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Anwendungssicherheit

Lindan ist das akut toxischste Isomer des Hexachlorcyclohexans (HCH), wird aber, im Vergleich zu anderen Isomeren, nur wenig im Körper gespeichert (Kühnert 1991a). Säugetiere sind gegenüber der neurotoxischen Wirkung des Lindans 105-fach weniger empfindlich als Insekten (Ungemach 1994b).
Das Ausmass der Schädigung nach Lindanexposition ist von der Art der Zufuhr, der Dosis, sowie der Expositionsdauer und dem Gesundheits- und Ernährungszustand abhängig (Davey 1974a; Kühnert 1991a).
 
Nach Aufnahme toxischer Mengen kommt es vorwiegend zu akuten, seltener zu chronischen Vergiftungen. Vergiftungsmöglichkeiten sind resorptive Vergiftung über die Haut bei grossflächigen Läsionen oder bei Verwendung öliger Zubereitungen ab Dosen von mehreren mg/kg, orale Aufnahme durch Ablecken, bei Säuglingen über die Milch behandelter Muttertiere oder durch akzidentielle Aufnahme lindanhaltiger Zubereitungen und Insektenköder (Ungemach 1994b).
 
Die Toxizität nimmt in folgender Reihe der Applikationswege ab:
i.v. > i.p. > s.c. > oral > dermal.
In öliger Formulierung ist Lindan toxischer als in wässriger, am wenigsten toxisch ist es in kristalliner Form (Herbst 1973a).
Besonders empfindlich sind junge Tiere (unter 3 Monate), Katzen, Ziervögel, geschwächte und sehr magere Tiere (Kühnert 1991a; Ungemach 1994b).
Es bestehen jedoch auch individuelle Unterschiede in der Empfindlichkeit (Solomon 1977a).
 
Die äussere Anwendung von Lindan in Konzentrationen bis zu 0,2% ist für adulte Wiederkäuer, Pferde und Schweine ohne toxische Wirkung. Gefahr besteht allerdings gegenüber Föten bei Gravidität und gegenüber Neugeborenen. (Kühnert 1991a).
 

Akute Toxizität

Akut tödliche Dosen

Maus:p.o. 86 mg/kg
Ratte:p.o. unter 200 mg/kg
s.c. 50 mg/kg
i.p. unter 85 mg/kg
Meerschweinchen:p.o. unter 125 mg/kg
s.c. 100 mg/kg
Kaninchen:p.o. unter 200 mg/kg
dermal 180 mg/kg
s.c. 75 mg/kg
i.v. unter 6 mg/kg
Hund:p.o. unter 200 mg/kg
i.v. 7,5 mg/kg (Kühnert 1991a; Solomon 1977a)
 
Überdosierungserscheinungen treten beim Kalb ab 5 mg/kg, bei adulten Säugern ab 20 - 50 mg/kg auf. Todesfälle sind ab 125 - 200 mg/kg zu beobachten (Ungemach 1994b).
 

Akute Symptome

Das Zielorgan der akuten Toxizität ist das ZNS. Die Vergiftungserscheinungen werden beim Kalt- und Warmblüter von Übererregung und Lähmung motorischer, in geringerem Masse auch sensorischer Nerven bestimmt (Adam 1987a).
 
Bei akuten Intoxikationen kommt es nach einer Latenzzeit von 30 - 60 Minuten nach oraler Aufnahme zu Erbrechen und Durchfall. Nach 2 - 3 Stunden können Erregungszustände, Muskeltremor, Ataxie, Mydriasis und beschleunigte Atmung beobachtet werden. Sehr hohe Dosen führen nach mehreren Stunden zu tonisch-klonischen Krämpfen und schliesslich zu zentraler Atemlähmung (Conley 1951a; Ungemach 1994b).
 

Symptomatik

  1. VerhaltenAngstzustände, Aggressionen, abnormales Reaktionsvermögen (Kopfhalten zwischen den Vorderbeinen, Sprünge über nicht vorhandene Hindernisse)
  2. Neurotoxizität:Hypersensibilität, Zittern der Gesichts- und Augenmuskulatur, Zitterkrämpfe der Halsmuskulatur, die sich nach kaudal ausdehnen, Kieferknirschen, tonisch-klonische Krämpfe
  3. Vegetatives System:Erbrechen, Speicheln, Diarrhoe, unkontrollierter Harnabgang
  4. Bewegungsapparat:steifer Gang, Zwangsbewegung, Inkoordination
  5. Begleitsymptome:stark durchblutete Haut (besonders die Ohren), Dyspnoe
 
Der Tod kann innerhalb von Minuten, nach Stunden oder Tagen eintreten (Kühnert 1991a).
 

Therapie

-Verbringen des Tieres in eine ruhige, dunkle Umgebung (Van Miert 1994a),
-Zentralnervös ausgelöste Konvulsionen werden mit Antikonvulsiva (Diazepam oder Barbiturate; Nutztiere auch Chloralhydrat) behandelt. Im Depressionsstadium der Vergiftung sollten diese Pharmaka nicht angewandt werden; hier muss Sauerstoff verabreicht und evtl. beatmet werden.
-Zur Regulierung der parasympatischen Symptome kann Atropin in kleinen Dosen appliziert werden.
-Bei Hyperthermie Kühlung.
-Bei oraler Aufnahme Erbrechen induzieren und salinische Laxantien und Aktivkohle, später nicht resorbierbare Öle (Paraffinum subliquidum) verabreichen. Kontraindiziert sind Milch und resorbierbare Öle!
-Bei dermaler Vergiftung Haut mit Seifenlösung abwaschen.
-Leberschontherapie.
-Phenobarbitalgaben von 10 mg/kg pro Tag induzieren die mikrosomalen Leberenzyme und beschleunigen den Metabolismus (Kühnert 1991a).
 

Subakute und chronische Toxizität

Lindan wird im Körperfett gespeichert, sodass es erst einige Tage später zu Vergiftungsymptomen kommen kann.
Starke Abmagerung kann zur Freisetzung grösserer Mengen Lindans aus dem Fettgewebe führen und subakute bis chronische Vergiftungen hervorrufen (Ungemach 1994b; Kunkel 1997a).
Zur chronischen Vergiftung mit Lindan kann es auch durch langfristige Aufnahme geringer Dosen über die Haut, die Lunge oder dem Magen-Darm-Trakt kommen.
Die Symptome der chronischen Intoxikation sind unspezifisch. Es kommt zu erhöhter Nervosität, neurologischen Störungen, Koordinationsverlust, Tremor, Muskelschwäche, Abmagerung, Wachstumsstörungen bei Jungtieren, gestörtem Sexualzyklus, Fertilitätsstörungen, Anämie, Leber- und Nierenschäden (Kühnert 1991a; Conley 1951a). Ausserdem gilt Lindan als Tumor-Promoter (Herbst 1973a). Es besitzt eine karzinoge Wirkung auf die Leber von Mäusen und Ratten (Reuber 1980a).
 

Reproduktion

Lindan gilt als nicht mutagen und nicht teratogen, führt aber bei Langzeitexposition zur verminderten Fertilität oder gar zur Fortpflanzungsunfähigkeit (Kühnert 1991a; Herbst 1973a; Klimmer 1955a).
In einer Studie wurden orale Dosierungen von 5, 10 oder 20 mg Lindan pro kg Körpergewicht während der Tage 6 bis 15 der Trächtigkeit an Ratten verabreicht. Toxische Effekte wurden bei Dosierungen von 10 - 20 mg/kg im Muttertier und Fötus beobachtet. Infolgedessen hat die WHO die Dosis von 5 mg/kg Körpergewicht als NOEL (No Observed Effect Level) bezeichnet (Palmer 1978b).
Lindan geht sowohl über die Plazenta, als auch über die Muttermilch auf die Jungtiere über (Zajac 1980a).
 

Umwelttoxizität

Chlorierte Kohlenwasserstoffe sind persistent und werden in grösserem Umfang von organischer Substanz absorbiert und gespeichert. Durch die Kumulation in den Nahrungsketten der Organismen erreichen diese Rückstände toxische Dimensionen. Auf der Ebene der Nahrungskette findet eine annähernd zehnfache Anreicherung der Schadstoffe statt, sodass bei den am Ende der Nahrungskette stehenden Spezies schwere Schäden auftreten können (Mutschler 1991a).
Lindan wirkt bienentoxisch und ist hochgiftig für Fische (Ungemach 1994b; Adam 1987a).
© {{ new Date().getFullYear() }} - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

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