Wirkmechanismus
Makrolide sind bakteriostatisch wirkende Antibiotika, welche die Proteinsynthese der Bakterien hemmen. Angriffspunkt ist die 50S-Untereinheit der ribosomalen RNA der Bakterien. Durch eine kovalente Bindung an Proteine des Peptidyltransferase-Zentrums kommt es über eine Störung der Elongationsphase zur Behinderung der Translokation der Peptidyl-t-RNA von der Akzeptor- zur Donorstelle. Die Peptidyl-tRNA wird somit an der Akzeptorstelle fixiert und die Proteinsynthese unterbrochen. Es bleiben Polypeptid-Zwischenstufen zurück (
Kroker 2002a;
Chambers 2001a;
EMEA 2004f;
Anadon 1999b). Im Unterschied zu anderen Makrolidantibiotika zeigt Tulathromycin neben der bakteriostatischen auch eine bakterizide Wirkung (
Evans 2005a).
Minimale Hemmkonzentrationen
MIC90 (minimale Konzentration, bei der 90% der Bakterienisolate gehemmt werden)
Rind | M. haemolytica: 2 µg/ml |
| P. multocida: 1 µg/ml |
| H. somni: 4 µg/ml |
| M. bovis: 1 µg/ml |
|
Schwein: | P. multocida: 2 µg/ml |
| A. pleuropneumoniae: 32 µg/ml |
| H. parasuis: 2 µg/ml |
| B. bronchoseptica: 8 µg/ml (Evans 2005a). |
Resistenzen
Eine Resistenz gegenüber Makroliden kann sich rasch entwickeln. Dabei sind folgende Mechanismen von Bedeutung:
1. | enzymatische Modifikation des Bindungsortes am Ribosom (dies führt im Allgemeinen zur Kreuzresistenz mit Lincosamiden und Streptograminen) |
2. | Efflux der Makrolide aus der Bakterienzelle durch einen aktiven Pumpmechanismus (z.B. bei Staphylokokken); Tulathromycin ist jedoch wesentlich resistenter gegenüber den Effluxpumpen als andere Makrolide (z.B. Erythromycin) (Norcia 2004a; Evans 2005a). |
3. | enzymatische Inaktivierung oder Abbau der Makrolide durch Hydrolyse; |
4. | Mutation der Gene, welche die ribosomale RNA oder einige andere ribosomale Eiweisse kodieren (Chambers 2001a; Kroker 2002a; EMEA 2004f; Anadon 1999b). |
Einfluss des pH-Wertes und des CO2-Gehaltes auf die Wirksamkeit
Die
in-vitro-Aktivität von Tulathromycin ist abhängig vom pH-Wert des Mediums. Liegt der pH-Wert bei 7 oder darunter, sind die MIC wesentlich höher, als bei einem pH-Wert von 7,2 - 7,4. Dieses pH-Phänomen ist auch für andere Makrolide bekannt. Bei neutralem oder sauren pH kommt es durch Ionisierung zu einer hohen positiven Ladung des Moleküls. Dadurch sinkt die Fettlöslichkeit, was wiederum eine verminderte Diffusionsfähigkeit durch die Zellwand der Bakterien zur Folge hat (
Retsema 1991a;
FDA 2004b;
Norcia 2004a;
Evans 2005a).
Pharmakodynamische Wechselwirkungen
Die Wirkung der Makrolide wird generell durch die gleichzeitige Gabe von
Chloramphenicol und
Lincosamiden antagonisiert, da die Substanzen an verschiedenen Stellen der gleichen ribosomalen Untereinheit binden. Eine gleichzeitige Anwendung führt zu einer Abnahme der Wirksamkeit, da ein gebundenes Antibiotikum räumlich die Bindungsstelle des anderen überdeckt (
Spoo 1995a;
Kapusnik-Uner 1995a;
Kroker 2003d).