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Piperazin

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Piperazin (1,4-Diethylendiamin) liegt in Form farb- und geruchloser Kristalle vor. Es handelt sich um eine Schwache Base, die in Wasser gut löslich ist. Pferde und Schweine scheuen die spontane Aufnahme von Piperazin wegen seinem unangenehmen ("säuerlichen") Geschmack.
 

2. Quellen

Piperazin ist ein älteres Anthelminthikum, dessen Bedeutung auf Grund seines schmalen Wirkungsspektrum stark zurückgegangen ist. Die Anwendung erfolgt ausschliesslich oral in Form von Sirup, Pasten, Pulver oder Tabletten.
 

3. Kinetik

Piperazin wird nahezu vollständig aus dem Magen-Darm-Kanal resorbiert. Höchste Plasmaspiegel bestehen nach 2 Stunden.
Seine Ausscheidung aus dem Organismus erfolgt vornehmlich über den Urin, wobei Teile der Substanz in metabolisierter Form vorliegen.
Die Plasmahalbwertzeit liegt bei 2-6 Stunden, und die Ausscheidung ist 24 Stunden nach Aufnahme praktisch abgeschlossen.
 

4. Toxisches Prinzip

Piperazin besitzt GABA-agonistische Wirkung, das heisst, es potenziert die inhibitorischen Synapsen. Bei Beachtung der angegebenen Dosierung des Medikaments wird die Blut-Hirn-Schranke von Piperazin nicht überwunden, im Fall einer Überdosierung erhöht sich jedoch die Durchlässigkeit der Gefässmembranen, und Piperazin erlangt beim Säuger zentrale Wirkung.
Des weiteren kommt es im Magen zur Bildung geringer Mengen von N-Nitrosopiperazinen, die als potentiell Mutagene und Kanzerogen anzusehen sind. Wegen dieses Risikofaktors sollte auf die Anwendung von Piperazin bei Lebensmittel-liefernden Tieren verzichtet werden.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Die akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht) ist wie folgt:

 MausRatteKaninchenHuhn
Piperazin6001'900  
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

Bei Einhaltung der angegebenen Dosierungen (100-200 mg/kg Körpergewicht) sind keine Nebenwirkungen zu erwarten. Bei der Behandlung von Welpen und kleinen Tieren ist aber die Dosierung oft nicht genau gewichtsbezogen. Die minimal toxische Dosis wird mit 500-600 mg/kg angegeben. Es ist empfehlenswert, anderen besser wirksamen und weniger bedenklichen Anthelminthika den Vorzug zu geben.
 

2. Latenz

Die Latenzzeit beträgt 30 Minuten bis zu wenigen Stunden.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Unruhe, Apathie, Kopfpressen, Depression, Ataxie
  
3.2Nervensystem
Hyperästhesie, Tremor, Krämpfe, Parese
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Hypersalivation, Erbrechen
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Durchfall
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Bradykardie
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Bei postmortalen Untersuchungen lassen sich keine spezifischen Veränderungen mit Piperazin-Vergiftungen in Zusammenhang bringen.
 

5. Weiterführende Diagnostik

5.1Direkter Nachweis
-Der Nachweis von Piperazin in Blut oder Harn ist möglich.
 

6. Differentialdiagnose

-Andere Ursachen von Gastroenteritis
-Vergiftungen mit anderen GABA-Agonisten (zum Beispiel Ivermectin) oder Parasympathomimetika (zum Beispiel Carbamaten oder Organophospahten)
 

7. Therapie

7.1Notfallmassnahmen
-Kreislauf stabilisieren
-Atmung stabilisieren
-Krämpfe kontrollieren
 
7.2Dekontamination und Elimination
-Emesis
-Wiederholt Aktivkohle (bei Verstopfung mit Glaubersalz)
 
7.3Forcierte renale Elimination
-Mittels Diurese
-Ansäuerung des Harnes nach pH- Messung, Voraussetzung: gute Nierenfunktion.
 
7.4Weitere symptomatische Massnahmen
-Antiemetika (Metoclopramid oder Domperidon)
 

8. Fallbeispiele

8.1Zwei Katzenwelpen (8 Wochen) haben vor 24 Stunden die 8-fache therapeutische Dosis eines oralen Piperazin-Präparats erhalten.
Symptome: Eines der Welpen zeigt Depression, Hyperästhesie, Ataxie der Hintergliedmassen.
Therapie: Ruhe, Amoxicillin
Verlauf: Besserung nach 8 Stunden, nach 20 Stunden vollständige Genesung
(Goddard & Johnston, 1986).
  
8.2Neun Afghanische Windhunde (3 Wochen) haben vor 7 Stunden die 5- bis 6-fache therapeutische Dosis eines oralen Piperazin-Präparats erhalten.
Symptome: Tetanie, Vorderbeine sind flach an den Rumpf nach hinten gepresst
Therapie: Pentobarbital, Vitamin B-Präparat
Verlauf: 20 Minuten nach Administration des Barbiturates kommt es zur Entspannung der Muskulatur. Die Wirkung hält jeweils wenige Stunden und das Barbiturat wird 3 Tage lang nachdosiert. Die Welpen erholen sich vollständig
(Bownass, 1987).
 

9. Literatur

Bownass RC (1987) Piperazine toxicity in Afghan puppies. Vet Rec 120, 310
 
Darke PG (1987) Piperazine toxicity. Vet Rec 120, 507
 
Goddard PC & Johnston AM (1986) Piperazine toxicity in a kitten. Vet Rec 119, 635
 
Greenberg J & Seymour WE, (1958) Effect of piperazine citrate on puppies. Vet Med 53, 609-610
 
Hartigan P (1987) Piperazine toxicity. Vet Rec 120, 70
 
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillere Tindall, London, pp 99
 
Lovell RA (1990) Ivermectin and piperazine toxicoses in dogs and cats. Vet Clin North Am Small Anim Prac 20, 453-468
 
Windholz M (1983) The Merck Index. Merck & Co, Rahway, New Jersey
 
Woolliscroft G (1987) Piperazine toxicity. Vet Rec 120, 70
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