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Plurikausale Pneumonien

Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren und Schlüsselstellen

Abnormale respiratorische Zeichen, einschliesslich einer Tachypnoe und Dyspnoe, sind bei kranken oder gestressten SAC häufig. Im Vergleich mit Rindern und kleinen Wiederkäuern entstehen diese Anzeichen bei Lamas und Alpakas häufig durch eine Dysfunktion der oberen Atemwege oder durch multisystemische Erkrankungen, und nicht durch eine Pneumonie.
 
Primäre Erkrankungen, die sich auf die unteren Atemwege beschränken, sind bei Neuweltkameliden eher ungewöhnlich. Virale, bakterielle, pilzartige und parasitäre Pneumonien sind selten und können aus einer systemischen Infektion entstehen oder zu einer solchen führen. Die meisten Fälle resultieren aus opportunistischen Bakterien.
 
In einer retrospektiven Studie fassen Theuss et al. (2014) folgende Sektionsbefunde des Respirationstrakts von Neuweltkameliden zusammen:
Katarrhalisch-eitrige (n = 13), eitrig-/hämorrhagisch-nekrotisierende (n = 9), interstitielle (n = 4), granulomatöse (n = 3) oder fibrinöse (n = 1) Pneumonien. Bei diesen Pneumonieformen, exklusive der interstitiellen Pneumonie, handelte es sich nahezu ausschliesslich um bakteriell bedingte Entzündungen mit variablem Erregerspektrum. So fanden sich bei den katarrhalisch-eitrigen Pneumonien Trueperella (T.) pyogenes, Staphylococcus sp., Streptococcus sp., Prevotella oralis und Enterococcus sp. und im Fall eitrig-/ hämorrhagisch-nekrotisierender Pneumonien T. pyogenes, Actinobacillus sp., Actinomyces sp., Clostridium perfringens, Corynebacterium pseudotuberculosis, Escherichia coli, Enterococcus sp., Moraxella sp., Pasteurella sp., Prevotella oralis sowie Staphylococcus sp. In Einzelfällen wurden Pilze isoliert (Aspergillus sp., Mucor sp., Candida (C.) albicans und C. glabrata). Als ursächlich für eine granulomatöse Pneumonie wurden bei zwei Tieren Lungenwürmer sowie bei einem Tier Mycobacterium microti identifiziert.
 
Der Mangel an Berichten über Pneumonien ist möglicherweise nicht das Ergebnis einer besonderen angeborenen Immunität bei Kameliden oder eines Mangels an geeigneten Krankheitserregern, sondern eher die Seltenheit von enger Haltung, überfüllten Transporten oder anderen Praktiken, die die Verbreitung von Erregern der Atemwege fördern. Es gibt anekdotische Berichte, die beschreiben, dass sich Rinderpathogene wie Pasteurella multocida, Mannheimia haemolytica und Histophilus somni von Rindern auf Kameliden ausbreiten, wenn die beiden Spezies eng zusammengehalten werden. Über Mycoplasma spp. wurde nicht berichtet, aber eine Serokonversion tritt auf, die zeigt, dass eine Infektion möglich ist.
Streptococcus equi ssp. zooepidemicus ist das häufigste Isolat von Kameliden mit Verdacht auf primäre akute bakterielle Lungenentzündung. Obwohl die Quelle oft unbekannt ist, haben viele betroffene Kameliden eine Vorgeschichte mit engem Kontakt und/oder und Unterbringung mit Pferden.
 
Ansteckungen erfolgen über den direkten Tierkontakt. Neuweltkameliden können auch Träger von Pasteurellen sein und äusserlich betrachtet gesund sein, bis Stresssituationen (Futter-/Managementumstellungen, ungünstige Witterungsbedingungen, Trächtigkeit, Umgruppierungen etc.) die Krankheit auslösen können.
 

Erreger

Mögliche Erreger: Bakterien wie Pasteurella multocida, Mannheimia haemolytica, Streptococcus equi ssp. zooepidemicus, Mycoplasma spp.) sowie Viren (Parainfluenza-3) können an einer Pathologie beteiligt sein.
 

Symptome

Neuweltkameliden mit einer akuten bakteriellen Pneumonie zeigen Fieber, Tachypnoe, Dyspnoe, Inappetenz und/oder einen gewissen Grad einer Bewusstseinsstörung. Die Tiere liegen vermehrt. Nasenausfluss, Husten und abnormale Lungengeräusche bei der Auskultation sind weniger häufige und eher subtile klinische Befunde bei dieser Spezies.
Jungtiere erkranken meist akut. Unbehandelt führt eine Erkrankung häufig zur Sepsis mit möglichem Tod. In chronischen Fällen sind die klinischen Symptome weniger ausgeprägt. Erkrankte Tiere magern ab und bleiben im Wachstum zurück.
 
Diagnose / Tests In vivo kann eine bronchoalveoläre oder transtracheale Lavage den Erregernachweis liefern. Ansonsten wird die Diagnose post mortem durch eine Sektion gestellt.
 
Eine Thorax-Röntgenaufnahme und eine Trachealspülung zur zytologischen Untersuchung und bakteriologischen Kultur sind nützlich, um eine Verdachtsdiagnose zu bestätigen und die Grundlage zur Wahl des Antibiotikums zu bieten. Aufgrund der Häufigkeit einer gleichzeitigen Bakteriämie kann auch eine Kultivierung des Blutes oder anderer Körperflüssigkeiten sinnvoll sein. Die hämatologische Analyse ist häufig abnormal, wobei entweder eine Neutropenie oder eine Neutrophilie möglich ist. Linksverschiebung, toxische Veränderungen der Neutrophilen und Hyperfibrinogenämie sprechen für eine Entzündungsreaktion.
 
Therapieleitlinien Bei SAC sind keine oralen sowie parenteralen Antibiotika für die therapeutische Verabreichung bei der Swissmedic zugelassen. Es muss daher umgewidmet werden. Alle Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen müssen sorgfältig überprüft werden und können in begründeten Fällen nach korrekter Umwidmung zum Einsatz kommen:
 
Florfenicol: Besitzt breites Wirkspektrum und wirkt bakteriostatisch. In vitro Studien weisen darauf hin, dass eine bakterizide Wirkung gegen Pasteurella multocida möglich ist. Florfenicol ist nicht bei allen Mykoplasmenarten gleich wirksam.
  
Fluorchinolone: Besitzen ein relativ breites Wirkspektrum und erreichen hohe Spiegel in den Lungen. Alle gängigen Atemwegserreger sind in der Regel gut empfindlich mit Ausnahme von Bordetellen und Streptokokken. Wegen ihrer Einstufung als "highest priority critically important" und der fehlenden Notwendigkeit ihres Einsatzes bei Atemwegserkrankungen, sind sie nur in Ausnahmefällen bei Vorliegen ausgeprägter Resistenzen gegenüber anderen Wirkstoffen zu verwenden.
 

Antibiotika

Akut erkrankte Jungtiere mit deutlicher klinischer Symptomatik
PriorisierungAntibiotikaBemerkungen
 Parenteral 
First lineFlorfenicolBakterizide Wirkung gegen Pneumonieerreger (inkl. Mycoplasmen)
Second lineSulfonamid + TrimethoprimPotenzierte Sulfonamide wirken bakterizid.
 β-Lactam-Antibiotikaβ-Lactam-Antibiotika zeigen oft eine gute Wirkung; nachteilig sind deren kurze Halbwertszeit und die fehlende Wirksamkeit gegenüber Mycoplasmen.
 TetracyclineTetracycline in hoher Dosierung (20 mg/kg) haben sich in der Praxis bewährt, wirken aber bakteriostatisch und es werden relativ häufig Resistenzen beobachtet.
stark ein­ge­schränk­ter Einsatz, nur nach Er­reger­nach­weis und An­ti­bio­grammFluorchinoloneKritische Antibiotika: diese sollen grundsätzlich nur wenn keine Alternative mit nicht kritischen Wirkstoffen existiert und nur nach Erregernachweis und Antibiogramm eingesetzt werden.
No goAminoglykosideSind aufgrund des Erregerspektrums, der Resistenzlage und wegen der geringen therapeutischen Breite nicht geeignet.
 
Für alle in obenstehender Tabelle aufgeführten Antibiotikaklassen sind keine Präparate für SAC von der Swissmedic zugelassen. Dosierungen für Neuweltkameliden werden normalerweise analog zum Rind resp. Kleinwiederkäuer übernommen.
Florfenicol: Dosis von Schaf und Ziege üblich, aber wissenschaftlich nicht belegt. 20 mg/kg, s.c., zweimal im Abstand von 48 Stunden. Es wird empfohlen, die Tiere im Frühstadium der Erkrankung zu behandeln und das Ergebnis der Behandlung 48 Stunden nach der zweiten Injektion zu überprüfen.
Sulfonamide + Trimethoprim: Anwendung s.c. (Vorsicht vor i.v.-Verwendung. Hat bei einigen Kameliden zum akuten Tod geführt. Wird bei oraler Verabreichung nicht ausreichend gut aus dem Darm resorbiert. Ist nützlich bei säugenden Crias im Alter von < 45 Tagen.).
Amoxicillin (β-Lactam-Antibiotikum): Dosis vom Schaf üblich, aber wissenschaftlich nicht belegt. 7-10 mg/kg, i.m., 1-3 × tgl.; 15 mg/kg, i.m. als Depot, jeden 2. Tag.
Oxytetracyclin: Dosis von Schaf und Ziege üblich, aber wissenschaftlich nicht belegt. 10 mg/kg, i.v., 1 × tgl.; bei Oxytetracyclin als Langzeitpräparat (LA) 20 mg/kg, s.c., alle 48 bis 72 Stunden.
 

Prävention

Hygiene, optimale Haltungsbedingungen (gutes Stallklima, saubere Einstreu) sowie wiederkäuergerechte Fütterung (bei Neugeborenen ausreichende Kolostrum-Aufnahme innerhalb der ersten Stunden nach der Geburt) sind von grosser Bedeutung. Impfungen: Aktive Immunisierung gegen Pasteurellen möglich. Diese Impfstoffe können in nachgewiesenen Fällen eingesetzt werden. Es liegen aber zurzeit keine wissenschaftlichen Publikationen zu Nebenwirkungen vor.
 

Unterstützende Massnahmen

Für die Bekämpfung der Entzündungsreaktionen sind Nichtsteroidale Antiphlogistika indiziert. Diese führen zudem zu einer Besserung des Allgemeinbefindens der Tiere. Generell muss jedoch erwähnt werden, dass die Anwendung von Nichtsteroidalen Antiphlogistika bei dehydrierten, hypovolämischen und hypotonischen Tieren zu vermeiden ist, da hier ein Risiko einer Störung des Magen-Darm-Traktes (Ulzera) und der Nierenfunktion besteht.
 
Bronchosekretolytika (oral oder parenteral) erhöhen bei einer grossen therapeutischen Breite die Sekretion der peribronchialen Drüsenzellen und des Surfactant; sie führen zudem zu einer Anreicherung des Antibiotikums in der Lunge.
 
Die Induktion einer Bronchodilatation durch Applikation von Clenbuterol als β2-Sympathomimetikum ist insbesondere bei Vitalindikationen sehr sinnvoll.
 
Antioxidative Wirkstoffe wie Vitamin E und Selen sind insbesondere bei schwer kranken Tieren indiziert.
 
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