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Eigenschaften

Ivermectin ist ein Breitspektrumantiparasitikum aus der Gruppe der Avermectine, mit sowohl vermizider als auch ektoparasitizider Wirkung. Avermectine verursachen eine schlaffe Paralyse der Nematoden und Arthropoden durch Störung der Reizleitungsübertragung im Nervensystem (Campbell 1993a).
 

Wirkmechanismus

Der Wirkmechanismus aller makrozyklischen Laktone (Avermectine und Milbemycine) beruht auf einer Erhöhung der Membranpermeabilität von Nervenzellen und pharyngealen Muskelzellen der Nematoden und von Nerven- und Muskelzellen der Arthropoden für Chlorid-Ionen. Molekularer Angriffspunkt sind die nur bei Wirbellosen vorkommenden Glutamat-aktivierten Chloridkanäle. Diese GluCl-Kanäle kommen bei Nematoden in grosser Anzahl in der Pharynxpumpe und in den Muskelzellen der Körperhülle vor (Turner 1989a; Wolstenholme 2005a).
 
Die Bindung eines Avermectins an einen Glutamat-aktivierten Chloridkanal führt zur einer langsamen, aber meist irreversiblen Öffnung und somit zum erhöhten Einstrom von Chloridionen in die Zelle. Dadurch kommt es zu einer sehr lang anhaltenden Hyperpolarisation oder Depolarisation der Zelle und somit zur Blockierung der Erregungsüberleitung. Als Folge können keine exzitatorischen Stimuli die Motoneuronen (Nematoden) bzw. die Muskelzellen (Arthropoden) mehr erreichen, es kommt zu einer schlaffen Paralyse der Pharyngspumpe und der Muskelzellen. Der Parasit ist unfähig Nahrung aufzunehmen oder sich fortzubewegen und stirbt ab. In der neueren Literatur wird dieser Mechanismus als hauptverantwortlich für die anthelminthische und insektizide Wirkung der Avermectine angesehen (Jagannathan 1999a; Kane 2000a; Cully 1996a; Wolstenholme 2005a).
 
Bei Konzentrationen oberhalb der chemotherapeutisch relevanten findet zusätzlich eine Bindung an GABA(Gammaaminobuttersäure)-abhängige Rezeptoren statt. An GABA-vermittelten Chloridkanälen kommt es durch die Avermectine zur Potenzierung der Wirkung der Gammaaminobuttersäure (GABA). GABA spielt eine wichtige Rolle als inhibitorischer Neurotransmitter in peripheren Unterneuronen von Nematoden und in den neuromuskulären Synapsen von Arthropoden, aber auch im Gehirn von Säugern (Turner 1989a; Pong 1980a). GABA ist für die Übermittlung inhibitorischer Signale von den Interneuronen zu den Motorneuronen in Nematoden und von den Motorneuronen zu den Muskelzellen in Arthropoden verantwortlich. Als inhibitorischer Neurotransmitter reguliert GABA den Chlorid-Ionen Einstrom in die Zelle (Campbell 1983b; Campbell 1981a).
Avermectine stimulieren die präsynaptische Freisetzung von GABA und erhöhen die Affinität der postsynaptischen GABA-Rezeptoren für GABA. Durch diese prä- und postsynaptische Wirkung auf das GABA-System kommt es zu einer längerfristigen Öffnung der Chloridkanäle der Membranen der Nervenzellen und somit zur Blockierung der Erregungsüberleitung (Campbell 1981a; Campbell 1983b; Wang 1982a; Tranquilli 1987a; Sutherland 1990a). Da GABA auch im Gehirn von Säugern vorkommt, wird die Bindung an GABA-Rezeptoren auch als Ursache für die toxischen Wirkungen der Avermectine angesehen (Kane 2000a).
 
Als Nebeneffekt wird eine suppressive Wirkung des Ivermectins auf Reproduktionsprozesse der Parasiten beobachtet (Campbell 1984a; Wang 1989a). In-vitro-Experimente zeigten, dass die Eier im Uterus der weiblichen Würmer bei einer Dosierung ab 10 µg/kg schwer geschädigt und die Larven bereits bei Konzentrationen ab 0,0025 µg/ml abgetötet werden. Die Schädigung der adulten Würmer tritt ab 5,6 µg/ml ein (Wang 1989a).
 

Wirkung gegen Zecken

Bei Zecken wird durch Ivermectin die Eiproduktion und die Häutung unterdrückt. Ivermectin verursacht keinen prompten Tod oder ein Abfallen der Zecken, aber greift in verschiedene biologische Prozesse ein, welche für das Überleben der Zecke essentiell sind (z.B. Häutung der Nymphe zum Adulten wird gehemmt) (Campbell 1984a; Campbell 1983b) und hat eine Suppression des Reproduktionspotentials der Zecke zur Folge (Egerton 1980a).
 

Resistenzen

Trematoden und Cestoden verfügen über eine natürliche Resistenz gegen Ivermectin (Campbell 1983b; Campbell 1981a). Es wurde festgestellt, dass durch die Entwurmung von Pferden mit Ivermectin über 5 Jahre die Inzidenz von Bandwürmern (Anoplocephala perfoliata) nicht erhöht wird (French 1994a).
 
Resistenzen gegenüber Avermectinen und Milbemycinen können vor allem durch molekulare Veränderungen an den Glutamat-aktivierten Chloridkanälen entstehen. Die Anzahl der bisher identifizierten GluCL-Kanal-Subunits weist darauf hin, dass die verschiedenen Nematodenspezies eine Vielzahl von Isoformen der GluCl-Kanäle enthalten können. Die Empfindlichkeit gegenüber Avermectinen und Milbemycinen kann ebenfalls stark variieren (Wolstenholme 2005a).
 
Das P-Glykoprotein (PGP) kann bei der Entstehung von Resistenzen ebenfalls eine Rolle spielen. Das P-Glykoprotein ist ein Transmembranprotein welches in der Lage ist, eine Vielzahl von Arzneimitteln durch einen ATP-abhängigen Prozess aus den Zellen hinaus (Efflux-Pumpe) zu transportieren. Es ist in vielen verschiedenen Geweben, wie z.B. Leber, Blut-Hirn-Schranke und Darm, vorhanden (Lifschitz 2010a; Kerboeuf 2011a). Die makrozyklischen Laktone sind Substrate für das P-Glykoprotein, jedoch in unterschiedlichem Ausmass. So verfügt Moxidectin über eine geringere Affinität zum P-Glykoprotein als Ivermectin. Durch eine Efflux-Inhibierung (in Leber und Darmepithel) kann die systemische Verfügbarkeit der makrozyklischen Laktone erhöht, und somit die anthelminthische Wirkung verbessert werden (Lifschitz 2010a; Bartley 2009a; Dunn 2011a).
 
Das P-Glykoprotein kommt auch in verschiedenen Nematodenspezies vor und wird mit der Entstehung von Resistenzen gegenüber den 3 grossen Wirkstoffklassen Benzimidazole, Imidazothiazole / Tetrahydropyrimidine und Makrozyklische Laktone (Milbemycine und Avermectine) in Zusammenhang gebracht (Bartley 2009a; Kerboeuf 2011a).
 
Resistenzen gegenüber den makrozyklischen Laktonen wurden bisher vor allem bei Nematoden (Haemonchus contortus, Trichostrongylus spp.) von Schafen und Ziegen sowie bei verschiedenen Stämmen von Haemonchus contortus und Cooperia oncophora von Kälbern beobachtet (Demeler 2009a; De Vaney 1992a; Lifschitz 2010a; Gill 1991a; Shoop 1993a; Artho 2007a; Anziani 2004a; El-Abdellati 2010a).
 
Auch bei den Parasiten von Pferden können Resistenzen gegenüber Avermectinen und Milbemycinen beobachtet werden, betroffen sind vor allem Parascaris equorum und die kleinen Strongyliden (Näreaho 2011a; von Samson-Himmelstjerna 2007a; Molento 2008a). Die Resistenzlage bei den kleinen Strongyliden ist momentan noch kein weit verbreitetes Problem, aber Berichte darüber nehmen zu (van Doorn 2012a; von Samson-Himmelstjerna 2012a; Näreaho 2011a; Lyons 2011a; Molento 2012a; von Samson-Himmelstjerna 2007a; Molento 2008a; Traversa 2009c). Diese Resistenzen zeigen sich in Form verminderter Wirksamkeit (Reduktion der Eiausscheidung 1 - 2 Wochen nach der Behandlung unter 90 - 95%) und/oder einer verkürzten Zeitspanne (4 - 5 Wochen anstatt mindestens 8 Wochen) bis zur Wiederausscheidung (ERP = egg reappearance period) von Wurmeiern (Molento 2012a; Lyons 2011a; von Samson-Himmelstjerna 2007a; Molento 2008a; von Samson-Himmelstjerna 2012a). Deshalb sollte, um frühe Stadien einer Resistenz gegenüber Avermectinen und Milbemycinen feststellen zu können, der Therapieerfolg durch eine Zählung der ausgeschiedenen Eier im Kot nicht nur 1 - 2 Wochen, sondern auch 4 - 5 Wochen nach der Entwurmung kontrolliert werden (van Doorn 2012a; von Samson-Himmelstjerna 2012a).
© {{ new Date().getFullYear() }} - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

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