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Eigenschaften

Neostigmin ist ein reversibler Cholinesteraseinhibitor, zeigt daher cholinerge Wirkung und wird als Parasympathomimetikum eingesetzt (Adams 2001c; Windholz 1983a; McEvoy 1992a). Wirkstoffe, die zu dieser Wirkstoffgruppe gehören, verstärken die Wirkung des endogenen Acetylcholins (ACh) an allen cholinergen Rezeptoren. Deshalb ist ihr Wirkungsbereich nicht auf die parasympathomimetischen Effekte beschränkt, sondern beinhaltet auch andere, über den gesamten Körper verteilte cholinomimetische Wirkungen (Adams 2001c). Dazu gehören Tonuserhöhung der intestinalen- und der Skelettmuskulatur, Stimulation der Speichel- und Schweissdrüsen, Bronchokonstriktion, Ureterkonstriktion, Miosis und Bradykardie (Plumb 1999a). Verglichen mit Physostigmin zeigt Neostigmin geringere Wirkung aufs Herz, eine stärkere Wirkung auf Darm- und Blasenmuskulatur und keine zentralen Wirkungen (Löscher 1999d; McEvoy 1992a).
 

Wirkungsort

Die Cholinesteraseinhibitoren wirken an den muskarinergen und nikotinartigen Rezeptoren. Alle cholinergen Rezeptoren der visceralen Organe, Ganglien und Skelettmuskulatur werden stimuliert (Davis 1993a; Adams 2001c). Neostigmin erhöht auch die Aktivität der afferenten Neuronen der Chemorezeptoren in den Carotiskörperchen. An den pulmonalen Dehnungsrezeptoren erfolgt möglicherweise eine ähnliche Wirkung, oder diese werden durch einen direkten Reiz stimuliert. Dadurch kommt es zu Muskelzuckungen sowie nachfolgenden Paralysen. Die inhibitorische Wirkung der Afferenzen, die ins zentrale Respirationszentrum führen, wird auf diese Weise verstärkt und es erfolgt eine zentrale reflexartige Atemhemmung, ohne dass der Wirkstoff direkt im ZNS wirkt (Fleming 1991a).
 

Wirkungsmechanismus

Neostigmin konkurriert kompetitiv mit Acetylcholin (ACh) um die Acetylcholinesterase. Da der Neostigmin-Acetylcholinesterase-Komplex langsamer hydrolysiert wird als der ACh-Enzym-Komplex, akkumuliert das durch normale cholinerge Nervenimpulse freigesetzte ACh an den Cholinozeptoren. Die Folge davon ist eine stärkere und länger dauernde Wirksamkeit des ACh (Plumb 1999a; Adams 2001c; McEvoy 1992a). Die Interaktion mit der Cholinesterase ist reversibel, und sobald der Inhibitor-Enzym-Komplex wieder gelöst wird, ist das Enzym wieder aktiviert und kann ACh hydrolysieren und somit dessen Wirkung beenden (Adams 2001c).
 
Neben der Hemmung der Cholinesterasen treten auch direkte Wirkungen an cholinergen Rezeptoren auf: Neostigmin stimuliert nikotinartige Rezeptoren der neuromuskulären Endplatte (Löscher 1999d; Davis 1993a; McEvoy 1992a) und bewirkt eine Freisetzung von ACh aus den Nervenendigungen. Dies wird jedoch nicht als primäre Wirkungsweise betrachtet (Adams 2001c).
 
Neostigmin gehört zu den quaternären Nitrogenverbindungen, die an den nikotinartigen Rezeptoren der neuromuskulären Junctions der Skelettmuskulatur eine relativ stärkere Wirkung zeigen, als an den muskarinergen Rezeptoren der autonomen Effektorzellen (Adams 2001c).
 

Skelettmuskulatur

Es wird vermutet, dass Neostigmin neben der Hauptwirkung, der Inaktivierung der Acetylcholinesterase an den somatischen myoneuralen Junctions, eine direkte cholinomimetische stimulierende Wirkung auf nikotinartige Rezeptoren der Skelettmuskelfasern aufweist (Plumb 1999a; McEvoy 1992a; Adams 2001c). Bei einer niedrigen Dosierung ist die Wirkung auf die Skelettmuskulatur stärker ausgeprät als diejenige auf die glatte Muskulatur. Nach der Verabreichung einer hohen Dosis kann es zu Muskelzuckungen kommen. Neostigmin ist auch ein Antagonist von d-Tubocurarin und anderen nichtdepolarisierenden, kompetitiven, neuromuskulären Blockern der somatischen myoneuralen Junctions. Klinisch kann diese Wirkung genutzt werden, um einer Überdosierung mit nichtdepolarisierenden Muskelrelaxantien entgegenzuwirken. Um die Wirkung von depolarisierenden neuromuskulären Blockern zu antagonisieren, kann Neostigmin jedoch nicht eingesetzt werden. Diese Kombination führt vielmehr zu einer synergistischen pharmakologischen Wirkung (Adams 2001c).
 

Gastrointestinaltrakt

Neostigmin führt zu einer Kontraktion der glatten Muskulatur. Dadurch werden die Motilität und die Peristaltik des Darmes erhöht. Es sind die Frequenz und die Stärke der peristaltischen Wellen die erhöht werden, mit der Folge einer beschleunigten Vorwärtsbewegung des Darminhalts (Adams 2001c).
 

Harnblase

Die glatte Muskulatur der Harnblase wird cholinerg innerviert und bei der Wirkung eines Cholinesteraseinhibitors erfolgt daher eine Kontraktion (Adams 2001c).
 

Herzkreislauf

In therapeutischen Dosierungen führt Neostigmin zu keinen nennenswerten kardiovaskulären Veränderungen. Die Verabreichung von höheren Dosierungen hat jedoch die gleichzeitige Stimulation der Ganglien, sowie auch muskarinerge Wirkungen aufs Herz und die Blutgefässe zur Folge. Selten kann es zu Hypotension und Bradykardie kommen, beides Ursachen von Herzarrhythmien (Adams 2001c). Es wird vermutet, dass der Wirkungsmechanismus, der zur Bradykardie führt, über die direkte Aktivierung der stimulierenden cholinergen Rezeptoren in den kardialen Ganglienzellen erfolgt. Dabei kommt es zu einer ACh-Freisetzung aus den Endigungen der Ganglienzellen und nachfolgender Aktivierung der inhibitorischen kardialen muskarinergen (M2)-Rezeptoren (Backman 1993a).
 

Bronchien

Die cholinerge Innervation der glatten Muskulatur der Bronchien wird durch den Cholinesteraseinhibitor Neostigmin stärker aktiviert und es kommt zu einer Bronchokonstriktion (Adams 2001c).
 

Wachstumshormon

Cholinerge Wirkstoffe fördern die GH (growth hormone, Wachstumshormon)-Sekretion. Ob dies über eine Stimulation der GHRH (growth hormone releasing hormone)-Freisetzung oder über eine Veränderung der Somatostatinsekretion erfolgt, ist allerdings noch nicht bekannt (Magnan 1993a).
 

Schaf

Beim Schaf führt Neostigmin über einen Wirkungsmechanismus, der die GHRH-Freisetzung stimuliert, zu einer Stimulation des Wachstumhormons (GH). Die Somatostatinsekretion wird beim Schaf durch Neostigmin nicht beeinflusst, es könnte aber sein, dass diesbezüglich tierartliche Unterschiede vorliegen (Magnan 1993a).
© {{ new Date().getFullYear() }} - Institut für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie

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