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Selen und Selenverbindungen

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Selen ist ein Halbmetall, das in der Natur in geringen Konzentrationen weit verbreitet ist. Es ist ein Spurenelement, das ähnlich wie Vitamin E eine wichtige Funktion als Antioxidans ausübt. In Form von Selencystein befindet es sich in der aktiven enzymatischen Stelle der Glutathion-Peroxidase, die für den Abbau von Peroxiden zuständig ist. Selenwasserstoff ist ein stark reizendes Gas mit einem unangenehmen knoblauchartigen Geruch. Die selenige Säure ist stark korrosiv, in der Gegenwart von Wasser wird diese in Selenwasserstoff umgewandelt. Organische Selenverbindungen (zum Beispiel Dimethylselenid) sind im allgemeinen toxischer als die anorganischen Selenite oder Selenate.
 

2. Quellen

-Mehrere Pflanzen in Nordamerika, Irland, Israel, Australien, China oder Südafrika enthalten besonders hohe Mengen an organisch gebundenem Selen, so dass es in diesen Gebieten zu endemischen Vergiftungen kommen kann. Zu den Pflanzen, die bis 1`500 ppm Selen aufweisen können, gehören folgende Gattungen Acacia (zum Beispiel A. cana), Artemisia (zum Beispiel A. canescens), Aster, Astragalus, Atriplex, Castilleja, Comandra (zum Beispiel C. pallida), Descurainnia (zum Beispiel D. pinnata), Grindelia, Machaeranthera (zum Beispiel M. ramosa), Morinda (zum Beispiel M. reticulata), Neptunia (zum Beispiel N. amplexicaulis), Oonopsis, Penstemon, Sideranthus, Stanleya (zum Beispiel S. pinnata) und Xylorrhiza. Diese Pflanzen bevorzugen zum Teil selenreiche Böden, wobei in industriellen Gebieten der Selengehalt durch Emissionen erhöht sein kann.
-Eine weitere Quelle von Selenvergiftungen sind Mischfehler bei der Herstellung selenhaltiger Zusatzfuttermittel oder Überdosierung von Injektionslösungen zur Prophylaxe des Selenmangels (Weissmuskelkrankheit, Maulbeerherzkrankheit).
-Shampoos, die Selensulfid enthalten, stellen eine mögliche Vergiftungsquelle für Hunde oder Katzen dar.
 

3. Kinetik

Elementares Selen ist im Prinzip ungiftig, da es nicht in ausreichender Menge resorbiert wird. Organische Selenverbindungen werden besser resorbiert als die anorganischen Verbindungen. Neben der Aufnahme über das Futter ist die Resorption auch über den Respirationstrakt oder die Haut möglich. Insbesondere kann metallisches Selen in Form von Staub oder Dampf über die Lungen aufgenommen werden. Die selenige Säure wird sowohl oral wie durch Inhalation resorbiert. Im Plasma wird Selen an Albumin und Globulin gebunden transportiert. Gespeichert wird Selen überwiegend als Selencystein und Selenmethionin in Leber, Niere und Pankreas. Selen wird zum grössten Teil im Urin ausgeschieden. Bei Wiederkäuern können die Selenverbindungen im Pansen reduziert werden, so können grosse Anteile einer Dosis als elementares Selen mit dem Kot ausgeschieden werden. Bei hohem Selengehalt des Futters kann auch die Milch beträchtliche Selenrückstände enthalten. über die Lunge wird Selen ebenfalls ausgeschieden, teilweise in Form der knoblauchartig riechenden Tri- oder Dimethylselenids. Die Halbwertszeit von Selen im Organismus liegt bei 1-2 Wochen.
 

4. Toxisches Prinzip

-Inaktivierung von Enzymen nach Austausch von Schwefel gegen Selen. Durch Störung der Keratinbildung kommt es zu Haarausfall und Huf- oder Klauenmissbildungen.
-Bei akuten Vergiftungen kommt es zu Erosionen der Schleimhaut des Gastrointestinal- oder Respirationstraktes. Selenwasserstoff ist ein Schleimhautgift, das zu "Selenschnupfen" und einem toxischen Lungenödem führt.
-Bei intravenöser Injektion zu hoher Selendosen kann es zu einem vaskulären Schock kommen.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Natriumselenat 1.62.3 
Natriumselenit77  
Selen 6'700  
Selenharnstoff 50  
Selendisulfid 138  
Selensulfid37038  
 

II. Spezielle Toxikologie - Schwein

1. Toxizität

Der physiologische Bedarf beträgt zwischen 0.1 und 0.3 ppm im Alleinfutter.
In vielen Ländern ist eine Futtersupplementierung bis zu einem Maximalwert von 0.5 ppm gestattet.
Beim Einsatz von selenhaltigen Futterzusätzen sollte je nach Region der Selengehalt der Futterpflanzen, der stark variieren kann, in die Dosisberechnung einbezogen werden.
 
1.1Perakute Toxizität
Bei Injektionsbehandlung ist ab 0.9 mg/kg Körpergewicht mit Intoxikationen zu rechnen. Empfohlene Dosierung für die Injektionsbehandlung ist 0.2 mg/kg Körpergewicht s.c. oder i.m.
 
1.2Akute Toxizität
Ab 20 ppm als Futtersupplementierung.
 
1.3Chronische Toxizität
Ab 4 bis 5 ppm als Futtersupplementierung.
 
1.4Empfindlichkeit
Mastjager sind empfindlicher als Saugferkel.
 

2. Latenz

Je nach Dosis, Aufnahmeweg und Empfindlichkeit zwischen wenigen Stunden bis maximal sechs Wochen.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Physiologische Körpertemperatur, normales Verhalten bis Apathie (akuter Verlauf), (plötzlicher) Tod, reduzierte Fresslust bis Anorexie, Gewichtsverlust, Bewegungsunlust, hundesitzige Körperhaltung, sternales oder laterales Festliegen, Ataxie, steifer Gang (vor allem in der Hinterhand) mit Zehenspitzengehen, aufgekrümmter Rücken
  
3.2Nervensystem
Muskelschwäche, Paresen, Paralysen, bei akutem Verlauf auch Muskelzuckungen und Ruderbewegungen
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Erbrechen, (Hyper-)Salivation
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.5Respirationstrakt
Tachypnoe, Dyspnoe
  
3.6Herz, Kreislauf
Terminal Tachykardie (bei akutem Verlauf)
  
3.7Bewegungsapparat
Lahmheiten, Klauenhautnekrosen am Kronsaum, was zu partiellem Ausschuhen führen kann (Ballen- und Sohlenhorn von den Veränderungen nicht betroffen), als Folge davon Blutungen und Beläge im Kronsaumbereich
  
3.8Augen, Augenlider
Manchmal Blindheit
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Borstenverlust (sind leicht auszuziehen), Alopezie, terminal bläuliche Schleimhäute (Zyanose, bei akutem Verlauf), ikterische Schleimhäute
  
3.11Blut, Blutbildung
Ikterus, Anämie
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Erniedrigte Konzeptionsrate, lebenschwache Ferkel und Totgeburten, Ferkel können mit Klauendefekten geboren werden, wenn Muttersau während Trächtigkeit mit Se überversorgt wurde
 

4. Sektionsbefunde

Keine spezifischen Befunde, da auch das Vergiftungsbild sehr unterschiedlich sein kann. Häufig symptomatische Befunde, wie z.B. Atrophie der Oberschenkelmuskulatur, Veränderungen an Wirbelsäule und Rückenmark bei festliegenden Tieren oder diverse Klauenveränderungen bei Tieren, die an der Klauenform erkrankt sind.
Histopathologie: Bilateral symmetrische Poliomyelomalazie in den Ventralhörnern der grauen Substanz mit reaktiver Myelitis und Gliaaktivität.
 

5. Weiterführende Untersuchungen

5.1Toxinnachweis in Gewebe und Blut
Die physiologische Werte sind: Leber (0.1-0.8 ppm im frischen Organ), Nieren (0.2-2 ppm), Muskulatur (0.06-0.36 ppm), Blut (0.1-0.3 υg/ml) und Plasma (0.14 υg/ml).
  
5.2Futteranalyse
Der Selen-Gehalt sollte 0.5 ppm (gesetzlicher Grenzwert) nicht überschreiten. Bei der Probenentnahme beachten, dass Zusatzstoffe inhomogen verteilt sein können.
  
5.3Bei Klauenveränderungen Ausschluss von MKS und SVD
 

6. Differentialdiagnosen

-Neurologische Symptomatik mit gestörtem Allgemeinbefinden: Meningitis, Sepsis, Infektionskrankheiten wie Oedemkrankheit, Glässer'sche Krankheit, Schweinepest, Aujeszky'sche Krankheit, Tollwut, Listeriose, andere Intoxikationen (Organische Arsenverbindungen, Avermectine, Blei, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Cyanamid, Dipyridinium-Herbizide, Ethylenglykol, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Metaldehyd, Nitrofurane, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Quinoxalinderivate, Schwefelwasserstoff).
-Salivation: Maulschleimhautläsionen, schleimhautreizende Stoffe, anzeigepflichtige Infektionskrankheiten wie Vesikulärkrankheit/SVD, Maul- und Klauenseuche/MKS, Aujeszky'sche Krankheit/AUJ, Tollwut, andere Intoxikationen (Amitraz, Blei, Botulismus, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Dipyridinium-Herbizide, Fumonisin, Kochsalz/Trinkwassermangel, Metaldehyd, Nitrat/Nitrit, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Quinoxalinderivate, Schwefelwasserstoff).
-Erbrechen: Diätetisch, viral, bakteriell, Magengeschwüre, Haarballen, Fremdkörper, Vitaminmangel (Thiamin, Riboflavin), andere Intoxikationen (Aflatoxine, Amitraz, anorganische Arsenverbindungen, Avermectine, Blei, Cadmium, Cholecalciferol, Cyanamid, Dipyridinium-Herbizide, Eisenverbindungen, Ethylenglykol, Fusarientoxine, Fluor, Ionophore, Kochsalz/Trinkwassermangel, Kupfer, Metaldehyd, Nitrat/Nitrit, Organophosphate und Carbamate, Phenoxycarbonsäure-Herbizide, Pyrethroide, Quecksilber, Schwefelwasserstoff, Stachybotryotoxine, Stickstoffdioxid).
-Lahmheit: Panaritium, Beinschwächesyndrom/Osteochondrose, Trauma, Arthridtiden (z.B. Gelenksrotlauf, Glässer'sche Krankheit, Polyarthritis der Saugferkel), andere Intoxikationen (Cholecalciferol, Eisenverbindungen, Fluor, Kumarinderivate, Zink).
-Klauendefekte bis Ausschuhen anderer Genese.
-Verminderte Sehfähigkeit bis Blindheit: Corneaverletzungen und -trübungen, andere Intoxikationen (Organische Arsenverbindungen, Blei, Botulismus, Kochsalz/Trinkwassermangel, Quecksilber).
-Alopezie: Entzündliche Hautveränderungen (z.B. Räudebefall, Dermatitis solearis), Nährstoffmangel (Biotin, Niacin, Pantothensäure, Riboflavin, Jod, Linolensäure), Lymphosarkom.
-Ikterische Schleimhäute und Ikterus: Infektionen (Eperythrozoonose, Leptospirose, systemische Salmonellose, Babesiose), Vitamin E-/Selenmangel, andere Intoxikationen (Cadmium, Coumarinderivate, Cyanamid, Fumonisin, Kupfer).
-Anämie: Eisenmangelanämie, Infektionskrankheiten, die zu Blutverlust führen, wie PIA/Lawsonia intrazellularis, Brachyspira pilosicoli, hochgradiger Ekto-(Sarcoptesräude, Läuse) und / oder Endoparasitenbefall (Peitschenwürmer), Magengeschwüre, Bezoare, andere Intoxikationen (Aflatoxine, Blei, Cadmium, Eisenverbindungen, Fusarientoxine, Kupfer, Mutterkornalkaloide, Zink).
-Abort oder Torgeburt(en): Virale, bakterielle und parasitäre Aborterreger, Uterusinfektionen, Allgemeinerkrankungen mit (mehrtägiger) Hyperthermie, Stress, saisonale Aborte, andere Intoxikationen (Aflatoxine, Blei, Botulismus, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Fusarientoxine, Fumonisin, Kohlenmonoxid, Kumarinderivate, Mutterkornalkaloide, Organophospahte und Carbamate, Quinoxalinderivate, Stachybotryotoxine, Zearalenon).
-Reduzierte Fruchtbarkeit anderer Genese.
 

7. Therapie

7.1Dekontamination
Akute Vergiftung: Gabe von Aktivkohle und Glaubersalz
  
7.2Entfernung der Giftquelle
Weitere Selenaufnahme durch sofortige Futterumstellung verhindern
  
7.3Forcierte Ausscheidung
Trinkwasser ad libitum und Medikation des Futters mit 100 mg Arsanilsäure/kg Körpergewicht während 7 Tagen
 

8. Fallbeispiele

8.130 Absetzferkel zeigten zwei Wochen nach Beginn der Fütterung eines Ferkelaufzuchtfutters, das mit einem Prämix gemischt war, Inappetenz, Zittern am ganzen Körper, Hyperästhesie am Körperstamm und wenige Ferkel hatten Paresen oder Paralysen der Hinterextremitäten, weshalb sie getötet und der Sektion zugeführt wurden. Das Rückenmark von drei sezierten Tieren wies bei der histopathologischen Untersuchung eine bilateral symmetrische Poliomyelomalazie und degenerative Veränderungen in der weissen Substanz auf. Der Selengehalt des Prämixes war 430 ppm, anstelle der deklarierten 20 ppm. Da er 4% der Gesamtfuttermenge ausmachte, ergab sich rechnerisch ein Gehalt von 17,2 ppm.
Nach Absetzen des Prämixes erholten sich diejenigen Tiere, die nie festlagen, innerhalb von 2 Monaten vollständig und wurden ausgemästet (Schoder et al., 1993).
  
8.2In einem kombinierten Zucht- und Mastbetrieb wurde eine hofeigene Futtermischung und ein zugekauftes Mineralfutter an die Mastschweine verfüttert. 5 Wochen nach Fütterungsbeginn der Mineralfuttercharge traten Futterverweigerung und vermehrt Stützbeinlahmheiten auf. Ein Viertel der Schweine lag ständig und war nur schwer aufzutreiben. Die hochgradige Lahmheit war auf eine fortschreitende Nekrose des Klauenhorns unterhalb des Kornsaums zurückzuführen. Innerhalb von 3 Wochen verendeten zehn Tiere. Eine amtlich verordnete Untersuchung auf SVD und MKS verlief negativ. Bei mehreren sezierten Tieren wurde eine tiefreichende, hochgradige, ulcerativ-nekrotisierende Kronsaumentzündung festgestellt und bei einem Schwein auf Höhe des Lendenmarks eine Ansammlung von Liquor cerebrospinalis vorgefunden. Eine histologische Untersuchung des Lendenmarks des betroffenen Tieres ergab eine fokale, bilateral symmetrische Poliomyelomalazie. Die Selenbestimmungen ergaben mit Werten von 1.58 bis 6.9 ppm in der Leber (Normwerte 0.1 bis 0.8 ppm), 1.95 bis 7.81 ppm in den Nieren (Normalwerte 0.2 bis 2 ppm) und 657 ppm im Mineralfutter (anstelle der deklarierten 16 ppm) massiv erhöhte Werte. Nachdem das Futter gewechselt wurde, nahm der Appetit schnell wieder zu (Wendt et al., 1992).
  
8.3In einem Zuchtbetrieb kamen vermehrt missgebildete Ferkel mit hämorrhagischen Läsionen an Kronsaum, Klauenwand und Sohle an allen Füssen zur Welt. Viele der betroffenen Ferkel verhungerten wegen Bewegungsunfähigkeit oder wurden getötet. Ueber einen Zeitraum von drei Monaten kam es deswegen und wegen vermehrten Totgeburten zu Ferkelverlusten vor Absetzen von knapp 40 %. Die sezierten Ferkel waren kachektisch, hatten einen leeren Magen, kleine schwarze Lebern und die oben beschriebenen Klauenveränderungen.
Selenbestimmungen in der Leber ergaben mit 46 und 116 ppm (Normalwert 0.7 bis 1.8 ppm in der Trockenmasse) und 13 und 17 ppm in den Nieren (Normalwert 5 bis 11.5 ppm in der Trockenmasse) stark erhöhte Werte. Beide Galtsauenfutter und der beigemischte Premix wurden auf ihren Selengehalt untersucht. Eines der beiden Futter enthielt 6.2 ppm, der Selengehalt des Prämixes war 2000 ppm höher als deklariert (Mensink et al., 1990).
  
8.4Auf drei benachbarten Bauernhöfen traten Fälle von Paralyse bei den Schweinen auf. Pathologische Abklärungen ergaben spinale Poliomyelomalazie als Ursache der Paralyse. Die Poliomyelomalazie war durch fokale, symmetrische Läsionen in der zervikalen und der lumbalen Intumeszenz gekennzeichnet. Eine Selengehaltsbestimmung im Futter ergab 19 bis 24 ppm. Die Paralyse konnte in einem Fütterungsversuch reproduziert werden (Harrison et al., 1983).
  
8.5Auf einem Mastbetrieb wurden die Schweine mit einem Futter, das 54.581 pm Selen enthielt, gefüttert. Neben Paralyse waren Krustenbildung und Alopezie im Rückenbereich, aber keine Veränderungen an den Klauen, zu beobachten. Die histologische Untersuchung des Rückenmarks im Lendenbereich ergab bei den meisten sezierten Tieren eine fokale Poliomyelomalazie der Ventralhörner. Blut- und Gewebeuntersuchungen ergaben erhöhte Selenwerte. Kontrolluntersuchungen nach zwei Monaten ergaben nur noch erhöhte Selenwerte in der Leber und den Nieren. Nur zwanzig Prozent der Tiere erholten sich vollständig (Penrith & Robinson, 1996).
  
8.6In einem Zuchtbetrieb mit 50 Mutterschweinen stieg die Mortalität bei den Saugferkeln plötzlich stark an. Wie gewohnt hatte der Betriebsleiter 160 Gramm eines komerziell hergestellten Eisenpulvers auf den Boden der Abferkelbucht gestreut. Bei einem Wurf starben fünf von dreizehn Ferkeln und auch bei anderen Würfen starben jeweils Ferkel, auch wenn das Eisenpulver erst ab dem achten anstatt dem ersten Lebenstag gestreut wurde. Die Ferkel starben jeweils zwischen einer Stunde und zwei Tagen nachdem sie das Pulver aufgenommen hatten. In einem Wurf waren keine aussergewöhnlichen Todesfälle zu beklagen. Aus Zeitnot war dieser Wurf "übersehen" worden und hatte kein Pulver erhalten.
 

9. Literaturverzeichnis

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