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Pharmakogenetik: CYP2B11-Defekt

Greyhounds zeigen aufgrund genetischer Polymorphismen Probleme bei der Metabolisierung verschiedener Xenobiotika. Dadurch muss bei der Anwendung von Propofol und einigen anderen Wirkstoffen mit erhöhten Wirkstoffkonzentrationen und einer verlängerten Aufwachzeit gerechnet werden.
 

Prävalenz

In einer Studie wurden je fünf Tiere der Rassen Greyhound und Beagle sowie fünf Mischlinge diverser Rassen bezüglich ihrer CYP2B11-Aktivität verglichen (Court 1999b). Es zeigte sich, dass der Greyhound, verglichen zum Beagle, eine 3-mal tiefere CYP2B11-Aktivität aufweist. Durch diese Daten lässt sich der Beagle in die Gruppe der schnellen Metabolisierer einteilen (extensive metabolizer, EM); der Greyhound gehört bezüglich der CYP2B11-Aktivität zur Gruppe der langsamen Metabolisierer (poor metabolizer, PM). Die CYP211-Aktivität der Mischlinge liegt breit gestreut zwischen den langsamen und schnellen Metabolisierern (Zoran 1993a; Robertson 1992d).
 
Es wurden bisher keine weiteren Rassen untersucht. Es sind auch Hinweise auf Geschlechtsunterschiede bekannt, die jedoch noch bestätigt werden müssen (Hay Kraus 2000a).
 

Problematische Wirkstoffe 

Folgende Wirkstoffe können durch die verminderte Aktivität des CYP2B11 bei Greyhounds zu einer verlängerten Verfügbarkeit des Wirkstoffes und damit zu Intoxikationserscheinungen führen (Court 1999b; Zoran 1993a; Bluhm 1983a; Kukanich 2007b; Kukanich 2008d):
-Propofol (Tierarzneimittel)
-Thiopental (Tierarzneimittel)
-Thiamylal (Tierarzneimittel)
-Ketokonazol (Tierarzneimittel)
-Phenazon (Tierarzneimittel)
 

Symptomatik

Eine Studie mit 6 Greyhounds und 7 Hunden anderer Rassen belegt, dass Greyhounds, verglichen zu Nicht-Greyhounds, während einer Narkose mit Propofol eine signifikant tiefere Herz- und Atemfrequenz aufweisen und nach einer Narkosedauer von 45 Minuten eine milde respiratorische Azidose entwickeln. Im Extremfall kann es zu einer hochgradigen respiratorischen und kardiovaskulären Depression kommen.
 
Zusätzlich verlängert sich die Aufwachzeit (Zeit, bis die Hunde wieder stehen können) der Greyhounds um das 3-fache: Hunde anderer Rassen standen nach Ende der Propofol-Infusion nach 10 - 28 Minuten wieder auf; Greyhounds nach 36 - 63 Minuten (Robertson 1992d; Zoran 1993a).
 
Bei den Wirkstoffen Thiopental und Thiamylal sowie bei Phenazon und Ketokonazol wurden bei Greyhounds, verglichen mit anderen Hunderassen, 3-fach erhöhte Wirkstoffkonzentrationen im Plasma gemessen. Bei den Thiobarbituraten verlängert sich die Aufwachzeit daher um den Faktor 3. Schwerwiegende Intoxikationssymptome sind jedoch bei allen Wirkstoffen nicht bekannt (Bluhm 1983a; Kukanich 2007b; Kukanich 2008d).
 

Notfalltherapie

Die Behandlung der Propofolintoxikation beinhaltet das sofortige Absetzen des Wirkstoffes sowie die künstliche Beatmung mit Sauerstoff. Sofern nötig, sollte eine symptomatische Behandlung (Anticholinergika (Atropin), Antihypotonika, intravenöse Flüssigkeitstherapie) erfolgen (Plumb 1999a; Hughes 1999a).
 
Während der gesamten Dauer der Narkose ist es angezeigt, die Körpertemperatur zu überwachen; eine Hyperthermie sollte in jedem Fall verhindert werden (Court 1999a).
 

Mechanismus

Funktion des CYP2B11-Enzyms

Cytochrom P450 Enzyme (CYP) sind Hämoproteine, die in der Membran des endoplasmatischen Retikulums verankert sind. CYP-Enzyme kommen in den meisten Organen vor, wobei die grössten Konzentrationen in der Leber und in den Magen- und Darmepithelien nachgewiesen wurden (Fink-Gremmels 2008a; Trepanier 2006a; Hay Kraus 2000a; Feldman 1984a; Shimada 1994a).
 
Die CYP Enzyme gehören zu den physiologisch wichtigen Monooxygenasen, die in der Phase 1 der Biotransformation von endogenen und exogenen Wirkstoffen Oxidationen und Reduktionen katalysieren. Damit werden Xenobiotika inaktiviert oder aktiviert und in eine wasserlösliche Form gebracht, um die renale, respektive biliäre Exkretion zu ermöglichen (Fink-Gremmels 2008a; Trepanier 2006a).
 
CYP2B11 wurde vor allem in den Mikrosomen der Leber nachgewiesen. Daneben wurde eine geringe Aktivität in wenigen extrahepatischen Geweben gemessen (Martignoni 2006a; Mandsager 1995a; Graves 1990a).
 
Propofol wird in der Leber hauptsächlich durch CYP2B11 über die aromatische Hydroxylation zu 4-Hydroxypropofol verstoffwechselt und dieses danach über den Harn ausgeschieden (Simons 1991a; Hay Kraus 2000a; Mandsager 1995a).
 

CYP2B11-Defizienz

Die Aktivitätsunterschiede der CYP2B11 lässt sich durch verschiedene genetische Polymorphismen erklären. Die genaue genetische Basis ist jedoch unklar. Vermutet wird einerseits eine genetische Deletion beim Greyhound, andererseits ein rassenabhängiger Unterschied in der extrinsischen Regulation der CYP2B11-Expression. Neuste Studien verweisen auf verschiedene Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs), deren Konsequenzen für die Proteinexpression jedoch bisher unklar sind (Court 1999b; Hay Kraus 2000a).
 
Die Symptomatik der Propofolintoxikation, sowie der Intoxikaton mit den anderen erwähnten Wirkstoffen, lässt sich durch eine erhöhte Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes durch den verminderten CYP-mediierten Metabolismus erklären (Court 1999b).
 
Es ist bisher unklar, ob die erhöhten Wirkstoffkonzentrationen der Thiobarbiturate, Antipyrine und des Ketokonazols ausschliesslich auf eine verminderte Aktivität von CYP2B11 zurückzuführen sind. Es ist möglich, dass andere CYP-Enzyme bei der Metabolisierung dieser Wirkstoffe beteiligt sind, und die Rolle der CYP2B11-Aktivität somit beschränkt ist (Court 1999b).
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