Lipidemulsionen werden zur Deckung des Energiebedarfs und Supplementierung von essentiellen Fettsäuren als Bestandteil einer parenteralen Ernährung eingesetzt, wenn die orale oder enterale Ernährung nicht möglich, unzureichend oder kontraindiziert ist (Schaefer 2013a; Fernandez 2011a; Bolfer 2014a; Hamann 2010a) und eine Anorexie während mehr als 5 Tagen besteht, wie z.B. bei Obstruktionen des Pharynx oder Oesophagus, neurologischen Dysfunktionen des Gastrointestinaltrakts, Trauma, Pankreatitis, Lebererkrankungen, Nierenversagen, Parvovirose, Inflammatory bowel disease (IBD), Malassimilation, Ileus sowie postoperativ nach grossen chirurgischen Eingriffen (Bercier 2003a; Chandler 2000a; Crabb 2006a; Reuter 1998a).
Tierexperimentelle Studien und Fallberichte legen die Vermutung nahe, dass die Therapie bei verschiedenen Intoxikationen durch (lipophile) Wirkstoffe, mittels Lipidinfusionen wirkungsvoll ist. Lipidemulsionen können Intoxikations-Symptome abschwächen, die Genesung beschleunigen, die Dauer des Klinikaufenthaltes und somit die Behandlungskosten und Mortalitätsrate senken (Haworth 2012a). Vergiftungsfälle, bei welchen sich die Symptome trotz Erstmedikation, Dekontamination und Standard-Behandlung verschlechtern (Edwards 2014a), wenn erste lebensrettende Sofortmassnahme eingeleitet wurden und eine adäquate Oxygenierung sowie eine ausreichendende Gewebeperfusion gewährleistet ist, können zusätzlich mit intravenösen Lipidemulsionen therapiert werden (Fernandez 2011a; Bates 2013a).
Die Lipidtherapie ("lipid resuscitation") hat ihre Wirksamkeit bei Menschen und Tieren nicht nur bei den gefürchteten, schwer zu behandelnden, systemischen Intoxikationen mit Lokalanästhetika (z.B. Lidocain, Mepivacain, Ropivacain, Bupivacain), (trizyklischen) Antidepressiva (z.B. Doxepin), β-Adrenorezeptor-Blockern (z.B. Carvedilol, Propanolol), Ca2+-Kanal-Blockern (z.B. Amlodipin, Verapamil, Diltiazem), ACE-Hemmern (z.B. Enalapril, Benazepril) und Avermectinen (z.B. Ivermectin) erwiesen, sondern auch bei Vergiftungen mit anderen lipophilen Wirkstoffen, wie Haloperidol, Quetiapin, Flecanid, Hydrocloroquin, Ibuprofen, Metamphetamin, Moxidectin und Permethrin (Bruenisholz 2012a; Saqib 2016a; Jourdan 2015a; O'Brien 2010a; Brückner 2012a; Fernandez 2011a; Bolfer 2014a; Tse 2015a; Kaplan 2012a; Peacock 2015a; Weinberg 2008a; Xu 2016a; Weinberg 2010a; Weinberg 2009a; Weinberg 1998a; Rothschild 2010a; Cave 2009a; Cave 2011a; Hoegberg 2016a; Levine 2016a). Grundsätzlich können Intoxikationen mit Wirkstoffen, welche einen genügend hohen Log P-Wert, bzw. einen Log P von > 2,0 haben (Lee 2023a) und somit als stark lipophil gelten, mittels intravenösen Lipidinfusionen therapiert werden:
- Amitriptylin | Log P: 4,90 |
‑ Amlodipinbesilat | Log P: 1,90 |
- Baclofen | Log P: 1,30 |
- Bupivacain | Log P: 3,64 |
- Bupropion | Log P: 3,42 |
- Carbamazepin | Log P: 2,30 |
- Caprofen | Log P: 4,13 |
‑ Chlorpheniramin | Log P: 3,17 |
- Chlorpromazin | Log P: 5,35 |
- Clomipramin | Log P: 3,30 |
- Cyclosporin | Log P: 3,00 |
- Dexamethason | Log P: 1,83 |
- Diazepam | Log P: 2,82 |
- Digoxin | Log P: 1,26 |
- Diltiazem | Log P: 2,80 |
- Indomethacin | Log P: 4,27 |
- Itraconazol | Log P: 5,90 |
- Ivermectin | Log P: 3,50 |
- Ketoprofen | Log P: 3,12 |
- Lidocain | Log P: 2,26 |
- Loratadin | Log P: 5,20 |
- Metoprolol | Log P: 1,88 |
- Mepivacain | Log P: 1,89 |
- Moxidectin | Log P: 4,10 |
- Naproxen | Log P: 3,18 |
- Nicotin | Log P: 1,17 |
- Nifedipin | Log P: 3,22 |
- Nifedipin | Log P: 2,50 |
- Promethazin | Log P: 2,85 |
- Tramadol | Log P: 1,35 |
- Trazodon | Log P: 1,80 |
- Verapamil | Log P: 3,83 |
- Vinblastin | Log P: 3,69 |
(Fernandez 2011a; Epstein 2013a; Heinonen 2013a; Vahabzadeh 2013a) |
Ivermectin-Intoxikationen sind bei Hunden, Katzen, Rindern, Pferden, Schweinen, Fröschen und Schildkröten beschrieben und äussern sich vorwiegend mit neurologischen Symptomen wie Mydriasis, Blindheit, Depression, Ataxie, Tremor, Lethargie, Koma, Sopor, Seitenlage, Ateminsuffizienz, Hypersalivation sowie Erbrechen und können zum Tod führen (Kidwell 2014a; Saqib 2016a). Der Schweregrad der Vergiftung hängt von der aufgenommenen Menge des Wirkstoffes, dem Alter und dem BCS (body condition score) des Tieres ab sowie davon, ob eine homozygote Mutation des MDR1 / ABCB1-Gens und somit eine unvollständige Expression des P-Glykoproteins vorliegt (Bruenisholz 2012a; Jourdan 2015a).
Klinischer Fall:
Ein 11 Monate altes, 26 kg schweres Minishetlandpony erhielt versehentlich eine 25-fache Überdosis eines Kombination-Präparates mit Ivermectin und Praziquantel (140 mg Ivermectin und 1,05 g Praziquantel) und wurde 34 Stunden nach der Applikation mit Bewusstlosigkeit sowie ernsthaften Störungen der Vitalparameter in die Tierklinik eingewiesen. Nachdem die Erstmedikation mit Infusionen und Sarmazenil erfolglos blieb, applizierte man 71 Stunden nach der Ivermectin-Gabe Intralipid® 20% intravenös. Auf einen Bolus von 1,5 ml/kg folgte eine kontinuierliche Infusion von 0,25 ml/kg/min während 30 Minuten bis zu einem finalen Volumen von 234 ml. Man wiederholte die Intralipid®-Gabe 19 Stunden später. Das Pony erholte sich wenige Stunden nach der zweiten Applikation, war wieder stehfähig und wurde nach 8 Tagen vollständig genesen aus der Klinik entlassen (Bruenisholz 2012a).
Klinischer Fall:
Ein 2 Jahre alter, ca. 130 kg schwerer Afrikanischer Löwe zeigte 24 Stunden nach einer 10-fachen Ivermectin-Überdosierung akute neurologische Symptome wie Ataxie, Halluzinationen, generalisierte Anfälle, Desorientiertheit und eine bilaterale Blindheit. Da eine Dekontamination und Erstmediaktion nicht den gewünschten Erfolg brachte, verabreichte man dem Tier einen Bolus (1,5 ml/kg) einer 20%-igen Fettemulsion (Intralipid®) intravenös, gefolgt von einer kontinuierlichen Applikation mit einer Infusionsrate von 0,25 ml/kg/min über 30 Minuten. 20 Stunden später wiederholte man die Infusion mit einer Geschwindigkeit von 0,5 ml/kg/min. Nach kurzer Zeit war die Sehfähigkeit wieder hergestellt, erholte sich zusehends und konnte nach 4 Tagen bei gutem Allgemeinbefinden aus der Klinik entlassen werden (Saqib 2016a).
Klinischer Fall 1:
20 Zuchtkatzen wurden aufgrund eines Ohrmilben-Befalls mit Ivermectin behandelt und erhielten dabei irrtümlicherweise eine 20-fache Überdosis subkutan appliziert. 2 Stunden später wurden sie noch ohne Vergiftungssymptome in der Tierklinik vorgestellt. Alle Tiere erhielten 1,5 ml einer intravenösen Lipidemulsion verabreicht und einigen verabreichte man in der Folge zusätzlich 0,25 ml/kg/min als Dauertropfinfusion über 30 Minuten. 38% der Patienten, welche lediglich einen initialen intravenösen Bolus erhielten, entwickelten im Verlauf Symptome einer Ivermectin-Intoxikation, wobei bei den Tieren mit einem tieferen BCS (body condition score) die Intoxikations-Anzeichen gravierender waren. Alle Tiere, welche die Lipidemulsion zusätzlich als Dauertropfinfusion erhielten, blieben symptomlos. Die Katzen mit Intoxikations-Symptomen wurden im Verlaufe ihres Klinikaufenthaltes weiterhin mit Lipidemulsionen therapiert und konnten nach 10 Tagen vollständig genesen und ohne Folgeschäden entlassen werden (Jourdan 2015a).
Klinischer Fall 2:
Ein 4 kg schwerer, 1 Jahre alter Kater wurde nach einer versehentlichen Aufnahme einer Überdosis Ivermectin in Seitenlage, mit Hypothermie und Lethargie notfallmässig in einer Tierklinik mit Infusionen versorgt. Man injizierte zusätzlich 4 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion als Bolus intravenös. Danach infundierte man die Fettemulsion mit einer Rate von 3 ml/kg/h während 4 Stunden. Am darauffolgenden Tag wurde die Therapie wiederholt. Nach der zweiten Applikation erholte sich das Tier zusehends (Kidwell 2014a).
Klinischer Fall 1:
Ein 11 Jahre alter männlicher Collie-Mischling mit einem Körpergewicht von 30 kg und eine 3,5 Jahre alte, 20 kg schwere Labrador Retriever Hündin bekamen jeweils unabsichtlich ca. 50 mg Ivermectin oral verabreicht. 16 Stunden danach zeigten sie Symptome wie Erbrechen, Speicheln, Mydriasis, Ataxie, Blindheit, Depression, Hyperästhesie, Tremor und Muskelzuckungen. Der Droh- und Pupillenreflex fehlten. Die beiden Hunde wurden mit Infusionen und Aktivkohle behandelt. Ca. 21 Stunden nach der Ivermectin-Aufnahme applizierte man 1,5 ml/kg einer Lipidemulsion als Bolus intravenös, gefolgt von einer konstanten Infusion mit einer Rate von 0,125 ml/kg/min über einen Zeitraum von 60 Minuten. Innerhalb von einer Stunde waren die Tiere weniger geschwächt, der Tremor und die Muskelzuckungen liessen nach und das Bewusstsein kehrte zurück. Die Mydriasis verschwand am folgenden Tag und die Sehfähigkeit war wieder vorhanden (Bates 2013a).
Klinischer Fall 2:
Eine 11 Jahre alte Jack Russell Terrier Hündin nahm während der Entwurmung von Pferden eine unbekannte Menge Ivermectin auf. Dem Besitzer fiel bei seinem Hund eine Blindheit auf. Bei der ophthalmologischen Untersuchung in der Klinik fehlte der Pupillen-, Droh- und Dazzle-Reflex, das Tier rannte in Gegenstände und beide Pupillen waren dilatiert. 3,5 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome, wurden 1,5 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion über einen Zeitraum von 10 Minuten injiziert, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als Dauertropfinfusion während 90 Minuten. Bereits 30 Minuten nach Therapiebeginn waren der Pupillen- sowie Dazzle-Reflex positiv und am Therapieende war das Sehvermögen wieder hergestellt (Epstein 2013a).
Klinischer Fall 3:
Nach der Aufnahme einer toxischen Menge Ivermectin wurde eine 2 Jahre alte, MDR1 / ABCB1-Gen negative Border Collie Hündin mit Gehunfähigkeit, Tremor, Hyperthermie, Ataxie, Mydriasis und fehlendem Droh- und Pupillenreflex in einer Klinik behandelt. Zusätzlich zur Infusionstherapie applizierte man 1,5 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion intravenös über 10 Minuten, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als konstante Infusion während 60 Minuten. 6 Stunden nach Therapiebeginn war die Hündin ansprechbar, blieb aber ataktisch. Nach einer weiteren Lipidinfusion ging es ihr zusehends besser und sie konnte nach 48 Stunden aus der Klinik entlassen werden (Clarke 2011a).
P-Glykoprotein (P-gp) wird durch das Multidrug-Resistenz-Gen ABCB1, auch als MDR1 bekannt, kodiert und ist ein wichtiger Bestandteil der Blut-Hirnschranke, die ausschlaggebend dafür ist, die Aufnahme von Medikamenten ins zentrale Nervensystem einzuschränken. Eine veränderte Expression oder Funktion des P-Glykoproteins durch eine homozygote Mutation des MDR1 / ABCB1-Gens wie sie z.B. bei Collie-Hunden vorkommt, kann vor allem nach der Verabreichung von systemischen makrozyklischen Laktonen in einer potentiell fatalen Neurotoxikose resultieren. Ebenso ist es möglich, dass auch heterozygote Träger der MDR1 / ABCB1-Genmutation mit einer verminderten P-Glykoprotein-Aktivität nach der Verabreichung systemischer makrozyklischer Laktone, subchronische Symptome von Neurotoxizität entwickeln (Bissonnette 2009a).
Die folgenden drei klinischen Fälle beschreiben die Unwirksamkeit von Lipidinfusionen bei Hunden mit einem homozygoten MDR1 / ABCB1-Gendefekt. Aufgrund der fehlerhaften Expression des P-Glykoproteins waren die Ivermectin-Konzentrationen im Gehirn zum Zeitpunkt der Fettemulsions-Verabreichung sehr hoch und sanken auch durch die Lipidinfusionen nicht. Ausserdem fehlt diesen Hunden die Fähigkeit, aufgrund der fehlenden P-Glykoprotein Clearance Ivermectin über das Gallengangssystem auszuscheiden (Wright 2011a).
Klinischer Fall 1:
Nach der Aufnahme einer unbekannten Dosis eines Entwurmungsmittels für Pferde mit den Wirkstoffen Ivermectin und Praziquantel, zeigte ein 1 Jahre alter Miniatur Australian Shepherd Rüde mit einem homozygotem MDR1 / ABCB1-Gendefekt, Intoxikationssymptome wie Aaxie, Depression, Tremor und wurde in komatösem Zustand in die Tierklinik eingewiesen. 28 Stunden nachdem erste Intoxikationssymptome auftraten, verabreichte man zusätzlich zu den initialen Therapiemassnahmen 1,5 ml/kg einer Lipidemulsion intravenös als Bolus, gefolgt von 0,25 ml/kg/h als konstante Infusion während 14 Stunden. Am Tag darauf wiederholte man die Infusion mit einer Rate von 0,25 ml/kg/min während 30 Minuten. Der Patient sprach nicht auf die Lipidtherapie an. Lediglich die Hirnstammreflexe kehrten nach 48 Stunden zurück und erst nach 9 Tagen konnten weitere Genesungsfortschritte verzeichnet werden (Wright 2011a).
Klinischer Fall 2:
Eine 2 Jahre alte Australian Shepherd Hündin mit einem Körpergewicht von 18,2 kg nahm versehentlich eine unbestimmte Menge eines Ivermectin/Praziquantel-Präparates für Pferde auf. Innerhalb von 4 Stunden traten Symptome wie Depression, Ptyalismus, Muskelzittern, Stupor, fehlender Drohreflex und ein herabgesetzter okulocephaler Reflex auf. Zusätzllich zur Infusionstherapie injizierte man 1,5 ml/kg einer Lipidemulsion intravenös, gefolgt von einer konstanten Lipidinfusion (0,5 ml/kg/min) während 30 Minuten. Die Lipidinfusion wurde mit einer Rate von 0,3 ml/kg/min während 50 Minuten wiederholt. Die Lipidtherapie blieb erfolglos. Erst am 4. Hospitalisationstag verbesserte sich der Zustand des Patienten (Wright 2011a).
Klinischer Fall 3:
Eine Miniatur Australian Shepherd Hündin mit einem Körpergewicht von 7,6 kg wurde nach der oralen Aufnahme von Ivermectin mit Intoxikationssymptomen wie Tremor, Stupor und beidseitiger Miosis in eine Tierklinik eingewiesen und mit einer Lipidinfusion therapiert. Initial verabreichte man 1,5 ml/kg als Bolus intravenös, gefolgt von 0,5 ml/kg/min während 30 Minuten als Dauertropfinfusion. Der Therapieerfolg blieb aus. Erst am 4. Tag der Hospitalisation verbesserte sich der Allgemeinzustand der Hündin (Wright 2011a).
Klinischer Fall:
30 Minuten nach einer versehentlichen Überdosis Lidocain, bei welcher 20 mg/kg anstelle von 3 bis 4 mg/kg subkutan appliziert wurde, litt der betroffene Kater an einer Atemdepression, war lethargisch und reagierte nicht auf Reize. Zusätzlich zu den ersten lebensrettenden Sofortmassnahmen und einer initialen Infusionstherapie erhielt der Patient 1,5 ml/kg einer 20%-igen Lipid-Emulsion (Liposyn® II) über 30 Minuten intravenös verabreicht. Bereits 15 Minuten nach Beginn der Infusion war die Katze wieder ansprechbar und der Zustand verbesserte sich in den folgenden Tagen zusehends (O'Brien 2010a).
Eine 35-jährige, 62 kg schwere Patientin erhielt aufgrund einer chirurgischen Intervention versehentlich eine toxische Dosis Lidocain verabreicht. Sie erbrach, hatte Krämpfe und erlitt einen Kreislaufstillstand in Form einer pulslosen elektrischen Aktivität (PEA). Mit lebensrettenden Sofortmassnahmen und der intravenösen Gabe eines Intralipid®-Bolus (100 ml über 3 Minuten), gefolgt von einer Lipidinfusion mit einer Rate von 0,25 ml/kg/min stabilisierte sich das Herz-Kreislauf-System zusehends (Tierney 2016a).
Klinischer Fall:
Bei einer infraklavikularen Plexus-brachialis-Anästhesie mit den Wirkstoffen Mepivacain und Prilocain wurde vermutlich der eine Wirkstoff versehentlich intravasal injiziert, was bei einem 92-jährigen (57 kg, 156 cm, ASA III) Mann zu Unruhe, Schwindel, Bewusstlosigkeit und supraventrikulären Extrasystolen führte. Aufgrund der Vermutung einer Intoxikation mit den Lokalanästhetika, applizierte man umgehend 1 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion intravenös als Bolus und wiederholte diesen nach 3 Minuten. Daraufhin erhielt der Patient 0,25 ml/kg/min als Dauertropfinfusion. Bereits nach dem ersten Lipid-Bolus kam der Mann zu Bewusstsein und der Herzrhythmus normalisierte sich (Litz 2008a).
Experimentelle Studie:
Bei Schweinen, denen man 7 mg/kg Ropivacain intravenös verabreichte, führte die nachfolgende Applikation von 4 ml/kg einer Lipidemulsion zu einem erhöhten vaskulären Widerstand und damit zu einer Anhebung und Normalisierung des Blutdruckes. Dabei erhöhte die Lipidemulsion mit mittel- und langkettiken Triglyceriden, verglichen mit einer Fettemulsion die nur langkettige Triglyceride enthielt, insbesondere in der Blutzirkulation der Lunge den Gefässwiderstand (Bonfim 2012a).
Experimentelle Studie:
Lipidemulsionen mildern eine durch Bupivacain hervorgerufene Kardiotoxizität (Weinberg 1998a) und sind der Wirkung von Epinephrin überlegen (Weinberg 2008b).
Klinischer Fall:
Aufgrund einer Intoxikation mit Baclofen (10 mg/kg Baclofen oral) applizierte man der hochgradig stuporösen Katze initial einen Bolus von 1,5 ml/kg einer 20%-igen Fettemulsion (Intralipid®) während 90 Sekunden langsam intravenös, gefolgt von einer Dauertropfinfusion von 7,5 ml/kg über 30 Minuten. Die kontinuierliche Infusion wurde 2 × wiederholt bis zu einer totalen Infusionsmenge von 97,5 ml. Das Infusionsvolumen zum Zeitpunkt bei dem der Patient erste Anzeichen einer Verbesserung des Allgemeinbefindens zeigte, betrug 74 ml (18,5 ml/kg). Die Katze wurde nach ca. 48 Stunden gesund nach Hause entlassen (Edwards 2014a).
Auch Hunde, welche infolge einer Baclofen-Intoxikation mit einer Lipidemulsion behandelt wurden, reagierten rasch auf die Therapie (Khorzad 2012a).
Klinischer Fall:
Ein 8 Wochen alter Staffordshire Bull Terrier mit einem Körpergewicht von 4 kg, frass versehentlich 10 Baclofen-Tabletten à 10 mg. Dies entspricht einer Dosierung von 25 mg/kg. Der Welpe wurde 4 Stunden später mit Sedation, Stehunfähigkeit und Erbrechen in der Klinik vorgestellt, initial dekontaminiert und infundiert. Da sich die Symptome nicht verbesserten, applizierte man 4 Stunden danach 1,5 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion intravenös als Bolus über 15 Minuten, gefolgt von 1 ml/kg/h als Dauertropfinfusion während 14 Stunden. Das Allgemeinbefinden verbesserte sich innerhalb von 30 Minuten und 8 Stunden nach Beginn der Lipidinfusion war der Hund klinisch unauffällig (Bates 2013a).
Klinischer Fall:
Ein 12 jähriger, kastrierter Kater wurde aufgrund einer Entzündung der unteren Harnwege versehentlich mit einer Überdosis Carprofen (12 mg/kg) therapiert. Noch bevor Intoxikationssymptome auftraten, wurde der Patient mit Aktivkohle, Maropitant, Pantoprazol sowie einer Dauertropfinfusion therapiert. Zusätzlich verabreichte man einen Bolus von 1,5 ml/kg einer 20%-igen Fettemulsion (Intralipid®) intravenös, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als Dauertropf-Infusion (Chumbler 2020a).
Klinische Fälle:
Drei klinische Fallberichte beschreiben die Wirksamkeit von Lipidinfusionen nach einer Naproxen-Überdosierung. Bereits kurz nach der Verabreichung einer intravenösen Fettemulsion wurde eine Abnahme der Serumtoxinkonzentrationen dokumentiert. Auch traten keine langfristigen gastrointestinalen, renalen oder neurologischen Nebenwirkungen auf (Herring 2015a).
Besonders Katzen reagieren sehr empfindlich auf den Wirkstoff Permethrin. Als Grund hierfür wird das speziesspezifische Glucoronyl-Transferase-Defizit und der damit einhergehende eingeschränkte Lebermetabolismus von synthetischen Pyrethroiden vermutet. Eine Intoxikation äussert sich klinisch mit Tremor, Hyperästhesie, Ataxie, Mydriasis, Krämpfe, Pyrexie, Sehverlust, gastrointestinalen Symptome wie Hypersalivation und Erbrechen sowie Tod (Haworth 2012a; Seitz 2016a).
Wie eine Studie mit 34 an einer Permethrin-Intoxikation leidenden Katzen belegt, führt die Verabreichung einer intravenösen Lipidinfusion zu einer rascheren Rekonvaleszenz als die Behandlung mit physiologischer Kochsalzlösung (Peacock 2015a).
Klinischer Fall 1:
Zwei Katzen, welche irrtümlich von ihren Besitzern mit einem Permethrinpräparat zur Flohbekämpfung behandelt worden waren, therapierte man erfolgreich mit der intravenösen Verabreichung einer Lipidemulsion. Die Tiere wurden in Seitenlage und mit generalisiertem Tremor in der Tierklinik vorgestellt und mit Ringerlaktat-Lösung, Diazepam, Propofol und Pentobarbital behandelt. Im weiteren Verlauf injizierte man einen intravenösen Bolus von 2 ml/kg einer Lipidemulsion, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion von 4 ml/kg/h während 4 Stunden. Die gleichzeitige Verabreichung der Pentobarbital-Dauertropf-Infusion konnte dadurch mit der Zeit abgesetzt werden. Beide Katzen erholten sich vollständig (Brückner 2012a).
Klinischer Fall 2:
Eine 3 Monate alte, 1,8 kg schwere Katze erhielt ca. 370 mg eines Permethrin-Präparates als spot on verabreicht und wurde einige Stunden später in kritischem Zustand, mit neurologischen Symptomen wie Ataxie, Tremor und Stupor in einer Tierklinik vorgestellt. Nach der Ersttherapie mit Ringerlaktat-Lösung und Prednisolon-Succinat, applizierte man jeweils 2 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion (SMOFlipid®), wiederholt in einzelnen Boli, insgesamt 8 × alle 30 Minuten bis zu einem totalen Volumen von 32 ml über einen Zeitraum von 3,5 Stunden. Die Katze erholte sich bereits 30 Minuten nach der ersten Applikation: der Tremor liess nach, sie konnte wieder Sitzen und Stehen und der Pupillenreflex normalisierte sich (Muentener 2013a).
Klinischer Fall 3:
Eine 2 Jahre alte Katze wurde aufgrund einer Permethrin-Intoxikation mit Krämpfen, Tremor und Hypersalivation vorgestellt, initial dekontaminiert und mit einer kristalloiden Infusion und Methocarbamol behandelt. Später verabreichte man einen Bolus von 1,5 ml/kg einer 20%-igen Fettemulsion (Intralipid®) intravenös, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als Dauertropf-Infusion über 60 Minuten. Das Tier sprach sehr gut auf die Behandlung an. Einen Tag später wurde die kontinuierliche Infusion wiederholt und der Tremor liess nach. Der Patient konnte innerhalb von 42 Stunden vollständig genesen entlassen werden (DeGroot 2014a).
Klinischer Fall 4:
15 Stunden nach einer versehentlichen Anwendung von Permethrin bei einer 6 Monate alten Katze traten neurologische Symptome wie generalisierter Tremor, Muskelzuckungen sowie eine Hyperästhesie auf und das Tier wurde in Seitenlage in die Tierklinik eingewiesen. Der Wirkstoff wurde mit lauwarmen Wasser abgewaschen und die Katze erhielt einen Bolus von 2,5 ml/kg einer Fettemulsion (Intralipid® 20%) über 5 Minuten, gefolgt von 56 mg/kg Methocarbamol, intravenös verabreicht. Die Lipidemulsion infundierte man in der Folge als kontinuierliche Infusion in einer Rate von 0,33 ml/kg/min während 30 Minuten. Unmittelbar danach wurden nochmals 43 mg/kg Methocarbamol intravenös injiziert und die Lipidinfusion für weitere 30 Minuten infundiert. Das Tier erholte sich nach kurzer Zeit und zeigte bereits am 2. Tag keine Symptome mehr (Kuo 2013a).
Klinischer Fall 5:
Eine 18 Monate alte, 3,7 kg schwere Katze wurde aufgrund einer Permethrin-Vergiftung in Seitenlage mit Atemnot, generalisiertem Tremor, tonisch-klonischen Krämpfen in den Hintergliedmassen und Hypersalivation in die Tierklinik eingewiesen. Als Ersttherapie erhielt sie 81 mg/kg Methocarbamol und 0,68 mg/kg Midazolam intravenös injiziert, gefolgt von 2,2 ml/kg einer Lipidemulsion als Bolus und einer kontinuierlichen Infusion von 0,27 ml/kg/min für total 75 Minuten. Die Symptome liessen kurze Zeit nach der Behandlung nach. Da einige Stunden später erneut ein milder Tremor auftrat, wiederholte man die Lipidinfusion. Die Symptome liessen nach und das Tier wurde mit Methocarbamol-Tabletten zur peroralen Applikation entlassen. Es wurde vollständig gesund (Kuo 2013a).
Klinischer Fall 6:
Eine 9 Monate alte Katze mit einem Körpergewicht von 3,8 kg wurde mit einem Permethrin spot-on Präparat behandelt und 10 Stunden später mit Muskeltremor beim Tierarzt vorgestellt. Das Tier wurde gebadet, um Wirkstoffreste von der Haut zu eliminieren und bekam 44 mg/kg Methocarbamol rektal verabreicht. Der Tremor liess nach, trat am folgenden Tag jedoch wieder auf. Die Katze wurde mit Infusionen und Methocarbamol (initial 53 mg/kg, gefolgt von 45 mg/kg alle 30 min) intravenös therapiert. Zusätzlich injizierte man ingesamt 4-mal 1,3 mg/kg Propofol intravenös und verabreichte das Anästhetikum als konstante Infusion mit einer Rate von 0,1 mg/kg/min. Nach der intravenösen Gabe von 1,5 ml/kg Intralipid® 20% über 30 Minuten, gefolgt von einer Dauertropfinfusion von 0,25 ml/kg/min während 45 Minuten bis zu einem Totalvolumen von 48,5 ml, beendete man die Propofol-Infusion und bereits 1 1/2 Stunden danach konnte die Katze extubiert werden. Es trat lediglich noch ein leichter Tremor an den Ohren auf, der mit Methocarbamol behandelt wurde. Das Tier ist vollständig genesen (Haworth 2012a).
Klinischer Fall: 7
Die dermale Dekontamination sowie die wiederholte, intravenöse Applikation von Methocarbamol, gefolgt von 1,5 ml/kg einer 20%-igen Intralipid®-Emulsion über 90 Minuten und der kontinuierlichen Applikation von 0,25 ml/kg/min über 30 Minuten führte zu einer Abschwächung des Tremors bei einer mit Permethrin vergifteten Katze (Haworth 2012a).
Klinischer Fall 8:
Nach einer topischen Applikation von Permethrin wurde eine 1 Jahre alte, 6 kg schwere Katze mit generalisiertem Tremor, Hyperästhesie und Ataxie mit Methocarbamol und einer Dauertropfinfusion mit 0,25 ml/kg/min Intralipid® 20% während 60 min therapiert. Die Katze konnte 7 Stunden nach der Gabe der Lipidemulsion symptomlos nach Hause entlassen werden (Haworth 2012a).
Klinischer Fall 9:
Nach einer versehentlichen topischen Applikation von Permethrin wurde eine 5 Jahre alte Katze in Seitenlage mit Speicheln, Sopor, generalisierten Krämpfen und Hyperthermie mit Methocarbamol und später mit 1,5 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion intravenös als Bolus über 10 Minuten, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als Dauertropfinfusion während 2 Stunden, behandelt. Bereits 4 Stunden nach der Lipidinfusion verbesserte sich der Allgemeinzustand der Katze. Trotz einer Lipämie und einer Lipidose der Kornea ist das Tier vollständig genesen (Seitz 2016a).
Klinischer Fall:
Ein Boxerhund wurde nach der oralen Aufnahme von synthetischen Cannabinoiden, welche Damiana-, Marshmallow- und Athaea-Blättern enthielten, mit akuten Intoxikationssymptomen wie Ataxie, Hypothermie, intermittierender Sinusbradykardie und stuporösem bis komatösem Zustand in eine Tierklinik eingewiesen und behandelt. Auf die Gabe von Infusionen, folgte die Applikation einer intravenösen Fettemulsion (initial 1,5 ml/kg, gefolgt von 0,5 ml/kg/h als Dauertropfinfusion während insgesamt 6 Stunden). Das Tier erhielt zusätzlich Metoclopramid; Propofol wurde injiziert, um die mechanische Beatmung zu erleichtern. Der Zustand verbesserte sich mit der Zeit und die mechanische Beatmung konnte bereits 15 Stunden nach der Einweisung beendet werden. Der Hund hat die Klinik gesund verlassen (Williams 2015a).
Klinischer Fall 1:
Eine 16 Wochen alte Jack Russell Terrier Hündin nahm eine Überdosis Moxidectin auf und wurde kurze Zeit später mit Intoxikationssymptomem wie tonisch-klonischen Krämpfen und zunehmendem Bewusstseinsverslust in eine Tierklinik eingewiesen. Man verabreichte Infusionen, Diazepam sowie Glycopyrrolat und mit Atropin wurde die Bradykardie therapiert. Über eine Nasenschlundsonde verabreichte man dem komatösen Tier Aktivkohle. 10 Stunden nach dem Kontakt mit dem Toxin, applizierte man zusätzlich 2 ml/kg einer Fettemulsion als Bolus intravenös, gefolgt von 4 ml/kg/h (0,07 ml/kg/min) als Dauertropfinfusion während 4 Stunden. Man wiederholte die Applikation 15 Stunden später in einer Dosierung von 0,5 ml/kg/min über 30 Minuten. Bereits nach der ersten Gabe der Lipidemulsion begann die Hündin spontan zu atmen. Nach der zweiten Infusion kam sie zu Bewusstsein und war wieder stehfähig (Crandell 2009a; Fernandez 2011a).
Klinischer Fall 2:
Eine 5 Jahre alte, 8 kg schwere Border Terrier Hündin nahm eine Überdosis Moxidectin auf. 90 Minuten später erbrach sie, hatte Krämpfe und war blind. Sie wurde initial mit Propofol behandelt, später verabreichte man 1,5 ml/kg einer 20%-igen Lipidemulsion intravenös als Bolus, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als konstante Infusion während 30 Minuten. Bereits 30 Minuten später konnte man eine Verbesserung des Befindens feststellen, das Tier war ansprechbar, jedoch immer noch blind. Man wiederholte die Lipidinfusion und die Sehfähigkeit kehrte zurück. 24 Stunden nach der Moxidectin-Aufnahme war der Hund vollständig genesen (Bates 2013a).
Klinischer Fall 3:
Ein 14 Jahre alter Border Collie mit einem Körpergewicht von 20,4 kg nahm versehentlich eine Überdosis Moxidectin (8 mg/kg) auf. 6 Stunden später wurde der Hund mit Ataxie, Muskelzuckungen, Erbrechen und Blindheit in einer Klinik mit Aktivkohle, Infusionen und einer 20%-igen Lipidemulsion (initial 1,5 ml/kg als Bolus, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als Dauertropfinfusion intravenös während 30 Minuten) behandelt. Die Symptome liessen nach und das Sehvermögen kehrte zurück (Bates 2013a).
Klinischer Fall 4:
Eine Labrador Retriever Hündin (6 Jahre alt, 27 kg Körpergewicht) nahm eine Überdosis Moxidection aus einer für Esel bestimmten Entwurmungspaste auf und war 4 Stunden danach lethargisch sowie ataktisch und hatte dunkelrote Schleimhäute und eine erhöhte Körpertemperatur. Sie wurde initial mit Infusionen und Aktivkohle behandelt. Da sich der Zustand jedoch verschlechterte verabreichte man zusätzlich Diazepam und Propofol gegen die auftretenden Krämpfe und applizierte Intralipid® als Bolus mit einer Dosierung von 1,48 ml/kg, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion von 16,67 ml/kg/h während 28 Minuten. Die Hündin sprach gut auf die Lipidinfusion an und der Zustand normalisierte sich innerhalb von 6 Stunden (Bates 2013a).
Intoxikationen mit Calcium-Kanal-Blockern äussern sich mit Symptomen wie Depression, Erbrechen, Durchfall, Hypotension, sinoatrialen und atrioventruklären Reizleitungsstörungen, Krämpfen und Lungenödem (Maton 2013a).
Klinischer Fall:
Eine Pomeranian-Hündin mit einem Körpergewicht von 4,7 kg verschluckte 360 mg des Wirkstoffes Diltiazem in Form eines Retard-Präparates (LD50 beträgt für Hunde 50 mg/kg). Der Blutdruckabfall, die Bradykardie sowie der Vorhofstillstand konnten mit Atropin, Calcium, Glucagon und Dopamin nicht therapiert werden. Erst die Gabe einer intravenösen Lipidinfusion und die Therapie mit hochdosiertem Insulin, führte zu einer Abnahme der Symptome und zur Genesung der Hündin. Die Lipidemulsion applizierte man dabei initial als Bolus von 1,5 ml/kg, gefolgt von 0,25 ml/kg/h als Dauertropfinfusion und wiederholte den Bolus in einer Dosierung von 1,5 ml/kg, gefolgt von 0,4 bis 0,5 ml/kg/h während 16 Stunden (Maton 2013a).
Bei den meisten Vergiftungen mit Ibuprofen ist der Gastrointestinaltrakt, die Nieren, das hämatopoetische System und in höheren Dosierungen auch das Nervensystem betroffen (Bolfer 2014a).
Klinischer Fall:
Eine 19,4 kg schwere, 3 Jahre alte Mischlings-Hündin wurde nach der Aufnahme von 1,856 mg/kg Ibuprofen mit neurologischen Symptomen, einer Thrombozytopenie, Anämie, Koagulopathie und Hypersalivation in die Tierklinik eingewiesen. Aufgrund der schweren progredienten neurologischen Funktionsstörungen und der raschen Verschlechterung des Zustandes applizierte man Naloxon und 1,5 ml/kg einer Lipidemulsion intravenös während 15 Minuten, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion mit einer Rate von 0,5 ml/kg/min während 2 Stunden. Einige Stunden nach Infusionsende konnte bereits eine Verbesserung des Zustandes verzeichnet werden, der Hund erlangte das Bewusstsein und konnte nach 5 Tagen Hospitalisation mit Magensäure-hemmenden Medikamenten entlassen werden (Bolfer 2014a).
Intoxikationssymptome treten in der Regel innerhalb von 6 Stunden nach der Grayanotoxin-Aufnahme auf. Eine Vergiftung mit Pieris japonica äussert sich in Form von Anorexie, Blähung, Sopor, schmerzhaftem Abdomen, Regurgitation, Seitenlage, gastrointesinalen Blutungen, Nekrosen des Tubulusepithels sowie der Hepatozyten (Bischoff 2014a).
Klinischer Fall:
Sieben Ziegen hatten versehentlich von den Grayanotoxin-enthaltenden Blättern der Lavendelheide gefressen und wurden aufgrund von Intoxikationssymptomen wie Blähung, Regurgitieren, Stehunfähigkeit und Sopor mit Aktivkohle, Antibiotika, Calcium-Borogluconat und Vitamin-B innnerhalb von 24 Stunden behandelt. Zwei Ziegen starben, zwei wurden gesund und drei Tiere therapierte man wegen bestehender Symptome mit einer 20%-igen Lipidemulsion in einer Dosierung von 1,5 ml/kg intravenös, wobei sich ihr Zustand innerhalb weniger Stunden verbesserte. Ein Tier starb 8 Tage nach der Lipidtherapie an einer Aspirationspneumonie (Bischoff 2014a).
Klinischer Fall:
Eine 36 Jahre alte Frau wurde nach der Einnahme einer Überdosis Dosulepin (ein trizyklisches Antidepressivum) mit getrübtem Bewusstsein, Krampfanfällen und EKG-Veränderungen (verbreiterter QRS-Komplex und verlängertes QT-Intervall) in eine Klinik eingewiesen. Nach den ersten lebensrettenden Sofortmassnahmen und der medikamentösen Behandlung der Krampfanfälle, injizierte man 1,5 ml/kg Intralipid® 20% über 5 Minuten, gefolgt von 400 ml während 20 Minuten. Innerhalb von 15 Minuten stabilisierte sich der Blutdruck, der QRS-Komplex verschmälerte sich und das QT-Intervall wurde kürzer. Die Patientin erholte sich vollständig (Boegevig 2011a).
Eine Intoxikation mit Bupropion geht typischerweise mit Sinustachykardie, Hypertension, Tremor, Unruhe, Krampfanfällen und gelegentlich mit schweren kardialen Nebenwirkungen einher. Eine Lamotrigin-Vergiftung äussert sich mit Symptomen wie Ataxie, Nystagmus, Koma und Krämpfen (Sirianni 2008a).
Klinischer Fall:
Die absichtliche orale Einnahme einer Überdosis Bupropion und Lamotrigin führte bei einer 17-jährigen Frau zu Anfällen und einem Herzversagen. Eine kardiopulmonale Reanimation während 70 Minuten, sowie die Applikation von Notfallmedikamenten blieben erfolglos. Man verabreichte einen Bolus von 100 ml einer 20%-igen Lipidemulsion und bereits eine Minute später setzte der Puls wieder ein. Der kardiovaskuläre Status besserte sich und der Patientin ging es zusehends besser (Sirianni 2008a).
Experimentelle Studie:
Schweinen, welchen Amitriptylin in einer hohen Dosierung intravenös verabreicht wurde, zeigten, dass mit der Applikation einer Lipidemulsion (1,5 ml/kg während 1 Minute, gefolgt von 0,25 ml/kg/min als Dauertropfinfusion über 29 Minuten intravenös) die Amitriptylin-Konzentration im Gehirn deutlich sank und im arteriellen Blutplasma anstieg (Heinonen 2013a).
Experimentelle Studie:
Eine durch Clomipramin hervorgerufene Hypotension wurde bei Kaninchen mit der Verabreichung einer Lipidemulsion rascher und vollständiger therapiert als mit Natriumbicarbonat. Ausserdem beugte die Intralipid®-Infusion einem Herzversagen vor (Harvey 2007b).
Experimentelle Studie:
Bei Kaninchen mit einer akuten Tramadol-Intoxikation senkte die intravenöse Gabe einer Lipidemulsion die Mortalitätsrate signifikant. Ausserdem bewirkte sie eine Senkung der Tramadol-induzierten Tachykardie, hatte einen positiven Einfluss auf die Normalisierung des mittleren sowie diastolischen Blutdruckes und beugte Krampfanfällen vor (Vahabzadeh 2013a).
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