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Sartane

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Sartane (AT1-Rezeptor-Antagonisten, Angiotensin-II-Rezeptorblocker, ARB) sind Antihypertensiva und greifen wie die ACE-Hemmer in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System ein. Sie sind eine Weiterentwicklung der ACE-Hemmer. Zu den Sartanen gehören: Azilsartan (Prodrug: Azilsartanmedoxomil), Candesartan (Prodrug: Candesartancilexetil), Eprosartan, Fimasartan, Irbesartan, Losartan, Milfasartan, Olmesartan (Prodrug: Olmesartanmedoxomil), Pratosartan, Ripisartan, Saprisartan, Telmisartan und Valsartan. Mit Ausnahme von Valsartan haben die Sartane entweder ein Imidazol- oder Benzimidazol-Grundgerüst.
 

2. Quellen

Sartane werden in der Humanmedizin zur Behandlung von Bluthochdruck, chronischer Herzinsuffizienz, diabetischer Nephropathie oder nach einem Herzinfarkt eingesetzt. In der Veterinärmedizin werden sie bei Hunden und Katzen zur Behandlung von Hypertonie oder Proteinurie infolge einer chronischer Nierenerkrankung angewendet.
 

3. Kinetik

Die Sartane werden nach oraler Aufnahme schnell resorbiert und anschliessend in der Leber verstoffwechselt. Irbesartan muss im Gegensatz zu Losartan nicht in einen aktiven Metaboliten umgewandelt werden. Bei Hunden wird die potenzielle klinische Nützlichkeit von Losartan etwas angezweifelt, da Hunde Losartan nur in geringem Masse zu einem aktiven Metaboliten (E-3174, EXP-3174) verstoffwechseln. Losartan ist bei der Verbesserung einiger hämodynamischen Funktionen etwa dreimal weniger wirksam war als E-3174. Das resorbierte Telmisartan wird in erster Linie über Glucuronidierung metabolisiert, wobei der genetische Defekt UGT1A6 bei Katzen keinen Einfluss auf die Glucuronidierung hat. Der Hauptmetabolit ist das nicht aktive Telmisartan-O-Acylglucuronid. Die Ausscheidung der Sartane erfolgt überwiegend biliär, nur zu einem geringen Teil renal.
 
SartanTier­artResorptionZeit­punkt des maxi­malen Blut­spiegelsBio­verfüg­bar­keitVerteilungs­volumenPlasma­protein­bindungMetabolismusElimi­nationPlasma­halbwerts­zeit
IrbesartanHund 3-4 h     ca. 9 h (einmalige Verabreichung),
ca. 21 h (1-mal täglich für 8 d)
LosartanHundschnell1 h23-33%0.3 L/kgca. 97% va. biliär, sigifikante enterohepatische Rezirkulation2-3 h
TelmisartanKatzeschlechter mit Futterca. 30 min (nüchtern; später mit Futter)ca. 33%  Glucuro­nidierung
(der gene­tischen Defekt UGT1A6 der Katze tangiert die Glucuro­nidierung nicht)
 ca. 8 h
TelmisartanHund ca. 45 min  > 99.5%  5.4 h
 

4. Toxisches Prinzip

-Die Sartane sind Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARB). Durch die selektive Blockade des AT1-Rezeptors wird die Aldosteronsynthese und -sekretion reduziert, was zu einer Vasodilatation, einer verringerten Kaliumausscheidung und einer erhöhten Natriumausscheidung führt. Obwohl die Plasmakonzentrationen von Renin und Angiotensin-II erhöht sind, wirkt dies der blutdrucksenkenden Wirkung der Sartane nicht entgegen. Sie beeinträchtigen die Substanz P- oder Bradykinin-Reakionen nicht. Gemäss klinischen Studien an Katzen beeinflusst Temisartan die Kaliumausscheidung nicht.
-Die toxische Wirkung der Sartane basiert auf ihrer pharmakologischen Wirkungen. Angiotensin II ist ein starker Vasokonstriktor und erhöht den Sympathikotonus. Es stimuliert die Aldosteronsekretion sowie den Durst, die Wasserretention und tubuläre Natriumrückresorption, wodurch das extrazelluläre Flüssigkeitsvolumen erhöht wird. Die Blockade dieser Wirkungen führt zu einer Vasodilatation sowie zu Natrium- und Wasserverlust.
-Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen von Telmisartan bei Katzen sind gastrointestinale Symptome (Erbrechen, Durchfall) und Lethargie. Hypotonie, erhöhte Leberenzyme und Anämie sind möglich, aber selten. Telmisartan ist nicht sicher während der Trächtigkeit.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Die akute orale LD50 ist wie folgt (in mg/kg Körpergewicht):
 MausRatteMarmosetten
Azilsartan 1439 
Candesartan> 2000> 2000 
Eprosartan   
Fimasartan   
Irbesartan > 2000 
Losartan1257-1590; LDlo: 2001000; LDlo: 400 
Olmesartan> 2000> 2000 
Milfasartan220940159 
Pratosartan   
Ripisartan   
Saprisartan   
Telmisartan > 2000 
Valsartan > 2000> 1000
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

-Analog der ACE-Hemmer können die Patienten nach kleinen Überdosierungen (< 5-fache therapeutische Dosis) zu Hause überwacht werden.
-Nach Einnahme einer grösseren Dosis sollten asymptomatische Patienten über 5 Stunden in einer Klinik überwacht werden, da sich innerhalb von etwa 4 Stunden eine Hypotonie entwickeln kann.
-Patienten mit Herzinsuffizienz, Salzmangel, Leberfunktionsstörungen und/oder Nierenerkrankungen können anfälliger sein.
Candesartan
-Akute Toxizität: LD50 Hund, oral: > 2000 mg/kg Körpergewicht p.o.
Irbesartan:
-Therapeutische Dosis Hund (bei Hypertension, Proteinurie und Herzversagen): 5 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12-24 Stunden; keine Dosisangaben für Katzen.
-Chronische Toxizität: Eine Studie, in der hohe Irbesartan-Dosierungen (60 mg/kg Körpergewicht zweimal täglich) bei Hunden mit subakuter Mitralinsuffizienz verwendet wurden, zeigte keine Verbesserung der linksventrikulären Funktion oder eine Verhinderung des ventrikulären Remodelings. Eine experimentelle Studie an Katzen zeigte, dass Irbesartan in einer Dosierung von 2 mg/kg Körpergewicht, 6 mg/kg Körpergewicht oder 10 mg/kg Körpergewicht den Blutdruck in Verbindung mit exogen verabreichtem Angiotensin nach 90 Minuten signifikant senkte.
Losartan:
-Therapeutische Dosis Hund (bei Proteinurie infolge Glomerulopathie): mit Azotämie: Anfangsdosis 0.125 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden, Dosissteigerung in 0.25 mg/kg Körpergewicht/Tag-Schritten; ohne Azotämie: 0.5 mg/kg Körpergewicht/Tag, alle 24 Stunden, Dosissteigerung in 1 mg/kg Körpergewicht/Tag-Schritten; die gleichzeitige Verabreichung eines ACE-Hemmers wird generell empfohlen.
Olmesartan
-Akute Toxizität: LD50 Hund, oral: > 1500 mg/kg Körpergewicht p.o.
Telmisartan:
-Therapeutische Dosis Hund (zur Reduktion der Proteinurie bei chronischer Nierenerkrankung): 1 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden; bei persistiernder Proteinurie 3 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden.
-Therapeutische Dosis Katze (zur Kontrolle der systemischen Hypertonie): 1.5 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12 Stunden für die ersten 14 Tage, dann 2 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden. Diese Dosis soll in 0.5 mg-Schritten bis zu 0.5 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden reduziert werden. Zur Reduktion einer Proteinurie assoziierten chronischen Nierenerkrankung: 1 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden.
-Akute Toxizität: LD50 Hund, oral: > 2000 mg/kg Körpergewicht p.o.
-Chronische Toxizität: In chronischen Toxizitätsstudien an Katzen mit einer Dosierung von bis zu 5 mg/kg Körpergewicht/Tag (5-fache empfohlene Dosis) über einen Zeitraum von 6 Monaten führte Telmisartan nicht zu Todesfällen. Es traten Hypotonie, eine Verringerung der Anzahl roter Blutkörperchen und Retikulozyten sowie eine verminderte Nahrungsaufnahme auf; ein Anstieg des Nieren-Serumwerte und gastrointestinale Symptome sind möglich.
 

2. Latenz

Klinische Symptome entwickeln sich in der Regel innerhalb von 30-60 Minuten; eine Hypotonie innerhalb von etwa 4 Stunden.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Lethargie, Anorexie, Dehydratation
  
3.2Nervensystem
Tremor
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Vomitus
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Diarrhoe
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Hypotonie (infolge Vasodilatation), Tachykardie (kompensatorisch), Bradykardie (parasympathische/vagale Stimulation)
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Akute Niereninsuffizienz oder akutes Nierenversagen (Katze)
  
3.10Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Nicht-regenerative Anämie, Azotämie (Katze, chronisch); erhöhte Kreatinin-Serumwerte, Hyperkaliämie (Hund, chronisch)
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Teratogen (Studien an trächtigen Ratten, denen Sartane in hohen Dosen verabreicht wurden, zeigten eine Vielzahl fetaler Anomalien wie Nierenbeckenhöhlenbildung, Hydroureter, Fehlen der Nierenpapille; geringere Dosen bei Kaninchen führten zu einer erhöhten Müttersterblichkeit und spontanen Fehlgeburten).
 

4. Sektionsbefunde

Keine Angaben.
 

5. Weiterführende Untersuchungen

-Blutbild: Anämie, Neutropenie.
-Blutchemie: Hyponatriämie, Hyperkaliämie und/oder Azotämie.
-Blutdruck: Hypotonie.
-Serum-Wirkstoffkonzentrationen: klinisch nicht von Nutzen.
 

6. Differentialdiagnosen

-Intoxikation mit Angiotensin II Rezeptorblockern (ACE-Hemmern), Betablockern oder Calciumkanalblockern.
-Hypotonie durch eine primäre Herzerkrankung (z.B. Arrhythmie, systolische Herzinsuffizienz), eine verminderte Vorlast (z.B. Hypovolämie, Hypoadrenokortizismus), eine verminderte Gefässversorgung (z.B. Anaphylaxie, Sepsis) oder einen verminderten venösen Rückfluss (z.B. Herztamponade).
 

7. Therapie

7.1Notfallmassnahmen
-Kreislauf stabilisieren
-Atmung stabilisieren
 
7.2Dekontamination und Elimination
-Provozierte Emesis: innerhalb von 30 Minuten (Telmisartan), 1 Stunde (Losartan) bzw. 3 Stunden (Irbesartan) nach Einnahme bei asymptomatischen Patienten.
-Magenspülung: bei der Einnahme grosser Mengen und/oder die provozierte Emesis nicht möglich ist.
-Sofern guter Schluckreflex: Verabreichung von Aktivkohle mit einem Laxans, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml): innerhalb von 30 Minuten (Telmisartan), 1 Stunde (Losartan) bzw. 3 Stunden (Irbesartan).
 
7.3Weitere symptomatische Massnahmen
-Intravenöse Flüssigkeitstherapie mit ausgewogener kristalloiden Lösung (z.B. Ringer-Laktat-Lösung) bei Hypotonie: Hund: Bolus von 20 ml/kg Körpergewicht; Katze 10 ml/kg Körpergewicht, je nach Bedarf, um die volumenbedingte Hypotonie zu beheben; Flüssigkeitsüberlastung vermeiden!, v.a. bei Patienten mit kardiovaskulären und/oder Nierenerkrankungen.
-Vasopressoren: bei Patienten mit anhaltender Hypotonie (arterieller Mitteldruck < 60 mmHg) erforderlich, mit direkter Blutdruck- und EKG-Überwachung zur Aufrechterhaltung des > 60 mmHg mmHg. Vasopressoren sollten wegen des Risikos einer ischämischen Schädigung über ein peripheres Gefäss nicht länger als 1-2 Stunde verabreicht werden: Hunde: Noradrenalin: 0.05-1.0 µg/kg Köpergewicht/min i.v. als konstante Infusion; Katzen: Dopamin: 5-20 µg/kg Köpergewicht/Minute i.v. als konstante Infusion.
-Antiemetika, je nach Bedarf zur Kontrolle der gastrointestinalen Symptome: Ondansetron 0.25-0.5 mg/kg i.v., alle 8-12 Stunden; Maropitant 1 mg/kg i.v., s.c. alle 24 Stunden.
 
Vorsichtsmassnahmen/Interaktionen
-Antihistaminika, Diuretika, andere Antihypertensiva und alpha-2-adrenerge Agonisten können die Sartan-induzierte Hypotonie verschlimmern.
-Die gleichzeitige Gabe von NSAIDs könnte das Risiko einer Nephrotoxizität erhöhen.
-Kaliumpräparate und Spironolacton können das Risiko einer Hyperkaliämie erhöhen.
 
Extrakorporale Therapie
-Telmisartan, Losartan und seine Metaboliten werden durch Hämodialyse nicht entfernt.
 
Patientenüberwachung
-Die Perfusionsparameter und der Hydratationsstatus sollten nach der anfänglichen Stabilisierung alle vier Stunden neu bewertet werden.
-Der Blutdruck sollte intermittierend (alle vier Stunden) überwacht werden.
-Bei vasopressorabhängigen Patienten wird eine kontinuierliche und direkte Blutdruck- und EKG-Überwachung empfohlen.
-Serumchemie (einschliesslich Nierenparameter) alle 24 Stunden.
 

8. Erwarteter Verlauf und Prognose

-Die Prognose ist in den meisten Fällen ausgezeichnet.
-Asymptomatische Patienten können nach 5 Stunden aus der Klinik entlassen werden.
-Symptomatische oder hypotensive Patienten sollten mindestens 24 Stunden lang überwacht werden.
-Vasopressoren können in der Regel innerhalb von 12 Stunden abgesetzt werden.
-Bei signifikanter Hypotonie sollte der Patienten 36 Stunden lang beobachtet werden, da hypotensive Episoden bei Menschen bis zu 36 Stunden nach der Einnahme erneut aufgetreten sind.
 

9. Literatur

Budde JA & McCluskey DM (2023) Plumbs Veterinary Drug Handbook, 10th Edition. Wiley-Blackwell, Hoboken NJ, pp. 690-692, 781-783 & 1208-1210
 
Drugbank online (2025) Olmesartan. https://go.drugbank.com/drugs/DB00275 (erfasst am 29.7.2025)
 
Drugbank online (2025) Telmisartan. https://go.drugbank.com/drugs/DB00966 (erfasst am 28.7.2025)
 
SDB Azilsartan (2014) https://imgcdn.mckesson.com/CumulusWeb/Click_and_learn/SDS_9ARBOR_EDARBYCLOR_TAB_40MG_12_5MG_30_BT.pdf (erfasst am 28.7.2025)
 
SDB Candesartan (2014) https://pubchem.ncbi.nlm.nih.gov/compound/Candesartan#section=Non-Human-Toxicity-Values (erfasst am 29.7.2025)
 
SDB Irbesartan (2020) https://assets.lgcstandards.com/sys-master%2 Fpdfs%2Fhc5%2Fh7d%2F10289714233374%2FSDS_MM0862.00_ST-WB-MSDS-3237409-1-1-1.PDF (erfasst am 29.7.2025)
 
SDB Losartan (2020) https://www.organon.com/docs/product/safety-data-sheets/Losartan%20 Formulation_HH_CA_EN.pdf (erfasst am 29.7.2025)
 
SDB Losartan (2025) https://www.chemie.de/lexikon/Losartan.html (erfasst am 29.7.2025)
 
SDB Olmesartan (2020) https://www.organon.com/docs/product/safety-data-sheets/Olmesartan%20 Formulation_HH_AT_DE.pdf (erfasst am 29.7.2025)
 
SDB Olmesartanmedoxomil (2014) https://s3-us-west-2.amazonaws.com/drugbank/msds/DB00275.pdf?1551478186 (erfasst am 29.7.2025)
 
SDB Telmisartan (2014) https://sds.edqm.eu/pdf/SDS/EDQM_201600870_1.0_SDS_DE.pdf?ref=1496323562 (erfasst am 28.7.2025)
 
SDB Valsartan (2015) https://imgcdn.mckesson.com/CumulusWeb/Click_and_learn/SDS_9NOVAR_DIOVAN_TAB_80MG.pdf (erfasst am 28.7.2025)
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