Wirkungsort und -mechanismus
Pergolid ist ein dopaminerger Agonist vor allem der D
2-Rezeptoren, weniger der D
1-Rezeptoren (
Schott 2003a;
McCue 2002a;
Donaldson 2002a;
Schott 2002a). Es bindet an die Dopaminrezeptoren der Pars intermedia und gleicht somit das Defizit an Dopamin aus (
McCue 2002a). Dadurch kommt es zu einem Abfall der funktionellen Aktivität der hyperplastischen Pars intermedia der Hypophyse (
Divers 2008a).
Dopamin
Dopamin ist ein wichtiger zentraler Neurotransmitter und eine Vorstufe von Noradrenalin. Die dopaminergen Nervenzellkörper liegen vor allem im Mittel- und Zwischenhirn. Es bestehen 3 wichtige Systeme: das nigro-striatale, das mesolimbische und das tubero-infundibuläre Dopaminsystem. Das nigro-striatale System entspringt der Pars compacta der Substantia nigra und hemmt im Corpus striatum cholinerge Interneurone. Eine Degeneration der von der Substantia nigra compacta zum Corpus striatum ziehenden Dopamin-Neurone führt zur Parkinson-Krankheit.
Auf zellulärer Ebene hängt die Wirkung von Dopamin vom Rezeptortyp ab. Es gibt 5 Dopaminrezeptoren, D
1 bis D
5. Diese 5 Rezeptortypen teilt man in zwei Gruppen ein: D
1- und D
5-Rezeptoren bilden die sogenannte D
1-Gruppe, D
2/D
3 und D
4-Rezeptoren bilden die sogenannte D
2-Gruppe. Bei Stimulation der D
1-Gruppe wird das Enzym Adenylatzyklase aktiviert, dies bewirkt über eine Signalkaskade die Verstärkung des Rezeptorsignals und führt zu einer Aktivierung der Zelle. Die Stimulation der D
2-Gruppe ist an verschiedene Effektorsysteme gekoppelt und inhibiert z.B. die Adenylatzyklase, hemmt den Ca
2+-Strom und aktiviert die K
+-Kanäle. Somit wird das Ruhepotential der Zelle stabilisiert, eine Erregung wird unwahrscheinlich (
Bloom 1996a). Dopamin selbst wirkt besonders auf die D
1/5-Rezeptoren (
Starke 1998a).
Equines Cushing Syndrom
Das equine Cushing Syndrom, auch Pituitary pars intermedia dysfunction (PPID) genannt, ist eine chronisch progressive Erkrankung der Hypophyse älterer Pferde. Es ist eine komplexe, neuroendokrine Erkrankung, in welche verschiedene Organe und endokrine Mechanismen involviert sind. Der grundlegende Pathomechanismus ist ein Verlust der inhibitorischen, dopaminergen Kontrolle innerhalb der Pars intermedia der Hypophyse. Dieser ist fast ausschliesslich auf eine Hyperplasie oder ein Adenom der Pars intermedia zurückzuführen. Abnormale Zellen der Pars intermedia produzieren exzessive Mengen von Peptidhormonen (Pro-opiomelanocortin-Derivate), was seinerseits zu Dysfunktionen der Nebennierenrinde führt.
Die Kontrolle über Synthese und Sekretion der Propiomelanocortin-Derivate (dies sind z.B. ACTH, α- und β-Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH), β-Endorphin und Corticutin like intermediate peptide (CLIP)) erfolgt normalerweise über eine Inhibition durch den Neurotransmitter Dopamin, welcher an die D
2-Rezeptoren bindet. Das Tumorgewebe der Pars intermedia enthält jedoch ca. 90% weniger Dopamin als Gewebe der gesunden Pars intermedia. Dies führt zu einem Verlust der dopaminergen Innervation und somit der inhibitorischen Regulation durch Dopamin. Dadurch kommt es zu einer Hyperplasie und Hypertrophie der Pars intermedia der Hypophyse und zu einer Überproduktion von ACTH und anderen Peptidhormonen. Als Folge kommt es zu einer Fehlfunktion der Nebennierenrinde und einer gesteigerten Synthese von Kortikosteroiden. Dies gilt als Ursache für die Entstehung des Equinen Cushing Syndroms.
Typische klinische Symptome sind Hirsutismus, Hyperhidrose, chronische Hufrehe, Lethargie, Gewichtsverlust oder Fettumverteilung, supraorbitale Fettpolster, Polydipsie/Polyurie und erhöhte Infektanfälligkeit (
McCue 2002a;
Schott 2003a;
McGowan 2003a;
Schott 2002a;
Donaldson 2002a).