind
Bei Hochleistungkühen kann eine Supplementierung während der Gestation und in den ersten 6 - 8 Wochen der Laktation nötig sein (
Girard 1989a).
Spezifischer Folat-Bedarf
Folsäure-Status
Um den Folsäure-Status zu eruieren, kann sowohl die biologische Antwort auf eine Folsäure-Supplementierung als auch die Serum- oder Erythrozytenkonzentration der Folsäure bestimmt werden. Da eine Hypovitaminose B
12 die gleichen Symptome wie ein Folsäuremangel haben kann, sollten der Vitamin B
12-Status gleichzeitig bestimmt werden. Bei einem Folsäuremangel entstehen, durch eine unterbrochene Degradierung von Histidin zu Glutaminsäure, erhöhte Werte der Forminoglutaminsäure (FIGLU); ein Zwischenprodukt dieser Reaktion. FIGLU wird mit dem Urin ausgeschieden und spiegelt die Erythrozyten-Folatwerte wider und kann daher als Marker verwendet werden (
Rutgers 1995b).
Pankreasinsuffizienz Hund
Erhöhte Serum-Folatwerte wurden bei Hunden mit einer exokrinen Pankreasinsuffizienz gemessen. Diese Werte lassen sich durch eine sekundäre bakterielle Fehlbesiedlung im Darm mit Folat-synthetisierenden Bakterien erklären (
Rutgers 1995b). Die Messung der Folatkonzentration gibt somit Hinweise über den Gesundheitszustand des proximalen Gastrointestinaltraktes (
Steiner 2014a;
Dossin 2011a;
Berghoff 2011a).