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Erkrankungen des Geschlechtsapparates

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

In diesem Kapitel werden Pyometra, Endometritis, Metritis und Kaninchensyphilis (auch «Treponematose» genannt) diskutiert. Infektiöse Uteruserkrankungen bei Kaninchen sind seltener als neoplastische Erkrankungen. Es empfiehlt sich die Ovariohysterketomie als präventive Massnahme gegen Neoplasien.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Endometritis, Metritis, Pyometra:
 
-Bei weiblichen Zuchttieren nach Geburt aber auch bei nulliparen Tieren möglich, z.B. bei Pseudoträchtigkeit.
-Bakterien können hämatogen oder retrograd (z.B. bei Vaginitis) den Geschlechtsapparat infizieren.
-Pyometra kann sekundär bei benigner endometrialer Hyperplasie oder Adenokarzinom vorkommen.
-Ovarialabszesse können auch gleichzeitig mit Pasteurella multocida-verursachter Pyometra auftreten.
-Eine gastrointestinale Hypomotilität/Stase kann sekundär entstehen (Kapitel 1.1.3 Gastrointestinale Hypomotilität).
-Komplikationen: Peritonitis, septischer Schock.
 
Kaninchensyphilis:
 
-Spirochäten werden durch direkten oder Geschlechts-Kontakt übertragen oder nach der Geburt (Blut im Geburtskanal, Milch).
-Die Erkrankung kann lange asymptomatisch bleiben und wird symptomatisch bei Stress, in der Regel 3-6 Wochen nach Infektion.
-Es wird vermutet, dass einige Kaninchen asymptomatische Träger sind (z.B. Kaninchenböcke).
-Grosse Kaninchengruppen und Zuchttiere sind Risikogruppen.
 

Erreger

Endometritis, Metritis, Pyometra: Pasteurella spp., Staphylococcus spp. (v.a. S. aureus, Zoonose), selten Chlamydia spp. (Zoonose), Listeria monocytogenes (Zoonose), Moraxella bovis, Actinomyces pyogenes, Brucella melitensis (Zoonose) oder Salmonella spp. (Zoonose).
 
Kaninchensyphilis: Treponema paraluiscuniculi (keine Zoonose)
 

Symptome

Endometritis, Metritis, Pyometra: Vaginalausfluss, Anorexie, Apathie, Lethargie, vergrössertes Abdomen, Pseudoträchtigkeit, Unfruchtbarkeit (Zuchttiere). Kaninchen mit chronischer oder leichtgradiger Endometritis können auch asymptomatisch sein oder leichtgradige unspezifische Symptome zeigen. Bei Zuchttieren mit leichtgradiger Endometritis können fötale Resorption und Totgeburten vorkommen.
 
Kaninchensyphilis: schmerzhafte Hautläsionen im Genitalbereich (Vulva, Präputium) und Perineum (zuerst Rötungen, Ödeme, Vesikel, später Ulzerationen, Krusten). Hautläsionen können sich durch Autoinfektion in den Gesichtsbereich ausbreiten. Bei Gruppeninfektionen kommen verminderte Konzeptionsraten, erhöhte Inzidenz von Metritis, Nachgeburtsverhalten und neonatale Sterblichkeit vor. Kaninchenböcke sind oft asymptomatische Träger und zeigen gelegentlich sternförmige Narben auf dem Skrotum.
 
Diagnose / Tests Endometritis, Metritis, Pyometra
Klinische Untersuchung: Adspektion der äusseren Genitalien, Palpation des Abdomens (vergrösserte, teigige Gebärmutter, vorsichtige Palpation bei stark vergrösserter Gebärmutter wegen der Gefahr des Reissens der Uteruswand).
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Ultraschall, Röntgen), Hämatologie, Blutchemie und Urinuntersuchung.
 
Identifikation der Erreger: Eine Vaginalzytologie oder eine Zytologie des Vaginalausflusses erlaubt eine erste «in-house» Diagnostik.
 
Im Falle einer explorativen Laparotomie oder einer Ovariohysterektomie werden Tupfer oder Biopsien des Uterus für Kultur und Antibiogramm entnommen.
 
Kaninchensyphilis
Klinische Untersuchung: Auf typische Läsionen achten.
 
Identifikation der Erreger: T. paraluiscuniculi wächst nicht in Kultur.
 
PCR (Krusten oder zellreicher Genitalschleimhautabstrich), serologische Tests (Problem: nach Infektion 8-12 Wochen bis Antikörper nachweisbar).
 
Hautbiopsie für Silberverfärbung oder Geschabsel der Läsion im Dunkelfeldmikroskop-Untersuchung. Falsch negative Resultate können vorkommen.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Endometritis, Metritis, Pyometra
 
Therapie der Wahl: Ovariohysterektomie, Analgesie, Flüssigkeitstherapie, systemische Antibiose (nach Probenentnahme).
 
Konservative Therapie (z.B. bei Zuchttieren): bei leichtgradiger Endometritis können systemische Antibiotika, nicht-steroidale Entzündungshemmer und Flüssigkeitstherapie versucht werden.
 
Kaninchensyphilis
 
Symptomatische Kaninchen sind mit Antibiotika zu behandeln. Asymptomatische Kontakttiere sollten auch behandelt werden, um eine Reinfektion zu vermeiden.
 

Antibiotika

Endometritis, Metritis, Pyometra
 
Antibiotische Breitspektrum-Therapie perioperativ sofort nach bakteriologischer Probenentnahme beginnen und intraoperativ alle 90 Minuten wiederholen. Später soll die Therapie aufgrund eines Antibiogramm angepasst werden. Bei leichtgradigen, nicht komplizierten Fällen ist nur die perioperative Antibiotikagabe indiziert, während bei komplizierten Fällen (Peritonitis, Sepsis, schlechter Allgemeinzustand) eine weiterführende antibiotische Therapie empfohlen wird.
 
Als «first line» Antibiotikum wird Chloramphenicol empfohlen. Dieses Antibiotikum ist auch oral verabreicht verträglich und wirkt gegen viele grampositive, gramnegative und anaerobe Bakterien, inklusive dem Erregerspektrum, welches in der Regel eine Endometritis, Metritis oder Pyometra verursachen. Der Wirkstoff kann beim Menschen eine aplastische Anämie verursachen, deshalb wird dringend empfohlen, Chloramphenicolpräparate nur mit Handschuhen und erhöhter Vorsicht zu verabreichen.
 
Als «second line» Antibiotikum ist Trimethoprim-Sulfonamid indiziert. Diese Kombination wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten), ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Die Resistenzraten von Anaerobiern, Staphylokokken und E. coli sind variabel. Die Wirkstoffkombination wirkt nicht gegen Pseudomonas aeruginosa.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) wirken gegen die meisten gramnegativen Bakterien, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen, können peroral oder parenteral (s.c., i.v.) verabreicht werden und gelten als verträgliche Antibiotika. Sie gehören zu den kritischen Antibiotika, deshalb sollten sie ausser bei schlechtem Allgemeinzustand (Verdacht Sepsis) nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Endometritis, Metritis, Pyometra, mittelgradig bis hochgradig reduzierter Allgemeinzustand
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First LineChloramphenicol25 mg/kg 2 - 3 × täglich p.o.Bis klinische AbheilungKann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen verabreichen
Second LineTrimethoprim-Sulfonamid30 mg/kg 2 × täglich p.o.
oder
30 mg/kg 1 - 2 × täglich s.c.
Bis klinische AbheilungNicht bei Niereninsuffizienz
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.v.
oder
5 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.
Bis klinische AbheilungKritische Antibiotika

Ausnahme: schwerwiegende Fälle!
 Marbofloxacin2 - 5 mg/kg 1 × täglich p.o.
oder
2 mg/kg 1 × täglich s.c./i.m./i.v.
  
 
Bei Kaninchensyphilis ist eine antibiotische Behandlung mit Pencillin G (parenteral) als «first line» Antibiotikum indiziert.
 
Pencillin G wirkt gegen viele grampositive und anaerobe Bakterien und seine Wirkung gegen Treponema spp. ist nachgewiesen. Depotpräparate (Procain-/Benzathin-Benzylpenicillin) sind die Mittel der Wahl, da in der Regel drei Applikationen im Abstand von je 7 Tagen für eine komplette Heilung ausreichen. Als Nebenwirkungen können gastrointestinale Störungen, Hautreaktionen an der Injektionsstelle oder Anaphylaxie auftreten. Trotz dieser möglichen Nebenwirkungen gilt dieses Antibiotikum als sicher, wenn es parenteral verabreicht wird.
 
Chloramphenicol und Tetracycline wirken ebenfalls und können als perorale Alternative zu parenteralem Pencillin G verwendet werden.
 
Kaninchensyphilis
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First LinePenicillin G-Benzathin/Procain Kombination
(Depotpräparate)
42'000 - 84'000 UI/kg s.c.3 Applikationen im Abstand von je 7 TagenNIE peroral
Second LineChloramphenicol25 mg/kg 2 - 3× täglich p.o.Mindestens 3 WochenChloramphenicol kann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen anwenden
 Doxycyclin2,5 mg/kg 2 × täglich p.o.
oder
4 mg/kg 1 × täglich p.o.
 Doxycyclin nicht mit kalziumhaltigen Futtermitteln verabreichen
No goFluorchinoloneEs gibt weitere Antibiotika, die besser wirken  
 

Resistenzlage

P. multocida, Staphylococcus spp., Salmonella spp. können gegenüber mehreren Antibiotika Resistenzen aufweisen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika, insbesondere wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Assistierte Fütterung und Flüssigkeitstherapie bei Kaninchen mit Hypo- oder Anorexie.
 

Prävention

Präventive Ovariohysterektomie von weiblichen Kaninchen kann neoplastischen sowie infektiösen Erkrankungen des Uterus vorbeugen.
 
Züchterschulung und regelmässige serologische Tests bei Zuchttieren können dem Auftreten von Kaninchensyphilis vorbeugen.
 
Artgerechte Fütterung (siehe auch Kapitel 1.1.1 Zahnerkrankungen), stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Quarantäne beim Einführen eines neuen Individuums in eine Gruppe, kranke von gesunden Tieren trennen.
 
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