) ist ein basisches Alkaloid mit ähnlicher Struktur wie Acetylcholin. In reiner Form ist Nikotin eine farblose bis schwach gelbliche, leicht nach Fisch riechende, ölige Flüssigkeit. Die Substanz ist gut wasserlöslich.
2. Quellen
Nikotin ist ein in dem Nachtschattengewächs
Nicotiana tabacum enthaltenes Alkaloid. Die Blätter der Pflanze werden getrocknet und als Tabak in den Handel gebracht; sie enthalten je nach Qualität 0.2-5% Nikotin. Als Quellen für Vergiftungen kommen vor allem Zigaretten oder Zigarren in Frage. Es können aber auch loser Tabak, Schnupftabak, Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummis aufgenommen werden und Vergiftungen auslösen. Snus oder Snaff ist eine Art Kautabak. Viele Tabaksorten sind aromatisert und werden daher gerne von Hunden aufgenommen.
Zigaretten enthalten 9-30 mg Nikotin, die Stummel noch etwa 5-7 mg. Zigarren enthalten je nach Grösse bis zu 150 mg Nikotin. Loser Tabak enthält 9-29 mg/g Nikotin, Schnupftabak 12-30 mg/g, Kautabak 2-8 mg/g, Snus 8-12 mg/g bzw. bis 44 mg/Beutel, Pods 9-18-59 mg/ml und Liquid mit Nikotin 1.5-18 mg/ml. Nikotinpflaster enthalten zum Teil über 100 mg des Wirkstoffes, Kautabletten nur etwa 2-4 mg.
Nikotin findet ausserdem Anwendung als Insektizid. Entsprechende Präparate enthalten Nikotinsulfat in Konzentrationen von bis zu 40%.
3. Kinetik
Nikotin wird enteral, inhalativ oder transdermal resorbiert. Im Plasma findet eine nur geringe Proteinbindung statt. Das Verteilungsvolumen beträgt 2.6 L/kg Körpergewicht.
Der Abbau des Stoffes beginnt mittels Oxidationsreaktionen in der Leber. Etwa 10% der aufgenommenen Substanzmenge bleiben unverändert und werden über die Niere ausgeschieden. Die Halbwertzeit von Nikotin im Blut beträgt 2 Stunden. Bereits 16 Stunden nach oraler Aufnahme ist Nikotin nicht mehr im Organismus vorhanden.
4. Toxisches Prinzip
Nikotin stimuliert die Acetylcholin-Rezeptoren im ZNS, im vegetativen Nervensystem und an der neuromuskulären Endplatte. Über Aktivierung der Chemoreceptor-Trigger-Zone führt Nikotin zu Erbrechen.
5. Toxizität bei Labortieren
Akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):
| Maus | Ratte | Kaninchen | Huhn |
Nikotin | 3.34 | 50 | | |
II. Spezielle Toxikologie - Kleintier
1. Toxizität
Die minimal toxische Dosis (oral) für Hunde oder Katzen beträgt 1 mg/kg Körpergewicht Nikotin; die minimal letale Dosis liegt bei 20-100 mg Nikotin.
Die orale LD
50 von Nikotin wird für den Hund mit 9.2 mg/kg Körpergewicht angegeben.
2. Latenz
Die Symptome der Nikotinvergiftung treten innerhalb einer Stunde nach Exposition auf.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Exzitation, Erregung, Hyperaktivität, gestreckte Haltung, steifer Gang, Hyperthermie, bei Kreislaufzusammenbruch kommt es zum Schock |
|
3.2 | Nervensystem |
| Tremor, erhöhter Muskeltonus, muskuläre Zuckungen, Krämpfe, im späteren Stadium Paralyse durch Erschöpfung, Opisthotonus |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Salivation, Erbrechen |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Tenesmus |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Tachypnoe, flache Atmung, später Bradypnoe oder Atemstillstand |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Bradykardie, Tachykardie, später Kreislaufzusammenbruch |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Lakrimation, Miosis |
|
3.9 | Harntrakt |
| Harnabsatz, Polyurie |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Keine Symptome |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Keine Symptome |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefunde
Die Sektionsbefunde sind unspezifisch.
5. Weiterführende Diagnostik
- | Der Nachweis von Nikotin im Harn, Mageninhalt, Vomitus oder Plasma ist möglich. Ebenfalls lässt sich der Nachweis des Metaboliten Cotinin in Plasma, Saliva oder Harn durchführen. Für beide Verfahren ist die Hochdruckflüssigchromatographie die Methode der Wahl. |
6. Differentialdiagnosen
- | Organophosphat- oder Carbamatvergiftung |
7. Therapie
- | Emesis nur, wenn die Ingestion des Nikotin innerhalb der letzten 60 Minuten erfolgt ist. |
- | Wiederholt Aktivkohle, bei Verstopfung kombiniert mit Glaubersalz |
7.3 | Forcierte renale Elimination |
7.4 | Weitere symptomatische Massnahmen |
- | Aufhebung der Azidose: Laktat- oder Bikarbonatinfusion |
- | Keine Antacida verabreichen, weil ein hoher Magen-pH die Resorption von Nikotin fördert. |
8. Fallbeispiele
8.1 | Eine Hündin (6 Jahre, 10 kg) hat mehrere Zigarettenstummel gefressen. |
| Symptome: Zittern, Ataxie, Ptyalismus, Verwirrtheit |
| Therapie: Emesis, Aktivkohle mehrmals wiederholt |
| Verlauf: Besserung |
| (Tox Info Suisse). |
|
8.2 | Eine Hündin (1 Jahr, 15 kg) hat mehrere kleine Stücke Tabak gefressen. |
| Symptome: Ataxie, Hyperästhesie, Erbrechen, starkes Zittern |
| Therapie: Aktivkohle, mehrmals wiederholt, Diazepam |
| Verlauf: Rasche Besserung |
| (Tox Info Suisse). |
|
8.3 | Ein Toy-Pudel (3 Monate) hat vor 3 Stunden einen Teelöffel Kautabak gefressen und danach einmal erbrochen. |
| Symptome: Miosis, Salivation, Ataxie, Tremor, Opisthotonus, Hyperthermie (40.2°C), Tachykardie und Tachypnoe |
| Therapie: Aktivkohle, Ringerlaktat und Natriumbicarbonat i.v., Diazepam |
| Verlauf: Langsame Erholung innerhalb der folgenden 24 Stunden |
| Vig, 1990). |
9. Literatur
Ellenhorn MJ (1997) Ellenhorn's Medical Toxicology, Williams & Wilkins, Baltimore, pp 1113-1118
Gfeller RW & Messonnier SP (2004) Handbook of Small Animal Toxikology and Poisonings, Mosby, St. Louis, pp 240-242
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Wu X, Leegwater PA & Fieten H (2016) Canine models for copper homeostasis disorders. Int J Mol Sci 17(2), 196-209
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Smolinske SC, Spoerke DG, Spiller SK, Wruk KM, Kulig K & Rumach BH (1988) Cigarette and nicotine chewing gum toxicity in children. Hum Toxicol 7, 21-31
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Windholz M (1983) The Merck Index. Merck & Co, Rahway, New Jersey