mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Arzneidrogen mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Fax / Telefon
Deutsch    Agni casti fructus
Deutsch    Mönchspfefferfrüchte; Keuschlammfrüchte
Franzoesisch    Fruit de gattilier
Italienisch    Agnocasto frutto; Frutto di agnocasto
Englisch    Agnus castus fruit
 

Verwendete Pflanzen (Botanik)

Vitex agnus-castus L.
 
Verwendete Pflanzenteile

Definition

Nach Ph. Eur. 10: Die ganzen, reifen, getrockneten Früchte von Vitex agnus-castus L.
 
Gehalt: mindestens 0.08% Casticin (C19H18O8; Mr 374.3), bezogen auf die getrocknete Droge.
 
Reinheit:
-Fremde Bestandteile: höchstens 3.0%.
-Andere Vitex-Arten, insbesondere Vitex negundo L.: Die Droge darf keine Früchte anderer Arten mit einem wesentlich grösseren Durchmesser enthalten.
-Asche: höchstens 8.0%.
-Trocknungsverlust: höchstens 10.0%, mit 1.000 g pulverisierter Droge durch 2 Stunden langes Trocknen im Trockenschrank bei 105°C bestimmt (Ph. Eur. 10, 2020).
 
Extraktionsverfahren:
-Ethanol 50-52% m/m (Trockenextrakt; EMA, 2018)
-Ethanol 60% m/m (Trockenextrakt; EMA, 2018)
-Ethanol 68-70% V/V (Tinktur; EMA, 2018)
 

Übliche Zubereitungen

Infus, Dekokt, pulverisierte Droge, Flüssig- und Trockenextrakte, Tinkturen, Kapseln, Tabletten und Tropfen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018; EMA, 2018; Hagers Enzyklopädie, 2014; Reichling et al., 2016; Teuscher et al., 2012; Pharmavista, 2021; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007).
 

Pharmakognosie

Organoleptische Angaben

Aussehen

Nach Ph. Eur. 10:
-Die Mönchspfefferfrucht ist oval bis nahezu rund mit einem Durchmesser von bis zu 5 mm. Der beständige Kelch ist grünlich grau, feinflaumig behaart, endet in 4-5 kurzen Zipfeln und umschliesst 23 bis 34 der Frucht. Die schwarzbraune Frucht besteht aus einem Perikarp, das zum Endokarp hin zunehmende Sklerifizierung zeigt. Häufig ist die Ansatzstelle des Griffels zu erkennen. An manchen Früchten kann sich noch der etwa 1 mm lange Stiel befinden. Der Querschnitt durch die Frucht zeigt 4 Fächer. Jedes Fach enthält einen länglichen Samen.
-Das Pulver ist gräulich bis dunkelbraun (WHO, 2009).
 

Geruch

Aromatisch, salbeiartig (Wichtl, 2009); aromatisch (Hänsel & Sticher, 2010); schwach aromatisch (WHO, 2009).
 

Geschmack

Gewürzhaft scharf, pfefferartig (Wichtl, 2009); scharf, etwas pfefferartig und aromatisch (Hänsel & Sticher, 2010); leicht aromatisch und bitter (WHO, 2009).
 
Inhaltsstoffe

Leitsubstanzen

Bicyclische Diterpene (bis 0.3%), Iridoidglykoside (0.02-1%), lipophile (0.02-0.2%) und hydrophile Flavonoide, Triglyceride, ätherisches Öl (0.2-1.8%), Phenolsäurederivate und Polyphenole.
-Bicyclische Diterpene: vom Labdan- und Clerodan-Typ, u.a. Rotundifuran (bis 0.3%), Vitexilacton, 6 β,7 β-diacetoxy-13-hydroxy-labda-8,14-dien, Vitetrifolin B, C, D, Viteagnusin A-E.
-Iridoidglykoside: u.a. Agnusid (0.02-0.4%) und Aucubin.
-Lipophile Flavonoide: v.a. Casticin (Quercetagetin-6,7-3',4'-tetramethyl Äther, 3,5-Dihydroxy-6,7,3',4'-tetramethoxyflavon, 0.02-0.2%), Penduletin und Chrysosplenol D.
-Hydrophile Flavonoide: vom O- oder C-glykosidischen Typ, u.a. Apigenin, Orientin, Isoorientin, Luteolin-7-Glykosid, Vitexin, Isovitexin und Isovitexin-Xylosid.
-Triglyceride: α-Linolensäure, Oleinsäure, Sterainsäure, Palmitinsäure und Linolensäure, primär als Fettsäurebestandteile.
-Ätherisches Öl: Monoterpene: u.a. Sabinen (2-44%), 1,8-Cineol (4-35%), α-Pinen (1-23%), β-Phellandren und 4-Terpeneol; Sesquiterpene: u.a. E β-Farnesen, β-Caryophyllen und Germacren B.
(Brendieck-Worm & Melzig, 2018; ESCOP, 2003; Hänsel & Sticher, 2010; Hiller & Melzig, 2010; Teuscher et al., 2012; WHO, 2009; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007).
 
 
Pharmakologie

Wirkung

-Dopamin-agonistische (D2-Rezeptor) Wirkung durch die Diterpene Rotundifuran und 6 β,7 β-diacetoxy-13-hydroxy-labda-8,14-dien, keine Wirkung zeigten Isoorientin und Casticin, zusätzlich wurde auch eine cholinerge Aktivität postuliert (in vitro) (EMA, 2018; WHO 2009).
-Prolaktinhemmende Wirkung durch agonistische Wirkung am D2-Dopaminrezeptor (Brendieck-Worm & Melzig, 2018; Hiller & Melzig, 2010; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007).
-Prolaktinhemmende Wirkung durch Agonisierung der dopaminergen Rezeptoren (D2-Rezeptoren) der Hypophyse, vermutlich durch die Diterpene, was zur Normalisierung einer pathologisch verkürzten Lutealphase führt (Teuscher et al., 2012).
-Bindung an die µ-, κ- (lipophile Fraktion) und δ-Opiatrezeptoren (wässrig-lösliche Fraktion) (in vitro) (EMA, 2018; WHO 2009).
-Bindung an die α- und β-Östrogenrezeptoren durch die Flavonoide Penduletin und Apigenin (in vitro) (EMA, 2018; WHO 2009).
-Analgetische Wirkung (in vivo) durch einen Anstieg der β-Endorphine (EMA, 2018).
-Entzündungshemmende Wirkung (in vitro) durch die Hemmung des Enzyms Lipoxygenase durch Casticin und in vivo durch Hemmung der pro-inflammatorischen Zytokinproduktion und entzündungsinduziertem Schmerz durch das Flavonoid Vitexin (EMA, 2018).
-Antiproliferative Wirkung gegen die Zelllinien Brustkarzinom (MCF-7), Magen-Siegelring (KATO III), Zervixkarzinom (SKG-3a), Kolonkarzinom (COLO 201), Ovarialkarzinom (SKOV-3) und kleinzelliges Lungenkarzinom (Lu-134-A-H), jedoch nicht gegen die Zelllinien fetaler Fibroblasten (HE-21) (EMA, 2018).
 
Monographien

Monographien

-Ph. Eur. 10/2020: 10.0/2147
-ESCOP: Monographie vorhanden (2003)
-WHO: Monographien vorhanden (2009)
-HMPC (EMA): Monographie vorhanden (Doc.Ref.: EMA/HMPC/606742/2017 vom 27.3.2018)
-Kommission E: Monographie vorhanden, ATC-Code: G02CX (BAnz. Nr. 226 vom 2.12.1992)
 

Medizinische Anwendungen

Veterinärmedizin

Anwendungen

Anerkannte tiermedizinische Anwendung

-In einer klinische Studie wurde an 38 Pferde und Ponies, die ein Equines Cushing-Syndrom (PPID) aufwiesen, während 6 Monaten ein mönchspfefferhaltiges Kombinationspräparats verabreicht: Gruppe 1, 25 Tiere, nicht vorbehandelt, erhielten nur das Mönchspfeffer-Kombinationspräparat; Gruppe 2, 6 Tiere, seit mindestens 3 Monaten mit Pergolid vorbehandelt, erhielten das Mönchspfeffer-Kombinationspräparat und Pergolid; Gruppe 3, 7 Tiere, seit mindestens 3 Monaten mit Pergolid vorbehandelt, erhielten für 3 Monate Pergolid und ein Placebo und für weitere 3 Monate das Pergolid und Mönchspfeffer-Kombinationspräparat. In der Gruppe 1 gab es, gemessen am klinischen Gesamtscore, eine signifikante Verbesserung der klinischen Symptomatik. Nach 6 Monaten war zwischen der Gruppe 1 und den Pergolid behandelten Kontrollgruppen 2 und 3 fast kein Unterschied mehr festzustellen (Bradaric & Gehlen, 2013).
 

Traditionelle Anwendung

-Innerlich beim Equinen Cushing-Syndrom (PPID) (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Innerlich bei Fruchtbarkeitsproblemen bei Rind und Stute (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Innerlich als Anaphrodisiakum beim männlichen Tier, als fruchtbarkeitsförderndes Mittel beim weiblichen Tier (Brendieck-Worm & Melzig, 2018; Teuscher et al., 2012).
 

Dosierung

Innerliche Anwendung
 Mönchspfefferfrüchte Tinktur
(1:5 in 45%igem Ethanol)
PulverInfus oder DekoktTrockenextrakt
Pferd10-30 ml,
1-mal täglich, am Morgen
   
Kleintiere2 Tropfen/kg KGW,
1-mal täglich
50 mg /kg KGW,
1-mal täglich
50-100 ml/10 kg KGW/Tag,
auf 3 Gaben verteilt
5 mg /kg KGW,
1-mal täglich
Katzennicht geeignet   
KGW = Körpergewicht
(Brendieck-Worm & Melzig, 2018; Wynn & Fougère, 2007)
 

Zubereitung

-Pulver: direkt im Futter oder in Latwergen verabreichen oder in Hartgelatinekapseln abfüllen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Infus oder Dekokt: 5-30 g Droge auf 200 ml Wasser geben (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Tinktur (1:5 in 45-60%igem Alkohol): auf Brot oder mit Wasser verdünnt eingeben (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
 
Kombinationen
-Ergänzungsfuttermittel für Pferde zur Minderung von Stressreaktionen: Mönchspfeffer ist u.a. mit Artischocke, Ginkgo und Leinsamen kombiniert (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
 

Hinweise

-Mönchspfefferzubereitungen sind für Katzen nicht geeignet (Brendieck-Worm & Melzig, 2018).
-Gegenanzeige: nicht anwenden bei Hypophysentumoren, Mammakarzinomen, Trächtigkeit und Laktation (Brendieck-Worm & Melzig, 2018; EMA, 2018; Wichtl, 2009; Wynn & Fougère, 2007).
-Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Urtikaria und Pruritus (Brendieck-Worm & Melzig, 2018; Wichtl, 2009).
-Wechselwirkungen: aufgrund möglicher dopaminerger und östrogener Wirkung können Wechselwirkungen mit Dopamin-Agonisten, Dopamin-Antagonisten, Östrogenen und Antiöstrogenen nicht vollständig ausgeschlossen werden (EMA, 2018); möglich mit Bromocriptin, Dopamin-Agonisten, oralen Kontrazeptiva und Östrogenersatztherapie (Wynn & Fougère, 2007).
 

Toxizität

-In zwei Studien wurden bei wiederholter Verabreichung von Agnus castus-Früchten oder deren Zubereitungen an Ratten (4 Wochen, 26 Wochen) Anzeichen einer Lebertoxizität beobachtet (EMA, 2018).
 

Verfügbarkeit

Siehe unter Fertigpräparate und -produkte Schweiz und Deutschland; die getrocknete, pulverisierte Droge in Kapseln sowie Tropfen sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2021).
 

Gesetzliche Vorschriften, Doping

Rückstandsregelungen

-TAMV: Agnus castus (Vitex agnus castus), Früchte, ist als homöopathisches Einzelmittel auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt, darf bei Nutztieren als Wirkstoff eingesetzt werden und erfordert als homöopathisches Einzelmittel in allen Potenzierungen inkl. Urtinktur keinen Rückstandshöchstgehalt.
-European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Vitex agnus castus (Samen, Früchte, getrocknet, geschnitten, pulverisiert) ist registriert unter 004135-EN (2013-10-07), 004135-FR (2013-10-07), 001129-EN (2011-01-10) und 001129-DE (2011-01-10).
 

Doping

Vitex agnus castus ist keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter der Liste der verbotenen Substanzen.
 
Literatur
-Bradaric Z. & Gehlen H. (2013) Use of the chasteberry preparation Corticosal® for the treatment of pituitary pars intermedia dysfunction in horses. Pferdeheilkunde 29(6), 721-728
-Brendieck-Worm C. & Melzig M.F. (2018) Phytotherapie in der Tiermedizin. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, pp. 300, 305-306, 439 & 464
-ESCOP monographs. The scientific foundation for herbal medicinal products, 2nd edition, completely revised and expanded (2003) Ed. F.H. Kemper, Thieme Verlag, Stuttgart, pp. 8-13
-European Medicines Agency (EMA) (2018) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): Assessment report on Vitex agnus-castus L., fructus, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/606741/2018, 27 March 2018, http://www.ema.europa.eu (1995-2021)
-European Medicines Agency (EMA) (2018) Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC): European Union herbal monograph on Vitex agnus-castus L., fructus, final. Doc. Ref.: EMA/HMPC/606742/2017, 27 March 2018, http://www.ema.europa.eu (1995-2021)
-Hänsel R. & Sticher O. (2010) Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage. Springer Verlag, Berlin, pp. 749-751
-Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen (2013) Vitex agnus-castus L., Verf.: H.D. Behr, C. Gorkow & H. Wolf-Ruschhaupt, aktualisiert von V. Schulz, Hrsg.: Blaschek W., Ebel S., Hilgenfeldt U., Holzgrabe U. & Reichling J., http://www.drugbase.de, Datenstand 24.01.2013
-Hiller K. & Melzig (2010) Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, pp. 626-628
-Kommission E (1990) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 50445 Köln
-Ph. Eur. 10: Pharmacopoea Europaea (2020), Grundwerk, 10. Ausgabe, pp. 2317-2318
-Pharmavista (2021) www.pharmavista.net, Produkte Schweiz
-PubChem (2021) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Teuscher E., Melzig M.F. & Lindequist U. (2012) Biogene Arzneimittel: Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie. 7. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, p. 193
-WHO monographs on selected medicinal plants - volume 4 (2009) Fructus agni casti. World Health Organization, pp. 9-29
-Wichtl M. (2009) Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 47-50
-Wynn S.G. & Fougère B.J. (2007) Veterinary herbal medicine. Mosby Elsevier, St. Louis, Missouri, pp. 198, 301, 362-363, 383, 510-512
© 2024 - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.