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Hauterkrankungen

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

Dieses Kapitel befasst sich mit Pyodermien.
Pododermatitis, Abszesse, Bissverletzungen und Kaninchensyphilis werden in anderen Kapiteln diskutiert.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Bakterielle Hauterkrankungen sind meist sekundär, seltener primär.
 
Ursachen und Risikofaktoren für sekundäre bakterielle Hautinfektionen:
 
-Unzureichende Fellpflege (z.B. bei Obesitas) oder verfilztes Fell (z.B. bei Angora-Rassen).
-Hautläsionen (Verletzungen, Verbrennungen, Kratzer, Ektoparasiten, Myiasis, Pilze, Viren, Neoplasien, endokrinologische Erkrankungen).
-Unhygienische Haltung (reizende Substanzen wie Urin, feuchter Boden).
-Obesitas (reduziertes Pflegeverhalten, grosse Wamme).
-Zahnerkrankungen (Speicheldermatitis), Erkrankungen der Harnwege (Harn), Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes (Durchfall), Augen-und Atemwegserkrankungen (Augen-und Nasenausfluss), die feuchte, irritierte, bakterienreiche Hautareale verursachen.
-Schwäche des Immunsystems (Medikamente, Grunderkrankung).
-Eine akute Zellulitis kann sekundär zu einer Atemwegsinfektion auftreten.
 
Eine Pyodermie kann eine Oberflächenpyodermine, eine oberflächliche oder eine tiefe Pyodermie sein, abhängig von der betroffenen Hautschicht (z.B. Zellulitis ist eine tiefe Pyodermie).
 
Treponema paraluiscuniculi ist eine primäre bakterielle Hauterkrankung (besprochen in Kapitel 1.4.1 Erkrankungen des Geschlechtsapparates).
 
Komplikationen von Hauterkrankungen sind: subkutane Abszesse (Kapitel 1.5.2 Abszesse), Sepsis.
 

Erreger

Am häufigsten: Pasteurella multocida, Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus spp. (v.a. S. aureus).
 
Akute Zellulitis: P. multocida, Bordetella bronchiseptica, Staphylococcus aureus.
 
Selten: Fusobacterium necrophorum.
 

Symptome

Juckreiz, Alopezie, Erythem, Ulzerationen, Papeln, Pusteln, Schuppen, Krusten, feuchte Haare, verfärbtes blau-grünes Fell (P. aeruginosa), stinkendes Fell, Knötchen, Fisteln, unspezifischen Symptome wie Anorexie, Apathie, Gewichtsverlust.
 
Zellulitis: Fieber, schmerzhafte erythematösen Schwellungen von Gesicht, Hals und Thorax und schlechter Allgemeinzustand in der akuten Phase, später Nekrose und Abszesse.
 
F. necrophorum: Ulzerationen, Abszesse, Nekrosen im Gesicht und am Hals.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Vollständige klinische Untersuchung. Den ganzen Körper auf Läsionen untersuchen, auf Perineum, Füsse und weitere versteckte Hautareale achten.
 
Eine Maulhöhlenuntersuchung ohne Allgemeinanästhesie mit Otoskop oder Kindernasenspekulum und einer starken Lichtquelle sollte bei jeder klinischen Untersuchung durchgeführt werden.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Hämatologie und Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Zytologie und Gram-Färbung (oder andere spezielle Färbungen, je nach Fall) von Geschabsel, Abklatsch oder Pusteln/Knoten/Fisteln-Aspirat erlauben eine erste «in-house» Diagnostik.
 
Bei tiefer Pyodermie Aspirat oder Biopsie für Kultur und Antibiogramm entnehmen.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Grunderkrankung behandeln.
 
Oberflächenpyodermien und oberflächliche Pyodermien können mit lokaler antiseptischer Therapie und unterstützenden Massnahmen behandelt werden. Eine lokale antibiotische Therapie kann eingesetzt werden. Eine systemische antibiotische Therapie ist nur in schweren Fällen angezeigt, wenn die Erkrankung nicht mehr lokalisiert, sondern eine grössere Fläche betroffen ist.
 
Bei tiefen Pyodermien ist eine Kombination aus lokaler antiseptischer, antibiotischer und systemisch entzündungshemmender, analgetischer und evtl. antibiotischer Therapie angezeigt.
 
Bei einigen schwerwiegenden bakteriellen Erkrankungen mit Hautnekrose ist ein chirurgisches Débridement in Verbindung mit der oben beschriebenen medikamentösen Therapie notwendig.
 
Topische Medikamente sind bei Kaninchen aufgrund ihres intensiven Pflegeverhaltens schwierig zu verwenden. Medikamente, die bei oraler Einnahme toxisch sind oder schwere Nebenwirkungen verursachen, sollten nicht lokal angewendet werden (Kapitel 9.3 Kontraindikationen des allgemeinen Teils).
 

Antibiotika

Antibiotika sind nur notwendig, wenn eine bakterielle Infektion vorliegt.
 
Bei schweren Fällen oberflächlicher Pyodermien (d.h. wenn die Erkrankung nicht mehr lokalisiert ist) und bei tiefer Pyodermie ist eine Kombination aus lokaler und systemischer Therapie indiziert. Die Therapiedauer beträgt mindestens 3 Wochen und kann (oberflächliche Pyodermie) oder soll (tiefe Pyodermie) nach dem Verschwinden der Symptome noch 1-2 Wochen fortgesetzt werden, um Rezidiven zu vermeiden.
 
Als «first line» Antibiotikum ist Penicillin G parenteral (s.c.) indiziert, welches gegen viele grampositive und anaerobe Bakterien sowie gegen Pasteurellaceae wirkt. Depotpräparate (Procain-/Benzathin-Benzylpenicillin) sind ebenfalls wirksam. Als Nebenwirkungen können gastrointestinale Störungen, Hautreaktionen an der Injektionsstelle oder Anaphylaxie auftreten. Trotz dieser möglichen Nebenwirkungen gilt dieses Antibiotikum als sicher, wenn es parenteral verabreicht wird.
 
Als «second line» Antibiotika sind Chloramphenicol peroral oder Trimethoprim-Sulfonamid einzusetzen.
 
Chloramphenicol ist auch oral verabreicht verträglich und wirkt gegen viele grampositive, gramnegative und anaerobe Bakterien. Pseudomonas spp. sind oft resistent gegen dieses Antibiotikum. Der Wirkstoff kann beim Menschen eine aplastische Anämie verursachen. Deshalb wird dringend empfohlen, Chloramphenicolpräparate nur mit Handschuhen und erhöhter Vorsicht zu verabreichen.
 
Trimethoprim-Sulfonamid wird bei infektiösen Hauterkrankungen mit Erfolg eingesetzt. Diese Kombination wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten), ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Es gibt variable Resistenzraten bei Anaerobiern, Staphylokokken und E. coli und die Wirkstoffkombination wirkt nicht gegen Pseudomonas aeruginosa.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) wirken gegen die meisten gramnegativen Keime, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen, können peroral oder parenteral (s.c., i.v.) verabreicht werden und gelten als verträgliche Antibiotika. Sie gehören zu den kritischen Antibiotika und es sind variable Resistenzraten bei Pseudomonas spp. und Staphylococcus spp. nachgewiesen worden, deswegen sollten sie nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Tiefe Pyodermie, schwerwiegende oberflächliche Pyodermie
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First LinePenicillin G
(inkl. Depotpräparate)
42'000 - 60'000 IU/kg 1 × täglich
oder
jeden 2. Tag s.c.
3 - 6 Wochen bzw. 1 - 2 Wochen über das Verschwinden der Symptome hinausNIE peroral verabreichen
Second LineTrimethoprim-Sulfonamid30 mg/kg 2 × täglich p.o.
oder
30 mg/kg 1 - 2 × täglich s.c.
3 - 6 Wochen bzw. 1 - 2 Wochen über das Verschwinden der Symptome hinausNicht bei Niereninsuffizienz
 Chloramphenicol25 mg/kg 2 - 3 × täglich p.o. Chloramphenicol kann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen verabreichen
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.v.
oder 5 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.
3 - 6 Wochen bzw. 1 - 2 Wochen über das Verschwinden der Symptome hinausKritische Antibiotika
 Marbofloxacin2 - 5 mg/kg 1 × täglich p.o.
oder
2 mg/kg 1 × täglich s.c./i.m./i.v.
  
 

Resistenzlage

Staphylococcus spp. (v.a. S. aureus), P. multocida, B. bronchiseptica und P. aeruginosa können gegenüber mehreren Antibiotika Resistenzen aufweisen.
 
MRSA (Methycillin resistant Staphylococcus aureus) sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und oft gegen viele andere Antibiotika (einschliesslich Chloramphenicol, Fluorchinolone) und kommen bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen vor. Eine Mensch-Tier (und umgekehrte) Übertragung von solchen Bakterien wurde nachgewiesen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin, Marbofloxacin), insbesondere, wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Betroffene Körperareale scheren (wenn nicht möglich, zumindest lange Haare kürzen), mit antiseptischer Seife waschen und trocknen.
 
Assistierte Fütterung und Flüssigkeitstherapie bei Tieren mit Anorexie oder Hyporexie.
 

Prävention

Artgerechte Fütterung (siehe auch Kapitel 1.1.1 Zahnerkrankungen), stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Intensive Fellpflege bei prädisponierten Kaninchen (z.B. Angora-Rassen), Früherkennung und Behandlung von Grunderkrankungen zur Vermeidung schwerwiegender Hauterkrankungen.
 
© {{ new Date().getFullYear() }} - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

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