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Lokale Nebenwirkungen

Auge

Nach dem Einsatz von gentamicinhaltigen ophthalmologischen Präparaten wurden selten Überempfindlichkeit, Lidjuckreiz, Lidschwellung, Konjunktivaerythem, Mydriasis und Konjunktivaparästhesie beschrieben (Plumb 1995a).
 
Bei Kleintieren besteht bei topischer Anwendung von Gentamicin die Möglichkeit einer punktuellen epithelialen Keratitis. Bei der Katze kann es nach der Anwendung von Aminoglykosiden zu Korneareizung und Schmerzen kommen. (Sansom 1988a).
 

Injektionsstelle

Gentamicin verursacht einen vorübergehenden Schmerz an der Injektionsstelle (Allen 1993a). Die intramuskuläre Injektion kann zu Myositis (Prescott 1988a), bei Vögeln auch zu Muskelnekrosen führen (Bauck 1993a; Tully 1997a).
 

Systemische Nebenwirkungen

Nieren

Nach der freien Filtration über die Glomeruli werden die Aminoglykoside in die proximalen Tubuluszellen reabsorbiert. Dort akkumulieren sie (Bergeron 1986a) und induzieren eine dosisabhängige Nephrotoxizität in 10 - 25% der Fälle (Martinez-Salgado 2007a), welche von mildem renalen Schaden bis zu schweren Tubulusnekrosen reicht (Clark 1977b). Bei den meisten therapeutischen Anwendungen tritt eine subklinische Nierenschädigung auf, welche jedoch im Allgemeinen reversibel und von keiner Bedeutung ist, sofern zuvor kein Nierenleiden bestand (Prescott 1988a).
 
Das häufigste klinische Bild einer aminoglykosidinduzierten Nephrotoxizität ist das nonoligurische akute Nierenversagen (Humphreys 1988a), welches nach 7 - 10-tägiger Behandlung auftritt (Oliveira 2009a). Die Schädigung der Niere äussert sich in einer reduzierten glomerulären Filtrationsrate, erhöhtem Serumkreatinin (Martinez-Salgado 2007a), Enzymurie, Aminoazidurie, Glykosurie, Hypomagnesiämie, Hypocalcämie und Hypokaliämie (Oliveira 2009a). Bei Hund und Katze sind als früheste Anzeichen einer gentamicininduzierten Nephrotoxizität Harnzylinder, Hämaturie, Proteinurie und eine verminderte Harnkonzentrationsfähigkeit beschrieben (Jacobs 1992a). Die zweimal tägliche Gabe von 4,4 mg/kg i.m. bei Katzen führte zu einem Anstieg von Laktatdehydrogenase, Lysozym, alkalischer Phosphatase und Glutamatdehydrogenase im Harn, einem leichten Anstieg des Harnstoffes im Blut sowie einer deutlichen Abnahme der Harnosmolalität, der Natrium- und der Kaliumexkretion (Hardy 1985a).
 
Durch eine einmal tägliche Gabe kann die toxische Wirkung von Aminoglykosiden reduziert werden (Allen 1993a). Bei Hunden hatte eine kontinuierliche Gentamicininfusion von 45 mg/kg/Tag eine höhere Nephrotoxizität zur Folge, als die gleiche Dosis in einer einzigen intravenösen Injektion (Reiner 1978a).
 
Die Verabreichung von Gentamicin an Fohlen mit bakteriellen Infektionen führte zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion mit erhöhten Serumharnstoffwerten, Harnzylindern, Hämaturie und Proteinurie. 2 von 3 Tieren starben (Riviere 1982a).
 
Eine Studie an Kaninchen zeigte, dass die Nephrotoxizität verschiedener Aminoglykoside annähernd mit dem Grad ihrer tubulären Reabsorption korreliert. Dabei zeigte Gentamicin den höchsten, Dibekacin und Amikacin einen mittleren, und Netilmicin den niedrigsten Reabsorptionsgrad (Brion 1984a). Auch gemäss anderen Autoren ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Nephrotoxizität bei Gentamicin am grössten, gefolgt von Kanamycin und Amikacin (Boothe 1990a).
 
Risikofaktoren für eine aminoglykosidinduzierte Nephrotoxizität sind:
-Begleiterkrankungen: Nierenleiden (Allen 1993a; Debuf 1991a; Jacobs 1992a; Oliveira 2009a; Molitoris 1997a), Leberfunktionsstörungen (z.B. bei Zirrhose (Molitoris 1997a)), chronisches Herzversagen (Molitoris 1997a), Diabetes, niedriger Blutdruck, Sepsis (Oliveira 2009a), Fieber (Prescott 1988a)
-Hohes Alter (Prescott 1988a; Oliveira 2009a)
-Gleichzeitige Anwendung von Diuretika (Prescott 1988a)
-Dehydratation (Prescott 1988a; Allen 1993a; Beech 1984a; Oliveira 2009a)
-Azidose (Prescott 1988a; Beech 1984a)
-Hypokaliämie (Jacobs 1992a; Cronin 1980a; Oliveira 2009a)
-Hypomagnesiämie (Oliveira 2009a)
-Lange Therapiedauer, häufige Verabreichung (Oliveira 2009a)
-Gleichzeitige Applikation anderer (potentiell) nierenschädigender Wirkstoffe (Oliveira 2009a)
 

Ohr

Aminoglykoside akkumulieren in der Peri- und Endolymphe; die Halbwertszeit im Ohr ist 5 - 6 × längerer als im Plasma (Sande 1995a). Die progressive Akkumulation kann zu irreversiblen Schäden am Innenohr führen (Rizzi 2007a). Dabei haben Streptomycin, Gentamicin, Sisomicin und Neomycin ein grösseres ototoxisches Potential als Tobramycin und Amikacin (Harpur 1982a). Streptomycin, Gentamicin (Sande 1995a) und Tobramycin wirken mehr vestibulotoxisch, Neomycin, Kanamycin und Amikacin mehr cochleotoxisch (Rizzi 2007a).
 
Berichte zur Inzidenz der Aminoglykosid-induzierten Ototoxizität variieren stark und reichen von 2 - 25%. Die wahre Inzidenz ist schwierig zu bestimmen und wird leicht unterschätzt. Grundsätzlich korreliert die Ototoxizität nicht mit der Aminoglykosidkonzentration im Serum oder in der Perilymphe, vielmehr scheint die total verabreichte Dosis den ausschlaggebenden Faktor darzustellen. Trotzdem kann eine Toxizität bei normalen oder niedrigen Serumkonzentrationen nicht ausgeschlossen werden; das Risiko ist aber bei hohen Serumkonzentrationen grösser (Rizzi 2007a).
 
Die Cochleotoxizität äussert sich beim Menschen klassischerweise in permanentem bilateralen Hörverlust (Guthrie 2008a), welcher anfänglich die hohen, ausserhalb des Sprachbereichs liegenden Frequenzen betrifft (Rizzi 2007a; Guthrie 2008a). Bei der Vestibulotoxizität treten bei beidseitig betroffenen Patienten Ataxie, Schwanken und Gleichgewichtsverlust, bei einseitigem Schaden eventuell Nystagmus auf, wobei die langsame Komponente des Nystagmus in Richtung des betroffenen Ohrs zeigt (Rizzi 2007a). Bei der Katze verursacht Gentamicin primär eine vestibuläre Toxizität, welche mit Schwindel, beeinträchtigtem Aufrichtreflex und Kopfschiefhaltung einhergeht. Dies tritt vor allem bei Dosierungen auf, die über den klinisch empfohlenen liegen (Boothe 1990a), oder bei beeinträchtigter Nierenfunktion (Boothe 1990a; Sansom 1988a).
 
Risikofaktoren der Aminoglykosid-induzierten Ototoxizität (Mensch):
-Alter über 60
-Hohe Serumkonzentrationen
-Therapie mit Aminoglykosiden über 10 Tage
-Vorbestehender sensorineuraler Hörverlust
-Niereninsuffizienz
-Gleichzeitige Verabreichung anderer ototoxischer Wirkstoffe
-Lärmbelastung
-Genetische Prädisposition (Rizzi 2007a)
-Perforiertes Trommelfell bei topischer Anwendung (Curtis 1999a)
 

Neuromuskuläres System

Bei der neuromuskulären Blockade handelt es sich um ein akutes Phänomen nach intravenöser oder intraperitonealer Gabe, bei dem die Aminoglykoside mit Azetylcholinrezeptoren interferieren (Clark 1977b) und die Azetylcholinausschüttung an den Nervenendigungen hemmen (Hashimoto 1978a). Die Blockade der myoneuronalen Verbindung führt zu Muskel- und Atemparalyse (Clark 1977b; Burrows 1979a). Bei Gentamicin tritt dieser Effekt seltener auf als bei anderen Aminoglykosiden (Tobin 1979b). Anästhetika (Prescott 1988a) wie Aether und Pentobarbital scheinen diesen Effekt zu potenzieren. Als Antidot dienen Kalzium (Hashimoto 1978a) oder Cholinesterasehemmer (Clark 1977b; Hashimoto 1978a).
 
In Einzelfällen können nach der Anwendung von Gentamicin periphere Parästhesien auftreten (Hildebrandt 1998a).
 
Bei Nutztieren und beim Pferd kann es bei hohen Dosen zu Schwäche kommen (Allen 1993a).
 
Bei Vögeln wurde eine neuromuskuläre Blockade ebenfalls beschrieben (Bird 1983a; Bird 1983b). Bei Falken und beim Nordamerikanischen Uhu wurden Schwäche, Apnoe und plötzlicher Tod beobachtet (Allen 1993a).
 

Kardiovaskuläres System

Die schnelle intravenöse Verabreichung von Aminoglykosiden führt über eine Beeinflussung der Herzmuskelkontraktion und die Entspannung der glatten Muskulatur von Arterien zu reduziertem Herzauswurf, Bradykardie und Hypotonie. Dieser Effekt ist bei anästhesierten Tieren verstärkt. Kalziumchlorid in einer Dosierung von 10 - 20 mg/kg dient als Gegenmittel (Wahlig 1974a).
 

Thrombozytenaggregation

Gentamicin kann Blutgerinnungsstörungen verursachen (Glawischnig 1985a). In vitro hemmen hohe Antibiotikakonzentrationen (bei Gentamicinsulfat 4 mg/ml) die Thrombozytenaggregation gewöhnlich komplett (Genua 1980a).
 

Gastrointestinaltrakt

Bei Kaninchen (Hernandez-Divers 2001a) und Hamstern (Ness 2001a) wurden nach der oralen Gabe von Gentamicin antibiotikaassoziierte Colitiden beobachtet. Aus diesem Grund ist die parenterale Gabe der oralen vorzuziehen (Hernandez-Divers 2001a).
 
Aminoglykoside haben einen hemmenden Effekt auf die Darmmotilität. Die Untersuchung der Motilität isolierter Kaninchenileumsegmente zeigte, dass Gentamicin das höchste hemmende Potential hat, gefolgt von Amikacin, Streptomycin, Sisomicin, Kanamycin, Kanendomycin, Dibekacin und Tobramycin. Kalzium vermochte die hemmende Wirkung aufzuheben, Neostigmin jedoch nicht (Paradelis 1981a).
 

Immunsystem

Eine Überempfindlichkeit gegenüber Aminoglykosiden kommt selten vor (Hildebrandt 1998a; Ball 1975a). Beim Menschen sind Kreuzreaktionen zwischen verschiedenen Aminoglykosidvertretern beschrieben (Geier 1995a).
 
Gentamicin entfaltet eine immunsuppressive Wirkung, indem es die Phagozytose hemmt (Van Vlem 1996a).
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