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Bemerkung: Die Angaben in diesem Kapitel gelten für die Wirkstoffklasse Glukokortikoide allgemein. Spezifische Daten bezüglich Chemie, Pharmakologie, Pharmakokinetik, Dosierungen und substanzspezifische Eigenschaften betreffend unerwünschten Wirkungen, Toxizität und Interaktionen sind bei den einzelnen Glukokortikoiden beschrieben.
 

Pharmakokinetik der Glukokortikoide

Obwohl Glukokortikoide (GK) in der Veterinärmedizin schon lange eingesetzt werden, existieren zum Teil nur lückenhafte Daten bezüglich der Pharmakokinetik dieser Wirkstoffe (Ungemach 2003a). Das pharmakokinetische Profil eines Wirkstoffes bestimmt jedoch dessen pharmakologische Wirkung zu einem wesentlichen Anteil (Kietzmann 2002a). Die folgende Tabelle fast pharmakokinetische und pharmakologische Parameter in der Veterinärmedizin häufig eingesetzter GK zusammen. Die aufgeführten Halbwertszeiten gelten für die freie, unver­esterte Form, sowie für die wasserlöslichen Ester der GK (Kietzmann 2002a; Plumb 2002a; Reding 1997a; Ferguson 2001a; Behrend 1995a; Ungemach 2003a).
 

Vergleichstabelle pharmakologischer und pharmakokinetischer Daten in der Veterinärmedizin häufig gebrauchter Glukokortikoide:

  Hydrocortison Prednisolon Dexamethason
Proteinbindung Mensch 95% 75 - 95% 65 - 70%
Verteilungsvolumen [l/kg] 0,3 (Mensch) 2,2 (Rind)
1,5 (Mensch)
1,2 (Hund, Rind)
0,8 (Mensch)
T½ Hund [min] 80 - 120 80 - 180 110 - 150
T½ Rind [min] 80 - 120 150 - 210 290 - 390
T½ Pferd [min] 80 - 120 ca. 100 180 - 200
Wirkungsdauer [h] 8 - 12 12 - 36 bis zu 72
Relative Rezeptorbindungsaffinität 1 10 100
Relative antiinflammatorische Potenz 1 4 30
Relative mineralokortikoide Aktivität 1 - 2 1 0
 
Die synthetischen GK haben eine höhere Affinität zum GR, sie werden weniger schnell abgebaut, und zeichnen sich deshalb durch eine längere Wirkungsdauer aus (Barth 1994b; Behrend 1995a). Die klinische Wirksamkeit eines GK nach peroraler Applikation wird jedoch nicht nur durch die relative Rezeptorbindungsaffinität der Substanz bestimmt. Plasmaproteinbindung und systemische Clearance sind ebenfalls entscheidende pharmakokinetische Parameter (Hogger 2003a).
 
Der Austausch von GK anhand von Äquivalenztabellen ist problematisch. Die Pharmakokinetik, welche beispielsweise durch die Art des Esters wesentlich beeinflusst wird (siehe Chemie: Glukokortikoidester), sowie die galenische Formulierung eines GK (Tabletten, Salbe, Injektion), sollten hinreichend in die Bewertungskriterien einer Substanz einfliessen (Barth 1994b).
 

Absorption

GK sind sehr lipophile Wirkstoffe und werden unabhängig von der Applikationsart gut resorbiert. Nach peroraler Aufnahme werden GK rasch und fast vollständig aufgenommen (Hogger 2003a). Die intestinale Absorptionsrate ist unabhängig von der Wirkstoffkonzentration. Folglich handelt es sich beim Mechanismus nicht um einen aktiven Transport sondern um Diffusion (Nienstedt 1980a).
 
Aus der folgenden Übersichtstabelle von verschiedenen GK-Ester ist ersichtlich, dass die Art des GK-Esters einen wesentlichen Einfluss auf die Resorptionszeit sowie die Wirkungsdauer hat.
 

Vergleich verschiedener GK-Ester:

GK-Ester Absorptionszeit nach i.m.
Applikation
Wirkungsdauer
Na-Succinat
Na-Phosphat
Minuten bis Stunden Stunden
Acetat
Diacetat
Tage bis Wochen Tage bis Wochen
Pivalat
Acetonid
Wochen Tage bis Wochen
 

Verteilung

Die sehr lipophilen GK verteilen sich nach der Applikation in alle Gewebe und passieren dabei die Blut-Hirn- und Plazentaschranke. Daraus erklärt sich ihr erfolgreicher therapeutischer Einsatz bei ZNS-Traumen oder -Tumoren bzw. zur Stimulation der Surfactantbildung in der fetalen Lunge bei einer zu erwartenden Frühgeburt (Hogger 2003a).
 

Metabolismus

Der hepatische Metabolismus stellt bei GK die wichtigste Inaktivierungsreaktion dar (Baxter 1972a; Sherif 2002a; Hogger 2003a). Enzyme, die Steroide metabolisieren können, kommen in praktisch allen Geweben vor. Der Metabolismus der GK ist je nach Substanz variabel und abhängig von der chemischen Ultrastruktur der einzelnen Derivate (Baxter 1972a).
 

Metabolismus der natürlichen Glukokortikoide

Grundsätzlich werden alle Steroidhormone nach der Addition von Sauerstoff- und Wasserstoffatomen in der Leber, zu wasserlöslichen Derivaten konjugiert und via Urin ausgeschieden (Schimmer 2001a).
 
Der Hauptweg der Cortisolmetabolisierung erfolgt in der Leber über die Reduktion der Doppelbindung zwischen C4-C5 am A-Ring des Grundgerüsts durch 5α- oder 5β-Reduktasen und 3α- oder 3β-Hydroxysteroiddehydrogenasen. Anschliessend wird die Ketogruppe an C3 reduziert (Michael 2003a). Es entsteht Tetrahydrocortisol, welches biologisch inaktiv ist (Baxter 1972a). Danach wird die 3-Hydroxylgruppe, hauptsächlich in der Leber und zu einem geringeren Anteil auch in der Niere, mit Sulfat oder Glukuronid konjugiert. Die entstandenen Sulfatester und Glukuronide sind wasserlöslich und werden via Urin ausgeschieden (Schimmer 2001a).
 
Ein weiterer Weg der Metabolisierung findet sowohl in der Leber als auch in peripheren Geweben statt. Dabei wird die C11-Hydroxyl-Gruppe in eine Ketogruppe oxidiert. Weitere Möglichkeiten beinhalten die Hydroxylierung des Cortisols in Position C6 und die Reduktion der Karbonylgruppe in Position C20. Diese Metaboliten werden ebenfalls hauptsächlich im Urin ausgeschieden (Schimmer 2001a).
 

Metabolismus der synthetischen Glukokortikoide

Synthetische, insbesondere fluorierte Verbindungen, werden aufgrund von chemischen Modifikationen des Steroidmoleküls langsamer als natürliche Kortikosteroide abgebaut: Methylgruppen schützen gegen Reduktasen an C4 und C5 sowie gegen C5-Ketoreduktasen (Diederich 2002a; Lutz 1988a), Hydroxylgruppen schützen Steroide vor gastrointestinalem Katabolismus (Nienstedt 1980a) und die Acetalisierung bzw. Ketalisierung der Hydroxygruppen an C16 und C17 führen ebenfalls zu einer hohen metabolischen Stabilität der Verbindungen (Hogger 2003a).
 

Klinische Relevanz des Glukokortikoid-Metabolismus

Der GK-Metabolismus ist insofern klinisch relevant, dass einige GK nach der Applikation zuerst in eine aktive Form metabolisiert werden müssen. Der pharmakologisch inaktive Wirkstoff Prednison muss in der Leber zuerst in den aktiven Wirkstoff Prednisolon umgewandelt werden. Deshalb ist der Gebrauch dieser Substanz zur topischen Anwendung nicht indiziert (Behrend 1995a; Ferguson 2001a). Die Umwandlung von Prednison zu Prednisolon ist beim Vorliegen einer schweren Lebererkrankung gehemmt (Behrend 1995a). Bei Leberpatienten sollte daher Prednisolon eingesetzt werden (Schimmer 2001a).
 
Die Behandlung chronisch obstruktiver Luftwegerkrankungen bei Pferden (COPD / COB / RAO / Equines Asthma) mit Prednisontabletten scheint nur wenig effektiv zu sein und ist daher nicht zu empfehlen (Peroni 2002a; Traub-Dargatz 1992b; Robinson 2002a). Dies ist auf eine schlechte Absorption von Prednison und eine mangelhafte Metabolisierung in den aktiven Metaboliten Prednisolon zurückzuführen. Demgegenüber zeigen Prednisolontabletten beim Pferd eine ausgezeichnete Bioverfügbarkeit und sollten zur Behandlung dieses Krankheitskomplexes gut geeignet sein (Peroni 2002a).
 
Robinson et al. äussern grundsätzlich Zweifel über die Rolle von Prednison beim Pferd als Entzündungshemmer (Robinson 2002a).
 

Wirkungsdauer / -maximum

Im Fall der GK korreliert die Wirkungsdauer meistens nicht direkt mit der Plasmahalbwertszeit. Deshalb spricht man bei diesen Substanzen von der biologischen Halbwertszeit (Behrend 1997a).
 
Besonders die fluorierten GK weisen nicht nur eine höhere Affinität zum GR, sondern auch eine tiefere Plasmaproteinbindung und einen verlangsamten Metabolismus auf. Dies führt zum langsameren Abbau und dementsprechend zu einer längeren Wirkungsdauer der entsprechenden GK (Hogger 2003a; Barth 1994b; Lutz 1988a). Diese z.T. erheblichen Unterschiede bezüglich Bindungsaffinität der GK zum Rezeptor führen dazu, dass gleiche Konzentrationen von verschiedenen GK-Molekülen in einer Zelle eine deutlich unterschiedliche Wirkstärke entfalten können. Die Affinität zum GR kann daher als eine wesentliche Kenngrösse der GK-Potenz angesehen werden (Barth 1994b).
 
Die GK werden je nach Autor und Definition von "kurz, mittel und lang" anhand ihrer Wirkungsdauer grob in drei Gruppen eingeteilt (siehe auch ATCvet-Code: Anatomical Therapeutic Chemical clasification system for veterinary medicinal products), wobei es vereinzelt zu kleineren Diskongruenzen kommt (Ferguson 2001a). Bei den mittellang-wirkenden Substanzen existieren Unterschiede bezüglich Einteilung insofern, dass z.T. Prednison, Prednisolon und Methylprednisolon teilweise ebenfalls zu den kurz wirkenden GK gezählt werden (Niedner 2001a; Ferguson 2001a). Triamcinolon wird je nach Quelle auch den lang wirkenden Substanzen zugeordnet (Ungemach 2003a).
 
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht einiger häufig eingesetzter GK bezüglich Wirkungsdauer, antiinflammatorischer und mineralokortikoider Potenz sowie der Äquivalenzdosis, d.h. jene Dosis, die mit der entsprechenden Substanz die selbe pharmakologische Wirkung wie die Vergleichssubstanz erzielt (Behrend 1995a).
 
Wirkstoff Wirkungs-
dauer
[h]
Antiinflam­matorische Potenz* Äquivalenz-
dosis**
[mg]
Mineralokorti­koide Potenz*
Hydrocortison <12 1,0 4,0 1,0
Prednison 12 - 36 4,0 1,0 0,3
Prednisolon 12 - 36 4,0 1,0 0,3
Methylprednisolon 12 - 36 5,0 0,8 0
Triamcinolon 12 - 36 (<48) 5,0 0,8 0
Flumethason >48 15 0,3 0
Dexamethason >48 30 0,15 0
Betamethason >48 35 0,12 0
 
*relativ zu Hydrocortison
**relativ zu Prednison/Prednisolon
 
Der Unterschied bezüglich antiinflammatorischer Potenz z.B. zwischen Prednison und Dexamethason bedeutet, dass weniger Dexamethason als Prednison benötigt wird, um den gleichen glukokortikoiden Effekt zu erzielen (Ferguson 2001a).
 
Linear zur Wirkungsdauer nehmen die Glukokortikoidwirkung und auch die Suppression der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHN-Achse) zu (Schacke 2002a).
 

Elimination

Nur ein kleiner Anteil systemisch verabreichter GK wird unverändert über die Niere ausgeschieden (Hogger 2003a). Die Ausscheidung erfolgt renal zu mehr als 99% als Glukuronid (Lutz 1988a; Ungemach 2003a). In geringen Mengen werden GK auch in sulfatierter Form eliminiert und nur ein verschwindend kleiner Anteil wird unverändert ausgeschieden. Ein enterohepatischer Kreislauf findet in geringem Umfang statt (Ungemach 2003a).
 
Nicht an Plasmaprotein gebundene GK werden auch über die Milchdrüsen in die Milch ausgeschieden (Alexandrova 1983a). In einem Versuch wurde bereits 15 Minuten nach einer i.v. Injektion von 0,1 mg/kg Dexamethason-21-Isosuccinat an Rinder der Wirkstoff in die Milch ausgeschieden. 30 Minuten nach der Injektion konnte eine Höchstkonzentration von 20,6 ng/ml Milch gemessen werden. Der Wirkstoff konnte während 8 Stunden in der Milch nachgewiesen werden (Tainturier 1982a). Eine hoch dosierte oder eine über längere Zeit durchgeführte GK-Therapie des Muttertiers kann demzufolge zu einer Beeinträchtigung des säugenden Jungtiers (z.B. Wachstumshemmung) führen (Plumb 2002a).
 
Die chemische (Ester, Alkohol) und physikalische (wässrige oder kristalline Lösungen) Form von GK im allgemeinen beeinflusst deren Ausscheidungsdauer wesentlich (Hogger 2003a). Siehe auch unter Chemie - Glukokortikoidester.
 

Eliminationshalbwertszeiten

In Abhängigkeit des verwendeten GK sowie der behandelten Spezies bestehen Unterschiede bezüglich der Eliminationshalbwertszeiten. Diese sind verursacht durch Unterschiede in der Bindung an die verschiedenen Blutproteine und in der Metabolisierung (Lutz 1988a). Das Rind weist beispielsweise die längste Halbwertszeit für Dexamethson auf. Allgemein sind Eliminationshalbwertszeiten am längsten bei fluorierten GK (Dexamethson, Betamethason, Triamcinolon, Flumethason) mit Werten bis zu mehr als 6 Stunden. Diese Tatsache hat v.a. bezüglich Rückstandsproblematik in der Veterinärmedizin besondere Bedeutung (Ungemach 2003a).
 

Plasmaproteinbindung

Die Plasmaproteinbindung von endogenem Cortisol an das Kortikosteroid-bindende Globulin (CBG) (Alexander 1998a), auch Transcortin genannt (Kietzmann 2002a), wird mit 80% (Carpenter 1982a), über 90% (Ferguson 2001a; Hammond 1990a), bzw. 95% angegeben (Zimmer 1980a). Bei den meisten Haustieren liegt der gebundene Anteil von Cortisol im Bereich von 67 - 87% (Gayrard 1996a).
 
Unter physiologischen Bedingungen ist 68% des im Plasma zirkulierenden CBG's frei von Cortisol und dessen Cortisolbindungskapazität ist bei den meisten Haussäugetieren dreimal höher als die effektiven Plasmacortisolspiegel (Gayrard 1996a).
 
Das gebundene Steroid ist biologisch inaktiv, da eine Diffusion in die Zelle und folglich eine Bindung an den zytoplasmatischen GR verunmöglicht wird (Hogger 2003a; Irvine 1994a). Somit reguliert die Bindungsaffinität und Kapazität dieses Transportproteins entscheidend die Bioverfügbarkeit des Cortisols (Alexander 1998a). Ungefähr 7 - 19% des endogenen Cortisols sind locker an Albumin gebunden und weitere 6 - 14% sind ungebunden und biologisch aktiv (Manin 1982a; Irvine 1994a; Gayrard 1996a).
 
Beim Fohlen wird am Ende der Trächtigkeit im Plasma eine steigende ACTH- und Cortisolkonzentration bei einer gleichzeitigen Abnahme der Cortisolbindungskapazität gemessen. Dies wiederum führt zu einer überdurchschnittlich hohen Konzentration an freiem Cortisol (Cudd 1995a).
 

Plasmaproteinbindung der synthetischen Glukokortikoide

Während Hydrocortison mit hoher Affinität vorwiegend an Transcortin gebunden wird, binden die synthetischen GK fast auschliesslich an Albumin, welches eine hohe Transportkapazität, aber eine niedrige Affinität aufweist (Hogger 2003a; Kietzmann 2002a).
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