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Anwendungssicherheit

Colistin (CL) kam in den 60er Jahren zur klinischen Anwendung in der Humanmedizin auf den Markt. In den 1970er Jahren wurde der Wirkstoff durch andere Antibiotika, welche als weniger toxisch betrachtet wurden, ersetzt (Li 2005c; Falagas 2005a; Evans 1999a; Catchpole 1997a; Horton 1982a).
 
Colistinmethansulfonat-Natrium (CMS) ist weniger toxisch als die Muttersubstanz (Craig 1973a; Beveridge 1967a; Li 2004b) sowie weniger toxisch als Colistinsulfat (CS) (Anonymous 1968d; Jawetz 1961a); und dies sowohl bei Tieren als auch bei Menschen (Goodwin 1970a). Leider weist CMS in-vitro auch eine tiefere antibiotische Wirksamkeit als CL auf (Schwartz 1960a; Li 2001a; Barnett 1964a; Beveridge 1967a).
 
Die 5 freien Ammoniumgruppen des CS-Moleküls können an die negativ geladenen Phospholipide der Säugerzellmembran binden und toxische Nebenwirkungen an den Nierenzellen und Neuronen hervorrufen (Lin 2005a). Wiederholte Injektionen verursachen eine CS-Akkumulierung in den Geweben, jedoch nicht im Serum (Craig 1973a).
 

Absetzferkel

In einem Versuch bei Absetzferkeln wurden Tiere mit Shigatoxin-bildenden E. coli (STEC), welche für die Ödemkrankheit verantwortlich sind, infiziert. Obwohl die STEC auf CL empfindlich waren, ging es den behandelten Tieren schlechter als den Tieren der unbehandelten Kontrollgruppe, welche nur infiziert aber nicht behandelt wurden. Die Erklärung liegt darin, dass die STEC durch das CL lysiert werden und das Toxin massenweise freigesetzt wird (Konstantinova 2008a).
 

Mensch

Die bekanntesten toxischen Wirkungen des CL sind die Nephrotoxizität (via akute Tubulusnekrose), Neurotoxizität (Schwindel, Schwäche, Gesichtsparesthesie, Sehstörungen, Verwirrtheit, Ataxie) und neuromuskuläre Blockaden, welche zu Atemstörungen oder Atemstillstand führen können (Falagas 2008a; Falagas 2005a). Die Toxizität kann durch andere nephrotoxische Wirkstoffe potenziert werden (Dowling 2006b).
 
Toxische Erscheinungen treten erst bei einer Anwendung der Polymyxin-Methansulfonatderivate für mehr als 5 Tage auf (Ziv 1981c).
 

Akute Toxizität

LD50 Colistin

Kaninchen:i.v. 70'000 IU/kg (Brownlee 1952a)
  
Maus:i.v. 60'000 - 90'000 IU/kg (Brownlee 1952a)
i.p. 140'000 - 280'000 IU/kg (Brownlee 1952a)
 

LD50 Colistinmethansulfonat-Natrium

Maus:200 mg/kg (Davis 1971a)
p.o. > 2'000 mg/kg (Sous 1961a)
p.o. > 766,67 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
p.o. nach 4 h fasten < 766,67 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
i.v. 222,33 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
i.v. > 500 mg/kg (O'Neil 2001a)
i.v. 369 - 444 mg/kg (Sous 1961a)
i.v. > 315 mg Base/kg (Wright 1959a)
s.c. 138 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
s.c. 192 - 208 mg/kg (Sous 1961a)
i.p. 126,5 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
i.p. 213 - 227 mg/kg (Sous 1961a)
 

LD50 Colistinsulfat

Maus:p.o. 531,95 mg/kg (Lin 2005a)
p.o. 720 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
p.o. nach 4 h fasten 720 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
p.o. 665 - 790 mg/kg (Sous 1961a)
i.v. 5,43 mg Base/kg (Wright 1959a)
i.v. 5,46 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
i.v. 7,35 - 7,85 mg/kg (Sous 1961a)
s.c. 51,6 mg Base/kg (Wright 1959a)
s.c. 48,60 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
s.c. 51 - 57 mg/kg (Sous 1961a)
s.c. 51,6 mg Base/kg (Wright 1959a)
s.c. 48,6 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
i.m. 38,72 mg/kg (Lin 2005a)
i.p. 19,80 mg Base/kg (Schwartz 1960a)
i.p. 20,7 - 24,5 mg/kg (Sous 1961a)
i.p. 20,8 mg Base/kg (Wright 1959a)
  
Ratte:p.o. 110,4 mg/kg (Wright 1959a)
i.p. 9,6 mg Base/kg (Wright 1959a)
 

Hund

Nach der s.c. Verabreichung von 60'000 IU/kg Colistin (CL) sowie i.v. 30'000 IU/kg CL konnten keine Anzeichen einer Toxizität beobachtet werden (Brownlee 1952a).
 

Maus

Im Gegensatz zu Ratten, wird bei der parenteralen Verabreichung von letalen Dosen an Mäuse keine Reaktion vom Histamin-Typ beobachtet (Anonymous 1968d).
 
Bei der Verabreichung von letalen Dosen treten folgende Intoxikationssymtome auf: motorische Inkoordination, Konvulsionen, Veränderungen des Atmungsmusters und Tod durch Atemstillstand. Die Anwendung von subletalen Dosen führt zu Paralyse und Atemdepression, gefolgt von Zyanose (Anonymous 1968d).
 
Bei Mäusen ist die Toxizität der Sulfat- und Sulfomethylderivate des CL tiefer als bei äquimolaren Polymyxin B-Mengen (Bergan 1982a). Die LD50 des CMS ist 3-mal höher als diejenige des Polymyxin-Methylsulfonats. Die Toxizität von therapeutischen Dosen der beiden Wirkstoffe ist jedoch vergleichbar, da 3-mal mehr CL-Sulfomethylderivat zur Behandlung von Infektionen nötig sind (Bergan 1982a).
 

Ratte

Bei der Gabe von letalen Dosen treten folgende Intoxikationssymtome auf: motorische Inkoordination, Konvulsionen, Veränderungen der Atmung sowie Tod durch Atemstillstand. Bei der Anwendung von subletalen Dosen werden Paralyse und Atemdepression, gefolgt von Zyanose, beobachtet (Anonymous 1968d).
 
In einer Studie führte die i.v. Injektion von 3 mg/kg CS zum Auftreten von akuten toxischen Symptomen wie z.B. Dyspnoe, Piloerektion und herabgesetzte Bewegungslust. Diese Symptome konnten jedoch nach der i.v. Verabreichung von 15 mg/kg CMS nicht beobachtet werden (Li 2005c). In einer weiteren Studie erhielten Ratten i.p. 15,1 mg/kg CS und wurden 4 Tage später euthanasiert. Es konnten keine makroskopisch sowie mikroskopisch sichtbare Veränderungen der Organe nachgewiesen werden. Auch die Nieren zeigten keinen besonderen Befund (Wright 1959a).
 
Die s.c. Verabreichung von 67 mg/kg CS zeigte, dass es zu einer Abnahme der Diurese kommt. Beim CMS, hingegen, brauchte es 10-mal höhere Dosen (Girerd 1961a). Pathologische Untersuchungen zeigten, dass CMS bis Dosen, welche ¼ der LD50 betrugen, zu keinen Nierenveränderungen führte. Mit höheren Dosen traten reversible tubuläre Schädigungen auf, welche aber nach ein paar Tagen wieder verschwanden. Toxische Dosen CMS in der Nähe der LD50 verursachten eine Albuminurie, Oligurie und Zylindrurie (Anonymous 1968d).
 
Die parenterale Verabreichung von letalen Dosen verursachen eine Reaktion vom Histamin-Typ (Anonymous 1968d).
 

Mensch

Die Folgen einer Überdosierung sind nephro- sowie neurotoxische Symptome und eine neuromuskuläre Blockade, die zum Atemstillstand führen kann (Morant 2005a). Neostigmin wirkt nicht antagonistisch (Barnett 1964a), hingegen kann die i.v. Verabreichung von Kalzium-Salzen in einigen Fällen hilfreich sein. Durch Hämo- sowie Peritonealdialyse werden nur geringe Wirkstoff-Mengen entfernt (Morant 2005a). Die Toxizität ist von der Wirkstoffformulierung (Base, Sulfat oder Methansulfonat) abhängig (Catchpole 1997a).
 

Chronische Toxizität

Hund

Dosen von über 2,5 mg/kg/Tag Colistin (CL) für 2 - 4 Wochen führten bei jungen Hunden zu einer vorübergehenden Depression der Tubulusfunktion. Bei älteren Tieren wurden schwere Nierentubulischädigungen beobachtet, wenn 2,5 mg/kg/Tag CL für mehr als 1 Woche verabreicht wurden (Ziv 1981c).
 
Die tägliche i.m. Gabe an Hunde von 0,8, 2,5 und 7,5 mg/kg Colistinmethansulfonat-Natrium (CMS) für 60 Tage führte zu keinen bedeutenden Veränderungen des Wachstums, des Verhaltens sowie der klinischen Parameter (Schwartz 1960a).
 
In einer Studie erhielten Hunde p.o. 6,67, 20 oder 60 mg Base/kg/Tag Colistinsulfat (CS) für 90 Tage. Keine der 3 Dosierungen verursachte Nebenwirkungen in Bezug auf Wachstum, Verhalten, Harnzusammensetzung, Leber- oder Nierenfunktion oder hämatologischen Befunden. Die mikroskopische Untersuchung der Gewebe dieser Tiere zeigte keine pathologische Veränderungen (Schwartz 1960a; EMEA 2002j).
 

Ferkel

Die i.m. Verabreichung von 15 mg/kg/Tag CS für 5 Tage verursachte eine deutliche Neurotoxizität sowie eine mittelgradige Degeneration der Nieren- und Leberepithelzellen. Diese toxischen Symptome waren bei der i.m. Injektion von 10 mg/kg/Tag CS für 5 Tage nicht nachweisbar (Lin 2005a).
 

Kaninchen

Die i.m. Verabreichung von 40 mg/kg CMS 2-mal täglich für 7 Tage führte am 3. Tag zum Tod der Tiere (Craig 1973a).
 
Kaninchen, welche s.c. 30'000 IU/kg CL täglich für 21 Tage erhielten, blieben gesund mit einem guten Appetit und ohne Fieber; auch das Blutbild blieb unverändert. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Nieren konnte keine signifikante Schädigung durch CL beobachtet werden (Brownlee 1952a).
 

Maus

Mäuse wurden 4 Wochen lang an 5 Tagen der Woche s.c. mit CS behandelt. Eine Gruppe erhielt 1,5 mg Base/kg CS, eine zweite 15 mg Base/kg CS, die letzte Gruppe diente als Kontrolle und erhielt nur physiologische Kochsalzlösung. Während des Versuches wiesen alle Tiere eine nahezu gleichmässige Gewichtszunahme auf. Die Dosis von 1,5 mg/kg CS wurde ohne Nebenwirkungen vertragen; bei der Gruppe mit 15 mg/kg CS zeigten einige Tiere nach 2 Behandlungswochen eine leichte reversible Hautreizung am Injektionsort (Sous 1961a).
 
Der neurotoxische Effekt auf den Vestibulärapparat wurde bei einer Maus anhand einer Schwimmprüfung untersucht. 33 mg/kg CMS 2-mal täglich für 9 Tage verursachten keine Störung des Vestibulärapparates (Wright 1959a).
 

Ratte

Nach der Verabreichung von insgesamt 7 Dosen i.p. 4,8 mg/kg CS 2-mal täglich überlebten 4 von 5 Tieren und wurden am 4. Tag euthanasiert. Die Nieren sowie das Peritoneum erschienen makroskopisch ohne besonderen Befund, aber der Drüsenteil des Magens war bei 2 Ratten auf der Aussenseite grau und rot marmoriert. Die Innenseite erschien verändert, der Drüsenteil war blasser, weniger runzelig und aufgerauht. Teile der veränderten Gewebe waren mit einer dicken Kruste aus bröckeligem gelben Exsudat bedeckt. Mikroskopisch konnte eine schwergradige ausgedehnte Entzündung der Drüsenteile der Mägen mit Nekrosen und Ulzerationen beobachtet werden. Die Leber und Nieren waren ohne besonderen Befund (Wright 1959a). In einem weiteren Versuch wurden i.m. 7 Dosen von 4,8 mg/kg CS 2-mal täglich an 5 Ratten verabreicht; alle Tiere überlebten. Hingegen nach der Gabe von i.m. 9,6 mg/kg CS 2-mal täglich für 10 Tage starb ein Tier nach der 7. Dosis. Die überlebenden Ratten wurden am 4. Tag euthanasiert. Makroskopisch war der Muskel am Injektionsort marmoriert; dieser Befund war bei der höheren Dosierung noch ausgeprägter. Der Magen war weniger geschädigt als bei der i.p. Verabreichung. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Muskeln waren grosse Flächen von nekrotischen Fasern sowie leichtgradige Oedeme und Hämorrhagien vorhanden. Bei der Gruppe mit der höheren Dosierung lagen milde Veränderungen der Nieren vor (Wright 1959a).
 
5 Ratten erhielten i.p. 3,6 mg/kg CMS 2-mal täglich für 7 Tage: alle überlebten. Die Nieren dieser Tiere waren makroskopisch ohne besonderen Befund und 2 der 5 Mägen wiesen eine leichtgradige Entzündung auf. Mikroskopisch erschienen die Nieren und Mägen von allen Ratten unverändert. Weitere 5 Ratten wurden auf gleicher Art und Weise mit 35,5 mg/kg CMS behandelt: 3 Tiere starben nach 3 Dosen, 1 nach 4 Dosen und die letzte nach 5 Dosen. Die 4 erstverstorbenen Ratten hatten makroskopisch unveränderte Nieren, aber leicht verfärbte Mägen. Die Ratte, welche nach der 5. Dosis starb, wies sichtbare Hämorrhagien auf der Magenwand auf, der letzte Teil des Colons war leicht gedehnt und die Wand marmoriert. Die Nieren und die Beinmuskulatur schienen makroskopisch unverändert. Mikroskopisch war die Hälfte der Drüsenschleimhaut des Magens teilweise bis vollständig nekrotisch und die Submukosa wies ein akutes entzündliches Exsudat, Hämorrhagien und Oedeme auf. Eine deutliche Nierenschädigung war vorhanden (Wright 1959a).
 
In einem weiteren Versuch erhielten 3 Ratten i.m. 7 Dosen von 7,1 mg/kg CMS 2-mal täglich. Alle Tiere überlebten und wurden am 4. Tag euthanasiert. Makroskopisch waren keine pathologische Veränderungen zu sehen. Mikroskopisch erschienen die 3 Mägen unverändert. Die Nieren von einer Ratte wiesen einen einzelnen kortikalen Entzündungsherd auf und in der Beinmuskulatur einer anderen Ratte befanden sich verstreute nekrotische Herde. 3 Tiere erhielten die gleiche Behandlung mit einer 5-mal höheren Dosierung. Eine Ratte verstarb 5 Stunden nach der ersten Dosis und die 2 anderen nach der 4. Dosis. Diese Tiere wiesen eine mittelgradige bis starke Magenreizung auf, hingegen erschienen die Nieren und Muskeln am Injektionsort unverändert. Mikroskopisch war eine grossflächige Schädigung des Magens sowie der Nieren vorhanden (Wright 1959a).
 

Reproduktion

Reproduktionstoxikologische Studien bei denen Colistin (CL) an Mäuse, Ratten sowie Kaninchen verabreicht wurde, wurden durchgeführt. Bei allen untersuchten Spezies konnte nach einer hochdosierten i.v. Injektion embryotoxische Wirkungen, wie z.B. verzögerte Ossifikation und erhöhte Resorptionsraten beobachtet werden. Sowohl männliche als auch weibliche Nager wiesen keine Beeinträchtigung der Fertilität auf. Bei Ratten wurde einen negativen Einfluss auf die Geburtenrate wie auch auf das Säugen beobachtet; die postnatale Entwicklung blieb jedoch unbeeinträchtigt (Lagler 2008a). Eine teratogene Wirkung, jedoch, wurde nicht beobachtet (Anonymous 1968d; EMEA 2002i; EMEA 2002j).
 
Die sichere Anwendung von CMS sowie Colistinsulfat beim Menschen während der Schwangerschaft wurde nicht bewiesen. Diese beiden Derivate sollten nur während der Schwangerschaft verabreicht werden, wenn die potentiellen Vorteile gegenüber den möglichen Risiken für den Fötus überwiegen (McEvoy 1992a).
 

Genotoxizität

Sowohl in-vitro wie auch in-vivo Untersuchungen bezüglich Mutagenität haben keine Hinweise auf ein klinisch relevantes genotoxisches Potential von Colistin ergeben. Studien hinsichtlich eines kanzerogenen Potentials bei langzeitiger Anwendung liegen nicht vor (Lagler 2008a).
 
Auch für Colistinsulfat wurde keine Mutagenität nachgewiesen; weder in-vitro bei Versuchen mit Bakterien oder Säugerzellen, noch in-vivo im Mikronukleustest (EMEA 2002i; EMEA 2002j).
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