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Pododermatitis

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

Pododermatitis kommt sehr häufig beim Kaninchen vor. Meistens sind die Hintergliedmassen beidseitig betroffen.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Fehlender Fussballen, dünne Haut und plantigrade Stellung mit Gewicht zwischen Metatarsus und Zehen in Ruhezustand sind physiologische Eigenschaften der Kaninchenfüsse, die für eine Pododermatitis prädisponieren. Besonders prädisponiert sind grosse Kaninchenrassen, Tiere mit kurzen Haaren, nervöse Tiere (häufiges Klopfen mit den Hinterfüssen), obese und trächtige Kaninchen.
 
Häufige Ursachen sind: harte, abrasive (z.B. Teppiche) Böden, nasse/feuchte oder unhygienische Oberflächen (z.B. urinverschmutzte Böden), abnormale Gewichtsbelastung (angeborene oder erworbene Bein-Missbildung, Trauma, Lahmheit, Parese, Obesitas) und bewegungseinschränkende Zustände (Obesitas, orthopädische Erkrankungen, Schmerzen).
 
Ischämie und Nekrose des komprimierten Gewebes mit daraus resultierenden Ulzerationen verursachen einen Teufelskreis: durch die Schmerzen bewegt sich das Kaninchen weniger und die Läsionen werden schlimmer.
 
Bakteriellen Infektionen können sekundär auftreten.
 
Komplikationen: Zellulitis, Abszess, Osteomyelitis, Synovitis, Tendinitis, septische Arthritis, Gefässruptur, Anämie, gastrointestinale Stase.
 

Erreger

Meist Pasteurella multocida und Staphylococcus aureus, seltener andere Erreger.
 

Symptome

Basierend auf dem «Pet Rabbit Pododermatitis Scoring System» (PRPSS) Einteilung in Grade von 0 (keine Veränderungen) bis 6 (schwerwiegende Veränderungen):
 
GradGrad PRPSSSymptome
Keine Pododermatitis0Keine Veränderungen
leichtgradig1Kleine lokalisierte, runde Fläche plantar am Metatarsus mit minimaler Alopezie, Hyperämie und/oder Hyperkeratose
mittelgradig2Läsionen linear plantar entlang den Metatarsus mit offensichtlicher Alopezie, Erythem und Abschuppen des umliegenden Gewebes
 3Fläche unterschiedlicher Grösse mit fokalen Ulzerationen und variablen Grad von Keratinisierung

Zusätzlich Infektion des subkutanen Gewebes
hochgradig4Hautverlust mit Schwellung und Nekrose mit Infektion des unterliegenden Gewebes, evtl. mit eitrigem Exsudat
 5Hochgradige Infektion mit Beteiligung von tiefen Strukturen einschliesslich Knochen und Sehnen mit Tenosynovitis, Osteomyelitis und Arthritis
Endstadium6Verlust der Fussfunktion
 
Modifiziert nach Mancinelli et al. 2014
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Vollständige klinische Untersuchung sowie Lahmheitsuntersuchung und neurologische Untersuchung der Extremitäten.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Röntgen, CT, MRT), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Tupfer oder Biopsie (Gewebe, Knochen) für Kultur und Antibiogramm. Eine Kultur aus einem oberflächlichen Tupfer ist selten diagnostisch.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Leichtgradige Fälle können unter Kontrolle gehalten werden durch Beseitigung der Ursache(-n) (Haltung, Gewicht, Grunderkrankung).
 
Die Fusshaare dürfen nicht geschoren werden, da sie als Polsterung dienen. Die einzige Ausnahme ist, wenn sie die Heilung beeinträchtigen.
 
Mittel-bis hochgradige Fälle: Beseitigung der Ursache, lokale Therapie (Antiseptika, Flüssigkeitsspülung, evtl. Antibiotika), analgetische, entzündungshemmende Therapie, systemische Antibiose.
 
In einigen Fällen ist eine chirurgische Therapie (Débridement, Spülung) erforderlich. Diese sollte jedoch mit Vorsicht und nur dann geschehen, wenn sie wirklich notwendig ist, da weitere Läsionen den Zustand verschlechtern können.
 
Als Ultima Ratio bei sehr komplizierten oder nicht therapieresponsiven Fällen kann eine Amputation in Betracht gezogen werden. Die Anwendung topischer Medikamente ist bei Kaninchen aufgrund ihres intensiven Pflegeverhaltens erschwert. Medikamente, die bei oraler Einnahme toxisch sind oder schwere Nebenwirkungen verursachen, sollten nicht lokal angewendet werden (Kapitel 9.3 Kontraindikationen des allgemeinen Teils).
 

Antibiotika

Eine systemische Antibiotikatherapie ist bei tiefen oder persistierenden Infektionen, welche ab Grad 4 der PRPSS vorkommen, indiziert und sollte basierend auf dem Antibiogramm erfolgen.
 
Als «first line» Antibiotikum ist Trimethoprim-Sulfonamid indiziert. Es wird bei infektiösen Hauterkrankungen ebenfalls eingesetzt, diese Kombination wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten) ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Es gibt variable Resistenzraten bei Anaerobiern, Staphylokokken und E. coli und die Wirkstoffkombination wirkt nicht gegen Pseudomonas aeruginosa.
 
Als «second line» Antibiotika sind Penicillin G parenteral oder Chloramphenicol peroral indiziert.
 
Penicillin G parenteral (s.c.) wirkt gegen zahlreiche grampositive und anaerobe Bakterien sowie gegen Pasteurellaceae. Depotpräparate (Procain-/Benzathin-Benzylpenicillin) sind ebenfalls wirksam. Als Nebenwirkungen können gastrointestinale Störungen, Hautreaktionen an der Injektionsstelle oder Anaphylaxie auftreten. Trotz dieser möglichen Nebenwirkungen gilt dieses Antibiotikum als sicher, wenn es parenteral verabreicht wird.
 
Chloramphenicol ist auch oral verabreicht verträglich und wirkt gegen zahlreiche grampositive, gramnegative und anaerobe Bakterien. Der Wirkstoff kann beim Menschen eine aplastische Anämie verursachen. Deshalb wird dringend empfohlen, Chloramphenicolpräparate nur mit Handschuhen und erhöhter Vorsicht zu verabreichen.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) wirken gegen die meisten gramnegativen Keime, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen, können peroral oder parenteral (s.c., i.v.) verabreicht werden und gelten als verträgliche Antibiotika. Sie gehören zu den kritischen Antibiotika und bei mehreren Errgern (z.B. Staphylococcus spp.) wurden variable Resistenzraten nachgewiesen, deshalb sollten sie nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Azithromycin ist ein Makrolid mit bakteriostatischer Wirkung, das in hohen Dosen auch eine bakterizide Wirkung gegen empfindliche Bakterien haben kann. Es wirkt gegen gramnegative und weniger gegen grampositive Bakterien. Azithromycin kann Nebenwirkungen im Magendarmtrakt verursachen, daher sollte es bei hyporektischen, anorektischen oder Tieren mit gastrointestinalen Symptomen vermieden und während der Behandlung sollte man auf Nebenwirkungen achten. Es handelt sich um ein kritisches Antibiotikum und es ist nicht wirksam gegen Staphylococcus aureus, weshalb es nur nach einem Antibiogramm eingesetzt werden sollte, wenn kein alternatives Antibiotikum wirksam ist.
 
Pododermatitis ab Grad 4 PRPSS
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First LineTrimethoprim-Sulfonamid30 mg/kg 2 × täglich p.o.
oder
30 mg/kg 1 - 2 × täglich s.c.
Bis AbheilungNicht bei Niereninsuffizienz
Second LineChloramphenicol25 mg/kg 2 - 3 × täglich p.o.Bis AbheilungChloramphenicol kann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen verabreichen
 Penicillin G
(inkl. Depotpräparate)
42'000 - 60'000 IU/kg 1 × täglich oder jeden 2. Tag s.c. Penicillin G NIE peroral verabreichen
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.v.
oder
5 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.
Bis AbheilungKritische Antibiotika
 Marbofloxacin2 - 5 mg/kg 1 × täglich p.o.
oder
2 mg/kg 1 × täglich s.c./i.m./i.v.
  
 Azithromycin15 - 30 mg/kg 1 × täglich p.o.  

Resistenzlage

Staphylococcus spp. (v.a. S. aureus) und P. multocida können gegenüber mehreren Antibiotika Resistenzen aufweisen.
 
MRSA (Methicillin resistant Staphylococcus aureus) sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und oft gegen viele andere Antibiotika (einschliesslich Chloramphenicol, Fluorchinolone) und kommen bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen vor. Eine Mensch-Tier (und umgekehrte) Übertragung von solchen Bakterien wurde nachgewiesen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin, Marbofloxacin), insbesondere wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Weicher Boden, Gewichtsmanagement, Förderung von Bewegung (besonders in leichtgradigen Fällen).
 
Assistierte Fütterung und Flüssigkeitstherapie für Tiere mit Hyporexie oder Anorexie.
 
Topische Wirkstoffe können zur Unterstützung der Wundheilung und Epithelisierung eingesetzt werden.
 
Verschiedene Wundverbände und -auflagen können die Wundheilung unterstützen.
 

Prävention

Artgerechte Fütterung (siehe auch Kapitel 1.1.1 Zahnerkrankungen), stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Artgerechter Untergrund, Förderung von Bewegung, Gewichtsmanagement, regelmässige Kontrollen zur Erkennung und Behandlung von Frühstadien der Krankheit.
 
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