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Verwendete Pflanzen (Botanik)

Passiflora incarnata L.
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Nach Ph. Eur. 10: Die getrockneten, zerkleinerten oder geschnittenen, oberirdischen Teile von Passiflora incarnata L. (Ph. Eur. 10, 2020).
-Blüten und/oder Früchte können vorhanden sein (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Gehalt: Mindestens 1.5% Gesamtflavonoide, berechnet als Vitexin (C21H20O10; Mr 432.4) und bezogen auf die getrocknete Droge (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Reinheit:
-Andere Passiflora-Arten: Dünnschichtchromatographie (Ph. Eur. 10, 2020).
-Asche: höchstens 13.0% (Ph. Eur. 10, 2020).
-Ethanolunlösliche Bestandteile: höchstens 75% (Ph. Eur. 10, 2020).
-Trocknungsverlust: höchstens 10.0%, mit 1.000 g pulverisierter Droge durch 2 Stunden langes Trocknen im Trockenschrank bei 105°C bestimmt (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Extraktionsverfahren:
-Wasser (Infus; EMA, 2014)
-Ethanol 25% V/V (Flüssigextrakt; EMA, 2014; Wichtl, 2009)
-Ethanol 45% V/V (Flüssigextrakt; EMA, 2014)
-Ethanol 60% V/V (Flüssigextrakt; EMA, 2014)
-Ethanol 70% V/V (Flüssigextrakt; EMA, 2014)
-Ethanol 96% V/V & Glycerol 85% (m/m) + Wasser (Flüssigextrakt; EMA, 2014)
-Ethanol 54% m/m & Glycerin 4% (m/m) + Wasser 60% (Flüssigextrakt; EMA, 2014)
 
Verfälschungen: Im Drogenhandel werden relativ häufig auch Drogen, die von anderen Passiflora-Arten stammen, angetroffen. Die Unterscheidung ist nicht leicht und erfordert sorgfältige mikroskopische und dünnschichtchromatographische Untersuchung (letztere wird nach Ph. Eur. zur Prüfung auf andere Passiflora-Arten eingesetzt) (Wichtl, 2009).
 

Übliche Zubereitungen

Infus, zerkleinerte & pulverisierte Droge, Flüssig- und Trockenextrakt, Tinktur, Tropfen, Tabletten, Dragées, Kapseln, Sirup, Pastillen, Lippenbalsam, Crème, Shampoo, Duschmittel und Parfüm (EMA, 2014; Pharmavista, 2022; Teuscher et al., 2012; Wichtl, 2009).
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

Nach Ph. Eur. 10:
-Der grüne oder grünlich graue oder bräunliche Stängel ist verholzt, hohl, längs gestreift, kahl oder nur sehr schwach behaart; sein Durchmesser beträgt gewöhnlich weniger als 8 mm. Die grünen oder grünlich braunen Blätter sind wechselständig, fein gezähnt und flaumig behaart, tief in 3 spitz zulaufende Lappen geteilt, von denen der Mittellappen am grössten ist. Der Mittelnerv tritt an der Blattunterseite viel stärker hervor. Der Blattstiel ist flaumig behaart und trägt nahe der Blattspreite 2 dunkel gefärbte Nektarien. Die zahlreichen, feinen, glatten und runden Ranken wachsen aus den Blattachseln und enden in zylindrischen Spiralen. Blüten, falls vorhanden, sind radiärsymmetrisch mit 3 kleinen Tragblättern und einer Blütenkrone aus 5 weissen, länglichen Kronblättern mit mehreren Reihen fadenförmiger, kronblattartiger Anhängsel. Früchte, falls vorhanden, sind grünlich oder bräunlich, flach und eiförmig; sie enthalten zahlreiche flache, bräunlich gelbe Samen mit kleinen Gruben auf der Oberfläche.
-Das Pulver ist hellgrün (Ph. Eur. 10, 2020).
 

Geruch

Unspezifisch aromatisch (Hänsel & Sticher, 2010); leicht aromatisch (Reichling et al., 2016; Wichtl, 2009).
 

Geschmack

Fade (Hänsel & Sticher, 2010; Reichling et al., 2016); uncharakteristisch fade (Wichtl, 2009).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Flavonoide, cyanogenes Glykosid (sehr kleine Mengen), ätherisches Öl (in Spuren), Mono-, Oligo- und Polysaccharide, Glykoproteine und β-Carbolinalkaloide (häufig nicht vorhanden).
-Flavonoide: v.a. C-Glykosylflavone (1.5-3 %) des Apigenins und Luteolins wie Isovitexin (0.02-0.9%), Isoorientin und deren 2"-O-glucoside Isovitexin-2"-O-glucosid (Melosid A, 0.1-0.8%) und Isoorientin-2"-O-glucosid (0.1-0.46%), Schaftosid (0.02-0.61%), Isoschaftosid (0.05-0.5%), Swertisin und Vicenin-2.
-Cyanogenes Glykosid: Gynocardin (sehr schwer hydrolysierbar).
-Polysaccharide: u.a. Arabinogalactan.
-Glykoproteine: Prolin, Glutaminsäure, γ-Aminobuttersäure, Isoleucin u.a.
-β-Carbolinalkaloide: Harmol, Harmalol, Harman.
(Brendieck-Worm & Melzig, 2021; ESCOP, 2003; Hänsel & Sticher, 2010; Hiller & Melzig, 2010; Kuck, 2021; Mayer, 2009; Teuscher et al., 2012; WHO, 2007; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007)
 
 
Pharmakologie

Wirkung

-Sedierende, anxiolytische, antikonvulsive und relaxierende Wirkung (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Aalgetische, sedierende und antikonvulsive Wirkung (Reichling et al., 2016).
-Sedative, angstlösende und antikonvulsive Wirkung (EMA, 2014).
-Sedative Wirkung (Teuscher et al., 2012).
-Sedative und angstlösende Wirkung (Hänsel & Sticher, 2010).
-Sedative, anxiolytische und motilitätshemmende Wirkung; Passionsblumenextrakte binden nach in vitro-Experimenten nur an GABAA-Rezeptoren und nicht an Benzodiazepin-, Dopamin-, Histamin-, Serotonin-, Estrogen α- und Opiatrezeptoren (Wichtl, 2009).
-Krampflösende, antitussive, angstlösende, sedative, hypnotische und schmerzstillende Wirkung (Wynn & Fougère, 2007).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: 10.0/1459
-ESCOP: Monographie vorhanden (2003)
-WHO: Monographie vorhanden (2007)
-HMPC (EMA): Monographie vorhanden (Doc.Ref.: EMA/HMPC/669740/2013 vom 25.3.2014)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: N05CM (BAnz. Nr. 223 vom 30.11.1985)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Anerkannte tiermedizinische Anwendung

-An Mäusen konnte gezeigt werden, dass ein hydroethanolischer Passiflora incarnata-Extrakt (150, 300 und 600 mg/kg Körpergewicht, i.p.) die Anfallsschwere und Immobilitätsdauer von Pentylenetetrazol (PTZ)-induzierten Krampfanfällen im Vergleich zur Kontrollgruppe dosis- und zeitabhängig signifikant reduzierte. Die postiktale Depressionsphase wurde im Gegensatz zum Standard-Antiepileptikum Diazepam verbessert (Singh et al., 2012)
-An Mäusen konnte gezeigt werden, dass ein kommerzieller Passiflora incarnata-Methanolextrakt (50, 100 und 200 mg/kg Körpergewicht, i.p., hauptsächlich bestehend aus den Flavonoiden Isovitexin und Vitexin) das Naloxon-induzierte Springen bei morphinabhängigen Mäusen verringerte, ohne die Lokomotorik zu reduzieren, indem es den Anstieg des S100 Calcium-bindenden Proteins B (S100B) im frontalen Kortex und DNA-Schäden in den Blutzellen verhinderte. Der Spiegel des glialen fibrillären sauren Proteins (GFAP) wurde nicht verändert (Dos Reis Izolan et al., 2021).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich bei bei nervösen Unruhezuständen; Angst, Nervosität und Stress z.B. bei Reisen und Transport; beim Pferd zur Beruhigung während des Hufbeschlags (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Innerlich für Kleintiere bei Unruhezuständen, bei Stress bedingt durch Reise oder Transport, bei elpileptischem Anfall und nervös bedingten Magen-Darm-Störungen (Reichling et al., 2016; Wynn & Fougère, 2007).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
 Getrocknetes Kraut
(Droge/Tag)
Infus
(Droge/Tag)
Tinktur
(Droge/Tag)
Kleintiere25-300 mg/kg KGW/Tag, aufgeteilt auf 3-mal täglich50-100 ml/10 kg KGW, aufgeteilt auf 3-mal täglich4 Tropfen/kg KGW, 3-mal täglich;
0.5-1.5 ml/10 kg KGW (35% Ethanol, 1:2-1:3), aufgeteilt auf 3-mal täglich
KGW = Körpergewicht
(Brendieck-Worm & Melzig, 2021; Reichling et al., 2016; Wynn & Fougère, 2007)
 

Zubereitung

Innerliche Anwendung
-Infus: 5-30 g getrocknetes Passionsblumenkraut mit 200 ml kochendem Wasser überbrühen (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Infus: zerkleinertes Passionsblumenkraut für Aufgüsse 1:10 sowie andere galenische Zubereitungen (Reichling et al., 2016).
-Homöopathische Urtinktur: bewährt hat sich die Mischung von Baldriantinktur und Passiflora-Urtinktur zu gleichen Teilen (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
 
Kombinationen
-Passionsblumenkraut wird in der Regel mit anderen Drogen kombiniert: Baldrian, Hopfen, Melisse. Als Monodroge kann es auch höher dosiert werden (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Passionsblumenkraut ist häufig Bestandteil von Teemischungen, z.B. mit Hopfenzapfen, Baldrianwurzel und Pfefferminzblättern (Reichling et al., 2016).
Ergänzungsfuttermittel:
-Diät-Ergänzungsfuttermittel für Pferde zur Minderung von Stressreaktionen: Passionsblume u.a. mit Hopfen, Lavendel und Melisse (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
-Ergänzungsfuttermittel für mehrere Tierarten, zur Unterstützung nervöser, ängstlicher und stressanfälliger Tiere: Passionsblume u.a. mit Baldrian, Grünem Hafer, Grüntee, Hopfen, Johanniskraut, Lavendel und Melisse (Brendieck-Worm & Melzig, 2021).
 

Hinweise

-Unerwünschte Wirkungen: Beim Menschen wurde in seltenen Fällen von Überempfindlichkeitsreaktionen berichtet (Reichling et al., 2016).
-Mögliche Wechselwirkungen mit Antikoagulantien, Anxiolytika, ZNS-Depressiva und Barbituraten (Wynn & Fougère, 2007).
 

Toxizität

Akute Toxizität
-LD50 oral, Mäuse und Ratten: > 15 g Trockenextrakt/kg Körpergewicht (EMA, 2014).
 
Chronische Toxizität
-Die orale tägliche Gabe von 10 ml Extrakt/kg Körpergewicht/Tag (= 5 g/kg Körpergewicht getrocknetes Kraut/Tag) über 21 Tage bewirkte bei männlichen Ratten weder eine Veränderung des Gewichts, der Rektaltemperatur noch der motorischen Koordination (EMA, 2014; ESCOP, 2003).
-Die orale Tagesdosis von 600 mg Extrakt/kg Körpergewicht über 4 Wochen verursachte bei Ratten keine toxischen Symptome (EMA, 2014).
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; Fertigprodukte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2022).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Passionsblumenkraut ist nicht auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt und darf deshalb bei Nutztieren nicht als Wirkstoff eingesetzt werden.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Passiflora incarnata (Kraut, Blüten, Wurzeln, getrocknet, pulverisiert, Konzentrat) ist in der EU als Einzelfuttermittel registriert unter 007091-EN, 007091-DE (2017-09-11); 003620-EN (2013-04-17); 002586-EN, 002586-FR (2011-11-24); 002147-EN (2011-06-24); 001740-EN, 001740-NL, 001740-DE, 001740-DA (2011-04-27); 001401-EN, 001401-FR (2011-02-14); 001105-EN (2011-01-07).
 

Doping

Passionsblumenkraut ist keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Literatur
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2021) Phytotherapie in der Tiermedizin. 2. Auflage. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 466 & 478-479
-Dos Reis Izolan L., da Silva D.M., Oliveira H.B.L, de Oliveira Salomon J.L., Peruzzi C.P., Garcia S.C., Dallegrave E., Zanotto C., Elisabetsky E., Gonçalves C.A., Arbo M.D., Konrath E.L. & Leal M.B. (2021) Sintocalmy, a Passiflora incarnata based herbal, attenuates morphine withdrawal in mice. Neurochem Res. 46(5), 1092-1100
-ESCOP monographs. The scientific foundation for herbal medicinal products, 2nd edition, completely revised and expanded (2003) Ed. F.H. Kemper, Thieme Verlag, Stuttgart, pp. 359-364
-European Medicines Agency (EMA) (2014) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Passiflora incarnata L., herba, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/669738/2013, 25 March 2014, http://www.ema.europa.eu (1995-2022)
-European Medicines Agency (EMA) (2014) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Community herbal monograph on Passiflora incarnata L., herba, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/669740/2013, 25 March 2014, http://www.ema.europa.eu (1995-2022)
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 1147-1148
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, p. 431
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Mayer N. (2009) Chemische Untersuchungen eines Passionsblumenkrautextraktes. Diplomarbeit, Wien, https://core.ac.uk/download/pdf/11586858.pdf
-Ph. Eur. 10: Pharmacopoea Europaea (2020), Grundwerk, 10. Ausgabe, pp. 2348-2349
-Pharmavista (2021) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2021) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Reichling J., Frater-Schröder M., Saller R., Fitzi-Rathgen J. & Gachnian-Mirtscheva R. (2016) Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 295-297
-Singh B., Singh D. & Goel R.K. (2012) Dual protective effect of Passiflora incarnata in epilepsy and associated post-ictal depression. J Ethnopharmacol. 139(1), 273-279
-Teuscher E., Melzig M.F. & Lindequist U. (2012) Biogene Arzneimittel: Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie. 7. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, p. 319
-WHO monographs on selected medicinal plants - volume 3 (2007) Herba passiflorae. World Health Organization, pp. 257-267
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 486-489
-Wynn S.G. & Fougère B.J. (2007) Veterinary herbal medicine. Mosby Elsevier, St. Louis, Missouri, pp. 73, 77, 200, 294, 386 & 604-605
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