mdi-magnify Wirkstoff Suchen Tierarzneimittel Produkte & Futter


mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Wirkstoffe mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Telefon

Wirkungsort und Wirkungsmechanismus

Vitamin-K-Epoxid-Reduktase und Vitamin-K-Reduktase

Warfarin gehört mit anderen Coumarinderivaten zu den indirekt wirkenden Antikoagulantien (Glusa 2005a; Gernert 2010a).
 
Über eine kompetitive Hemmung der Vitamin-K-Epoxid-Reduktase und der Vitamin-K-Reduktase erfolgt eine Hemmung der Vitamin-K-Regeneration (Gernert 2010a; Suttie 1987a; Suttie 1990a) und somit eine Störung der Vitamin-K-abhängigen Synthese (Carboxylierung) der Gerinnungsfaktoren II (Prothrombin), VII (Proconvertin), IX (Christmas-Faktor) und X (Stuart-Prower-Faktor) (Hassoun 1989a; Allen 2005a; Majerus 2001a; Madaus 1988a). Im Plasma ist das Vitamin-K-Epoxid demzufolge bei einer Warfarinbehandlung erhöht (Carlisle 1981a). Auch die abnormalen, nicht carboxylierten Gerinnungsfaktorvorstufen, sowie abnormales Prothrombin konnten bei einem mit Warfarin behandelten Kalb in grösseren Mengen nachgewiesen werden, nicht jedoch im Plasma von unbehandelten Tieren (Blanchard 1979a).
 
Da die körpereigenen Vitamin-K-Vorräte schnell verbraucht sind, entsteht unter dem Warfarineinfluss ein Mangel an Gerinnungsfaktoren. Auf bereits existierende Gerinnungsfaktoren und Thrombi hat Warfarin keinen Einfluss. Die Ausdehnung bestehender Thrombi, sowie deren Neubildung kann aber eventuell verhindert werden (Allen 2005a; Majerus 2001a; Dennis 1993a).
 
Zwischen den verschiedenen Spezies existieren grosse Unterschiede bezüglich der Empfindlichkeit gegenüber Warfarin (Seller 1977a): Ratten, Mäuse, Schweine und Menschen sind am empfindlichsten (Wilson 2003b), gefolgt von Meerschweinchen, Katzen und Hunden. Weniger empfindlich sind Kaninchen, Rinder und Hühner (Seller 1977a).
 

Protein S und Protein C

Warfarin hat eine hemmende Wirkung auf die antikoagulatorischen Faktoren Protein C und Protein S. Diese ist jedoch von untergeodneter Rolle (Gernert 2010a). Protein S ist ein Vitamin-K-abhängiges Plasmaprotein, welches zusammen mit Protein C als Co-Faktor für die Inaktivierung von Faktor V fungiert (Sugo 1985a). Protein C, ebenfalls ein Vitamin-K-abhängiges Protein, wird durch Thrombin aktiviert und besitzt vor allem antikoagulatorische Eigenschaften: es inaktiviert die Gerinnungsfaktoren V und VIII (Gernert 2010a) und fördert die Fibrinolyse, kann aber in hohen Konzentrationen eine Thrombozytenaggregation auslösen; es greift somit regulierend in die Gerinnungskaskade ein (Herman 1978a). Durch eine Coumarinbehandlung sinkt die Konzentration von Protein C sehr rasch ab, was beim Menschen zu einer vorübergehend erhöhten Thromboseneigung führen kann (Gernert 2010a). Bei Hund und Katze wurde dieses Phänomen noch nicht beobachtet (Dunn 2009a). Im Blut einer mit Warfarin behandelten Kuh konnte Protein C zwar noch nachgewiesen werden, doch besass es keine antikoagulatorischen Eigenschaften mehr (Sugo 1985a). Im Widerspruch dazu wurden bei einem Stier nach der Warfaringabe erhöhte Protein C- und Antithrombin III-Werte gemessen (Hassouna 1977a).
 

Antithrombotischer Effekt

Warfarin erhöht bei Menschen und Kaninchen die inhibitorische Wirkung auf den Faktor Xa, was wiederum einen antithrombotischen Effekt zur Folge hat. Der Mechanismus, welcher zu dieser Inhibierungssteigerung führt, ist bislang unbekannt. Die Aktivitätssteigerung ist meist erst 6 Tage nach Behandlungsbeginn festzustellen, eine Verlängerung der Thromboplastinzeit (PT-Wert, Prothrombinzeit) bereits nach wenigen Stunden. Dies bedeutet, dass selbst wenn ein optimaler PT-Wert erreicht ist, noch Zeit verstreicht, bis die volle antikoagulatorische Wirkung eintritt.
 
Warfarinbehandelte Kaninchen erhielten eine Thrombininfusion, welche der antikoagulatorischen Wirkung des Warfarins auf die Gerinnungsfaktoren entgegenwirken sollte. Erstaunlicherweise wurde trotz des Thrombins ein antithrombotischer Effekt nachgewiesen, der nicht in Zusammenhang mit den herabgesetzten Gerinnungsfaktoren stehen kann, da diese durch die Thrombininfusion substituiert wurden (Wessler 1978a).
 

Blutgefässe und Blutrheologie

Bei bestehenden Thromben beschleunigt Warfarin sowohl die Rekanalisation als auch die Ausbildung eines Kollateralkreislaufes (Madaus 1988a; Hull 1979a). Zudem mindern Coumarinderivate die Aggregation von Thrombozyten an Gefässwänden (Colles 1983a; Reyers 1983a).
 
Bei warfarinbehandelten Ratten war die Kapillarmorphologie verändert. Das Zytoplasma der Endothelzellen enthielt weniger Grundsubstanz und weniger Filamente, wodurch die Endothelzellen vermutlich bereits bei geringen Traumata geschädigt werden. Zudem wurden eine erhöhte Gefässpermeabilität im Kapillarbereich und eine vasodilatatorische Wirkung beobachtet (Kahn 1971a).
 
In einer Studie mit Pferden wurde nachgewiesen, dass Warfarin indirekt die Erythrozytenflexibilität und die Plasmaviskosität herabsetzen kann (Amin 1986a; Colles 1984a). Ebenso reduziert es die Rollenbildungstendenz der Erythrozyten (Madaus 1988a).
 

Carboxylase-Hemmung in Milz, Niere und Lunge

Auch in der Milz und im Nierengewebe von warfarinbehandelten Pferden konnte eine Carboxylase-Hemmung nachgewiesen wurde. Die Auswirkungen einer Warfarintherapie auf die jeweiligen Organsysteme sind noch unklar (Vermeer 1982a), jedoch sind sie vermutlich nicht so schwerwiegend wie die Gerinnungsfaktorsynthesehemmung in der Leber, da während der Therapie der Coumaringehalt in Leberzellmikrosomen 5 × höher ist, als in Mikrosomen anderer Organe (de Boer-van den Berg 1986a).
 
Bei Ratten wurde festgestellt, dass die Carboxylierung von Surfactant-Apoproteinen in der Lunge Vitamin K-abhängig ist und somit durch Warfarin beeinträchtigt werden kann (Rannels 1987a). Eine vergleichende Studie zeigte aber, dass die Surfactant-Apoproteine bei Hunden nicht Vitamin K-abhängig sind (Wallin 1988a).
 

Knochenmineralisation

Warfarin beeinflusst die Vitamin-K-abhängige Carboxylierung von Osteocalcin, welches eine wichtige Rolle in der Erhaltung der Knochenmasse und bei Remodellierungsvorgängen in trabekulären Knochen zu haben scheint. Damit Osteocalcin an Hydroxylapatit im Knochen binden kann, muss es in carboxyliertem Zustand vorliegen. Bei Lämmern, welche während 3 Monaten Warfarin erhielten, wurden eine 30%ige Abnahme des Osteocalcins in der Diaphyse des Metakarpalknochens, eine Osteopenie sowie eine herabgesetzte Knochenresorption und -neubildung festgestellt. Auch in vitro wurde bestätigt, dass Warfarin die Osteocalcinproduktion in Osteoblasten um 50% reduziert (Pastoureau 1993a). Beim erwachsenen Menschen wird nach der therapeutischen Anwendung von Warfarin oder anderen oralen Antikoagulantien keine Veränderung in der Knochendichte festgestellt, doch können die Wirkstoffe einen Einfluss auf die Knochenneubildung haben (Majerus 2001a).
 

Tumorstatischer Effekt

Warfarin hemmt das Wachstum actinomycininduzierter Fibrosarkome in vivo und in vitro (Madaus 1988a).
 

Resistenz

Als cumarinresistent gelten Patienten, die nach üblichen und mässig erhöhten Cumarindosen keine oder nur eine minimale Senkung der Prothrombinaktivität aufweisen (Gerhards 1987a). Man unterscheidet zwischen angeborener und erworbener Warfarinresistenz (Arnold 1977a). Die hereditäre Resistenz wird durch ein autosomales Gen vererbt. Bei der hereditären Resistenz wird wiederum zwischen einer Resistenz auf pharmakokinetischer Basis (gesteigerte Plasmaelimination) und einer Resistenz auf pharmakodynamischer Basis (Veränderung des Cumarinrezeptors) unterschieden (Arnold 1977a). Die erworbene Resistenz entsteht durch unterschiedliche Einflüsse, wie eine herabgesetzte Wirkung durch unzuverlässige Medikamenteneinnahme, Interaktionen mit anderen Wirkstoffen, Schwangerschaft, Laktation, Veränderungen der Blutzusammensetzung (Hyperalbuminämie, Hypoproteinämie, Hyperlipämie), gastrointestinale Erkrankungen (Malabsorption, Diarrhoe) und exzessive Vitamin-K-Aufnahme mit der Nahrung (Arnold 1977a). Wenn nach der Verabreichung üblicher Cumarindosen und nach Ausschluss der zur erworbenen Cumarinresistenz führenden Umstände keine Thromboplastinzeitverlängerung zu verzeichnen ist, muss das Vorliegen einer hereditären Cumarinresistenz in Betracht gezogen werden (Gerhards 1987a).
 
Bei Menschen und Ratten wurden Fälle mit hereditärer Resistenz bedingt durch Veränderungen der Epoxid-Reduktase diagnostiziert (Majerus 2001a; Klaassen 1995a). Bei Ratten wurden bislang zehn verschiedene Mutationen an dem die Epoxid-Reduktase kodierenden Gen festgestellt (Mosher 2010a). In einem Versuch mit Pferden trat ebenfalls ein "Nonresponder" auf; ob es sich in diesem Fall um eine genetische Variation oder um eine erhöhte Vitamin-K-Zufuhr handelte, wurde allerdings nicht abgeklärt (Thijssen 1983a). Bei zwei weiteren Pferden wurde eine hereditäre Cumarinresistenz auf pharmakodynamischer Basis angenommen (Gerhards 1987a). Bei Katzen wurde bislang noch kein Fall einer Cumarinresistenz dokumentiert (Harpster 1995a).
© {{ new Date().getFullYear() }} - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.