Wirkungsort
Fluorochinolone sammeln sich aufgrund ihrer Lipophilie intrazellulär in Phagozytosezellen (Makrophagen, polymorphkernige Leukozyten oder neutrophile Granulozyten), welche Bestandteile einer chronischen Entzündungsantwort sind, an. So kann die Enrofloxacinkonzentration von der Anwesenheit der Entzündungszellen abhängen. Die intrazelluläre Konzentration ist 3 - 11-mal höher als der Serumspiegel (
DeManuelle 1998a;
Studdert 1992a).
Wirkungsmechanismus
Enrofloxacin wirkt bakterizid, indem es die DNA-Gyrase hemmt.
Die Stickstoffgruppe an 1. Stelle, die Carbonsäure an 3., sowie die Ketongruppe an 4. Position sind für die DNA-Gyrasehemmung verantwortlich. Die Fluorgruppe an der 6. Stelle führt zu einer Wirkungsverbesserung gegen grampositive und gramnegative Bakterien. Die Piperazingruppe an 7. Position bewirkt ein besseres Eindringen in die Zelle (
Mandell 1995a).
Die DNA-Gyrase, das bakterielle Äquivalent der eukaryontischen Topoisomerase II, besteht aus 2 alpha- und 2 beta-Untereinheiten. Die alpha-Untereinheiten besitzen DNA-Bindungsstellen und können die DNA-Doppelhelix aufbrechen. Die beta-Untereinheiten verdrillen die Helix unter ATP-Verbrauch spiralig. Danach verbinden die alpha-Untereinheiten die DNA-Stränge wieder. Dieser Prozess wird als Supercoiling bezeichnet. So ist eine energetisch günstige DNA-Duplikation, schnelle Replikation, Transkription und Rekombination der kompakt aufgewundenen DNA möglich. Die Wirkstärke der Gyrasehemmer ist abhängig von dem ATP-Gehalt; bei ATP-Mangel wird die bakterizide Wirkung beeinträchtigt. Antibiotika, welche die Proteinsynthese (
Chloramphenicol) oder RNA-Synthese (
Rifampicin) hemmen, interferieren mit dem Wirkmechanismus der Gyrasehemmer. Diese wirken dadurch nur noch bakteriostatisch.
Säugertierzellen werden dagegen nicht von Chinolonen gehemmt, da ihre Topoisomerase II aus weniger Untereinheiten besteht. Chinolone hemmen eukaryotische Topoisomerasen nur in sehr hohen Konzentrationen (
Spoo 1995a;
Brown 1996a;
Mandell 1995a;
Rosin 1998a).
ZNS
Chinolone durchdringen die Blut-Hirnschranke und hemmen dosisabhängig die Bindung von gamma-Aminobuttersäure (GABA), einem inhibitorischen Neurotransmitter, an seinen Rezeptor (
Smith 1987b;
Bertone 2000a).
Immunsystem
Enrofloxacin kann in neutrophile Granulozyten eindringen und liegt dort in 2 - 7-mal höherer Konzentration vor als extrazellulär.
Es senkt in hohen Konzentrationen extrazelluläres Interleukin 1, welches für die T-Lymphozyten und zellvermittelte Immunantwort von Bedeutung ist (
McEvoy 1992a).
Resistenzen
Die Resistenzbildung erfolgt langsam und ist nicht durch Plasmide übertragbar. Es sind Resistenzen durch Mutationen bei Pseudomonas aeruginosa, Klebsiella pneumoniae, Actinetobacter und Enterokokken bekannt (
Plumb 1999a).
Fohlen
Beim Fohlen neigen
E. coli und
Pseudomonas aeruginosa zur Resistenzentwicklung (
Bermingham 2000a). Eine Mutation der DNA-Gyrase ist vermutlich der Grund für die Resistenzen bei
E. coli. Der Verlust eines Aussenmembranproteins oder eine Veränderung der Lipopolysaccharide in der Zellwand wird für Resistenzen bei Pseudomonaden veranwortlich gemacht (
Dowling 1995b).
Kalb
Bei Kälbern führte eine experimentell erzeugte Infektion mit
Pasteurella haemolytica weder mit Enrofloxacin noch mit Difloxacin zur vollständigen Keimeliminierung (
Olchowy 2000a).
Schwein
Beim Schwein sind bis zu 1,2% der
Pasteurella multocida und 9,1% der
Pasteurella haemolytica resistent (
Hormansdorfer 1998a).