Wirkungsmechanismus und -ort
Allgemein
Alle nichtsteroidalen Entzündungshemmer bewirken eine Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase, welches die Umwandlung der Arachidonsäure zu Prostaglandinen und anderen Eicosanoiden (Prostacyclin, Thromboxan) vermittelt. Man unterscheidet zwei Isoenzyme der Cyclooxygenase: die Cyclooxygenase-1 (COX-1) und die Cyclooxygenase-2 (COX-2).
Das Enzym Cyclooxygenase-1 ist ein konstitutives Enzym und in relativ konstanter Konzentration in vielen Geweben, wie z.B. Thrombozyten, Endothelzellen, glatte Muskelzellen, Niere und Magen, zu finden. Dieses sogenannte "housekeeping enzyme" ist für die physiologischen Schutzfunktionen der verschiedenen Organe verantwortlich.
Die Cyclooxygenase-2 wird durch eine Entzündung, bzw. durch pro-inflammatorische Cytokine, Endotoxine, bakterielle Lipopolysaccharide oder Tumornekrosefaktoren induziert und bildet innerhalb kurzer Zeit grosse Mengen entzündungsfördernde Prostaglandine, welche wiederum zu den klassischen Entzündungssymptomen, wie Erythem, Schwellung und Schmerz führen.
Der entzündungshemmende Effekt der nichtsteroidalen Entzündungshemmer beruht also hauptsächlich auf einer Hemmung der COX-2, während die unerwünschten Nebenwirkungen (gastrointestinale Ulzerationen und Blutungen, Plättchendysfunktionen) auf die Hemmung der COX-1 zurückzuführen sind (
Kay-Mugford 2000a;
Moncada 1975a;
Poulsen Nautrup 1999a;
Vane 1998a).
Diese Erkenntnis war die Basis der Entwicklung spezifischer COX-2-Inhibitoren als neue Klasse antiinflammatorischer und analgetischer Substanzen mit verbesserter gastrointestinaler Verträglichkeit. In den letzten Jahren zeigte sich jedoch, dass sich das einfache Konzept einer ausschliesslich proinflammatorisch induzierbaren COX-2-Isoform nicht mehr halten lässt. So konnte gezeigt werden, dass die Cyclooxygenase-2 in verschiedenen Organen (Ovarien, Uterus, Gehirn, Rückenmark, Niere und Knochen) ebenfalls konstitutiv exprimiert wird und dort physiologische Funktionen ausübt. So ist die renale COX-2 in die Regulierung des Angiotensinsystems, sowie in die glomeruläre Hämodynamik involviert. Ausserdem scheint die hormonelle Induktion von COX-2 eine wichtige Rolle bei der Ovulation, der Nidation des befruchteten Eis, sowie bei der für den Aufbau der Plazenta notwendigen Angiogenese zu spielen. Ebenfalls involviert sind die COX-2-abhängigen Prostaglandine in die Induktion der Uteruskontraktionen und den Geburtsvorgang (
Hinz 2000b).
Speziell
Nimesulid ist ein präferenzieller COX-2 Hemmer, es hemmt in therapeutischer Dosierung die COX-2 vollständig und die COX-1 zu einem geringen Teil. In Vollblut von Hunden betragen die
in-vitro Hemmkonzentrationen (IC
50) für die COX-2 1,6 µg/ml und für die COX-1 20,3 µg/ml, das heisst die COX-1/COX-2 Ratio liegt bei 12,9.
In
in-vivo-Studien mit Hunden betragen die wirksamen Plasmakonzentrationen (IC
50) für Lahmheit 6,26 µg/ml, bzw. für einen antipyretischen Effekt 2,72 µg/ml. Die effektiven Dosierungen ED
50 bzw. ED
80 (Dosis bei der 50% bzw. 80% der maximal erreichbaren Wirkung erzielt werden) liegen für die Lahmheit bei 1,34 bzw. 6,2 mg/kg. Bei einer therapeutischen Dosierung von 5 mg/kg werden somit ca. 76,9% des maximal möglichen Effektes erzielt. Die ED
90 liegt bei 14,9 mg/kg, diese ist aus Verträglichkeitsgründen nicht an Hunde verabreichbar (
Toutain 2001b).
Weitere Effekte
Nimesulid inhibiert die Synthese von Oxidantien, wie z.B. freie Sauerstoffradikale, langlebige Monochloramine und Hypochlorsäure, aus aktivierten Neutrophilen und anderen Entzündungszellen. Diese Wirkung trägt zum antiinflammatorischen Effekt bei, da die chlorinierten Radikale direkte Zellschäden verursachen und Proteaseinhibitoren inaktivieren. Weiterhin hemmt Nimesulid die Freisetzung von Histamin aus den Mastzellen und Basophilen.
Nimesulid vermindert ebenfalls die durch die Neutrophilen vermittelte Zerstörung der Knorpelmatrix während einer Entzündungsreaktion. Es inhibiert die Synthese der Proteoglycanase und Collagenase, zwei Enzymen, welche Proteoglycane und Kollagen, beides Hauptbestandteile des Gelenkknorpels, zerstören und besitzt somit knorpelschützende Eigenschaften (
Rabasseda 1996a).
Weiterhin verhindert Nimesulid eine Überaktivität der neutrophilen Elastase, ein Enzym, welches bei einigen entzündlichen Erkrankungen eine Rolle spielt. Es gilt als potentestes proteolytisches Enzym, das in der Lage ist, die wichtigsten Bestandteile der Bindegewebsmatrix aufzulösen. Es wird durch Alpha
1-Antitrypsin reguliert, welches in der Leber gebildet wird und in hohen Konzentrationen in entzündeten Gewebe vorhanden ist. Antitrypsin kann jedoch durch Hypochlorsäure inaktiviert werden. Somit kann Nimesulid über eine Hemmung der Synthese von freien Radikalen, insbesondere der Hypochlorsäure die Elastaseaktivität kontrollieren (
Rabasseda 1996a).