Wirkungsort
Nikethamid gehört zur Gruppe der Stammhirnanalpetika, da die Aktivierung hauptsächlich in der Medulla oblongata stattfindet (
Görlitz 2002a;
Tauberger 1970a;
Lewis 1979a). Die medullären Atem- und Kreislaufzentren werden stimuliert (
Löscher 2003a). Schon bei einer geringen Überdosierung ist jedoch mit einer Stimulierung motorischer Hirn- und Rückenmarkszentren zu rechnen, was zu Krämpfen führt (
Görlitz 2002a).
ZNS
Es findet eine Stimulation des ZNS (
Esplin 1970a), hauptsächlich der Medulla oblongata statt (
Tauberger 1970a;
Lewis 1979a). Der Wirkmechanismus ist nicht bekannt. Die Verabreichung von hohen Dosen kann Krämpfe auslösen. Nikethamid besitzt jedoch auch eine zentral depressive Wirkung. Aus diesem Grund ist der therapeutische Nutzen als Analeptikum gering (
Esplin 1970a).
Kardiovaskuläres System
Die Verabreichung von hohen Dosen in Tierversuchen führte zu einer widersprüchlichen Wirkung auf den Blutdruck (
Esplin 1970a). Bei Kaninchen bewirkt Nikethamid meistens eine Blutdruckerhöhung, bei Hunden, Katzen und Affen jedoch meistens eine Blutdruckerniedrigung (
Hahn 1960a). Es existieren sehr wenig Daten, die die Wirkung von Nikethamid als kardiovaskuläres Stimulans bestätigen (
Esplin 1970a).
Katze
In einer Studie von Tauberger et al. führte die intravenöse Verabreichung von Nikethamid initial zu einer Blutdrucksenkung. Nach hohen Dosen wurden trotz einer ausgeprägten Sympathikuserregung nur blutdrucksenkende Effekte registriert. Diese waren nach 30 Minuten immer noch vorhanden. Da gleichzeitig jedoch eine Sympathikuserregung vorhanden war, vermuten die Autoren, dass Nikethamid eine periphere kreislaufdepressorische Wirkung aufweist (
Tauberger 1970a).
Respirationstrakt
Wie andere Analeptika zeigt Nikethamid nur eine Wirkung bei vorhandenem Sauerstoff. Bei einer schweren Kohlenmonoxid-Vergiftung führt Nikethamid zu keiner analeptischen Wirkung (
Hahn 1960a). Bei einer Dosis, welche eine Atemstimulation auslöst, bewirkt Nikethamid nur eine geringe zentrale Erregung (
Esplin 1970a). Nikethamid führt wahrscheinlich durch eine Stimulation der Chemorezeptoren an den Karotiskörperchen oder durch eine direkte Wirkung am Atemzentrum zu einer Atemstimulation. Der Wirkstoff erhöht die Sensitivität des Atemzentrums auf Kohlendioxid (
Hahn 1960a;
Esplin 1970a). Es wird hauptsächlich die Atemfrequenz und weniger das Atemvolumen gesteigert (
Hahn 1960a). Bei einer verminderten Aktivität des Atemzentrums ist die Wirkung ausgeprägter als bei normal vorhandener Aktivität (
Esplin 1970a). Beim Kaninchen konnte Nikethamid eine durch Pentazocin und Morphin induzierte Atemdepression antagonisieren. Das Atemminutenvolumen und die Atemfrequenz erhöhten sich (
Hunter 1970a). Beim Hund konnte keine antagonisierende Wirkung festgestellt werden (
Franko 1971a).
Körpertemperatur
Bei oraler Aufnahme tritt anschliessend an den bitteren Geschmack ein leichtes Wärmegefühl auf (
O'Neil 2001a). Bei Kaninchen und Mäusen führen Dosen, welche noch zu keinen Krämpfen führen, zu einer Erhöhung der Körpertemperatur. Zusätzlich zur Hyperthermie tritt eine erhöhte motorische Aktivität auf (
Hahn 1960a).
Tachyphylaxie
Beim Menschen erfolgt nach kontinuierlicher oder zu häufiger parenteraler Verabreichung eine Tachyphylaxie (Wirkungsverminderung) (
Taylor 1969b). Bei Ratten führte die Verabreichung von i.p. 200 mg/kg/Tag zu einer starken Toleranz. Die normalerweise bei dieser Dosis einsetzenden Krämpfe traten nicht mehr auf (
Portig 1972a). Nikethamid wird nach Verabreichung zu Nicothinamid metabolisiert. In einer Studie mit Mäusen führte die Verabreichung von Nicothinamid zu einer dosisabhängigen Verminderung der Nikethamid-induzierten Krämpfe und Todesfälle. Es wird vermutet, dass Nicothinamid ein kompetitiver Antagonist von Nikethamid ist und zu einer Tachyphylaxie führt (
Taylor 1969b).