Verteilung
Sulfonamide werden weitgehend im ganzen Körper verteilt und sind in der Synovia, Prostata, Amnionflüssigkeit, Pleura und im Peritoneum nachweisbar (
McEvoy 1992a). Ebenso können therapeutische Spiegel im Auge und Liquor erreicht werden (
Greene 1998b). Sulfanilamid liegt aufgrund des hohen pK
a-Wertes nur in der nicht ionisierten Form im Plasma vor und wird schnell im ganzen Körper verteilt (
Davitiyananda 1974b). Aufgrund der guten Lipidlöslichkeit kann Sulfanilamid leicht die Plazentaschranke durchdringen und ist im foetalen Blut und in der Amnionflüssigkeit nachweisbar (
Boulos 1971a). In der Umbilikalarterie werden gleiche Konzentrationen wie im Blut der Mutter erreicht (
Boulos 1971b). Im foetalen Kreislauf ist die Konzentration geringer und das Verhältnis der foetalen zur maternalen Sulfanilamidkonzentration beträgt 0,62 (
Boulos 1971a).
Durch passive Diffusion gelangt Sulfanilamid beim
Rind ins Euter, wobei nur der ungebundene und nicht ionisierte Anteil durch das Mammaepithel diffundieren kann (
Soback 1983a). Aufgrund der tieferen Lipidlöslichkeit ist die passive Diffusion der Acetylmetaboliten langsamer als die des Sulfanilamides (
Baakman 1987a). N
4-Acetylsulfanilamid wird zusätzlich aktiv in die Milch transportiert und erreicht dadurch höhere Konzentrationen als im Plasma (
Rasmussen 1969a). Nach einer oralen Applikation von 200 mg/kg kann im Euter nach 8 ± 4 Stunden eine maximale Sulfanilamidkonzentration von 52 ± 9 μg/ml gemessen werden. Sulfanilamid ist in der Milch zu 28 ± 10% an Proteine gebunden (
Baakman 1987a). Die antimikrobielle Wirkung in der Milch ist gering (
Soback 1983a).
Sulfanilamid kann beim
Huhn auch im Eiweiss und Eigelb nachgewiesen werden. Im Eiweiss ist Sulfanilamid zu 15 - 23% an Proteine gebunden. Nach täglicher oraler Applikation von 92 ± 9 mg/kg können im Eiweiss sowohl Sulfanilamid (35 ± 3 μg/g) als auch N
4-Acetylsulfanilamid (58 ± 4 μg/g) nachgewiesen werden (
Blom 1975a).
Metabolismus
Zu den wichtigsten Metabolisierungsschritten gehören die Acetylierung und Hydroxylierung. Beide Vorgänge finden in der Leber statt. In geringerem Masse werden Sulfonamide auch glukuronidiert und deacetyliert (
Spoo 2001a). Im Gegensatz zum Acetylmetaboliten haben die Hydroxymetaboliten noch eine geringe antimikrobielle Aktivität von 2,5 - 39,5% derjenigen der Originalsubstanz (
Nouws 1985c).
Der wichtigste Metabolit des Sulfanilamides ist das N
4-Acetylsulfanilamid mit der chemischen Formel C
8H
10N
2O
3S (
O'Neil 2001a). Beim
Hund ist dieser Metabolit aufgrund der fehlenden Acetylierung nicht nachweisbar (
Marshall 1954a).
Beim
Wiederkäuer ist die Acetylierung von Sulfanilamid der wichtigste Metabolisierungsschritt und die Acetylsulfanilamidkonzentration im Plasma übersteigt jene der Originalsubstanz. Beim Rind ist nach einer oralen Applikation von 200 mg/kg 31,1% als unverändertes Sulfanilamid, 64,1% als N
4-Acetylsulfanilamid und 4% als N
1N
4-Diacetylsulfanilamid im Plasma vorhanden (
Baakman 1987a). In einer anderen Studie konnte nach einer i.v. Injektion von 60 mg/kg 78 ± 6% als Sulfanilamid, 15 ± 7% als N
4-Acetylsulfanilamid und 4 ± 1% als konjugierter Metabolit im Plasma nachgewiesen werden (
Nielsen 1973a). Beim Kalb ist nach einer intravenösen Applikation von 14,3 mg/kg nach 4 Stunden die Acetylsulfanilamidkonzentration im Plasma höher als die Sulfanilamidkonzentration. Die Anteile betragen 29,4% Sulfanilamid, 67,5% N
4-Acetylsulfanilamid und 3,1% N
1N
4-Diacetylsulfanilamid (
Baakman 1987a).
Das N
4-Acetylsulfanilamid ist der Hauptmetabolit bei der
Ziege. Es ist zu 28 ± 1% an Plasmaproteine gebunden und wird in geringem Masse auch wieder deacetyliert (
Jorgensen 1974a).
Beim
Huhn wird Sulfanilamid rasch acetyliert. Nach einer täglichen oralen Applikation von 92 ± 9 mg/kg kann im Plasma 23 ± 4 μg/ml Sulfanilamid und 27 ± 3 μg/ml N
4-Acetylsulfanilamid gemessen werden (
Blom 1975a).
Elimination
Die Elimination der Sulfonamide erfolgt durch renale Exkretion und Biotransformation. Die renale Exkretion hat verschiedene Mechanismen: glomeruläre Filtration des freien Sulfonamides, aktiver Carrier-vermittelter Transport des ionisierten Anteils der Sulfonamide und deren Metaboliten im proximalen Tubulus, sowie passive Rückresorption des nicht ionisierten Anteils im distalen Tubulus (
Prescott 1988a). Dadurch ist die Absorptionsrate pH-abhängig und nimmt bei tieferem Urin-pH zu (
Spoo 2001a;
Stahlmann 2005a;
Nouws 1987a). Herbivoren können Sulfonamide schneller eliminieren als Karnivoren und Omnivoren, da ihr Urin alkalischer ist (
Van Duijkeren 1994b). Sulfonamide werden in geringem Masse auch über die Tränensekretion, Galle, Milch, Faeces und den Schweiss ausgeschieden (
Spoo 2001a;
Van Duijkeren 1994a). Die acetylierten und hydroxylierten Metaboliten werden zum grössten Teil durch tubuläre Sekretion eliminiert (
Nouws 1988c;
Nouws 1987a;
Nouws 1986b) und nicht mehr rückresorbiert (
Kroker 2003d;
Nouws 1983a).
Die Ausscheidung von Sulfanilamid über die Nieren erfolgt durch glomeruläre Filtration mit tubulärer Resorption. Es ist keine aktive Sekretion nachweisbar und die renale Clearance verhält sich unabhängig von der Plasmakonzentration (
Kamiya 1983a). Beim Hund, Kaninchen und der Ratte ist die Sulfanilamidrückresorption abhängig vom Urinfluss und von der glomerulären Filtrationsrate (GFR). Bei einem erhöhten Urinfluss vermindert sich die Rückresorptionsrate aus dem Tubulus, bei abnehmender GFR steigt die Resorption an (
Komiya 1987a).
Sulfanilamid wird beim
Rind glomerulär filtriert und die Acetylmetaboliten zusätzlich über tubuläre Sekretion ausgeschieden. Durch die Rezirkulierung über den Speichel ist die Eliminationshalbwertszeit beim Rind im Vergleich zum Kalb verlängert. Beim Kalb wird Sulfanilamid vor allem als Acetylmetabolit über den Urin ausgeschieden. Der Anteil an unverändertem Sulfanilamid im Urin beträgt 10 - 16% und der vom N
4-Acetylmetaboliten 69 - 82%. Hydroxymetaboliten können nur zu einem geringen Prozentsatz nachgewiesen werden (
Baakman 1987a). Beim Rind können 2 Stunden nach einer i.v. Injektion von 60 mg/kg 55 ± 4% als Sulfanilamid, 39 ± 5% als N
4-Acetylsulfanilamid und 6 ± 1% als konjugierter Metabolit im Urin nachgewiesen werden (
Nielsen 1973a). Es findet auch eine Ausscheidung über die Milch statt, wobei die Eliminationshalbwertszeit in der Milch länger ist als im Plasma. Nach einer oralen Applikation von 200 mg/kg sind in der Milch 11,4% als Sulfanilamid, 38,7% als N
4-Acetylsulfanilamid, 47,8% als N
1N
4-Diacetylsulfanilamid und 2,2% als N
1-Acetylsulfanilamid vorhanden (
Baakman 1987a).
Beim
Schaf können 8 Tage nach einer oraler Applikation von 100 mg/kg Sulfanilamid Rückstände in den Nieren, der Leber und Muskulatur nachgewiesen werden. Bei kranken Tieren verbleibt Sulfanilamid länger im Gewebe (
Yndestad 1977a).
Bei der
Ziege werden nach einer i.v. Injektion 52 ± 4% als Sulfanilamid, 38 ± 2% als N
4-Acetylsulfanilamid und 7 ± 2% als konjugierter Metabolit über den Urin ausgeschieden (
Nielsen 1973b). Die Ausscheidung des Acetylsulfanilamides erfolgt durch glomeruläre Filtration und aktive tubuläre Sekretion, wobei nur der ungebundene Anteil filtriert werden kann. Die Clearance des Acetylsulfanilamides beträgt 2,8 ± 0,2 ml/min/kg (
Jorgensen 1974a).
Wirkspiegel
Maximale Plasmakonzentration, Cmax
Zeitpunkt der maximalen Plasmakonzentration, Tmax
Eliminationshalbwertszeit
Verteilungsvolumen
AUC
Plasmaproteinbindung
Sulfonamide binden nur locker an Plasmaproteine, hauptsächlich an Albumin und nur ein kleiner Teil an Serumglobulin (
McEvoy 1992a). Die Plasmaproteinbindung ist vom pK
a abhängig. Bei hohem pK
a sinkt die Proteinbindungsfähigkeit (
William 2001a), und sie verändert sich auch durch die Metabolisierung: Acetylierung erhöht und Hydroxylierung senkt das Bindungsvermögen (
Nouws 1987a;
Nouws 1986b). Für die antimikrobielle Aktivität ist nur der ungebundene Teil der Sulfonamide relevant (
Munsey 1996a;
McEvoy 1992a). Die durchschnittliche Plasmaproteinbindung von Sulfanilamid beträgt 20% (
Florestano 1952a). Sulfanilamid bindet beim Rind an ein spezifisches Plasmaprotein, vermutlich ein γ-Gobulin. Dieses Bindungsvermögen ist beim Kalb reduziert, was in einer tieferen Plasmaproteinbindung resultiert (
Baakman 1987a). In Studien mit obesen Ratten, die vermehrt freie Fettsäuren im Blut haben, sank die Proteinbindung von Sulfanilamid ab. Die Ursache könnte eine proteinbindungshemmende Wirkung der freien Fettsäuren sein (
Kaul 1987a).
Clearance