Wirkungsmechanismus
Antazida
Antazida neutralisieren einen Teil der Magensäure und hemmen die proteolytische Wirkung von Pepsin, indem sie das Enzym bei einem Magen-pH von 6 oder höher inaktivieren (
Allen 1993a). Es handelt sich um anorganische Salze, die sich in den Magensäuren auflösen und dadurch Anionen freisetzen, welche die gastrische Salzsäure teilweise neutralisieren können (
McEvoy 1992a). Der pH wird dadurch erhöht. Da die proteolytische Pepsinaktivität zur Verdauung bei pH Werten von 2 - 3 am grössten ist, sollten wirksame Antazida den Magen-pH auf mindestens 3 - 4 anheben, ohne dabei eine systemische Alkalose zu verursachen. Die Wirksamkeit der Antazida ist abhängig von der Säuresekretionsrate, der Wirkungsstärke des Antazidums und der Verweildauer des Antazidums im Magen (
Boothe 2001a).
Adsorbentien und Protektiva
Durch die Bindung von Gasen, Toxinen und z.T. auch Organismen (z.B. Bakterien), schützen Adsorbentien die lädierte Haut- oder Schleimhautoberfläche vor deren schädigenden Einwirkungen. Protektiva bilden eine geschlossene Schutzschicht, um die betroffene Oberfläche vor äusseren Einflüssen zu schützen oder als mechanische Unterstützung zu dienen (
Riviere 2001a).
Aluminiumhydroxid
Aluminiumhydroxid führt zu einer Heilung der Ulzera, indem es die Magensäure neutralisiert und durch den erhöhten Magen-pH das Pepsin inaktiviert. Zudem werden durch Aluminiumhydroxid die Gallensalze gebunden (
Boothe 2001a;
McEvoy 1992a;
Sepelyak 1984a). Ein weiterer Mechanismus der Pepsininaktivierung ist die Adsorption des Pepsins bei normalen gastrointestinalen pH-Werten. Dieser spezifische Adsorptionsmechanismus beinhaltet einen Austausch der anionischen Liganden, sowie eine elektrostatische Anziehung. Wegen dieser kombinierten Wirkungsweise entsteht eine starke Adsorption, die durch einfaches Waschen nicht rückgängig gemacht werden kann (
Sepelyak 1984a).
Phosphorbindung
Aluminiumhydroxid vermindert die Phosphorabsorption und senkt damit die Phosphatkonzentration im Serum, indem es im Darm zusammen mit Phosphor eine unlösliche, nichtabsorbierbare Aluminiumphosphatverbindung bildet, welche über die Faeces ausgeschieden wird (
Boothe 2001a;
Ungemach 1999c;
McEvoy 1992a). Bei niereninsuffizienten Patienten kann der Serumphosphatspiegel mit Aluminiumhydroxid kontrolliert werden (
Boothe 2001a;
Ungemach 1999c). Die phosphatbindende Wirkung von Aluminiumhydroxid ist vom pH des Darmes abhängig. Physiologischerweise kommt die Phosphatabsorption praktisch im gesamten Gastrointestinaltrakt vor und ist im Duodenum und Jejunum am grössten. Ein idealer Phosphatbinder sollte das Phosphat in allen pH-Bereichen des Gastrointestinaltrakts binden können (
Zhu 2002a).
Zytoprotektive Wirkung
Durch die Stimulation der Prostaglandinfreisetzung in der intestinalen Mukosa und der Bindung von Gallensalzen weisen die Antazida eine zytoprotektive Wirkung auf (
Allen 1993a;
Boothe 2001a). Aluminiumhydroxid steigert die Freisetzung von Prostaglandin E
2 (PGE
2) ins Magenlumen sowie anderer Prostaglandine in die Submukosa. Die hämorrhagischen Mukosaschäden, wie sie z.B. durch die Verabreichung von Acetylsalicylsäure entstehen, können somit durch Aluminiumhydroxid behoben werden (
Szelenyi 1986a).
Vakzination
Adjuvans
Aluminiumhydroxid wird in der Veterinär- und Humanmedizin als Adjuvans in Impfstoffen verwendet. Es wird in dieser Anwendung als ziemlich sicher eingestuft; trotzdem werden Fälle von lokalen Gewebsirritationen beschrieben (
Norimatsu 1995a). Adjuvans ist die Bezeichnung für eine Substanz, welche bei gemeinsamer Applikation (Injektion) mit einem Antigen die Antwort des Immunsystems unspezifisch verstärkt (z.B. erhöhte Bildung von Antikörpern) bzw. die Art der Immunantwort verändert (z.B. Aufhebung einer Immuntoleranz) (
Hildebrandt 1998a).
Lipopolysaccharide
Lipopolysaccharide (LPS) sind häufig als Inhaltsstoffe in den Vakzinen enthalten. Aluminiumhydroxid kann die systemische Toxizität der LPS herabsetzen. Diese Wirkung kommt durch die langsamere Freisetzung der LPS von den Depots und durch eine direkte Milderung der LPS-Aktivität zustande (
Norimatsu 1995a).