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Nitrofurane

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Die therapeutisch eingesetzten Substanzen sind 5-Nitrofuranderivate.
 

2. Quellen

Nitrofurane dürfen wegen ihrer mutagenen Wirkung bei lebensmittelliefernden Tieren nicht mehr verwendet werden.
 

3. Kinetik

Im Allgemeinen wird nur eine geringe Menge der Nitrofurane resorbiert, so dass sich die Hauptwirksamkeit auf pathogene Bakterienarten und Kokzidien im Darm erstreckt. Nur das Nitrofuranderivat Nitrofurantoin wird fast vollständig aus dem Darm resorbiert und sehr rasch renal eliminiert. Die Plasmahalbwertszeit beträgt knapp 20 Minuten.
 

4. Toxisches Prinzip

Der Wirkmechanismus basiert auf einer Reduktion der 5-Nitrogruppen durch bakterielle Nitroreduktasen mit dem Entstehen reaktiver Metabolite, die Mikroorganismen über Chromosomenbrüche schädigen. Die Umsetzung der Nitrofurane durch Redox-Reaktionen wird auch durch Enzymsysteme der Säugetierzellen durchgeführt. Die dabei entstehenden reaktiven Metabolite werden für mutagene Wirkungen der Nitrofurane über kovalente Bindungen an Makromoleküle verantwortlich gemacht. Nitrofurane entfalten mutagene und kanzerogene Eigenschaften.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Furazolidon3'350   
Nitrofural746590  
Nifurantin895   
Wesentlich toxischer wirkt Furazolidon bei Jungtieren (Kalb, Ferkel, Läufer) sowie Wasservögeln.
 

II. Spezielle Toxikologie - Schwein

1. Toxizität

1.1Furazolidon
Bei Dosen ab 50 mg/kg Körpergewicht (entspricht etwa einem Gehalt von 500 ppm im Futter, unter der Berücksichtigung, dass ein Schwein von 10 kg Körpergewicht 1 kg Futter frisst) kommt es zu Vergiftungsfällen. Bei Langzeitverabreichung kann es aber schon bei der therapeutischen Dosierung von 10-20 mg/kg Körpergewicht (entspricht 100-200 ppm) zu Vergiftungsfällen kommen.
Futter, die mehr als 3000 ppm enthalten, werden wegen ihres bitteren Geschmacks verweigert. Enthält ein Futter mehr als 1000 ppm wird meist ab dem zweiten Tag eine stark verminderte Futteraufnahme beobachtet.
 
1.2Nitrofurazon, Furaltadon
Wegen ihrer besseren Wasserlöslichkeit können diese Nitrofurane auch über das Trinkwasser eingesetzt werden. Die empfohlene Dosierung ist 105 ppm.
Beim Einsatz über das Futter gelten die gleichen Werte wie für Furazolidon.
 

2. Latenz

Je nach Dosis zwischen einigen Tagen und einem Monat
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Verminderte Futteraufnahme bis Anorexie; Ataxie, Inkoordination, häufiges Umfallen, Paradeschritt, Festliegen in Sternal- und Seitenlage
  
3.2Nervensystem
Hyperästhesie, Muskeltremor, hundesitzige Haltung, krampfartige Anfälle in Seitenzwangslage mit Ruderbewegungen, Opisthotonus
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Nystagmus
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

In der Histopathologie wird vereinzelt bei stark erkrankten Tieren eine Demyelinisierung der Nerven gefunden.
 

5. Weiterführende Diagnostik

5.1Toxinnachweis
Im Futter mit Flüssigchromatographie. Im Gewebe können die gebundenen Formen nachgewiesen werden.
 

6. Differentialdiagnosen

6.1Neurologische Symptomatik mit gestörtem Allgemeinbefinden
Streptokokkenmeningitis, Sepsis; Infektionskrankheiten wie Oedemkrankheit, Glässer'sche Krankheit, Schweinepest, Aujeszky'sche Krankheit, Tollwut und Listeriose; andere Intoxikationen (Arsenverbindungen, Avermectine, Blei, Botulismus, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Cyanamid, Dipyridinium-Herbizide, Ethylenglykol, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Metaldehyd, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Quinoxalinderivate, Schwefelwasserstoff, Selen, Strychnin).
 
6.2Nystagmus
Aujeszky'sche Krankheit, Hirn-Rückenmarksform der Teschen-Talfan-Krankheit, enzootische Streptokokkenmeningitis.
 

7. Therapie

7.1Futterwechsel
Auf ein unbedenkliches Futter.
 
7.2Absonderung der erkrankten Tiere
An einen ruhigen Ort mit einer weichen Unterlage.
 

8. Fallbeispiel

Sieben bis acht Wochen alte Ferkel zeigten sieben bis zehn Tage nach dem Einsatz einer neuen Futtercharge Ataxie, Schleifen der Nachhand, Gänsemarsch, in die Luft springen, Festliegen in Seitenlage mit Ruderbewegungen und Hautveränderungen mit unterschiedlich stark ausgeprägtem Pruritus. Die Sektion eines Tieres ergab Streptokokkenmeningitis, worauf eine Penizillintherapie eingeleitet wurde. Doch sowohl die behandelten als auch die unbehandelten Tiere erholten sich, wenn sie in Ruhe gelassen und nicht aufgeschreckt wurden. Weitergehende Untersuchungen auf NaCl-Gehalt des Wassers und der Erde und Mykotoxine verliefen negativ. Eine weitere Sektion ergab nur eine milde Encephalomyelitis. Eine nun eingeleitete Futteruntersuchung ergab, dass Furazolidon in der Konzentration von 3632 g pro Tonne Futter ins Saugferkelfutter und in Nüsse, die an die Mastjager verfüttert wurden, eingemischt worden war. Nachdem eine neue Futtercharge eingesetzt wurde, traten keine neuen Erkrankungsfälle mehr auf (Borland, 1979).
 

9. Literaturverzeichnis

Borland ED (1979) An incident of suspected furazolidone toxicity in pigs. Vet Rec 105, 169
 
Kroker R (1994) Pharmaka zur Behandlung und Verhütung bakterieller Infektionen. In: Grundlagen der Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren (W Löscher, FR Ungemach & R Kroker Hrsg.) Parey, Berlin, p 241
 
Kühnert M (1991) Nitrufuranvergiftungen. In: Veterinärmedizinische Toxikologie, Gustav Fischer Verlag Jena, p 335
 
Kunesh JP (1986) Therapeutics. In: Diseases of Swine - 6th Edition (AD Leman, B Straw, RD Glock, WL Mengeling, RHC Penny & E Scholl ed.) Iowa State University Press, Ames
 
Rosin H & Henschler D (1998) Antibiotika und Chemotherapeutika. In: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 7. Auflage (W. Forth, D Henschler, W Rummel & K Starke Hrsg.) Spektrum Akademischer Verlag, pp 724-725
 
Schulenburg A & Luengyosluechakul (1983) Furazolidonvergiftung beim Schwein. In: Prakt Tzt 4/83, 346-349
 
Wendt M & Bickhardt K (1997) Erkrankungen und Störungen des Zentralnervensystems. In: Lehrbuch der Schweinekrankheiten (H Plonait & K Bickhardt Hrsg.) Parey, Berlin
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