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Anwendungssicherheit

Fenthion hat bei korrekter Anwendung eine relativ geringe Säugertoxizität. Der Sicherheitsindex (S.I.) von Fenthion beträgt beim Hund 6 und bei der Katze 5 (Deplazes 1999a).
 
Unter Stress stehende oder geschwächte Tiere, bestimmte Hunderassen (Greyhounds, andere Windhunde), Hunde unter 3 kg Körpergewicht und Katzen unter 1 Jahr oder 2 kg Körpergewicht sind jedoch wesentlich empfindlicher (Ungemach 1994b; Van Miert 1994a).
 
Technisches Fenthion in kommerziellen Produkten erwies sich als giftiger, als der chemisch reine Stoff (Sakshaug 1965a).
 
Fenthion ist nicht mutagen in Säugetieren (Bai 1990a).
 
Einen grossen Einfluss auf die Toxizität der Organophosphate üben die Formulierungszusatzstoffe, insbesondere die organischen Lösungsmittel, aus. Hier spielen die Transmitter- oder Carrierfunktionen dieser Stoffe eine Rolle (Transportgeschwindigkeit durch die Haut oder Schleimhaut).
 
Auch das Vorhandensein weiterer chemischer Verbindungen im Körper kann die Toxizität der Organophosphate beeinflussen. Zwei Organophosphate können im Organismus sowohl als Synergisten wirken (z.B. Malathion und Trichlorfon) als auch antagonistisch reagieren (Malathion und Parathion).
 
Auch Arzneimittel mit esterasesenkender Wirkung (z.B. Succinylcholin, Phenothiazine, Procaine) und Arzneimittel mit neuromuskulären Angriffsort (z.B. Anästhetika, Magnesiumionen) können die Toxizität von Organophosphaten erhöhen (Kühnert 1991a).
 

Akute Toxizität

Eine akute Organophosphatintoxikation wird durch eine irreversible Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase verursacht. Organophosphate blockieren die Acetylcholinesterase durch Phosphorylierung an der esteratischen Gruppe. Das gebildete Phosphorylenzym blockiert die Kopplung von Enzym und Acetylcholin und damit die biokatalytische Spaltung durch die Esterase. In der Folge findet eine Anreicherung von Acetylcholin an neuromuskulären Verbindungstellen, den parasympathischen postganglionären Enden der glatten Muskulatur, am Herzmuskel und an den Drüsen, allen autonomen Ganglien und an den cholinergen Synapsen im Zentralnervensystem statt. Damit sind alle muskarin- und nikotinartigen cholinergen Rezeptoren übererregt, es kommt zu unkontrollierten und für den Organismus dysphysiologischen Organreaktionen (Hass 1970a; Kühnert 1991a).
 

Letale und toxische Dosen

Hunde können bei dermaler Applikation von Dosen über 160 mg/kg (Hopkins 1984b), Katzen bei Dosen von über 80 mg/kg Symptome einer Organophosphat-Vergiftung zeigen.
 
Katzen tolerieren bei oraler Aufnahme 20 mg ohne Nebenwirkungen (Produktinformation Bayer).
 
Die orale toxische Dosis beim Rind ist 25 mg/kg, die orale letale Dosis beträgt 50 mg/kg (Clarke 1975a).
 
Vögel, insbesondere Wildvögel sind gegenüber Fenthion wesentlich empfindlicher als Säugetiere (McKenzie 1996a; Farage-Elawar 1987a).
 

Orale LD50

Ratte178 - 615 mg/kg (Osweiler 1985a; Sakshaug 1965a)
Maus125 mg/kg (Sakshaug 1965a)
Vögel1,3 - 26 mg/kg (Osweiler 1985a)
Haustaube1,8 - 4,6 (McKenzie 1996a).
 

Dermale LD50

Hundüber 300 mg/kg
Katzeüber 150 mg/kg
Ratte271 (Bai 1990a) mg/kg
Kaninchenüber 400 mg/kg
Meerschweinchenüber 700 mg/kg
 

Symptome

Überdosierungserscheinungen entsprechen dem typischen Bild einer Organophosphatvergiftung und sind Ausdruck überhöhter Acetylcholinkonzentrationen durch Hemmung der Acetylcholinesterasen.
Es wurde festgestellt, dass die meisten Tiere Vergiftungserscheinungen zeigen, wenn die Plasma-Cholinesterase um 75% und die Cholinesterase der Erythrozyten um 50% gehemmt sind (Sundlof 1984a).
 
Durch die hohen Acetylcholinkonzentrationen kommt es zur Übererregung des peripheren cholinergischen Systems (Hass 1970a). Die Symptomatik kann sowohl durch muskarinartige, nikotinartige oder zentralnervöse Effekte bestimmt sein (Courtney 1995a).
Die klinischen Symptome treten je nach Schweregrad der Vergiftung innerhalb von Minuten bis Stunden auf (Nafe 1988a).
 

Stimulation der muskarinartigen Rezeptoren an parasympathischen Nervenendigungen

Exokrine Drüsen:Salivation, Lakrimation, Schwitzen
Augen:Miosis (beim Schwein Nystagmus), injizierte Konjunktivalgefässe
Gastrointestinaltrakt:Übelkeit, Erbrechen (besonders beim Hund), Diarrhoe, Tenesmus, fäkale Inkontinenz
Respirationsapparat:Bronchokonstriktion, Bronchospasmus, Husten, Bradypnoe, Dyspnoe
Kardiovaskuläres System:Bradykardie, Blutdruckabfall
Blase:frequenter Harnabsatz (Adam 1987a).
 

Stimulation nikotinartiger Rezeptoren an vegetativen Ganglien und motorischen Endplatten

Muskulatur:Unruhe, Tremor, Ataxie, Muskelsteife, generalisierte Muskelzuckungen und schliesslich Paralyse (Courtney 1995a; Adam 1987a).
 

Stimulation der Acetylcholinrezeptoren im Gehirn

ZNS:Bei Durchtreten der Blut-Hirnschranke und Erregung zentraler Cholinozeptoren kommt es zu Angst- und Unruhezuständen, Hyperaktivität, Lethargie, Müdigkeit, Tremor, Krämpfen und Koma mit Atemlähmung.
 
Der Tod tritt infolge einer, durch Lähmung der Atemmuskulatur, Hemmung des Atemzentrums und gesteigerte Bronchokonstriktion und -sekretion verursachten Dyspnoe ein (Adam 1987a; Kühnert 1991a).
 

Diagnose

Die Gesamtblut-Acetylcholinesteraseaktivität ist ein wichtiger Parameter für eine Organophosphatvergiftung. Ein Absinken unter 25% des Normalwertes weist auf die Wirkung eines Acetylcholinesterase-Hemmers hin (allerdings nicht spezifisch für Organophosphate) (Kühnert 1991a).
 

Therapie der Fenthionintoxikation

Da die Hemmung der Acetylcholinesterase durch Alkylphosphate nahezu irreversibel ist, muss die Enzymaktivität grösstenteils durch Neusynthese wiederhergestellt werden, was entsprechend lange Zeiträume in Anspruch nimmt (Adam 1987a). Eine völlige Erholung ist von der Schwere des Vergiftungsfalles abhängig und verläuft über mehrere Tage bzw. Wochen (Kühnert 1991a).
 
Das bevorzugte Antidot für die akuten, lebensbedrohlichen, muskarinartigen Symptome ist Atropin (parasympatholytisch). Es antagonisiert kompetitiv die Wirkung von Acetylcholin an den muskarinartigen Rezeptoren im autonomen Nervensystem und auch an nicht definierten Rezeptoren des ZNS (Douglas 1952a).
 
Dosierung des Atropins (ein Drittel intravenös, den Rest subkutan):
-Rind:0,6 mg/kg
-Schaf:1,0 mg/kg
-Pferd:0,1 mg/kg
-Hund:0,3 mg/kg
-Katze:0,3 mg/kg
 
Eine wirksame Atropinisierung ist erreicht, wenn die Pupillen dilatieren und die Salivation sistiert; Wiederholung falls nötig alle 4 - 6 Stunden bis maximal 6 mg/kg Totaldosis erreicht sind; (Kühnert 1991a; Adam 1987a).
 
Darüberhinaus ist der Einsatz kausaler Antidote mit Eingriff in den toxischen Wirkungsmechanismus der Noxe möglich. Mit Pralidoxim und Obidoxim kann die Cholinesterase durch Ablösen des Alkylphosphates und Dephosphorylierung des Enzyms reaktiviert werden. Dies ist jedoch nur bis maximal 24 h nach der Giftaufnahme möglich. Obidoxim oder Pralidoxim sollten erst nach der Behandlung der akuten Vergiftungsymptome mit Atropin verabreicht werden. Die
Dosierung für Obidoxim ist 2 - 5 mg/kg i.v. (evtl. auch i.m.), für Pralidoxim 20 - 100 mg/kg. Wiederholung frühestens nach 20 min, in der Regel nach 2 Stunden. CAVE: Obidoxim selbst kann auch Cholinesterasen hemmen! (Kühnert 1991a; Adam 1987a).
 
Als weitere symptomatische Therapiemassnahmen sind nötig:
  1.Aufrechterhaltung der Atmung (Absaugen des Bronchialsekretes und Beatmung)
  2.Bei oraler Aufnahme Giftentfernung durch Emesis oder Magenspülung, Aktivkohle, Glaubersalz oder neutrales Mineralöl
  3.Bei Aufnahme über die Haut Waschbehandlung mit wässriger, alkalischer, detergenzienhaltiger Lösung
  4.Azidose- und Krampfbehandlung (Ungemach 1994b).
  5.Elektrolyt- und Multivitamingaben zur Unterstützung des Leberstoffwechsels (Kühnert 1991a; Adam 1987a; Ungemach 1994b)
 

Subchronische Toxizität

Ratten

Nach 60-tägiger Gabe von Fenthion (3,59 mg/kg/Tag) an Ratten konnten keine Abnormalitäten in Bezug auf Überlebensrate, Gewichtszunahme und die Ergebnisse pathologischer Untersuchungen, festgestellt werden (Bai 1990a).
 

Hund

Die wiederholte dermale Applikation von Fenthion als 20%iges spot-on in einer Dosierung von 70 mg/kg im Abstand von 7 Tagen führte auch nach insgesamt 11 Applikationen nicht zu Vergiftungserscheinungen bei Hunden.
Werden jedoch zweimal wöchentlich 70 mg/kg als 20%iges spot-on dermal verabreicht, können bereits nach der 5. Applikation Symptome einer Intoxikation beobachtet werden (Hopkins 1984b).
 

Chronische Toxizität

Ratten tolerierten in Studien zur subakuten und chronischen Toxizität tägliche Gaben von 14,5 mg/kg über 60 Tage ohne Mortalität. Die Langzeitapplikation bewirkte lediglich eine reversible Cholinesterasehemmung verschiedenen Grades. Es gab keine Hinweise auf karzinogene oder teratogene Eigenschaften. Es findet keine Speicherung nennenswerter Wirkstoffmengen im Körper statt (Produktinformation Bayer).
 

Delayed-onset neuropathy

Bei einigen Organophosphaten ist ein verspäteter neurotoxischer Effekt bekannt. Die sogenannte OPIDN (organophosphorus ester-induced delayed neuropathy) tritt ca. 7 - 21 Tage nach der Exposition zu einer neurotoxischen Dosis eines Organophosphates auf und äussert sich in Schwäche, Ataxie, propriozeptiven Defiziten, insbesondere in den Hintergliedmassen, bis hin zur Paralyse. Histologisch kann eine symmetrische, distale, primäre axonale Degeneration im zentralen und peripheren Nervensystem, mit sekundärer Myelindegeneration beobachtet werden (Fikes 1990a; Francis 1985a; Richardson 1992a). Dieses Syndrom ist speziesspezifisch (Francis 1985a) und konnte experimentell bei verschiedenen Spezies, einschliesslich Hunden, Katzen, Kaninchen und Meerschweinchen, hervorgerufen werden (Johnson 1975a). Je nach Organophosphatverbindung kann die Symptomatik irreversibel verlaufen oder aber auch langsam über Wochen zur Regeneration führen (Kühnert 1991a).
Fenthion gehört zu den OPIDN-hervorrufenden Organophosphatverbindungen (Farage-Elawar 1987a).
 
Auch eine andauernde oder sich wiederholende starke Hemmung der Cholinesterasen durch Organophosphate führt zu degenerativen Veränderungen an den Nervenachsen (Demyelinisierung), beginnend an den peripheren motorischen Bahnen, über den Spinalstrang zum Hirnstrang fortschreitend (Kühnert 1991a).
 
Chronische Exposition zu Fenthion führt bei Geflügel zu drastischen Gewichtsverlust und Gehstörungen. Eine Erholung tritt nur sehr langsam ein (Francis 1985a).
 

Reproduktion

Organophosphate sind im allgemeinen nicht teratogen.
 

Schwein

Bei Schweinen wurden jedoch nach Verabreichung in der späteren Trächtigkeit verschiedene Fruchtschäden beobachtet. Ausserdem besteht in der Spätträchtigkeit erhöhte Abortgefahr (Ungemach 1994b).
 

Kühe

Bei zweimaliger topischer Applikation (Abstand 3 Wochen) von 20%igem Fenthion an Kühe im 5. Trächtigkeitsmonat in 5-facher Überdosierung (25 mg/kg), wurden weder Aborte noch andere klinische Symptome beobachtet (Joubert 1979a).
 

Hund und Katze

Bei Hunden und Katzen sind keine negativen Einflüsse auf Fertilität, Befruchtungsfähigkeit und fetale Entwicklung bekannt (Hopkins 1984b) (Produktinformation Bayer).
 

Umwelttoxizität

Organophosphate sind in der Umwelt nur wenig persistent. Die Fisch- und Bienentoxizität ist unterschiedlich (Ungemach 1994b).
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