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Eigenschaften

Mukolytika verändern bereits sezerniertes Bronchialsekret in seinen physikalisch-chemischen Eigenschaften. Ohne Beeinflussung der Sekretionsleistung der Bronchialdrüsen kommt es durch Depolymerisierung von Makromolekülen zu einer Herabsetzung der Sputumviskosität. Es entsteht ein dünnflüssigerer Schleim, der leichter abgehustet werden kann (Ungemach 1999g). In einer Studie mit Hunden, in welcher die Bronchokonstriktion mittels Methacholin induziert wurde, verbesserte Acetylcystein den Gasaustausch (Boothe 1995e).
 
Durch eine Irritation der bronchialen Mukosa führt Acetylcystein zu Bronchorrhoe und stimuliert das Husten, was zu einem vermehrten Auswurf führt. Allerdings muss mit einem beta-adrenergen Medikament prämediziert werden, da Acetylcystein zu Bronchospasmen führen kann (American Medical Association 1986a). Eine Ziliostimulation wird bereits durch eine niedrige Konzentration von Acetylcystein ausgelöst (Tomkiewicz 1994a; Tomkiewicz 1994a).
 
Eine Langzeitanwendung von Acetylcystein kann jedoch zu einem genau gegenteiligen Effekt führen und die mukoziliäre Clearance verhindern (Brown 1988c).
 
N-acetylcystein-L-lysinat (L-NAC): Verglichen mit Acetylcystein (NAC), hat L-NAC eine geringere Toxizität und führt nicht zu den oben beschriebenen Bronchospasmen, auch nicht bei Patienten mit bronchialer Hyperreaktivität. Voraussetzung für die klinische Wirksamkeit von L-NAC ist allerdings ein noch minimal funktionierender ziliärer Apparat in der beschädigten Lunge, da die Behandlung zu einem erhöhten Sekretionsvolumen führt. Für beide Wirkstoffe, NAC und L-NAC, wird angenommen, dass eine Bildung von Disulfidbindungen im neu sezernierten Schleim verhindert wird (Tomkiewicz 1994a).
 

Wirkungsort

Bei der Verabreichung in den Bronchialbaum reduziert Acetylcystein (NAC) die Viskosität von eitrigem und nicht eitrigem Sekret und fördert dadurch die Beseitigung dieser Sekrete mittels Husten oder posturaler Drainage (Plumb 1999a). Acetylcystein entfaltet auch eine mukolytische Wirkung auf Sekretansammlungen in den Nasennebenhöhlen und im Mittelohr (Ungemach 1999g; Keller 2001a).
 
Die antioxidativen Schutzmechanismen von NAC sind in der glatten Muskulatur der Lunge ausgeprägter, als in derjenigen des trachealen Gewebes. Dieser Unterschied mag in der unterschiedlichen Verteilung der endogenen Antioxidantien in den verschiedenen respiratorischen Geweben liegen (Strapkova 1999a).
 

Wirkungsmechanismus

Die freie Sulfhydrylgruppe am Wirkstoff reduziert Disulfidbindungen zwischen Mukoproteinen. Dieser Effekt findet hauptsächlich bei einem pH von 7 - 9 statt. Der Wirkstoff hat keine Wirkung auf Fibrin oder lebendes Gewebe (Plumb 1999a). Durch die Spaltung der Disulfidbrücken in Glykoproteinen werden diese depolymerisiert und die Viskosität des Sputums wird dadurch herabgesetzt (Ungemach 1999g). Kleinere Moleküle sind weniger viskös und können nicht mehr gut an entzündetes Gewebe binden (Boothe 1995e). Zusätzlich fördert die verminderte Viskosität des Schleims den Auswurf. Der Mechanismus beruht darauf, dass eine mässige Lyse des Schleims um die Zilien herum zu einer Erhöhung der ziliären Aktivität in der Trachea führt. Diese ist von der Elastizität, der Adhäsivität und der Quantität des Schleims abhängig. Ab einer Acetylcysteinkonzentration von 0,3 M und mehr kommt es jedoch zu einer reversiblen Ziliostase (Yanaura 1981a).
 
Der Wirkstoff scheint die Sekretion im Respirationstrakt möglicherweise auch über einen gastropulmonären Effekt auszulösen (Boothe 1995e).
 
Die Kollagenaseaktivität wird durch Acetylcystein gehemmt, indem dieses die für die enzymatische Aktivierung essentiellen freien Kalziumionen cheliert (Moore 1995b).
 

Entzündungshemmung

Acetylcystein (NAC) wirkt aufgrund seiner antioxidativen Eigenschaften lokal entzündungshemmend (Ungemach 1999g). Diese Wirkung beruht darauf, dass Acetylcystein als Vorläufer von Glutathion dient, einem Hauptbinder der freien Sauerstoffradikale, wie sie bei Entzündungen vorkommen (Boothe 1995e). H2O2, O2- und OH- werden direkt zu weniger reaktiven Substanzen reduziert und die Glutathionbiosynthese wird durch Cystein unterstützt, das in verschiedenen Zellen und Geweben durch die Diacetylierung von NAC entsteht (Strapkova 1999a).
 
Die protektive Wirkung von N-Acetylcystein beruht auch auf einer direkten Entgiftung von Toxinen in den Atemwegen mittels Reduktion (z.B. von Oxidantien) und Konjugation (z.B. Formaldehyd). Chemische Radikale können durch die reaktive SH-Gruppe gebunden und dadurch entgiftet werden. Auch dieser Mechanismus wird für eine gewisse entzündungshemmende Eigenschaft von NAC verantwortlich gemacht (Keller 2001a). Die SH-Gruppe von NAC kann die freien SH-Gruppen der Proteine und Membranenzymen binden, was deren Zerstörung verhindert. Dadurch werden Enzyme vor der Schädigung durch Peroxide und freie Radikale geschützt (Sochman 1990a). Diese Membranstabilisierung verhindert auch die Freisetzung von Entzündungsmediatoren aus der Zelle (Allegra 1991a). Bei Frühgeburten kann NAC die Entzündungsantwort jedoch nicht reduzieren, aber dafür die häufig auftretende erhöhte vaskuläre Permeabilität verringern, die zu Ödemen führen würde. Vaskuläre Endothelzellen sind die primären Stellen der NAC-Diacetylierung (Langley 1993a).
 

Acetaminophenintoxikation (Paracetamolvergiftung)

Leberschädigungen oder Methämoglobinämie, wie sie nach der Aufnahme von Acetaminophen auftreten, werden durch Acetylcystein reduziert. Der Glutathionspiegel wird durch Acetylcystein wieder hergestellt bzw. aufrechterhalten und damit wird ein alternatives Substrat für die Konjugation des aktiven Metaboliten von Acetaminophen bereitgestellt (Plumb 1999a; McEvoy 1992a). Acetaminophenmetaboliten werden bei den meisten Spezies über die hepatische Konjugation mit Glukuronid, Sulfat oder Glutathion ausgeschieden. Bei der Katze erfolgt die Exkretion von Acetamionophen nicht als Glukuronid- oder Sulfatkonjugate, sondern als unidentifizierte Konjugate (Gaunt 1981a).
 
Die Sulfatkonjugation ist normalerweise durch die Konzentration von anorganischem Sulfat in der Leber limitiert, für welches Acetylcystein eine Quelle sein könnte. Versuche bei Ratten zeigen, dass NAC sowohl die Sulfatkonjugation in der Leber, als auch die Elimination von Acetaminophen erhöht (Gaunt 1981a).
 
Beim Hund ist NAC als Paracetamolantidot nicht gleich wirksam wie bei anderen Tierarten. Der Grund dafür liegt vielleicht darin, dass bei dieser Tierart die Diacetylierung zu Cystein viel langsamer ist und daher auch weniger Glutathionvorläufer vorhanden sind (Sjodin 1989a). Cystein untersützt die intrazelluläre Entgiftung durch Glutathion. Das erklärt die Wirkung von Acetylcystein (NAC) als Antidot z.B. bei Paracetamolvergiftungen von Hund und Katze (Keller 2001a).
 

Endotoxinschock

Wie bereits erwähnt, hat Acetylcystein (NAC) als Substrat für die Glutathionsynthese wichtige antioxidative Eigenschaften. Beim Endotoxinschock führt NAC zu einer besseren zellulären Sauerstoffverfügbarkeit. Dies erklärt das schnellere Absinken des Laktatspiegels infolge der NAC-Therapie. Zusätzlich kommt es, durch die Auffüllung der intrazellulären Glutathionspiegel, zu einer Radikalfängerwirkung. Sauerstofffreie Radikale können eine Entzüngungsantwort induzieren und die Freisetzung von TNF (tumor necrosis factor) erhöhen. Auch durch die Erschöpfung von intrazellulärem Glutathion kann die TNF-Produktion erhöht werden. Tumor necrosis factor (TNF) wiederum verringert den intrazellulären Glutathionspiegel. Es besteht ein circulus vitiosus, der durch Acetylcystein und dessen Wiederauffüllung des Glutathionspiegels, und der damit verbundenen Radikalfängerwirkung, unterbrochen werden kann. Die verbesserte Sauerstoffversorgung der Zellen kommt auch noch durch das erhöhte Herzauswurfvolumen und die darauf folgende mikrovaskuläre Vasodilatation zustande. Des weiteren verhindert NAC auch eine Thrombozyten- und Granulozytenaggregation (Bakker 1994a).
 

Leber

Patienten, die eine obstruktive Gelbsucht haben, oder deren Hauptgallengang für eine Pankreatikoduodenektomie ligiert wird, zeigen Probleme mit der Leberdurchblutung. Präoperativ könnte NAC gegeben werden, das i.v.-verabreicht, das Volumen der portalen und der hepatischen Mikrozirkulation erhöht. Auch die Serumkonzentrationen der Leberenzyme GSH und ATP werden erhöht. Der Mechanismus der Vasodilatation besteht darin, dass NAC in den Endothelzellen sofort zu S-Nitrosocystein metabolisiert wird, das dem NO sehr ähnlich ist, und es dadurch zu einer endothelabhängigen Relaxation kommt. Die hepatische zirkuläre Wirkung von NAC wird durch die erhöhte cGMP (zyklische 3,5-Guanosinmonophosphat) Plasmakonzentration bestätigt. Das in den Endothelien und in den Zellen der glatten Muskulatur erhöhte cGMP führt möglicherweise zur erwünschten Vasodilatation. Der Schutz der Leber vor oxidativer Belastung ist, wie bereits oben erwähnt, durch die erhöhte Serum- und Leberkonzentration von reduziertem Glutathion gewährleistet (Kigawa 2000a).
 

Herz

Beim Hund reduziert N-Acetylcystein (NAC) den myokardialen Schaden, der durch den Gefässverschluss und Reperfusionsschäden nach einem Infarkt zustande kommt (Sochman 1990a; Alberola 1991a). Die Verteilung des myokardialen Blutflusses wird aber durch Acetylcystein nicht beeinflusst. NAC hat eine längere Plasmahalbwertszeit als reduziertes Glutathion und seine Autooxidationswerte sind tiefer als diejenigen von anderen Sulfhydrylverbindungen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass NAC die Infarktgrösse nach einem 24-stündigen Coronarverschluss reduziert, wobei der genaue Mechanismus noch nicht bekannt ist. Die Aufrechterhaltung des myokardialen reduzierten Glutathions, und der Schutz gegen die Beschädigung durch freie Radikale während der frühen Phase der Ischämie, sind wahrscheinlich daran beteiligt (Alberola 1991a). Cysteinderivate zeigen auch einen antikoagulativen Effekt und sind dadurch auch im Falle einer arteriellen Thrombose nützlich (Sochman 1990a).
 

Auge

Durch die Antikollagenasewirkung von Acetylcystein kann die zerstörerische Wirkung der Kollagenase, wie sie bei ophthalmologischen Erkrankungen, wie z.B. ulzerative Keratitis und Keratokonjunktivitis sicca (KCS) vorkommt, gehemmt werden (Moore 1995b). Die Kollagenaseaktivität wird gehemmt, indem die für die enzymatische Aktivierung essentiellen freien Kalziumionen durch Acetylcystein cheliert werden (Moore 1995b).
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