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Kupfer und Kupferverbindungen

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Kupfer ist ein hellrotes und relativ weiches Metall. Luftsauerstoff bildet auf Kupferoberflächen eine Oxidschicht. In Gegenwart von Kohlensäure entsteht grünes Kupfercarbonat (Patina). Kupfer gehört zu den biologisch essentiellen Elementen und ist ein Bestandteil vieler Enzyme und Koenzyme. In der Natur kommt Kupfer vor allem in Form von ein- oder zweiwertigen Verbindungen vor. Grünspan besteht aus Kupferacetat. Kupfer(II)sulfat (CuSO4) erscheint in Form von wasserlöslichen, grauen oder leicht grünen Kristallen. Kupfervitriol (CuSO4 x 5H2O) bildet wasserlösliche blaue Kristalle. Oberhalb 200°C nimmt Kupfervitriol durch Abgabe des Kristallwassers eine weisse Farbe an. Weitere Kupferverbindungen: Kupferglanz (Cu2S), Kupferkies (CuFeS2), Rotkupfererz, Kupferoxid (Cu20), Malachit (CuCo3 x Cu(OH)2).
 

2. Quellen

Akute Kupfervergiftungen resultieren meistens aus der irrtümlichen oralen Aufnahme kupferhaltiger Pestizide (Fungizide, Molluskizide) oder Arzneimittel (zum Beispiel Kupfervitriol zur Klauenbehandlung). Chronische Vergiftungen entstehen wegen Kontamination des Futters oder Wassers durch industrielle Emissionen oder wegen zu hoher Kupferzusätze in Milchaustauscher oder Futtergemischen. Kupfer-Molybdän-Imbalanzen in Fertigfutter oder Mineralstoffgemischen können ebenfalls zu Vergiftungserscheinungen führen. Metallisches Kupfer ist auf Grund minimaler Löslichkeit ungiftig.
 

3. Kinetik

Kupfer wird vorwiegend intestinal resorbiert. Die Aufnahme in die Enterozyten wird primär durch den Kupfertransporter 1 (CTR1) vermittelt. Der Kupfertransporter ATP7A, lokalisiert in der Enterozyten-Basalmebran, erleichtert den Transport in den Portalkreislauf. Die intestinale Resorptionsrate ist relativ hoch (orale Bioverfügbarkeit bis 50%), wird jedoch von der Konzentration anderer Elemente beeinflusst. Je höher der Kalziumgehalt im Futter, desto weniger Kupfer wird resorbiert. Auch Molybdän, Phosphate oder Sulfate vermindern die orale Bioverfügbarkeit von Kupfer. Im Portalblut wird Kupfer vorwiegend an Albumin gebunden und dann mittels des apikal lokalisierten CTR1 ins hepatozelluläre Zytosol gebracht, wo es sofort an Metallothionein und Glutathion gebunden und gespeichert wird, um oxidative Schäden zu verhindern. Spezielle Begleiter-Proteine (Kupfer-Chaperone) bringen das Kupfer zu ihren Zielmolekülen. Cyclooxygenase 17 (COX17) ist das Kupfer-Chaperon für die Cytochrom C-Oxidase (CCO). Diese befindet sich in der inneren Mitochondrienmembran und spielt als terminales Enzym in der mitochondrialen Atmungskette eine entscheidende Rolle im aeroben Energiestoffwechsel. Auch die Superoxiddismutase (SOD1), ein wichtiges Protein zur Abwehr von oxidativem Stress, wird beliefert. Das Kupfer-Chaperon des Antioxidans 1 (ATOX1) beliefert die ATPasen ATP7A und ATP7B, im Trans-Golgi-Netzwerk (TGN). Steigt die intrazelluläre Kupferkonzentration, werden von der ATP7B 6 Kupferatome auf die Ferroxidase Ceruloplasmin (CP, Hauptkupfertransporter im Blut) geladen und dadurch in den Kreislauf abgegeben. Bei stark erhöhten Werten schleust ATP7B das überschüssige Kupfer auch in die Galle. Das Copper Metabolism Domain Containing 1 (COMMD1)-Protein erleichtert die biliäre Kupfer-Sekretion. Zudem spielt es eine Rolle bei der Funktion von ATP7A und ATP7B. Beim Bedlington Terrier mit der autosomal rezessiven Kupferspeicherkrankheit besteht eine Deletion im zweiten Exon des COMMD1-Gens (Nachweisbar mit einem Gen-Test). Bei der non-COMMD1 Kupferspeicherkrankheit wurde eine Variation des Metalltransporters ABCA12 gefunden. Labrador Retriever mit einer Kupferspeicherkrankheit zeigen eine Mutation im Gen ATP7B, dem "Wilson-Gen". Besteht eine zusätzliche Mutation im Gen ATP7A (Menkes-Syndrom), wird die Kupferspeicherung abgeschwächt, ohne einen klinisch apparenten Kupfermangel zu verursachen. Die Kupfer-Ausscheidung erfolgt grössten Teils enteral mit der Galle und nur zu kleinen Teilen mit dem Harn und der Milch.
 

4. Toxisches Prinzip

4.1Kupferstaub reizt die Schleimhäute des Respirationstraktes.
  
4.2Viele Kupfersalze haben eine starke Ätzwirkung und bewirken nach oraler Aufnahme reflektorisches Erbrechen und Durchfall.
  
4.3Chronische Kupfervergiftungen gehen beim Schaf mit fortschreitender Kupferakkumulation in der Leber einher. Nach Überschreiten der Speicherkapazität der Leber wird schlagartig eine grosse Menge von Kupfer ins Blut freigesetzt, was zu Methämoglobinbildung, Hämolyse und Gefässschädigung führt. Diese plötzliche Entspeicherung der Leber (hämolytische Krise) wird beim Schaf durch Stresssituationen wie Transport, Schur, Unruhe oder Hunger ausgelöst. Einen wichtigen Beitrag zum toxischen Wirkmechanismus liefert die durch Kupferionen vermittelte Bildung von Sauerstoffradikalen.
  
4.4Eine Sonderform der Kupfervergiftung stellt die bei einigen Hunderassen (z.B. Bedlington-Terrier, Labrador Retriever, Dobermannpinscher, Sky Terrier, Anatolischer Hirtenhund, Welsh Corgi Pembroke, Spaniel, West Highland White Terrier und Dalmatiner) verbreitete, erblich bedingte Kupferspeicherkrankheit dar. Dabei kommt es trotz normaler Kupferaufnahme zu einer fortschreitenden Kupferakkumulation in der Leber und damit verbundenen oxidativen Schädigung. Diese führt zuerst einer Hepatitis mit zentrolobulärer Entzündung und Leberzellnekrose. Später kommt es zu einer akuten oder perakuten hämolytischen Anämie mit Ikterus oder die Akkumulation resultiert in einer Leberzirrhose.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Kupferacetat 710  
Kupfer(II)carbonat 159  
Kupfer(I)chlorid 140  
Kupfernitrat 940  
Kupfer(I)oxid 470  
Kupferoxychlorid 700-1'440  
Kupfersulfat50300 693
Kupfervitriol (Kupfersulfat-Pentahydrat) 960  
Usol Kupfergrün6'400-7'200110  
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

Angeborene Defekte des Kupferstoffwechsels in der Leber. Betroffen sind die Rassen Bedlington Terrier (COMMD1del/del bzw. non-COMMD1del/del), Labrador Retriever (Mutation des Gens ATP7B), Dobermannpinscher, Sky Terrier, Anatolischer Hirtenhund, Welsh Corgi Pembroke, alle Spanielrassen, West Highland White Terrier und Dalmatiner. Hündinnen in der postpartalen Phase haben ein erhöhtes Risiko.
 

2. Latenz

Die allmähliche Speicherung führt erst im Alter von durchschnittlich 6 Jahren (2-12 Jahren beim Labrador), zu der klinisch apparenten Krankheit, in Form einer Hepatitis.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Apathie, reduzierte Futteraufnahme, Gewichtsverlust, geringe Belastbarkeit, Durst
  
3.2Nervensystem
Hepatische Enzephalopathie
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Vomitus
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Ascites
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Polyurie
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Ikterische Schleimhäute
  
3.11Blut, Blutbildung
Akute hämolytische Krise
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Histologische Befunde / Sektionsbefunde

-Leberbiopsie: zentrolobuläre Kupferablagerungen; Feinnadelaspiration: Hinweis auf zelluläre Kupferansammlung.
-Sektion: chronische Hepatitis, Leberzhirrhose.
 

5. Weiterführende Diagnostik

5.1Direkter Nachweis
-Kupfergehalt der Leber (auch mittels Biopsie): normale Kupferkonzentration < 400 ppm (mg/kg), bezogen auf das Trockengewicht. Bei der Speicherkrankheit 800-10'000 ppm, bezogen auf das Trockengewicht.
-Die Analytik erfolgt mittels Atomabsorptionsspektrometrie.
-Bedlington Terrier: DNA-Test, als Probenmaterial ist jedes Gewebe geignet, z.B. Backenschleimhauttupfer, Blut, Haarwurzeln, Leber.
 
5.2Veränderte Laborwerte
-Erhöhte Alanin-Aminotransferase (ALT)-, Alkalische Phosphatase (AP)-, Gallensäure-, Ammonium- und Bilirubin-Werte im Serum; leichte Hypalbuminämie; verlängerte Plasma-Prothrimbinzeit (PT nach Quick), verlängerte partielle Thromboplastinzeit (PTT); erniedrigte Fibrinogen- und Hämatokrit-Werte.
-Urinuntersuchung: Glukosurie bei Euglykämie, niedriges spezifisches Gewicht und Proteinurie können auf ein Fanconi-Syndrom infolge Kupferablagerung in den proximalen Nierentubuli hinweisen.
 

6. Differentialdiagnosen

-Idiopathische chronische Hepatitis (periportale Kupferablagerung).
 

7. Therapie

-Begrenzte Kupfereinnahme (Leberdiät mit niedrigem Kupfergehalt) und erhöhte Ausscheidung mittels Chelatoren, idealerweise in der subklinischen Phase.
-D-Penicillamin (DPA): 10-15 mg/kg Körpergewicht p.o., 2mal täglich, ca. 45 Minuten vor der Malzeit. Nebenwirkungen: Vomitus, Anorexie, immunvermittelte Reaktionen. Bedlington Terrier lebenslänglich, andere Hunderassen Leberbiopsie-Kontrolle nach 1-2 Jahren.
Alternative:
-Trientin (2,2,2-Tetramin): 15 mg/kg Körpergewicht p.o., 2mal täglich, ca. 45 Minuten vor der Malzeit. Keine Nebenwirkungen beschrieben.
Das Ansprechen auf die Therapie wird mit wiederholten Leberbiopsien kontrolliert.
  
Langzeitprävention:
-Zinkglukonat: 30 mg/kg/Tag, aufgeteilt auf mehrere Dosen; 5-10 mg elementares Zink/kg Körpergewicht/Tag p.o., 2mal täglich, oder 200 mg elementares Zink/Tag, aufgeteilt auf mehrere Dosen, nicht mit dem Futter; verhindert die Absorption von Kupfer. Kontrolle des Plasma-Zink-Spiegels notwendig: es sollte eine Plasmakonzentration von 200-300 µg/dl erreicht werden (Normalwert 90-120 µg/dl), Werte über 1000 µg/dl können eine Hämolyse auslösen. Nebenwirkungen: generell gut vertragen, Magen-Darm-Symptome möglich.
-Bei Hunden mit normalen Leberenzymen und moderat erhöhtem Kupferwerten (400-600 mg/kg, bezogen auf das Trockengewicht), sollte die Umstellung auf eine Diät mit tiefem Kupfer- und hohen Zink-Werten genügen. Kontrolle mittels Leberbiopsie nach 6 Monaten.
 

8. Literatur

Dirksen K & Fieten H (2017) Canine copper-associated hepatitis. Vet Clin North Am Small Anim Pract. 47(3), 631-644
 
Haywood S, Boursnell M, Loughran MJ, Trafford J, Isherwood D, Liu X, Olohan L & Carter SD (2016) Copper toxicosis in non-COMMD1 Bedlington terriers is associated with metal transport gene ABCA12. J Trace Elem Med Biol. 35, 83-89
 
Kook K & Rothuizen J (2018) Leber- und Gallengangserkrankungen, hepatobiliäre Erkrankungen. In: Praktikum der Hundeklinik, 12. Auflage, Hrsg. B. Kohn & Schwarz G., Enke Verlag, Stuttgart, pp 833-834
 
Talcott PA (2013) Copper. In: Small animal toxicology, third edition. Eds. Peterson ME & Talcott PA. W.B. Saunders Company, Philadelphia, pp. 517-521
 
Wu X, Leegwater PA & Fieten H (2016) Canine models for copper homeostasis disorders. Int J Mol Sci 17(2), 196-209
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