Art der Wunde | Beschreibung | Beispiele | Infektionsrisiken |
Sauber | ● Elektiv, nicht notfallmässig, nicht traumatisch ● Keine akute Entzündung ● Keine Beeinträchtigung der Asepsis ● Ohne Eröffnung von Respirations-, Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakt ● Primärer Verschluss | ● Explorative Laparotomie ● Kastration/Sterilisation ● Orthopädische Eingriffe | 2,5 - 6% |
Sauber-kontaminiert | ● Elektiv mit Eröffnung von Respirations-, Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakt, ohne versehentlichen Austritt von Inhalt und ohne nachgewiesene Infektion von Urin oder Galle ● Kleinere Beeinträchtigungen der Asepsis ● Notfalloperation aber sauberer Eingriff | ● Enterotomie ● Enterektomie ● Zystotomie ● Cholezystektomie ● Pyometra | 2,5 - 9,5% |
Kontaminiert | ● Chirurgische Eingriffe an Atemwegen, Magen-Darm- oder Urogenitaltrakt mit versehentlichem Austritt des Inhalts und mit infiziertem Urin oder infizierter Galle ● Grössere Beeinträchtigungen der Asepsis ● Akute, nicht-eitrige Entzündung ● Traumatische Wunden < 4 Stunden ● Chronisch offene Wunden für Hauttransplantate | ● Enterotomie ● Enterektomie ● Zystotomie ● Cholezystektomie ● Pyometra mit abdominaler Kontamination ● Offene Frakturen | 5,5 - 28% |
Schmutzig/infiziert | ● Vorhandene Perforation von Atemwegen, Magen-Darm- oder Urogenitaltrakt ● Eitrige Infektionen ● Traumatische Wunden > 4 Stunden ● Wunden mit Nekrosen, Fremdkörpern oder Kontamination mit Fäkalien | ● Perforation im Gastrointestinaltrakt ● Infektion des OP-Bereichs ● Septische Peritonitis ● Abszess | 18 - 25% |
ASA-Klasse | Beschreibung | Beispiele |
1 | Patient ohne vorbestehende Erkrankung | Kastrationen/Sterilisationen, einfache Hernien, Patellaluxationen, Kreuzbandrisse |
2 | Leichte fokale und systemische Erkrankungen (Patient ohne Fieber, dem es gut zu gehen scheint) | Missbildungen, stabiler Diabetes, Hauttumore, Trauma ohne Schock, moderate Infektionen ohne Fieber |
3 | Schwere systemische Erkrankungen (Patient mit Fieber, offensichtlich krank) | Fieber, Anämie, instabiler Diabetes und Ketoazidose, Herzgeräusch, Trauma mit Schock, Pneumonie |
4 | Lebensbedrohliche systemische Erkrankungen | Schweres Trauma mit Schock, Herz-, Leber- oder Niereninsuffizienz |
5 | Moribunder Patient, der ohne Operation wahrscheinlich nicht mehr als 24 Stunden überleben wird | Polytrauma, Multiorganversagen, Krebs im Endstadium, Magendrehung |
● | Operationsräume: korrekt belüftet; Trennung zwischen Operationssaal und unreinen Zonen (evtl. über Schleuse); keine Zahnsteinentfernungen oder andere kontaminierende Tätigkeiten in der Nähe; keine Klimatisierung (ohne laminare Strömung) im Operationssaal während der Eingriffe. |
● | Medikamente: vollkommen sterile Injektionen (z.B. Propofol); sterile Handhabung von Kathetern und Infusions-/Perfusionsmaterial |
● | Personal: allgemeine Hygiene; kurze, saubere Nägel ohne Nagellack, keine künstlichen Nägel; kein Schmuck an Hand oder Arm; möglichst wenig Personal im Operationssaal; Umsetzung der guten Praxis der chirurgischen Händedesinfektion (Seife, dann Alkohollösung, Bürsten vermeiden); für Operationen reservierte Kleidung (Operationsbekleidung); im Operationssaal Maske und Haube tragen obligatorisch. |
● | Vorbereitung des Patienten: Vor dem Eingriff jede Hautinfektion behandeln (besonders in der Nähe der Stelle des Eingriffs); rasieren unmittelbar vor dem Eingriff; dabei ist es wichtig die Haut intakt zu belassen und Verletzungen zu vermeiden. Reinigung und Desinfektion des Patienten. |
● | Operationsdauer: mit einer guten Koordination und einer guten Ausbildung des Operationsteams lässt sich die Operationsdauer und damit auch das Risiko von Beeinträchtigungen der aseptischen Bedingungen reduzieren. |
● | Operationstechnik: Die Einhaltung der Halsted'schen Prinzipien (schonende Behandlung der Gewebe, gute Hämostase, strenge Asepsis, verhindern von Toträumen, sorgfältige Apposition von Geweben, Débridement von nekrotischem Gewebe) ist sehr wichtig um Verzögerungen bei der Wundheilung zu vermeiden und die Risiken von SSI zu minimieren. |
● | Drainagen so weit wie möglich vermeiden (oder geschlossene und bedeckte Drainagen bevorzugen). |
● | Operationsmaterial: Anzahl der Implantate minimieren, Nahtmaterial auf das unbedingt Notwendige beschränken, wenn möglich resorbierbares Nahtmaterial nicht-resorbierbarem Material vorziehen. |
Behandlung | Modalitäten | Bedingungen |
Keine Antibiotika | ● Keine Antibiotika vor oder nach der Chirurgie | Saubere oder sauber-kontaminierte Eingriffe: ● ASA 1 bis 2 ● Kurz (< 90 Min.) |
Perioperativ verabreichte Antibiotika | ● AB der ersten Generation ● Zusätzlich Metronidazol oder Cephalosporin der 2. Generation bei Anaerobiern ● 30 - 60 Min. i.v. vor Hautinzision und erneut alle 90 Min. während Eingriff ● Absetzen der Antibiotikagabe nach Verschluss der OP-Wunde; die weitere Gabe von Antibiotika nach Hautverschluss wird kontrovers diskutiert | Saubere oder sauber-kontaminierte Eingriffe: ● ASA 4 bis 5 ● ASA 3 mit kontaminierten oder schmutzigen Wunden ● lange (> 90 Min.) ● eitrige Infektionen und /oder Fieber ● Implantate, die im Falle einer Infektion nicht entfernt werden können |
Erweiterte Prophylaxe (Perioperativ plus 24 Stunden post OP) bzw. Antibiotikatherapien | ● AB Breitspektrum und gegen die erwarteten Bakterien, anschliessend gemäss Kultur und Antibiogramm ● Modalitäten und Dauer der Behandlung gemäss den allgemeinen Regeln der antimikrobiellen Therapie ● Im Falle einer chirurgischen Infektion ist die Antibiotikatherapie nur nach ausreichender Sanierung des Infektionsherdes (Debridement) erfolgsversprechend | Stark kontaminierte, schmutzige/infizierte Eingriffe: ● Unreine oder infizierte Eingriffe ● Vorbestehende andere lokale oder systemische Infektionen Kontaminationen (z.B. sterile Breach in Darm OP) sind Indikationen für eine erweiterte Prophylaxe. Bei lokalen oder systemischen Infektionen ist eine Antibiotika-Therapie indiziert. |
Haut | Wahrscheinliche Pathogene: Staphylokokken und Pasteurella spp | ||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkung |
Cefazolin | 22 mg/kg i.v. | Präoperativ und anschliessend alle 90 Minuten während der Operation |
Gastrointestinal- oder Urogenitaltrakt | Wahrschinliche Pathogene: E. coli, Enterokokken und andere Anaerobier | ||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkung |
Ampicillin | 20 mg/kg i.v. | Präoperativ und anschliessend alle 90 Minuten während der Operation | Bei kritischen Patienten (ASA 4 - 5) kann zusätzlich mit einer Fluorchinolon-Therapie (z.B. Enrofloxacin 5 mg/kg i.v.) begonnen werden, um gram-negative Bakterien besser abzudecken. |