mdi-book-open-variant Impressum mdi-help Hilfe / Anleitung mdi-printer Webseite ausdrucken mdi-bookmark Bookmark der Webseite speichern mdi-magnify Suche & Index Toxikologie mdi-sitemap Sitemap CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-home Startseite CliniPharm/CliniTox-Webserver mdi-email Beratungsdienst: Email / Post / Fax / Telefon

Abfälle

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Die Ursache einer Lebensmittelvergiftung ist das von einem Mikroorganismus gebildete Toxin. Dieses unterscheidet man in drei verschiedene Gruppen: Exotoxine, Enterotoxine, Endotoxine.
-Exotoxine sind meist komplex zusammengesetzte Polypeptide, die von lebenden Bakterien sezerniert werden.
-Bei den Enterotoxinen beschränkt sich die pathophysiologische Wirkung auf den Darm. Einige Enterotoxine (zum Beispiel von Staphylococcus aureus oder Bacillus cereus) sind relativ thermostabil, so dass sie bei der üblichen küchentechnischen Zubereitung nicht inaktiviert werden.
-Endotoxine bestehen aus Lipopolysacchariden und stammen von der äusseren Zellmembran gramnegativer Bakterien. Diese werden beim Zerfall der Bakterien freigesetzt.
Als weitere Lebensmitteltoxine bei Kleintieren sind die Schimmelpilzmetaboliten Aflatoxin, Vomitoxin (Deoxynivalenol), Penitrem und das Botulinustoxin von Bedeutung.
 

2. Quellen

Grundsätzlich kommen fast alle Küchenabfälle oder Speisereste in Frage, dennoch enthalten manche Lebensmittel, wie zum Beispiele Eier, rohes Fleisch, Fisch, Konserven und Milchprodukte häufiger Lebensmittelvergifter als andere Nahrung. Lebensmittelvergiftungen bei Kleintieren häufen sich während den warmen Jahreszeiten.
 

3. Kinetik

Die Aufnahme, Gewebsverteilung und Ausscheidung der Toxine ist sehr unterschiedlich. Da die Toxine oder Toxinbildner gemeinsam mit der Nahrung aufgenommen werden, ist die Geschwindigkeit der Resorption unter anderem von der Beschaffenheit der aufgenommenen Nahrung abhängig.
 

4. Toxisches Prinzip

Auch die beteiligten pathophysiologischen Mechanismen sind sehr vielfältig. Die toxischen Wirkungen kommen beispielsweise durch rezeptorvermittelte Beeinträchtigung der Magen-Darm-Funktionen (Enterotoxine), durch Endotoxin-Schock und disseminierte intravasale Gerinnung (DIC), durch Leber- oder Nierenschädigung (Aflatoxine), durch Stimulation des Brechzentrums (Vomitoxin), durch Erregung zentraler Neuronen (Penitreme) oder durch Blockierung der neuromuskulären Übertragung zustande (siehe Botulinustoxin Kleintier und Pferd).
 

5. Toxizität bei Labortieren

Am gefährlichsten ist das Botulinustoxin mit einer letalen Dosis von wenigen Nanogramm pro kg Körpergewicht.
 

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
Aflatoxin B1 5.5-17.9 6.3
Aflatoxin B2570> 116  
Aflatoxin G1 2-4  
Aflatoxin G2 232  
Aflatoxin M1 > 1.5  
 
Die akuten oralen LD50-Werte von Aflatoxin B1 sind für weitere Spezies wie folgt (in mg/kg Körpergewicht): Hund 0.5-1.0, Katze 0.6, Hamster 10.2 und Meerschwein 1.0.
 

Junge Enten sind besonders empfindlich (akute orale LD50 in mg/kg Körpergewicht):

 Junge Ente
Aflatoxin B10.73
Aflatoxin B21.7
Aflatoxin G10.78
Aflatoxin G23.45
Aflatoxin M10.016
 
Karzinogenese: Bei der Ratte sind tägliche orale Aflatoxin B1-Dosen von 0.01 mg/kg Körpergewicht krebserregend.
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 HundHundewelpeKatze
Aflatoxin B11.00.50.6
 

2. Latenz

Die Inkubationszeit beträgt bei den meisten Lebensmittelvergiftungen 2-12 Stunden. Eine Spontanheilung tritt häufig innerhalb von 48 Stunden ein.
 

3. Symptome

Die häufigsten Anzeichen einer Lebensmittelvergiftung sind wie folgt:
 
3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Depression, Hyperthermie, Dehydratation; im Fall eines Schocks Hypothermie
  
3.2Nervensystem
Tremor
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Erbrechen
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Durchfall oder Ileus, Meteorismus, Kolik
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Hypotonie, Kreislaufschwäche, Tachykardie
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Oligurie, Anurie, Nierenversagen
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Dehydratation, Zyanose
  
3.11Blut, Blutbildung
Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

-Gastroenteritis
-Lebernekrosen
-Nierendegeneration
 

5. Weiterführende Diagnostik

5.1Direkter Nachweis
-Nachweis der toxinproduzierenden Mikroorganismen
-Nachweis der Toxine im verdächtigen Lebensmittel oder Mageninhalt
 
5.2Veränderte Laborwerte
-Blutchemie: Harnstoff und Kreatinin sind im Fall eines Nierenversagens erhöht
-Differentialblutbild: Erst Leukopenie und Neutropenie, dann Leukozytose
-Die im Labor untersuchten Parameter des erkrankten Tieres entsprechen oft denen des Schockpatienten
 

6. Differentialdiagnose

-Gastroenteritis viraler oder bakterieller Genese
-Fremdkörper
-Magendrehung
-Ileus
-Schock anderer Genese
-Bakterielle Enzephalitis
 

7. Therapie

7.1Notfallmassnahmen
-Kreislauf stabilisieren, gegebenenfalls Bluttransfusion
-Atmung stabilisieren
-Krämpfe kontrollieren
 
7.2Dekontamination und Elimination
-Oft ist es nicht notwendig, Erbrechen auszulösen, da der Patient dies schon zeigt. Sollte trotz Erbrechen der Magen noch nicht vollständig entleert sein (Röntgenkontrolle), kann Aktivkohle (alle 2-4 Stunden wiederholt) verabreicht werden. Der Einsatz von Glaubersalz ist bei Obstipation indiziert.
 
7.3Forcierte renale Elimination
-Mittels Diurese
 
7.4Weitere symptomatische Massnahmen
-Antiemetika (Metoclopramid, Domperidon), wenn das Erbrechen auch nach vollständiger Leerung des Magens anhält.
-Behandlung der Kolik mit Analgetika
-Regulierung der Körpertemperatur
-Antibiotische Versorgung: Breitbandantibiotika bei Endotoxämie oder blutigem Durchfall
-DIC: Heparin, 100-250 IE/kg Körpergewicht i.v. oder s.c. alle 6 Stunden
 

8. Fallbeispiele

Vier Würfe von Rottweilerwelpen zweier Züchter erkrankten unmittelbar nach Zufütterung eines handelsüblichen Milchpulvers. Symptome: Vomitus, Diarrhoe, erhöhte Darmperistaltik. Die bakteriologische Untersuchung ergab eine Kontamination des Futtermittels mit Bacillus cereus in einer Grössenordung von 2.7 - 3.5 x 104 CFU/g. Dieser Befund deutete auf eine durch B. cereus bedingte Futtermittelintoxikation hin (Gareis & Walz, 1994).
 

9. Literatur

Barker WH & Gangarosa EJ (1974) Food poisoning due to Vibrio parahaemolyticus. Ann Rev Med 25, 75-81
 
Berthelin-Baker C (1996) Disorders affecting the neuromuscular junction in dogs and cats. Summa 13, 29-36
 
Chastain CB & Harris DL (1974) Association of Bacillus cereus with food poisoning in dogs. J Am Vet Med Assoc 164, 489-490
 
Ellenhorn MJ (1997) Foodborne illness, botulism. In: Medical Toxicology, 2nd edition (J. Ellenhorn, ed), Williams & Wilkins, Baltimore, pp 1038-1057
 
Gareis M & Walz A (1994) Vergiftungsfälle bei Rottweilerwelpen durch Milchpulver, kontaminiert mit Bacillus cereus. Tierärztl. Umschau 49, 319-322
 
Gfeller RW & Messonnier SP (2004) Handbook of Small Animal Toxicology and Poisonings, Mosby, St. Louis, pp 147-177
 
Humphreys DJ (1988) Mycotoxins. In: Veterinary Toxicology, Bailliere Tindall, pp 283-300
 
Raevuori M & Pekkanan TJ (1976) The occurence of Bacillus cereus in Finnish dog food sausages; a microbiological and physiochemical survey. Nord Veterinaermed 28, 309-315
© 2024 - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

Es kann keinerlei Haftung für Ansprüche übernommen werden, die aus dieser Webseite erwachsen könnten.