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Chrom und Chromverbindungen

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Chrom ist ein silberglänzendes, sehr hartes Metall. Wegen der hohen Widerstandskraft wird Chrom vielfach zur Oberflächenbehandlung und zur Herstellung von rostfreien Eisenmetallen eingesetzt. Chromionen können in zwei-, drei-, vier-, fünf-, oder sechswertiger Form vorliegen. Die am häufigsten vorkommende Oxidationsstufe ist Chrom(III), die höchste Wasserlöslichkeit weisen jedoch die sechswertigen Chromsalze auf. Die Chrom(III)-verbindungen sind 10- bis 100-mal weniger toxisch als die Chrom(VI)-verbindungen.
 

2. Quellen

Chrom kommt ubiquitär vor und wird als biologisch essentiell angesehen. Daneben werden Chromverbindungen vielfältig genutzt, zum Beispiel als Korrosionsschutz oder als Beiz-, Gerb- und Holzschutzmittel. Zum Gerben von Lederwaren dürfen nur dreiwertige Chromverbindungen wie zum Beispiel Kaliumchromsulfat (Chromalaun) oder Kaliumchromoxalat verwendet werden. Darüber hinaus kommen verschiedene Chromverbindungen in der Foto-, Grafik- und Textilindustrie sowie in Druckereien zum Einsatz. Es gibt blaue (zum Beispiel Chromhydroxid), grüne (zum Beispiel Chromoxid oder Chromphosphat), gelbe bis orangerote (zum Beispiel Kalium- oder Natriumdichromat) oder rote Chrompigmente (zum Beispiel Chromtrioxid), die in Farben eingemischt oder zum Färben von Glaswaren gebraucht werden. Spuren von Chromverbindungen sind auch in Zementmischungen enthalten. Trotz dieser sehr breiten Anwendung von Chrom sind Tiervergiftungen durch Kontamination des Futters oder Trinkwassers mit chromhaltigen Industrieemissionen selten.
 

3. Kinetik

Die Chromionen werden im unterschiedlichen Umfang über die Haut, den Magen-Darm-Trakt und die Lungen resorbiert. Infolge der guten Wasserlöslichkeit werden sechswertige Chromsalze am besten aufgenommen. Eine Speicherung im Gewebe findet nicht statt, so dass Leber, Nieren oder Knochen nach einer Exposition nur vorübergehend erhöhte Chromkonzentrationen aufweisen. Die Halbwertszeit von Chrom beträgt maximal etwa 48 Stunden, wobei die Ausscheidung hauptsächlich über die Nieren erfolgt.
 

4. Toxisches Prinzip

4.1Gewebsverätzungen
Am gefährlichsten sind die sechswertigen Chromsalze: Diese sind potente Oxidationsmittel, die auf alle Gewebe ausserordentlich stark ätzend wirken. Bei Hautkontakt kann sechswertiges Chrom schwere Hautentzündungen ("Chromekzeme") hervorrufen. Die Gewebsverätzungen setzen sich auch im Magen-Darm-Trakt, in den Lungenalveolen, an den Gefässkapillaren, in der Leber und den Nieren fort. Der Tod tritt sofort durch Kreislaufversagen oder innert einiger Tage als Folge einer Niereninsuffizienz ein.
 
4.2Sensibilisierung
Chrom ist ein starkes Allergen: Meistens kommt es zur Sensibilisierung durch Hautkontakt. Somit manifestiert sich die Chromallergie vor allem mit weitflächigen Hautexanthemen und Urtikaria.
 
4.3Genotoxizität
Chrom(VI)-Verbindungen werden als mutagen und kanzerogen eingestuft. Epidemiologische Studien deuten auf eine erhöhte Rate an Lungentumoren bei beruflich exponierten Menschen hin.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Calciumchromat (CaCrO4) 327-746  
Chromacetat (C4H6CrO4) 11'260  
Chrom(II)chlorid (Cl2Cr) 1'870  
Chrom(III)chlorid (Cl3Cr) 1'870  
Chromfluorid (CrF3) > 150  
Chromnitrat (CrN3O9)2'9763'250  
Chromtrioxid (Chromsäure, CrO3) 80  
Kaliumchromat (K2CrO4)180   
Kaliumdichromat (K2Cr2O7)190   
Natriumdichromat (Na2Cr2O7) 50  
 

II. Spezielle Toxikologie - Pferd

1. Toxizität

Die minimale toxische Dosis von Kaliumdichromat beim Pferd ist mit 20 mg/kg Körpergewicht p.o. angegeben. Die minimale letale Dosis von Kaliumdichromat beträgt 30 mg/kg.
 

2. Latenz

Die verschiedenen Chromverbindungen können sowohl akute wie chronische Vergiftungen mit sehr unterschiedlichen Latenzzeiten verursachen.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Anorexie, Abgeschlagenheit, Apathie, Durst, Hyperthermie
  
3.2Nervensystem
Keine Symptome
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Schleimhautnekrosen, -erosionen und -ulcera, Perforationen, oft sind die Schleimhäute grün verfärbt: das Ausmass der Verletzungen am oberen Gastrointestinaltrakt kann durch eine endoskopische Untersuchung eruiert werden.
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Kolik, Durchfall (zum Teil hämorrhagisch)
  
3.5Respirationstrakt
Läsionen der Nasenschleimhaut, Dyspnoe, Lungenödem
  
3.6Herz, Kreislauf
Tachykardie, unregelmässiger Herzschlag, Kreislaufschock
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Konjunktivitis, Lakrimation
  
3.9Harntrakt
Oligurie oder Anurie wegen Niereninsuffizienz, Hämoglobinurie
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Bei Hautkontakt Dermatitis mit schlechter Heilungstendenz, cyanotische Schleimhäute
  
3.11Blut, Blutbildung
Hämolytische Anämie, seltener Methämoglobinämie
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Bei der Sektion fällt eine Gastroenteritis mit Erosionen, Ulcera oder Perforationen der Magen-Darm-Schleimhaut auf. Ferner geht die Chromvergiftung mit Degenerationen der Leber- und Nierenparenchyme einher.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Chromnachweis in Mageninhalt, Blut, Leber oder Nieren mittels Atomabsorptionsspektrometrie. Chromkonzentrationen über 4 ppm im Blut und über 30 ppm in der Leber (bezogen auf das Feuchtgewicht) deuten auf eine Chromvergiftung hin.
 

6. Differentialdiagnosen

Gastroenteritis oder Niereninsuffizienz anderer Ursache.
 

7. Therapie

7.1Dekontamination
Verkrustete Hautwunden mit 10%-iger CaNa2EDTA-Lösung reinigen
  
7.2Kreislauf
Flüssigkeit und Elekrolytersatz, Plasmaexpander oder Bluttransfusion
  
7.3Antibiotika
Antibiotische Versorgung der Haut- und Schleimhautläsionen, zum Beispiel mit Procain-Penicillin 12'000 IE/kg Körpergewicht alle 24 Stunden
  
7.4Antidottherapieversuch
Ein Therapieversuch kann mit Vitamin C (20 mg/kg i.v.) und N-Acetylcystein (150 mg/kg i.v.) durchgeführt werden: dabei wird das Ziel verfolgt, sechwertige Chromverbindungen in weniger toxischen dreiwertigen Verbindungen umzuwandeln.
 

8. Fallbeispiel

In einem Reitbetrieb wurde eine grössere Anzahl neuer Ledersattelgurte angeschafft. Kurze Zeit später traten bei insgesamt 17 Pferden, die mit diesen Gurten geritten wurden, Hautekzeme auf, die sich von der Gurtlage bis zum Karpalgelenk ausbreiteten. Später entstand über den ganzen Körper ein Exanthem, das durch kirschkerngrosse, schmerzhafte Erhebungen der Haut gekennzeichnet war. In einem anderen Reitstall, wo die gleichen Sattelgurte zugekauft wurden, erkrankten weitere Pferde an ähnlichen Symptomen. Erst nachdem die Gurten aus dem Gebrauch genommen wurden, erholten sich die Pferde wieder langsam. Die Genesungszeit dauerte je nach Schweregrad der Hautläsionen zwischen 4 Wochen und 3 Monaten. Die chemische Analyse der Ledergurte ergab einen Chrom(VI)-gehalt von 42 ppm (Baltus & Heuschmann, 1996).
 

9. Literatur

Baltus V & Heuschmann R (1996) Toxische Kontaktdermatitis bei Pferden durch erhöhte Werte von 6-wertigem Chrom in Ledersattelgurten. Pferdeheilkunde 12, 839-842
 
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