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Aflatoxine

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Aflatoxine sind thermoresistente und bei der Lagerung stabile Verbindungen, die von Schimmelpilzen der Gattung Aspergillus (Aspergillus flavus, Aspergillus parasiticus und Aspergillus nominus) gebildet werden. Die bekanntesten Vertreter sind Aflatoxin B1, B2, G1 und G2, wobei B1 das Giftigste ist.

 

2. Quellen

Schimmelpilze der Gattung Aspergillus befallen Nahrungs- und Futtermittel hauptsächlich nach der Ernte, das heisst während Transport und Lagerung. Aflatoxine sind vor allem in Erdnüssen, Ackerbohnen, Baumwollsamen, Fischmehl, Hafer, Mais, Reis, Sojabohnen und Weizen zu finden. Auf diesen Futtermitteln bilden Aspergillusarten gelbe, blaugrüne oder schwarze Schimmelrasen. Die Belastung von Futtermitteln mit Aflatoxinen beschränkt sich in unseren Breitengraden auf Importware (zum Beispiel Erdnussextraktionsschrot), weil die Toxinproduktion hohe Temperaturen (> 30° C) benötigt.
 

3. Kinetik

Durch das Cytochrom-P450-System werden die Aflatoxine hauptsächlich in der Leber in verschiedene Metaboliten umgewandelt. Aflatoxin Q1 ist der Hauptmetabolit von Aflatoxin B1. Aflatoxin M1 und M2 kommen in der Milch von Kühen und Schafen vor, wenn diese aflatoxinbefallenes Futter fressen. Bei der Biotransformation entstehen auch reaktionsfähige Epoxide, die mit Makromolekülen der Zelle - wie DNS, RNS und Proteinen - kovalente Bindungen eingehen. Die Phasen-II-Reaktion erfolgt mit Glucuronsäure, Sulfat- oder Acetylgruppen. Etwa 80% einer Aflatoxin B1-Dosis wird innerhalb 1 Woche wieder ausgeschieden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt < 1 Stunde.
 

4. Toxisches Prinzip

-Im Zentrum der Aflatoxinwirkung steht die DNS-Schädigung, die im Extremfall zu Leberdegeneration, Ikterus, Leberzirrhose und Lebertumoren führt. Ausserdem entfalten Aflatoxine teratogene und immunsuppressive Effekte. Bei Wiederkäuern beeinträchtigen Aflatoxine die Fermentationsaktivität der Pansenflora.
-Die Aflatoxinrückstände in der Milch erhöhen das Leberkrebsrisiko der Konsumenten, weshalb der Verbraucherschutz über die Festlegung von Grenzwerten zu gewährleisten ist. Dagegen sind Rückstände in Organen oder Muskelfleisch ungefährlich, weil Aflatoxine im Gewebe kovalent gebunden und daher in unwirksamer Form vorliegen.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Aflatoxin B1 5.5-17.9 6.3
Aflatoxin B2570> 116  
Aflatoxin G1 2-4  
Aflatoxin G2 232  
Aflatoxin M1 > 1.5  
 
Die akuten oralen LD50-Werte von Aflatoxin B1 sind für weitere Spezies wie folgt (in mg/kg Körpergewicht): Hund 0.5-1.0, Katze 0.6, Hamster 10.2 und Meerschwein 1.0.
 

Junge Enten sind besonders empfindlich (akute orale LD50 in mg/kg Körpergewicht):

 Junge Ente
Aflatoxin B10.73
Aflatoxin B21.7
Aflatoxin G10.78
Aflatoxin G23.45
Aflatoxin M10.016
 
Karzinogenese: Bei der Ratte sind tägliche orale Aflatoxin B1-Dosen von 0.01 mg/kg Körpergewicht krebserregend.
 

II. Spezielle Toxikologie - Pferd

1. Toxizität

Bei 6 Monaten alten Ponies beträgt die orale LD50 von Aflatoxin B1 2 mg/kg Körpergewicht. Bei Jährlingen, die die gleiche Dosis (2 mg/kg Körpergewicht) verteilt auf 5 Tagen erhielten (0.4 mg/kg/Tag p.o.), traten Lethargie, Anorexie, Ikterus und erhöhte Leberenzymwerte aber keine Todesfälle auf. Pferde, die 1 mg/kg Aflatoxin B1 über 5 Tage erhielten (0.2 mg/kg/Tag p.o.), zeigten keine Krankheitsanzeichen. Es ist zu erwarten, dass Jungtiere empfindlicher auf Aflatoxine reagieren als adulte Tiere.
 

2. Latenz

Der Verlauf der Vergiftung kann akut bis chronisch sein.
 

3. Symptome

Bei Pferden wurde nur das akute hepatotoxische Symptombild dokumentiert.
 
3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Anorexie, Lethargie, Hyperthermie, teilweise kommt es zu Todesfällen nach 24-48 Stunden ohne weitere Symptome, Depression
  
3.2Nervensystem
Konvulsionen
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Kolik, Durchfall (oft blutig)
  
3.5Respirationstrakt
Tachypnoe
  
3.6Herz, Kreislauf
Tachykardie
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Ikterische Schleimhäute, subkutane Blutungen
  
3.11Blut, Blutbildung
Anämie, Blutungen
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Die Leber ist vergrössert und fettig degeneriert. Die Nieren können geschwollen sein. Bei chronischen Verlauf wären Leberzirrhose, Aszites und Lebertumore denkbar. Das histopathologischen Bild umfasst vor allem Lebernekrosen, Leberfibrosen und Gallengangshyperplasie. Weitere Veränderungen wie hämorrhagische Enteritis, petechiale Blutungen, focale Myokardnekrosen oder Hirnödem können ebenfalls auftreten.
 

5. Weiterführende Diagnostik

5.1Allgemeines Vorgehen bei Verdacht auf Mykotoxinvergiftung
-Die Untersuchung gestorbener Tiere veranlassen: Sektion, Histologie, etc., damit andere Krankheits- oder Todesursachen ausgeschlossen werden können
-Das verdächtige Futter absetzen und für den Nachweis von Mykotoxinen sicherstellen
-Schimmelpilze und Mykotoxine sind oft ungleichmässig im Futter verteilt, deshalb mehrere Proben an verschiedenen Orten sammeln (zum Beispiel in der Mitte und der Peripherie eines Heuballens)
Probenentnahme protokollieren: Zeitpunkt, Ort im Heuballen oder Silo, Beschaffenheit (feucht, trocken, klumpig), Farbe und Geruch der Proben
-Proben trocknen und in Papier einwickeln. Plastiktüten oder -behälter eignen sich nur, wenn die Proben sofort eingefroren werden
-Detaillierten Situationsbericht mitschicken; das Labor muss mit Hilfe ihrer Informationen entscheiden, nach welchen Mykotoxinen gesucht wird
 
5.2Nachweis im Futter
Nachweis der Aflatoxine im Futter durch Radio- oder Enzymimmunoassay. Bei einem Verdacht auf Mykotoxine sollte folgendes berücksichtigt werden:
-Wegen der grossen Zahl von chemisch verschiedenen Verbindungen muss in der Regel nach mehreren Toxinen gesucht werden
-Ein hoher Schimmelpilzbefall bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Proben tatsächlich mit Mykotoxinenen kontaminiert sind. Es ist bekannt, dass nicht alle der vielen Schimmelpilzarten Toxine bilden, und auch die potentiellen Toxinbildner brauchen für die Produktion der toxischen Verbindungen bestimmte Umweltbedingungen (Nährstoffzusammensetzung). Auch wenn eine bestimmte Schimmelpilzart identifiziert wird, ist es deshalb nicht möglich, auf die Gegenwart des entsprechenden Mykotoxins zu schliessen.
-Andererseits ist es möglich, dass die Proben hohe Konzentrationen eines Mykotoxins enthalten, ohne dass die Zahl der Schimmelpilze erhöht ist. Dies könnte geschehen, wenn die Schimmelpilze während der Futterzubereitung zum Beispiel durch Erhitzung zerstört würden und nur die hitzestabilen Toxine erhalten blieben.
 
5.3Nachweis der Aflatoxinmetaboliten
Nachweis der Aflatoxinmetaboliten in Harn, Milch oder Lebergewebe
 
5.4Leberenzymwerte
Infolge der Leberdegeneration sind erhöhte Leberenzymwerte möglich (Alanin-Aminotransferase/ALT, Aspartat-Aminotransferase/AST, γ-Glutamyltransferase/GGT, Alkalische Phosphatase/AP, Sorbitdehydrogenase/Sdh).
 

6. Differentialdiagnose

Vergiftung mit Senecioarten, zum Beispiel Jakobskreuzkraut; Coumarinvergiftung
 

7. Therapie

Die Therapie einer akuten Aflatoxinvergiftung ist aussichtslos, die Folgen einer chronischen Exposition werden unter Umständen symptomatisch behandelt. Wichtig ist die sofortige Umstellung auf mykotoxinfreies Futter.
 

8. Fallbeispiele

8.1In einem Gestüt in Thailand starben 12 Jährlinge wenige Tage nachdem eine neue Lieferung eines Mischfutters aus Mais und Erdnussmehl eingetroffen war. Bei der Sektion der Tiere zeigten sich geschwollene, fettige Lebern, blasse, ebenfalls geschwollene Nieren und hämorrhagische Enteritiden. In der histopathologischen Untersuchung fielen vor allem die zentrolobulären Lebernekrosen assoziert mit periportalen Fibrosen auf. Ausserdem fand man Myokardnekrosen und epikardiale Petechien sowie Anzeichen von Hirnödem. Die Futteranlyse ergab, dass sowohl der Mais als auch das Erdnussmehl Aflatoxin B1 und B2 in Konzentrationen von bis zu 6.5 ppm (bezogen auf das Feuchtgewicht) enthielt (Angsubhakorn et al, 1981).
  
8.2In einem Reitstall in Georgia (USA) fielen einige Stuten nach der Lieferung eines neuen Mischfutters durch Inappetenz auf. Fünf Tage später starben 3 Tiere. Die Sektionsbefunde waren wie folgt: vergrösserte, fettig degenerierte Leber, epi- und endokardiale Petechien, blasse geschwollene Nieren, hämorrhagische Enteritis. Die Histopathologie ergab zentrolobuläre Lebernekrosen, Gallengangshyperplasie und fokale Miokardnekrosen. In Futterproben konnte Aflatoxin B1 und B2 (etwa 1 ppm, bezogen auf das Feuchtgewicht) nachgewiesen werden (Angsubhakorn et al, 1981).
 

9. Literatur

Aller WW, Edds GT & Asquith RL (1981) Effects of aflatoxins in young ponies. Am J Vet Res 42, 2162-2164
 
Angsubhakorn S, Poomvises P, Romruen K & Newberne PM (1981) Aflatoxicosis in horses. J Am Vet Med Assoc 178, 274-278
 
Bortell R, Asquith RL, Edds GT, Simpson CF & Aller WW (1983) Acute experimentally induced aflatoxicosis in the weanling pony. Am J Vet Res 44, 2110-2114
 
Cysewski SJ, Pier AC & Baetz AL 1981) Experimental equine aflatoxicosis. Toxicologist 1, 32-33
 
Gangolli S (1999) The dictionary of substances and their effects, Second Edition. Royal Society of Chemistry, Cambridge
 
Greene HJ & Oehme FW (1975) A possible case of equine aflatoxicosis. Vet Toxicol 17, 76-77
 
Hendrickse RG (1991) Clinical implication of food contamination by aflatoxins. Ann Acad Med Surg 20, 84-90
 
Lamplugh SM, Hendrickse RG, Apeagyei F & Muanmut DD (1988) Aflatoxins in breast milk, neonatal cord blood and serum of pregnant women. Br Med J 296, 968
 
McGavin MD & Knake R (1977) Hepatic midzonal necrosis in a pig fed aflatoxin and a horse fed moldy hay. Vet Pathol 14, 182-187
 
Newberne PM (1973) Chronic aflatoxicosis. J Am Vet Med Assoc 163, 1262-1267
 
Newberne PM & Butler WH (1969) Acute and chronic effects of aflatoxin on the liver of domestic and laboratory animals: a review. Cancer Res 29, 236-250
 
Okoye ZS, Neal GE & Judah DJ (1985) The detection of exposure to aflatoxins using ELISA. Hum Toxicol 5, 400-401
 
Pohland AE (1993) Mycotoxin in review. Food Addit Contam 10, 17-28
 
Raisbeck MF (1992) Feed Associated Poisoning. In: Current Therapy in Equine Medicine 3 (NE Robinson, ed), WB Saunders, Philadelphia, Pennsylvania, pp. 366-367
 
Trucksess MW & Stoloff L (1979) Extraction, cleanup and quantitative determination of aflatoxins B1 and M1 in beef liver. J Assoc Off Anal Chem 62, 1080-1082
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