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Rhinitis

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

Rhinitis kommt bei Kaninchen häufig vor. Diese Erkrankung wird auch als «Kaninchenschnupfen» und «Pasteurellose» bezeichnet.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Es handelt sich um eine primäre und/oder sekundäre bakterielle Infektion. Es ist oft schwierig, zwischen diesen zu unterscheiden, da mehrere fakultativ pathogene Erreger Teil der physiologischen nasalen Flora des Kaninchens sind. Die Erkrankung kann akut auftreten oder chronisch sein.
 
Es handelt sich oft um eine multifaktorielle Erkrankung. Nicht artgerechte Haltung und Fütterung, Traumata, genetische Prädisposition (z.B. kleiner Kopf), andere Erkrankungen, Stress und hohe Ammoniakspiegel in der Luft sind prädisponierend.
 
Zahnerkrankungen können klinischen Zeichen ähnlich wie bei Rhinitis verursachen (Epiphora, Nasenausfluss, siehe Kapitel 1.1.1 Zahnerkrankungen) und Treponema paraluiscuniculi (Kaninchensyphilis) führt zu Krusten an der Nase, Lippen und Lider, welche mit Symptomen einer respiratorischen Erkrankung verwechselt werden können (siehe Kapitel 1.4 Geschlechtsapparat).
 
Komplikationen: Otitis media/interna (siehe Kapitel 1.5.3 Ohrenerkrankungen), Dacryozystitis (siehe Kapitel 1.6.1 Augenerkrankungen) und Pneumonie (siehe Kapitel 1.2.2 Pneumonie)
 
Kaninchen sind obligate Nasenatmer, deshalb kann jede Erkrankung, welche die oberen Atemwege beeinträchtigt, hochgradige Atemstörungen verursachen. Ein Kaninchen mit Maulatmung ist in einem kritischen Zustand. Auf Verfärbung der Lippen (blau) achten.
 

Erreger

Pasteurella multocida und Bordetella bronchiseptica sind die am häufigsten isolierten Erreger.
 
Pasteurella multocida ist in vielen Kaninchenpopulationen (Haustiere, Labortiere) weit verbreitet. P. multocida kann Rhinitis, Sinusitis, Konjunktivitis, Dacryozystitis, Otitis, Tracheitis, Pneumonie, Pleuritis, Perikarditis und Abszesse (Zähne, Haut) verursachen. Auch weitere Organe können betroffen sein.
 
Bordetella bronchiseptica wird oft aus der Nasenflora des Kaninchens isoliert. Es wird vermutet, dass der Erreger, je nach Stamm, allein Symptome verursachen kann, als Co-Pathogen bei P. multocida-Infektionen wirkt oder für solche Infektionen prädisponieren kann.
 
Seltener kommen Moraxella catarrhalis, Pseudomonas spp. und Staphylococcus spp. vor.
 

Symptome

Niesen, ein- oder beidseitiger, seröser bis mukopurulenter Nasenausfluss, Augenausfluss (Epiphora, Dacryozystitis), Nasen- und Augenkrusten sowie feuchte bis verkrustete Vordergliedmassen, Atemgeräusche, Dyspnoe bis Maulatmung (kritisch!). Nicht spezifische Symptome sind Gewichtsverlust, verminderter Appetit, Apathie, Lethargie.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Bei Dyspnoe das Kaninchen vor der klinischen Untersuchung durch Sauerstoffverabreichung (z.B. in Boxe) stabilisieren. Anschliessend eine vollständige klinische Untersuchung durchführen mit Fokus auf dem Atmungsmuster und auf der Auskultation der oberen und unteren Atemwege sowie der Untersuchung des Nasenspiegels und der Durchgängigkeit beider Nasenlöcher. Bei starker Dyspnoe sollte die Untersuchung unterbrochen werden.
 
Eine Maulhöhlenuntersuchung ohne Allgemeinanästhesie mit Otoskop oder Kindernasenspekulum und einer starken Lichtquelle sollte bei jeder klinischen Untersuchung durchgeführt werden.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Röntgen, CT), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Ein Abstrich des Nasenausflusses mit Gramfärbung und eine Zytologie (Diff Quick) erlauben eine Fokussierung der Therapie.
 
Tiefer Nasentupfer (evtl. in Sedation, einer pro Nasenloch) entnehmen für eine Kultur und ein Antibiogramm.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Sauerstoffzufuhr sicherstellen, bei Aufregung Butorphanol oder Midazolam geben, Infusion (i.v. oder s.c) und Entzündungshemmer (Meloxicam).
 
Bei fortgeschrittenen Fällen kann es vorkommen, dass eine reine antibiotische Therapie nicht ausreichend ist und auch eine chirurgische Therapie indiziert ist (z.B. Rhinostomie mit Débridement und regelmässigem Spülen).
 

Antibiotika

Als «first line» Antibiotikum wird Doxycyclin empfohlen. Es wirkt bakteriostatisch und in hohen Konzentrationen bakterizid gegen viele grampositive und gramnegative, aerobe und anaerobe Bakterien. In einer Studie wiesen P. multocida und B. bronchiseptica weniger Resistenzen gegen Doxycyclin auf im Vergleich zu anderen Antibiotika. Es gilt als sicher für die perorale und parenterale Verabreichung, hat entzündungshemmende Eigenschaften und verursacht seltener Nebenwirkungen als andere Tetracycline. Doxycyclin kann durch Kalzium inaktiviert werden und sollte aus diesem Grund nicht gleichzeitig mit der Nahrung verabreicht werden. Zusätzlich kann eine vorübergehende kalziumarme Diät die Bioverfügbarkeit verbessern.
 
Als «second line» Antibiotika sind Chloramphenicol peroral oder Penicillin G parenteral (s.c.) einzusetzen.
 
Chloramphenicol ist auch oral verabreicht verträglich und wirkt gegen viele grampositive, gramnegative und anaerobe Bakterien. Pseudomonas spp. sind oft resistent gegen dieses Antibiotikum. Der Wirkstoff kann beim Menschen eine aplastische Anämie verursachen. Deshalb wird dringend empfohlen, Chloramphenicolpräparate nur mit Handschuhen und erhöhter Vorsicht zu verabreichen.
 
Penicillin G wirkt gegen viele grampositive und anaerobe Bakterien sowie gegen Pasteurellaceae. Depotpräparate (Procain-/Benzathin-Benzylpenicillin) sind ebenfalls wirksam.
 
Als Nebenwirkungen können gastrointestinale Störungen, Hautreaktionen an der Injektionsstelle oder Anaphylaxie auftreten. Trotz dieser möglichen Nebenwirkungen gilt dieses Antibiotikum als sicher, wenn es parenteral verabreicht wird.
 
Trimethoprim-Sulfonamid wird bei infektiösen Atemwegserkrankungen mit Erfolg eingesetzt. Gegen Pasteurella multocida, welche eine erhöhte Resistenzrate aufweisen, wird es jedoch nicht als «first line» Antibiotikum empfohlen.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) wirken gegen die meisten gramnegativen Bakterien, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen, können peroral oder parenteral (s.c., i.v.) verabreicht werden und gelten als verträgliche Antibiotika. Sie gehören zu den kritischen Antibiotika, deshalb sollten sie ausser bei schlechtem Allgemeinzustand nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Amikacin ist für eine systemische Therapie von Infektionen mit multiresistenten Pseudomonas aeruginosa angezeigt. Amikacin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum mit einem breiten Spektrum und bakterizider Wirkung, welche konzentrationsabhängig ist. Um das Nierentoxizitätsrisiko zu verringern, wird empfohlen, dieses Antibiotikum gleichzeitig mit einer Flüssigkeitstherapie zu verabreichen.
 
Die Antibiose muss oft als Langzeit-Therapie durchgeführt werden, deswegen sollte sie nach einem Antibiogramm erfolgen, um das bestwirkende Antibiotikum einzusetzen. Die Compliance des Besitzers spielt eine besonders wichtige Rolle, da die Therapie mehrere Monate dauern kann und Rezidive häufig vorkommen, wenn die Therapie diskontinuierlich durchgeführt wird.
 
Rhinitis
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First LineDoxycyclin2.5 mg/kg 2 × täglich p.o.
oder
4 mg/kg 1 × täglich p.o.
Mindestens 2 WochenDoxycyclin oral nicht mit kalziumhaltigen Futtermitteln verabreichen
Second LineChloramphenicol25 mg/kg 2 × täglich p.o.Mindestens 2 WochenChloramphenicol kann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen verabreichen
 Penicillin G
(inkl. Depotpräparate)
42'000 - 60'000 IU/kg 1 × täglich oder jeden 2. Tag s.c. Penicillin G NIE peroral verabreichen
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Amikacin8 - 16 mg/kg 1 × täglich s.c./i.m./i.v.Mindestens 2 WochenAmikacin ist nierentoxisch, gleichzeitig mit Flüssigkeit verabreichen
Bei i.v. Gabe verdünnen und über 20 Minuten verabreichen

Kritische Antibiotika

Ausnahme: schwerwiegende Fälle!
 Enrofloxacin5 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.v.
oder
5 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.
  
 Marbofloxacin2 - 5 mg/kg 1 × täglich p.o.
oder
2 mg/kg 1 × täglich s.c./i.m./i.v.
  
 

Resistenzlage

P. multocida, B. bronchiseptica, P. aeruginosa und Staphylococcus spp. könnengegen über mehreren Antibiotika Resistenzen aufweisen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin, Marbofloxacin), insbesondere, wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Assistierte Fütterung (mit grosser Vorsicht, wenn der Patient dyspnoeisch oder sehr gestresst ist), Inhalationen/Verneblung von Wasserdampf, Mukolytika.
 
Um ein Rezidiv zu vermeiden, müssen gleichzeitig auftretende Erkrankungen wie Otitis und Dacryozystitis auch behandelt werden (siehe «Ohrenerkrankungen» und «Augenerkrankungen»).
 

Prävention

Artgerechte Fütterung (siehe auch «Zahnerkrankungen»), stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Quarantäne beim Einführen eines neuen Individuums in eine Gruppe, kranke von gesunden Tieren trennen.
 
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