Wirkungsort und -mechanismus
Analgesie
Ähnlich wie Ketamin, Dextromethorphan und Memantin, antagonisiert Amantadin N-methyl-D-aspartat (NMDA)-Rezeptoren. Chronische Schmerzzustände können im ZNS durch die Bindung von Glutamat oder Aspartat an diese Rezeptoren verstärkt werden. Ausserdem sind diese Rezeptoren wichtig bei Allodynie, einer Schmerzempfindung, die durch Reize ausgelöst wird, welche üblicherweise keinen Schmerz verursachen (
Plumb 2015a). Die für die Maus annähernd toxische Dosis von 100 mg/kg Amantadin-HCl i.p. führte im Hot-Plate-Test zu keiner Schmerzreduktion (
Vernier 1969a). Dies weist, wie vergleichbare Ergebnisse von Siao et al. 2011 darauf hin, dass Amantadin nur bei bereits vorhandenem Schmerz oder zentraler Sensibilisierung eine analgetische Wirkung hat. Ein akuter Stimulus bleibt somit unbeeinflusst (
Kukanich 2013b).
Antivirale Wirkung
Die antivirale Wirkung limitiert sich auf Stämme von Influenza-A-Viren (
Plumb 2015a) und basiert auf 2 Wirkmechanismen: Amantadin hemmt das Uncoating und es verändert die Hämagglutinin-Verarbeitung. Die Wirkung wird hauptsächlich über das M2-Protein vermittelt, welches als integrales Membranprotein zum Ionenaustausch dient. Durch die Störung des M2-Proteins wird die säurevermittelte Dissoziation des Ribonukleoprotein-Komplexes gehemmt und die pH-induzierten Konformitätsänderungen des Hämagglutinins verstärkt (
Acosta 2011a). Die meisten equinen Influenza-A-Viren konnten in
In-vitro-Studien mit ≤ 30 ng/ml Amantadin gehemmt werden. Bei den humanen Influenza-A-Viren reichten grösstenteils 10 ng/ml; diese scheinen somit eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Amantadin zu haben. Jedoch muss beachtet werden, dass sich die Sensitivität, je nach Untersuchungsmethode, bis um das Zehnfache verändern kann (
Oxford 1997a).
Wirkung bei Parkinson
Die Wirkung beim Parkinson-Syndrom ist nicht vollständig geklärt. Es scheint, als erhöhe der Wirkstoff den Dopaminspiegel im Gehirn und die anticholinergische Aktivität (
Plumb 2015a).
Antiinflammatorische Wirkung
Amantadin-HCl zeigt bei Ratten mit experimentelle induzierten Granulomen keine selektive, entzündungshemmende Wirkung (
Vernier 1969a).
Antipyretische Wirkung
Amantadin wirkt bei Ratten auch in hohen Dosen nicht fiebersenkend (
Vernier 1969a).
Kardiovaskuläres System
Myokardiale Kontraktionskraft
Hund
Dosen von 1 - 3 mg/kg Amantadin-HCl i.v. führten bei anästhesierten, paraplegischen (Durchtrennung des Rückenmarks auf Höhe C-2) Hunden zu einer verstärkten Kontraktionskraft des Herzens. Mit 1 mg/kg i.v. konnte die Kontraktion um ca. 20% gesteigert werden (
Vernier 1969a).
Resistenzen
Weltweit gibt es Hinweise auf eine steigende Inzidenz von Influenza-A-Stämmen, welche gegenüber Adamantanen (Amantadin und Rimantadin) resistent sind. Resistente Influenza-A-Stämme können sich bereits 2 - 3 Tage nach Therapiebeginn entwickeln. (
McEvoy 2007a).
Resistenzmechanismen
Die Resistenzen gegenüber Amantadin sind vermutlich durch Punktmutationen auf dem viralen RNA-Segment 7, welches das M2-Protein kodiert, bedingt. Diese führen zum Umbau bzw. Austausch der Aminosäuren an Position 31 oder in der Nähe des transmembranen Anteils des M2-Proteins (
McEvoy 2007a).
Resistente Influenza-A-Stämme
Obwohl Amantadin-resistente Stämme übertragbar und pathogen sind, gibt es keine Hinweise, dass diese eine höhere Virulenz oder Übertragbarkeit aufweisen als empfindliche Stämme. Es besteht jedoch immer eine Kreuzresistenz gegenüber Rimantadin (
McEvoy 2007a).