Cocain war die erste Substanz, bei der die lokalanästhetische Wirkung entdeckt wurde. In den Blättern des Erythroxylon coca, eines Strauches, der in den Anden in einer Höhe von 1'000 m bis 3'000 m wächst, wird das Alkaloid Cocain gebildet. Einwohner des peruanischen Hochlandes kauen und lutschen die Blätter, präpariert mit Pflanzenasche, um einen Zustand des Wohlbefindens zu erreichen (Heavner 1996b; Lamont 2002a). Gaedicke extrahierte 1855 erstmals Erythroxylin aus den Blättern der Pflanze, und Niemann isolierte das reine Alkaloid im Jahr 1860 (Heavner 1996b); allerdings wurde die Verbindung bis 1884 nicht klinisch genutzt. Als Sigmund Freud und Karl Koller eine allgemeine Studie über die physiologischen Effekte von Cocain publizierten, in der sie vermerkten, dass Cocain instilliert in den Konjunktivalsack eine Anästhesie des Auges verursacht, wurde die lokalanästhetische Wirkung von Cocain bekannt (Heavner 1996b; Lamont 2002a). Corning injizierte 1885 bei einem Hund Cocain in den Subarachnoidalraum und lähmte so die hinteren Spinalnerven. Im selben Jahr verwendete ein Veterinär aus Meadville erfolgreich Cocain für eine Nervenblockade an Pferdebeinen (Khursheed 2001a). Dies führte zur Suche nach Cocainderivaten, die weniger suchterzeugend und weniger toxisch sind, jedoch die lokalanästhetische Wirkung beibehalten (Heavner 1996b; Lamont 2002a). Einhorn synthetisierte 1905 den Wirkstoff Procain, gefolgt von Lofgren, der 1943 den Wirkstoff Lidocain synthetisierte (Heavner 1996b; Lamont 2002a).
Cocain ist ein Benzoylekgoninester (Frimmer 1986a); Ekgonin ist eine Aminoalkoholbase, die nahe verwandt mit dem Tropin, dem Aminoalkohol im Atropin, ist (Catterall 2001a). Die Summenformel lautet C17H21NO4 und das Molekulargewicht beträgt 303,35. Der pKa-Wert beträgt 8,5 (Biel 2005a) bzw. bei 15°C 8,61 (O'Neil 2001a; NLM 2005a) und der Schmelzpunkt liegt bei 98°C. 1 Gramm löst sich in 600 ml Wasser (O'Neil 2001a; NLM 2005a), in 270 ml Wasser bei 80°C, in 6,5 ml Alkohol, in 0,7 ml Chloroform, in 3,5 ml Ether, in 12 ml Terpentin- oder Olivenöl und in 30 - 50 ml flüssigem Paraffinöl. Ebenso ist Cocain löslich in Aceton, Ethylazetat und Carbondisulfid (O'Neil 2001a).
Cocainhydrochlorid
Die Summenformel lautet C17H21NO4HCL. Cocainhydrochlorid liegt in Form von Kristallen, als Granulat und als Pulver vor. Es ist salzartig und hat einen leicht bitteren Geschmack; der Schmelzpunkt liegt bei 195°C (O'Neil 2001a). Cocainhydrochlorid ist sehr gut wasserlöslich (Khursheed 2001a): 1 Gramm löst sich in 0,4 ml Wasser, 12,5 ml Chloroform, 3,2 ml kaltem und 2 ml heissem Alkohol. Ebenso ist Cocain löslich in Glycerol und Aceton, jedoch unlöslich in Ether und Öl (O'Neil 2001a).
Cocainnitratdihydrat
Die Summenformel lautet C17H22N2O7H2O; es liegt in Kristallform vor und der Schmelzpunkt liegt zwischen 58°C und 63°C. Cocainnitratdihydrat ist frei löslich in Wasser sowie Alkohol und schwer löslich in Ether (O'Neil 2001a).
Cocainsulfat
Die Summenformel lautet C17H21NO4H2SO4; es ist ein weisses granuläres, kristallines Pulver, das löslich in Wasser und Alkohol ist (O'Neil 2001a).
Lagerung / Stabilität
Cocainlösungen sind nicht haltbar und können nicht sterilisiert werden, da sie nicht hitzestabil sind. Cocainlösungen sind daher nicht im Handel erhältlich, sondern müssen stets frisch hergestellt werden (Löscher 2003c).