Anwendungen
Ethnoveterinärmedizinische Studien
- | Gemäss einer Übersichtsarbeit zu ethnoveterinärmedizinischen Studien Europas wird Linum usitatissimum bei Magen-Darm- und muskuloskelettalen Problemen, bei Problemen des Urogenitaltraktes sowie als Dermatologikum eingesetzt (Mayer et al., 2014). |
- | Bäuerinnen und Bauern der Deutschschweiz und des Tessins verwenden Linum usitatissimum-Samen-Dekokt, -Schleim und -Brühe bei Rindern, Pferden, Ziegen, Schafen und Schweinen als Hausmittel. Die Einsatzbereiche sind Verdauungstrakt und Stoffwechsel, Haut, Urogenitaltrakt und allgemeine Stärkung (Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Mertenat et al., 2019; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019). |
Traditionelle Anwendung
- | Innerlich bei Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes (Ayrle et al., 2016). |
- | Innerlich bei Entzündungen der Magen- und Darmschleimhaut, Magen-Darm-Störungen; für Kälber bei Gastroenteritis; bei Obstipation (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Reichling et al., 2016). |
- | Innerlich bei Lungenerkrankungen und Krampfhusten (Aichberger et al., 2012). |
- | Innerlich bei Blasenentzündungen (Aichberger et al., 2012). |
- | Leinöl innerlich bei der Atopie des Hundes (Brendieck-Worm & Melzig, 2018). |
- | Äusserlich bei lokalen Entzündungen der Haut; zum Reifen von Abzessen (Aichberger et al., 2012; Reichling et al., 2016). |
- | Leinöl (Lini oleum, das aus den Samen kalt gepresste, fette Öl) in Form eines Liniments äusserlich bei Brandwunden und anderen chronischen Hauterkrankungen (Brendieck-Worm & Melzig, 2018). |
Dosierung
Innerliche Anwendung
| Leinsamen/Tag* (in g Droge/Tag) | Leinsamen-Schleim/Tag* (in g Droge/Tag) | Leinöl* (in g Droge/Tag) | Schweizerische ethnoveterinärmedizinische Dosierung: Leinsamen/Tag** (in g Droge/Tag: Median (Quartile)) |
Rind | 50-100 | 50-200 | 100-500 | 410 (135-680) |
Pferd | 50-100 | 50-100 | 100-500 | 410 (135-680) |
Ziege, Schaf | 25-50 | 25-50 | 50-150 | 70 (25-120) |
Schwein | 10-25 | 10-30 | 50-150 | 70 (25-120) |
Hund | 2-5 | 2-5 | 10-50 | |
Katze | 1-3; 1-2 Teelöffel vor jeder Mahlzeit | 1-3 | 5-10 | |
Kaninchen (1-2-5 kg KGW) | 1.7-3.0-5.8 | | | |
Meerschweinchen (1 kg KGW) | 1.7 | | | |
Huhn (1-5 kg KGW) | 1-2 | 1-2 | 3-5 | |
Median CH-Ethnovet** (g/kg0.75) | | | | 3 (1-5) |
KGW = Körpergewicht
kg
0.75 = Metabolisches Körpergewicht (MBW): 1 kg KGW ≡ 1 MBW (z.B. Meerschweinchen, Huhn, Kaninchen); 10 kg KGW ≡ 5.6 MBW (z.B. Ferkel, Hund); 70 kg KGW ≡ 24.2 MBW (z.B. Kalb, Ziege, Schaf, Schwein); 700 kg KGW ≡ 136.1 MBW (z.B. Kuh, Pferd)
* (Aichberger et al., 2012; Brendieck-Worm et al., 2015; Brendieck-Worm & Melzig, 2018; Reichling et al., 2016)
** (Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Mertenat et al., 2020; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019)
Äusserliche Anwendung
| Schweizerische ethnoveterinärmedizinische Dosierung: Leinsamen (in g getrocknete Droge/100 g Fertigprodukt: Median (Quartile)) |
Rind, Pferd | 22 (16-24) |
(Bischoff et al., 2016; Disler et al., 2014; Mayer et al., 2017; Mertenat et al., 2020; Schmid et al., 2012; Stucki et al., 2019)
Zubereitung
Innerliche Anwendung
- | Schleimzubereitung: 1 Esslöffel ganze oder zerkleinerte (geschrotete) Leinsamen in 150 ml Wasser für 30 Minuten einweichen. Schleimzubereitungen müssen frisch hergestellt und am gleichen Tag verwendet werden (Aichberger et al., 2012; Reichling et al., 2016). |
Äusserliche Anwendung
- | In Form eines feuchtheissen Breiumschlags (Kataplasma): 2 Teile Leinsamen mit 5 Teilen Wasser während 5-10 Minuten unter Umrühren zu einem dicken Brei kochen, in einer 1-3 cm dicken Schicht auf Mull, Gaze oder Baumwollgewebe streichen, die Tuchränder nach innen umschlagen und Breiumschlag auf die entzündete Hautstelle legen (Aichberger et al., 2012; Reichling et al., 2016). |
Hinweise
- | Gegenanzeige: Darmverschluss (Reichling et al., 2016). |
- | Schleimhaltige Arzneimittel bzw. Schleimstoffe können die Resorption von anderen Arzneimittel (z.B. Eisenpräparate) aus dem Magen-Darm-Trakt beeinträchtigen (Reichling et al., 2016; Wynn & Fougère, 2007). |
- | Mögliche Wechselwirkungen mit Antikoagulanzien, Insulin und oralen Hypoglykämica (Wynn & Fougère, 2007). |
- | Leinsamen sorgen für eine Resorptionsverzögerung von Kohlenhydraten (Brendieck-Worm & Melzig, 2021). |
Toxizität
Theoretisch können hohe Lignan-Dosen zu Unfruchtbarkeit führen (EMA, 2015).
Verfügbarkeit
Siehe unter
Fertigpräparate und -produkte Schweiz und
Deutschland; die getrocknete, ganze, geschrotete und pulverisierte Droge sowie Extrakte sind in Arzneibuchqualität im Fachhandel erhältlich (Pharmavista, 2018).
Gesetzliche Vorschriften, Doping
Rückstandsregelungen
- | Leinsamen ist in der Schweiz ein Einzelfuttermittel. |
- | TAMV: Leinöl ist auf der Liste 2/Anhang 2 aufgeführt, darf bei Nutztieren topisch als Antiinfektivum/Desinfektionsmittel/zur Wundheilung eingesetzt werden und erfordert keinen Rückstandshöchstgehalt. |
- | FMBV (Nr. 68/2013): Die Verfütterung von Leinsaat (botanische Reinheit mindestens 93%), ganz, gewalzt oder gemahlen, kann pansengeschützt sein, und Leinsaatstroh an lebensmittelliefernde Tiere ist laut der Futtermittelbuch-Verordnung, Anhang 1.418, erlaubt. |
- | European Feed Materials Register (momentan für die Schweiz nicht gültig): Leinsamen (pulverisiert) sind in der EU als Einzelfuttermittel registriert unter 003568-EN (2013-04-16). |
Doping
Leinsamen sind keine dopingverdächtige Substanz.
Die Dopingrelevanz von Pflanzen ändert sich kontinuierlich. Die aktuellen Daten zum Pferdesport (FEI) sind ersichtlich unter
der Liste der verbotenen Substanzen.