Wirkungsort
Generell hemmen Parasympatholytika die Wirkung von Acetylcholin an der glatten Muskulatur, am Herzmuskel, an Drüsenzellen, in peripheren Ganglien und im zentralen Nervensystem (
Brown 2001a). Quaternäre Ammoniumderivate wie Butylscopolaminbromid sind jedoch nur gering fettlöslich und gelangen deshalb kaum in das zentrale Nervensystem oder Auge (
Plumb 2002a). Auch haben sie eine geringere Wirkung auf die Speichelsekretion als Atropin oder Scopolamin (
Löscher 2002a).
Wirkungsmechanismus
Parasympatholytika hemmen kompetitiv die Wirkung von Acetylcholin an den postganglionären muskarinartigen Cholinozeptoren (
Löscher 2002a). Zurzeit sind fünf muskarinerge Rezeptorsubtypen (M
1 bis M
5) klassifiziert (
Caulfield 1998a). Bis jetzt sind jedoch keine der muskarinartigen Rezeptorantagonisten komplett selektiv (
Brown 2001a). Quaternäre Ammoniumderivate wie Butylscopolaminbromid blockieren zu einem gewissen Mass auch nikotinerge Rezeptoren und können somit ganglionäre oder neuromuskuläre Übertragungen beeinflussen (
Brown 2001a).
Gastrointestinaltrakt
Butylscopolaminbromid blockiert die muskarinergen Rezeptoren des Gastrointestinaltraktes und bewirkt dadurch einen spasmolytischen Effekt. Es wurde gezeigt, dass nach intravenöser Verabreichung von 0,2 mg/kg Kontraktionen des Zäkums bei Ponies für 20 Minuten komplett sistieren (
Roelvink 1991a). Eine weitere Studie bei Ponies zeigte zudem, dass der Wirkstoff die Darmperistaltik durch Verminderung der Anzahl produktiver Kontraktionen herabsetzt, ohne dabei das darmeigene elektrische Muster zu verändern. Der reduzierte Tonus führt zudem zu einem passiven Transport von Flüssigkeit durch den Darm (
Davies 1983a). Bei Pferden vermindert Butylscopolaminbromid die gastrointestinale Aktivität geringer als Atropin (
Marques 1998a). Eine Studie über experimentell induzierte Kolik bei Ponies zeigte keinen signifikanten Unterschied zwischen dem schmerzlindernden Effekt von Butylscopolaminbromid und Butorphanoltartrat, weder im durchschnittlichen Schmerzindex noch in der Schmerzdauer. Jedoch haben klinisch mehr Ponies auf Butylscopolaminbromid angesprochen (
Boatwright 1996a). Bei Kühen bewirkt intravenös verabreichtes Butylscopolaminbromid (0,10 und 0,15 mg/kg) eine Atonie des Netzmagens für 3 bis zu 9 Minuten (
Braun 2002a). Generell vermindern Anticholinergika bei Hund und Katze die Säuresekretion des Magens (
Lorenz 1992a).
Kardiovaskuläres System
Die intravenöse Verabreichung von 0,3 mg/kg Butylscopolaminbromid bei Ponies führt zu einer Erhöhung der Herzfrequenz um 63% für mindestens 46 Minuten. Der mittlere Druck des rechten Vorhofes nimmt ab. Der Herzauswurf erhöht sich aber nicht konstant. Der mittlere systemische arterielle Druck sowie der mittlere systemische vaskuläre Widerstand werden nicht beeinträchtig. Eine höhere Dosis von Butylscopolaminbromid könnte jedoch nachweisbare systemische Effekte bewirken (
Geimer 1995a).
Urogenitaltrakt
Eine Blasenkontraktion, hervorgerufen durch elektrische Reizung des N. pelvicus beim Hund, kann durch Butylscopolaminbromid quantitativ ausgeschaltet werden. In diesem Versuch wurde für Butylscopolaminbromid eine ED
50 von 0,16 mg/kg i.v. ermittelt. Durch Atropin kann die Blasenkontraktion nur abgeschwächt, aber nicht vollständig aufgehoben werden. Grund dafür ist, dass Butylscopolaminbromid im Gegensatz zu Atropin ausser antimuskarinergen peripheren Wirkungen auch antinikotinerge ganglionär-hemmende Eigenschaften besitzt. Eine Blasenkontraktion, hervorgerufen durch elektrische Reizung der Nn. vesicales beim Hund, kann sowohl durch Butylscopolaminbromid wie auch durch Atropin aufgehoben werden. In diesem Versuch wurde für Butylscopolaminbromid eine ED
50 von 0,065 mg/kg i.v. ermittelt (
Bauer 1976a).