Antiarrhythmika der Klasse IV, Kalziumkanalblocker
Wirkungsmechanismus
Kalziumkanalblocker hemmen den Ca
2+-Einstrom durch Blockade des potentialgesteuerten Ca
2+-Ionenkanals. Da der Na
2+-Ioneneinstrom unbeeinflusst bleibt, wirken diese Substanzen in erster Linie dort, wo die langsam fortgeleiteten Potentiale von Bedeutung sind, im Sinus- und AV-Knoten. Die Wirkung ist änlich der der Beta-Blocker, diese wirken jedoch über den rezeptorgesteuerten Ca
2+-Einstrom.
Kalziumkanalblocker blockieren durch Bindung an die Alpha
1-Untereinheit des L-Typ Ca
2+-Kanals (
Schütz 1998a) den Ca
2+-Einstrom durch die Zellmembran an den kardialen Zellen, den glatten Muskelzellen der Gefäße (
Adams 1995b;
Schütz 1998a;
Plumb 1999a;
Sponer 1996a) und diversen erregbaren Zellen (
Adams 1995b;
Ungemach 1994c). Sie haben so einen inhibitorischen Effekt auf die Kontraktion. Die Bindung und Dissoziation erfolgt langsam (
Schwarzl 1996a). Die Kalziumkanalblocker binden mit hoher Affinität nur an den in offenem oder inaktiviertem Zustand befindlichen Kanal, die Affinität zu dem Kanal im Ruhezustand ist gering. Dadurch sind sie bei hoher Entladungsfrequenz besonders wirksam ("use-dependence") (
Schütz 1998a).
Herz
Das Herzminutenvolumen bleibt bei erhöhtem Schlagvolumen unverändert (
Tuman 1990a). Verapamil und Diltiazem kehren das myokardiale Kraft-Frequenz Verhältnis um und bewirken einen frequenzabhängigen Antagonismus des Ca
2+-Einstroms durch den Typ L-Ca
2+-Kanal in der depolarisierten Faser (
Strickland 1998a).
Erregungsbildung, -leitung
Kalziumkanalblocker bremsen die Erregungsbildung im Sinus- und im AV-Koten (
Adams 1995b) und reduzieren die Sinusfrequenz (
Stark 1995a). Außerdem haben sie einen inhibitorischen Effekt auf die Erregungsleitung und besitzen antiarrhythmische Eigenschaften (
Plumb 1999a).
Die Wirkungen auf die Herzfrequenz werden teils als geringgradig bezeichnet (
Hinohara 1987a) oder als negativ chronotrop beschrieben (
Tuman 1990a;
Jolly 1991a;
Sponer 1996a;
Tilley 1997a). Es wird auch über eine initiale Zunahme, gefolgt von einer Abnahme der Herzfrequenz berichtet (
Eigenmann 1987a). Weiterhin wird die sinuatriale Erregungsausbreitung und die Weiterleitung über den AV-Knoten (
Ungemach 1994c;
Plumb 1999a;
Adams 1995b;
Stark 1995a;
Sponer 1996a;
Liegeois J- 1994a;
Tilley 1997a) dosisabhängig, unabhängig vom Tonus des vegetativen Nervensystems, gehemmt. In therapeutischen Dosen werden Vorhof- und Kammermyokard, ebenso wie die Purkinjefasern, kaum beeinflusst (
Tilley 1997a). Die Refraktärzeit des AV-Knotens wird verlängert (
Plumb 1999a), normale und anormale Automatien werden gehemmt (
Strickland 1998a).
Es besteht eine herabgesetzte Tendenz zur ektopen Erregungsbildung (
Plumb 1999a). Die Schwelle zum Myokardflimmern bei Elektrostimulation ist beim Hund unter Verapamil erhöht (
Tilley 1997a).
Gefäßsystem
Wegen des verminderten Ca
2+-Einstroms auch in den glatten Muskelzellen der Gefäße besitzen die Kalziumkanalblocker auch vasodilatatorische Wirkungen besonders an den koronaren Gefäßen (
Sponer 2002a). Die antihypertensive Wirkung ist bedingt durch die Vasodilatation (
Ungemach 1994c).
Negative Inotropie
Kalziumkanalblocker wirken durch Hemmung des transmembranösen Ca
2+-Transports kardiodepressiv (
Windholz 1983a;
Kraft 1999a;
Tilley 1997a).
Kalziumkanalblocker im Vergleich
Bei Verapamil dominieren die kardialen Wirkungen. Bei den Dihydropyridinen Nifedipin und Amlodipin stehen im Gegensatz zu Verapamil die Wirkungen auf die Blutgefäße eindeutig im Vordergrund, so dass eine Dilatation der peripheren Arteriolen und somit eine Senkung der Nachlast die Hauptwirkung darstellt. Diltiazem nimmt eine Mittelstellung unter den Kalziumkanalblockern ein. Es besitzt Wirkungen auf Herz und Gefäße.
Verapamil
Nach intravenöser Gabe führt Verapamil zu Erweiterung der Gefäße (
Tilley 1997a;
Strickland 1998a), die vasodilatatorischen Wirkungen sind nur kurzfristig (
Ungemach 1994c). Die Vasodilatation ist Folge einer direkten Wirkung auf die Gefäße und einer geringen Blockade der Alpha-Rezeptoren (
Tilley 1997a). Verapamil senkt so auch die Nachlast (
Plumb 1999a;
Sponer 1996a). Eine Erweiterung der Koronararterien (
Windholz 1983a;
Kraft 1999a;
Tilley 1997a) ist dosisabhängig (
Eigenmann 1987a). Sie führt zu einer verbesserten koronaren Durchblutung (
Ungemach 1994c). Verapamil senkt den systolischen systemischen Blutdruck (
Hinohara 1987a) und den mittleren arteriellen Blutdruck (
Jolly 1991a;
Schwartz 1986a) dosisabhängig. Auch die Verringerung des systemischen vaskulären Widerstandes, des Herzminutenvolumens und des hepatischen Blutflusses ist dosisabhängig (
Hamann 1984a).
Alpha-blockierende Wirkung
Verapamil besitzt eine unspezifische, die alpha-adrenergen Rezeptoren blockierende Wirkung (
Muller 1988a).
EKG
Verapamil führt zu einer deutlichen Verlängerung des PQ- und des PR-Intervals (
Jolly 1991a;
Schwartz 1986a;
Arnold 1985a), die Frequenz des Sinusknotens, der QRS-Komplex und das QT-Intervall bleiben bei Patienten mit Sinusrhythmus mehr oder weniger unverändert (
Tilley 1997a).
Altersabhängigkeit der Wirkung
Die Verlängerung des PR-Intervalls ist bei Welpen im Alter von 6 Wochen nicht zu beobachten, ebenso keine Beschleunigung der Herzfrequenz. Trotz höherer Plasmaspiegel scheint die Empfindlichkeit auf Verapamil geringer zu sein (
Arnold 1985a).